Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Monarchisten und Ausbeuter.*)

§ 1. Vereine, welche monarchischen oder ausbeuterischen, auf Unter­grabung der republikanischen Staats-, resp. der sozialistischen   Gesellschafts­ordnung gerichteten Bestrebungen dienen, sind zu verbieten. Den Ver­einen gleich zu achten sind Verbindungen jeder Art, insbesondere genossen­schaftliche Kassen, Aktiengesellschaften u. s. w.

§ 2. Auf Grund des Verbotes sind die Vereinskasse, sowie alle für die Zwecke des Vereins bestimmten Gegenstände durch die Behörde mit Beschlag zu belegen.

§ 3. Versammlungen, von denen anzunehmen ist, daß sie Bestrebungen der im§ 1 bezeichneten Art dienen werden, sind zu verbieten. Ver­sammlungen, in welchen solche Bestrebungen zu Tage treten, sind auf­zulösen.

§ 4. Druckschriften und Briefe, welche Bestrebungen der im§ 1 be­zeichneten Art dienen, sind zu verbieten und zu konfisziren. Bei perio­dischen Druckschriften kann sich das Verbot auch auf das fernere Er­scheinen derselben erstrecken.

§ 5. Das Einsammeln von Beiträgen zur Förderung monarchischer oder ausbeuterischer Bestrebungen ist verboten. Gesammelte Beiträge find zu konfisziren.

§ 6. Personen, von welchen wegen ihrer monarchischen oder aus­beuterischen Gesinnung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu besorgen ist, kann der Aufenthalt im Bereich der sozialen deutschen   Republik   versagt werden.

Mit diesen sechs Paragraphen, in hohenzollern'schem Geiste gehandhabt, kann die soziale Republik   sicherlich dem gemeingefährlichen Treiben aller Monarchisten und Ausbeuter ein schleuniges Ende bereiten. Durch die Konfiskation der Kassen- und Vermögensstücke aller gemeingefährlichen Vereine werden dem Staate die Mittel zur Durchführung seiner sozialen Neugestaltung zum großen Theil gewährt. Was fehlt, läßt sich leicht durch einen siebenten Paragraphen beschaffen, für welchen uns ebenfalls Kaiser Wilhelm   und sein genialer Kanzler das Vorbild geliefert haben.

In der Meinung, daß Monarchen niemals auf ihr göttliche s Rech t" verzichten, haben sie das Vermögen des Königs von Hannover  mit Beschlag belegt, und wird dasselbe nun zur Bekämpfung der gehei­men Umtriebe und zur Befestigung der neuen Staatsordnung im soge­nannten deutschen   Steiche verwendet. Unsere Gegner können sich sicherlich nicht beklagen, wenn wir ihnen gleiche Behandlung zu Theil werden lassen. Was ein König von Gottes Gnaden seines Gleichen gethan, kön­nen wir wohl unsern Todfeinden thun. Wir müssen sie königlich" behandeln und folgenden Zusatzparagraphen zu dem Monarch ist en­und Ausbeuter Geset" erlassen:

§ 7. Personen, welchen auf Grund des vorstehenden Paragraphen der Aufenthalt im Bereich der sozialen deutschen   Republik   verboten ist, ver­lieren die Disposition über ihr Vermögen. Der Staat übernimmt die Verwaltung und ist zu einer Rechnungslegung den bisherigen Besitzern oder deren Erben gegenüber nicht verpflichtet."

Scharf und schneidig, ja hart, wie dieses Gesetz ist, müssen die neuen Gesetze überall da sein, wo der freiheitlichen Entwickelung in gleicher Weise von den Machthabern entgegengetreten wurde. Was gegen uns recht, ist gegen unsere Feinde billig! Mit dem Maaß, mit dem sie uns gemessen haben, müssen sie wieder ge= messen werden.

Deutschland  , am 20. Jahrestag der Krönung Wilhelm's, des Mildherzigen".

Ein Ausgewiesener.

Alle Neune!

Eine zeitgemäße Reminiszenz.

( Aus Königsberg  .)

Neben Königsgarten in Königsberg   in Preußen liegt das Theater. Hinter diesem ziehen sich lange hohe Mauern hin, nur von einem Gebäude unterbrochen, welches von dreistöckigen rothen Häusern mit Blechkappen vor den Fenstern überragt wird. Das sind der Juquisitariatshof, der Justizpalast und die Gefängnisse des besagten Gerichthofes.

Manchmal umschlossen diese hohen Mauern recht sehr anständige Ge­sellschaft. In dem denkwürdigen Jahre, als preußische Richter aus der preußischen Verfassung einen klaren und deutlichen freiheitlichen" Para­graphen mit größter Frechheit herausestamotirten, beherbergten sie zum Theil eine Menge ehrenwerther politischer Verbrecher. Es waren dies Dr. Dumas, zur Zeit bei der Vossischen Zeitung" in Berlin  , Professor Dr. X. v. Hasenkamp und Eduard Sack, beide zur Zeit thätig bei der " Frankfurter Zeitung  ", Dr. Johann Jacoby   und Dr. Leopold Minden, genannt Laub. Die beiden Letzteren weilen nicht mehr unter den Lebenden. Laub- Minden erlag einem Brustleiden, welches ihm bei einer früheren Haft im Wollenstaub eines der erwähnten rothen Häuser eingeimpft war, wohin man ihn aus besonderer Liebe gesteckt hatte. Nicht die Strafe, sondern das Verbrechen drückt nieder, und so verließ die genannten Männer, die unter allen Umständen viel ehrenwerther waren als ihre Richter, nicht eine Minute die gute Laune, trotz langer, zum Theil sehr langer Haft.

Dr. J. Jacoby hielt sich strenge an die Gefängnißordnung, verlangte für sich auch nicht eine Vergünstigung. Er rauchte im Kerker nicht, er empfing erlaubte Besuche nur in den Freistunden auf dem Hofe, niemals in seiner Zelle.

Weniger streng nahmen es die andern genannten eingekerkerten Preß­verbrecher. Sie kamen in ihren Zellen gesellig zusammen, empfingen gemeinsam oder einzeln, natürlich soweit es gestattet wurde, in derselben Manch kräftiger politischer Artikel, manch Besuche von Freunden. launiges Gedicht verdankt seinen Ursprung der erzwungenen Muße des Gefängnisses und wußte aus den düsteren Mauern seinen Weg in die Freiheit zu finden, wenn vieles davon auch nicht gedruckt wurde. Zu solchem Ungedruckten gehört ein Gedicht von Laub- Minden. Hier folgt daffelbe:

Gibt's noch Richter in Berlin  ? Kladderadatsch. Bivat hoch! Es leben alle Lumpe! v. Lippe.

Alle Neune, Stamm- Honneur, Sind dem Kegelschützen schwer; Doch der Kriminal- Senat Kriegt schon fertig den Salat; Sagt der Lippe: sieben äffen, Sagt der Schlickmann: neune treffen, Nimmt zwei Hilfsarbeiter an Und so steht er seinem Mann. Damit nun die Hunde wissen, Wen sie fünftig anzu. Woll'n die Neune wir besingen Und in Fibelverse bringen: Vier darunter sind von Adel Doch nicht Ritter ohne Tadel; Zwei davon sind Syndici

Als der Krone dienstbar Vieh. Fünf sind aus dem Bürgerstand, Gott bewahr' das Vaterland.

staunen,

Allen nun zu Nutz und Frommen Werden jetzt die Namen kommen:

*) Selbstverständlich legen wir das Gesetz zu Grunde, welches unser genialer Kanzler seiner Zeit dem Reichstag vorgelegt hat und nicht das Kompromißwert zwischen dem Kanzler und dem Reichstag  . De facto, d. h. in der Sache, ist ja auch heute das erstere, viel schneidigere" in Kraft.

Schlickmann heißt der Präsident, Oberschweinhund sonst genennt; Tippelskirch war in Stettin  Oberstaatsanwalt vorhin; Hefter, Schleswigholsteinfresser, Außerdem auch noch Professer; Daniels aus dem Rhein  'schen Lande Bleibt für dieses ew'ge Schande! Eding, Kuhn, sowie Holleben Würdig in der Luft zu schweben; Und zuletzt als muth'ge Streiter Die bewußten Hilfsarbeiter: Donalies ist recht zum Hohn Littauens mißrathner Sohn! Da ein End hat jedes Ding, Heißt der letzte Schweinhund Fink! Und auf diese Weise macht sich Paragraphus Vier und achtzig!

Verse behalten sich leichter und wollen wir durch Abdruck dieser dazu beitragen, daß die Namen der richterlichen Ehrenmänner nicht vergessen werden. Vielleicht veranlassen sie einen jüngeren Genossen, die ehren­werthen Leipziger Dreizehn gleichfalls in entsprechender Weise zu besingen. Ein alter Freund Laub's.

Sozialpolitische Rundschau.

Zürich  , 2. November 1881. -Wer ist der Janhagel? Unmittelbar nach Verkündigung des Wahlresultates so wird der Berliner Volkszeitung" aus amtlichen Quellen berichtet zogen starke Trupps von Menschen, die von einer aufgelösten antifortschrittlichen Versammlung aus Sommer's  , Salon tamen, unter dem Gesange von Deutschland  , Deutschland   über Alles" und Hochrufen auf den Fürsten Bismarck und Lieber­ mann von Sonnenberg   durch die Straßen am Kaiserhof vorbei nach der Kranzler'schen Ecke, Linden- und Friedrichsstraßen- Ecke. Im Zentral- Hotel war inzwischen von der Fortschrittspartei eine große Ver­einigung veranstaltet worden, um das telegraphisch übermittelte Wahl­resultat zu publiziren, und dazu 3000 Billets ausgegeben. Eben so viel Personen ohne Billets hatten sich vor dem Zentralhotel, Einlaß begehrend, eingefunden. Dem höflichen Auffordern der Polizei zum Auseinandergehen und Räumen der Trottoirs leisteten die Letzteren schließlich Folge und begaben sich nach dem Cafe Bauer. Hier trafen dieselben mit größter Heftigkeit unter Hochrufen auf Löwe und Virchow mit den bereits oben gemeldeten Trupps zusammen, so daß es zu ernsten Reibereien kommen zu sollen schien. Noch ernster schien die Situation werden zu wollen, als plötzlich gegen 122 Uhr zahlreiche Menschen unter den Rufen: Haut die Juden, schlagt die Juden todt!" aus dem, Friedrichstraße 85 belegenen Brach mann'schen Lokal), einem Hauptquartier der Anti­semiten, auf die Straße stürzten. Da nun zur Herstellung der öffentlichen Ordnung und Ruhe ein gütliches Einschreiten nicht mehr ausreichend erschien, so wurden 30 berittene und ebensoviele Schutzleute zu Fuß, die schon vorher konfignirt waren, zur Säuberung der Straßen kommandirt. Hierbei stießen die Beamten mehrfach auf Widerstand und mußten daher viele Verhaftungen vorgenommen werden. Die Mehrzahl der Tumultuanten( Studenten, Offiziere, Beamte, Kauf­leute) entfernte sich nach dem Cafe National, wo ein so heftiger Menschenandrang stattfand, daß die großen Entreescheiben zertrümmert wurden. Die schon am Cafe Bauer geschilderten Szenen wiederholten sich hier, und mußten daher die polizeilichen Maßnahmen bis zur Krausen­firaße ausgedehnt werden. Erst gegen 3 Uhr Morgens schien die Ruhe auf den Straßen wiederhergestellt zu sein. Auf dem Polizeievier in der ,, alten Münze" waren bis zu diesem Zeitpunkte nicht weniger als 50 Siftirte eingeliefert, von denen aber kein einziger dem, Janhagel" angehörte."

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Soweit der Bericht. Wie charakteristisch der Schluß ist! In dem­selben Augenblicke, wo ihm das Gegentheil ad oculos vordemonstrirt wird, kann sich das Bourgeoisgemüth nicht von der Vorstellung frei­machen, daß Janhagel und Arbeiter dasselbe sei!

Wenn es Arbeiter gewesen wären, liebe Volkszeitung", da wäre die Polizei bei der Aufforderung nicht gar so höflich gewesen. Mit Arbeitern wird kurzer Prozeß gemacht, die werden ohne Weiteres verhaftet und auf mehrere Tage eingesteckt, wenn sie es nur wagen, ein Hoch auf ihre Kandidaten auszubringen, wie es im 4. und 6. Berliner   Wahlkreis, in Dresden   u. s. w. geschehen.

Das ist eben heute der Unterschied: der Janhagel wird heute gehätschelt und geschont, der Arbeiter aber wird brutalisirt, am liebsten füsilirt. So machte es Bonaparte mit seiner Dezemberbande, und so macht es ihm Bismarck   mit seinem Antisemitismus nach.

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Den Ruf: Schlagt die Juden todt!" gesteht selbst Stöcker's Reichs­bote" ein, nun, die Namen der Schreier sind polizeilich festgestellt, wir werden aber schwerlich zu lesen bekommen, daß einer derselben als

,, eine Person, von welcher eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere der Eintracht unter den verschiedenen Bevölkerungsklassen zu befürchten sei"**)

aus Berlin   ausgewiesen worden sei. Dazu muß er viel Schlimmeres gethan, z. B. Unterstützungen für die Familien der Ausgewiesenen gesammelt haben oder dergleichen verbrecherische Handlungen mehr.

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Wie man het en muß. Daß sich die Pfaffen auf's Hetzen am Besten verstehen, ist eine alte Geschichte, es ist aber doch gut, von Zeit zu Zeit ihr System wieder einmal zu beleuchten. Am Tage nach der Wahl hielt Herr Stöcker in Berlin   mit seinen Getreuen eine Ver­sammmlung ab, in welcher er der Wuth über seinen Durchfall freien Lauf ließ. Wie der christliche Hofprediger dabei verfuhr, beweist fol­gende Stelle, die wir dem Bericht seines eigenen Organs, des Reichs­boten" entnehmen. Nach dem üblichen Schimpfen auf die Judenblätter heißt es da:

,, Redner hat, wie früher schon, in diesen Tagen besonders briefliche Sympathie und Antipathiebezeugungen erhalten; Briefe und Postkarten waren zum Theil, von andern Unfläthigkeiten abgesehen, mit Menschen­koth beschmiert.( Allgemeine Entrüstung, anhaltende Pfuirufe.) Und da geben die fortschrittlichen Kandidaten vor, die Kandidaten der gebildeten Welt" zu sein? Da muß man in der That rufen: Pfui!( Lebhafter Beifall). Redner hat manchen Strauß mit den Sozialdemokraten be­standen, auch wilde Briefe und Mißfallensäußerungen von ihnen erhalten, aber solcher Gemeinheit waren sie nicht fähig, wie diese Vertreter des angeblich gebildeten" Theils der Bevölkerung. Da muß man sich doch die Frage vorlegen: Sind Menschen, die solches thun, noch werth unter uns zu leben?( Stürmische Rufe: Nein!) Die Judenfrage ist brennend. Es fragt sich, ob die Juden noch Bescheidenheit, Zucht und Ordnung lernen.( Rufe: nein, niemals!)"

Nun merke man auf, wie schlau der Pfaffe zu Werke geht. Den Brief mit Menschenkoth wollen wir einmal für wahr annehmen, mit den Postkarten ist es jedenfalls Flunkerei, da sie in Deutschland   nicht spedirt würden, auf keinen Fall aber kann Stöcker wissen, wer die Briefe an ihn gesendet hat. Nichtsdestoweniger, nachdem die Versammlung nebenbei die professionsmäßigsten Skandalmacher ihrer Entrüstung"

*) Eines der feinsten Bierrestaurants von Berlin  , wo nur sogenanntes ech tes Bier ausgeschänkt wird, und welches sehr stark von Offizieren besucht wird.

**) Wortlaut der berüchtigten Ausweisungsdekrete.

Ausdruck gegeben, fährt er fort: Sind Menschen, die solches thun, noch werth, unter uns zu leben?" Nachdem er darauf von seiner Garde das nothwendige Nein! erhalten hat, geht es nun unmittelbar weiter: Die Judenfrage ist brennend 2c. 2c. Seine Garde versteht ihn so gut, daß es nunmehr im Halloh losgeht: Hinaus aus Deutschland  , auf den Scheiter­haufen!" und ähnliche Rufe mehr. Und da gibt es noch Leute, die sich wundern, warum in Berlin   der Belagerungszustand herrscht für Sozialdemokraten!

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- Sehr richtig. In einem trefflichen Artikel in der Justice", die deutschen   Reichstagswahlen", äußert sich Charles Longuet  am Schlusse über die Wahlerfolge unserer Partei folgendermaßen: Soll man daraus, wie es bereits die Organe des Liberalismus in Deutschland  und England thun, den Schluß ziehen, daß nur die Verfolgung die deutsche Sozialdemokratie so start gemacht habe? Nichtssagende Redens­art! antworten wir der Times", welche zum hundertsten Male diese Theorie auffrischt. Die Verfolgung hat den deutschen   Sozialismus nicht getödtet, an verschiedenen Orten hat sie ihn nicht einmal am Wachsthum verhindert. Welchen andern Schluß darf man daraus ziehen, als den, daß derselbe eine ununterdrückbare Kraft ist, und daß ihm die Freiheit hundert­mal günstiger gewesen wäre! Das Beispiel anderer Länder ist hier durch­aus unanwendbar; wenn z. B. in England sich die sozialistischen   For­derungen bisher in anderer Form präsentirten als in Deutschland  , so ist das zwar bis zu einem gewissen Punkte eine Folge der politischen Ver­hältnisse dieses Landes, seiner freieren Institutionen, aber es hat auch seine anderen Ursachen. Was man in den beiden Ländern vor allen Dingen vergleichen muß, das ist der Bildungsgrad und die ökonomische Lage der Masse. Politisch ist der englische   Arbeiter freier als sein deut­ scher   Bruder, nicht aber geistig, obwohl er eine Vorstellung davon hat, daß die Lehren der Manchesterschule für seine Emanzipation nicht hin­

reichen."

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Zum Kapitel der Reichsspigelei. Die Königl  . Regierung de8** Kreises an die Oberämter** Das Polizei- Präsidium in Berlin   hat auf vertrau= lichem Wege die Mittheilung erhalten, daß gegenwärtig sozialrevolutionäre Flugschriften aus London  , betitelt Der Fremden­ führer  "," Eigenthumswahnsinn"," Wozu noch mehr Papier  " in Blech­kapseln als kondensirte Milch massenhaft über den Bodensee   geschafft und in Süddeutschland   an verschiedenen, meistens kleinen Orten der Post übergeben werden. Die Oberämter werden daher angewiesen, unver­züglich sämmtliche Vorstände der Postämter ihres Bezirks von dem Vor­stehenden in Kenntniß zu setzen, mit der Weisung, daß Sendungen, welche in obiger Hinsicht als verdächtig erscheinen, anzuhalten sind und den betr. Oberämtern zur weiteren Ver­fügung schleunigst Mittheilung zu machen ist. N. N."

Dieser Erlaß", schreibt uns ein mißrathener Stephansknecht ,,, wurde uns vor Kurzem zur gehörigen Kenntnißnahme feierlichst kundgethan. Da wir aber nicht zur Hemmung, sondern zur Beförderung der Trans­porte angestellt sind, und da bedrucktes Papier bis jetzt anderen Post­stücken noch keinerlei Schaden zugefügt hat, so werden wir unsere Zeit anderen Dingen als den Milchbüchsen und sonstiger Topfguckerei zu­wenden. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, darüber zu wachen, daß sie hübsch postmäßig verpackt sind die Blechkapseln nämlich."

Auch noch andere, und zwar recht artige Dinge erfahren wir aus der Zuschrift, wir behalten sie aber einstweilen für uns.

Polizeischurkereien hat es bis, während und nach der Wahl so viele gegen uns geregnet, daß man damit ein ganzes Buch an­füllen könnte. Das Gesindel hat sich nachgerade so daran gewöhnt, sich jede Infamie gegen uns zu erlauben, jeden Sozialisten als vogelfrei zu betrachten, daß es gar keine Schranken mehr kennt. Wie ein Hund, der Blut geleckt hat, ist es stets darauf aus, je nachdem sich die Gelegenheit bietet, zu verhaften, zu behaussuchen, konfisziren und aufzulösen. Kommt ihm gerade kein Sozialist unter die Finger, so schnappt der Polizeihund von Zeit zu Zeit nach Fortschrittlern oder der gleichen. Dann erhebt sich ein solches Geschrei, daß der Schaden schleunigst reparirt wird; den Hund wieder an die Kette zu legen, fällt Niemandem ein, der Sozialist ist und bleibt ihm gegenüber vogelfrei. Dieser Zustand hat sich auch bereits so eingebürgert, daß ihn Viele leider schon für den normalen halten und wir eigentlich nur zu berichten hätten, wann und wo einmal ein Büttel höchst ungehöriger Weise die Gesetze, welche den Staatsbürger schützen, streng beobachtet hat, oder aber wo die Polizeiwillkür weit über die all­tägliche Gewohnheit hinausgeht.

Ein solcher Fall wird uns heute aus Göppingen   gemeldet. Seit je arbeitet das dortige Ordnungsbandit enthum darauf hin, den Genoffen Bronnemaier, der daselbst eine Wirthschaft betreibt und ein städti­sches Amt bekleidet, materiell zu ruiniven. Im vorigen Jahre hatte man ihn mit noch 2 Genossen am 27. Oktober verhaftet und 11 Wochen lang in Untersuchungshaft gesteckt, wonach man ihn endlich, da absolut nichts gegen ihn aufzutreiben war, freilassen mußte. Genau am Jahrestage dieser Infamie ist Genosse Bronnemaier wieder überfallen, behaussucht und verhaftet worden. Gefunden wurde trotz dreistündiger Schnüffelei absolut nichts Verfängliches einige Stimmzettel und Wahlaufrufe für Bebel wurden in Ermangelung von etwas Besserem als glückliche Beute Konfiszirt aber Bronnemaier sitzt nichts desto weniger in Haft, und wenn er wieder herauskommen wird, das wissen die Götter, d. h. die Schurken.

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Wir aber wissen, daß wir am Tage der Abrechnung nichts schuldig bleiben werden!

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Ein Geständniß. Nur aus den rauchenden mit Blut bespritzten Trümmern kann eine neue Ordnung entstehen, welche mit dem bisherigen auf rücksichtsloser Selbstsucht aufgebautem System brechen wird." Diese Worte, von wem könnten sie sonst herrühren, als von einem Mitglied jener verruchten Mordbrennergesellschaft, welche noch heute in dem An­denken an die Greuelthaten der Pariser Kommune schwelgt? Fehl­geschossen, sie sind entnommen einem Briefe des Königl. preußischen Stadtgerichtsrath E. Wilmanns in Berlin   an Herrn Miecryslaw Treter, Ritter von Lubomir in Lemberg  , und mit Bewilligung des Brief­schreibers vom Adressaten dieser Tage in einer Broschüre veröffentlicht worden. Wenn das am grünen Holze geschieht, was soll man da vom dürren erwarten?

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-Humbug. Prinz Freimauerer". Unser Fritz" ist be fanntlich Freimaurer, sogar ein großer Herr unter den Freimaurern, was, bei der freimaurerlichen Gleichheit alles dessen was Menschenantlik trägt", natürlich nicht auf Rechnung seines Kronprinzenthums zu setzen ist. Vor einigen Tagen war er in der Berliner   Mutterloge zu den drei Weltkugeln", wo dem verstorbenen Prinzen der Niederlande   eine Todten­feier veranstaltet ward, und hielt bei dieser Gelegenheit eine ,, meisterhafte" Rede, in welcher er besagten Prinzen u. A. eine Säule der Freiheit und Menschlichkeit" nannte. Eine Säule der Freiheit und Menschlich­feit!" Als ob unser Fritz in Freiheit und Menschlichkeit seine höchsten Ideale erblickte. Eine Säule der Freiheit und Menschlichkeit." Wer? Dieser Prinz der Niederlande  , der zwar nicht der Weltgeschichte, aber der Chronique scandaleuse angehört, und von dem man nichts anderes weiß, als daß er einer der liederlichsten Taugenichtse unseres Jahrhunderts gewesen ist? Ein Müssiggänger, der sein Leben lang nichts Nügliches gethan, und seine Liebe zur Freiheit und Menschlichkeit" nur im freien" Umgang mit Menschen" sächlichen Geschlechts bewiesen hat? Jeden­falls ist der widerliche Humbug des Freimaurerthums durch diese Todten­feier, nebst obligater kronprinzlicher Rede ebenso amüsant als drastisch illustrirt woden.