eine weit größere Anzahl, weil das" r" im Druck undeutlich herausge kommen war. Damals, wo wir noch eine scharfe Kontrole ausüben fonnten, ergaben sich trotz dieser Manipulationen nur 146 ungültige Stimmzettel, diesmal hat man 445 für ungültig" erklärt. Da die Her­ren Wahlvorsteher bei fortschrittlichen Stimmzetteln sehr schonungsvoll zu Werke gehen, so steht es für uns außer allem Zweifel, daß in Wahrheit Bebel die Mehrzahl der Stimmen für sich hatte und die Fortschrittler ihren ,, Sieg" nur der ,, Gewissenhaftigkeit" ihrer Wahlvorsteher zu ver

danken haben.

Wir haben uns bei Berlin   etwas länger aufgehalten, die Bedeutung der dortigen Wahl ließ uns das nöthig erscheinen.

In Dresden   ist Genosse Bebel der Koalition der reaktionären fortschrittlich- konservativen- antisemitischen Masse unterlegen. Die Stim­menzahl weist trotzdem ein Mehr von netto 1300 Stimmen gegen die Hauptwahl auf. Einem Siege gleicht das Resultat von Leipzig­Stadt: 9800 Stimmen für Bebel in der Hochburg des Nationallibe­ralismus! In Hannover   und Magdeburg   haben sich unsere Genossen brav gehalten, beide Orte weisen ein tüchtiges Mehr auf, ein Sieg war nicht vorauszusehen. In der Stadt Altona   hatten wir natürlich die Mehrheit, der Landkreis aber warf uns um, wenngleich er am 11. November erheblich mehr Stimmen lieferte als am 27. Oktober. Und nun wieder zu unseren Siegen.

Fast lauter neue Kräfte sendet die Sozialdemokratie in den Reichstag  . Genosse Grillenberger's Wahl in Nürnberg   hat bei den unterliegenden Fortschrittlern ein wahres Wuthgeheul hervorgerufen, alle Welt soll Schuld an ihrer Niederlage sein, nur nicht sie selbst. Daß in Offenbach Liebknecht siegen würde, war vorauszusehen, hoffent­lich bleibt dieser Wahlkreis nunmehr der Sozialdemokratie treu, denn Liebknecht   hat für Mainz   angenommen.

In Solingen   ist es gekommen, wie wir vorausgesagt haben, die Wähler der Fortschrittspartei haben das Geschäft" ihrer Parteiführer nicht anerkannt und sich meist der Stimme enthalten, so daß Genosse Rittinghausen den bereits 1877 von ihm vertretenen Wahlkreis zurückeroberte. Die Unbotmäßigkeit der Wähler ist überhaupt die schönste Erscheinung im diesmaligen Wahlkampfe. Der Wahlkreis Hanau­Gelnhausen sendet zum ersten Male einen Sozialisten, den Genossen Karl Frohme  , Chemnitz   und Zwickau  , die zurückeroberten Wahlkreise, senden in Bruno Geiser   und Wilhelm Stolle  , Mittweida   und Hamburg   II in Georg Vollmar   und H. Dietz neue Vertreter in den Reichstag  , der Wahlkreis Freiberg­Dederan hat auch diesmal Genossen Max Kayser   sein Mandat anvertraut. Von den Neugewählten sind Bruno Geiser   als Redak­teur der Neuen Welt", Karl Frohme  , Karl Grillenberger  und Georg Vollmar   als Redakteure verschiedener Parteiorgane und tüchtige Agitatoren in der Partei allgemein bekannt, W. Stolle hat seit Langem in Sachsen   einen guten Ruf als aufopfernder, eifriger Agi­tator und Organisator, Genosse Dietz ist bisher wenig an die Deffent­lichkeit getreten, als Leiter der Hamburger Genossenschaftsbuchdruckerei hat er eine seltene Umsicht und Tüchtigkeit an den Tag gelegt. Ihrem ur­sprünglichen Berufe nach sind: Dietz Schriftsetzer, Frohme   und Grillenberger Schlosser, Geiser Schriftsteller, Kräcker Sattler ( nicht Maschinenbauer), Stolle Gärtner und Voll mar Militär.

Der kleine Belagerungszustand vor dem sächsischen Landtage.

Leipzig  , den 10. November. Unser Minister des Innern, Herr v. Nostitz- Wallwitz, hatte sich am Sonnabend im Land­tage wegen Verhängung des Belagerungszustandes über Leipzig   vor der Sozialdemokratie zu verantworten. Er löfte diese Aufgabe wie ein ächter Feigling und die ganze Kammer, mit alleiniger Aus­nahme der vier Sozialdemokraten, stand ihm in seiner schnöden Retirade bei. Unsere Genossen hatten bekanntlich folgende Interpellation eingebracht: Welche Gründe bestimmten die sächsische Staatsregierung, den sog. kleinen Belagerungszustand über das Gebiet Leipzig   und Umgegend zu verhängen?" Diese Interpellation wurde vom Kammer­präsidium kurz vor der Wahl auf die Tagesordnung gesetzt, weil man annahm, daß um diese Zeit die Sozialdemokraten mit anderen Dingen beschäftigt, also weniger vorbereitet zum Kampf im Landtag sein würden, andererseits aber auch dem Minister Gelegenheit zu einer Wahlagitations­rede gegeben werde. In der Hoffnung, die Sozialdemokratie werde nicht schlagfertig sein, hatte man sich getäuscht. Sie ist immer schlagfertig, Sie ist immer schlagfertig, und diesmal war sie es ganz besonders.

Genosse Bebel ergriff zur Begründung der Interpellation das Wort und bewies zunächst durch Verlesung der betreffenden Paragraphen und durch Rückblick auf die Reichstagsverhandlungen, aus denen der§ 28 des Sozialistengesetzes hervorgegangen, daß die Regierung das Gesetz ganz falsch angewandt habe, denn führte er aus wenn sie selbst an eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit geglaubt hätte, dann würde sie vor Allem das Waffentragen 2c. verboten haben. Selbst die Leipziger   Kreishauptmannschaft und Polizeidirektion seien gegen diesen

Feuilleton.

Ein Manifest.

Der vorjährige Kongreß der französischen   Sozialdemokratie hatte auf die Tagesordnung des diesmaligen Kongreffes u. A. die Frage gestellt: Wie wird sich die Gesellschaft am Tage nach der Revo­lution gestalten in Beziehung auf 1. Produktion, 2. Konsumtion und 3. die sozialen Einrichtungen. Wenn man berücksichtigt, wie jung die sozialistische Arbeiterpartei in Frankreich   noch ist, daß die alten Schulen und Sekten hie und da immer noch nachspielen, so wird man es begreiflich finden, daß wir nicht ohne Befürchtung der Berathung dieser die Utopisterei geradezu herausfordernden Frage entgegensahen. Mit um so größerer Genugthuung können wir heute das Resultat dieser Berathungen mittheilen. Gleich uns hat die für diese Fragen bestimmte Kommission die Gefahren erkannt, welche der Arbeiterpartei aus Zukunftsmalerei erwachsen müssen, und anstatt daher sich auf dieselbe einzulassen, hat die Kommission vielmehr ihre Auffassung von dem allgemeinen Gang der Entwicklung und den sich daraus ergebenden Schlüssen in einem ausführlichen Bericht niedergelegt, in welchem sie sich vollständig auf den Boden des modernen wissenschaftlichen Sozialismus stellt und alle Sektirerei verwirft. Dieser Bericht, den man mit Recht als ein Manifest auffassen darf, lautet:

Bürgerinnen und Bürger!

Die Tagesordnung, welche der Kongreß von Havre   dem gegenwärtigen Kongreß überwies, hat viele Schwierigkeiten im Gefolge, auch wir über­reichen Euch daher nur einen Bericht, der die allgemeine Meinung der Partei feststellt, da es sich schwer vorausbestimmen läßt, wie die Gesell­schaft nach der Revolution beschaffen sein wird.

Wenn man, wie wir, zugesteht, daß bei dem heutigen Stand der Dinge die Lösung der sozialen Frage als letzte Instanz die Anwendung der revolutionären Gewalt in sich begreift, so ist es unmöglich, zu sagen, unter welchen Umständen diese Revolution vor sich gehen wird. Nun wird aber in den entscheidenden Momenten, wo das Heil der sich voll­ziehenden Revolution abhängt von schnell in die Hand genommenen und gut durchgeführten Maßnahmen, der Charakter dieser Maßnahmen be­stimmt durch Umstände, deren Zusammenhänge sich zum großen Theil nicht voraussehen lassen.

Ferner war zu befürchten, daß ein zu starkes Eingehen in Details Spaltung und Rückfall in den utopistischen Sozialismus zur Folge haben würde. Das ist aber nicht eingetreten, die 40 Berichte, welche ins vorlagen, halten alle die umfassenden Bahnen des wissenschaftlichen Sozialismus ein.

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Gewaltstreich gewesen und haben sich gewehrt bis zum letzten Augenblick, aber nachdem Puttkamer das sächsische Ministerium im Reichstag offen blamirt hatte, indem er sagte, man wisse von Leipzig   in Berlin   mehr als in Dresden  , da habe Sachsen   sich dem preußischen Wunsche unter­worfen. Das Staatsministerium habe dadurch eine schwere Pflicht­verletzung und Verlegung der Gesetze begangen. Als Grund für diese Verletzung des öffentlichen Rechtes haben die offiziösen Zeitungen eine Reihe von Vorwänden angeführt, welche alle nur be­weisen, daß der Streich nicht gegen die ungesetzliche, sondern gegen die gesetzliche Thätigkeit der Sozialdemokraten, daß er namentlich gegen sozialistische Wahlen gerichtet ist. Die offiziösen Gründe sagte Bebel- sind: 1) das Vorhandensein von Vereinen, in denen unter dem Deckmantel harmloser Vergnügungen Sozialismus getrieben werde. Aber diese Vereine sind öffentlich, werden überwacht, und es ist in den letzten drei Jahren im ganzen Bezirk keine Verletzung des Vereinsgesetzes vor­gekommen, folglich auch die Behauptung, daß jene Vereine ungesetzliche Ziele verfolgen, eine leere Phrase. 2) es seien Sozialisten in die Ge­meinderäthe gewählt worden. Diese Wahlen sind aber nicht ungesetzlich, und die Gewählten haben sich in ihren Gemeindeämtern die höchste An­erkennung verdient. Der Redner las einige Zeugnisse vor, welche dies amtlich bestätigen, und folgerte auch hieraus, daß der Belagerungszustand zum Zwecke der Unterdrückung gesetzlicher Thätigkeit geschaffen worden sei. 3) der Aufenthalt der Sozialistenführer in Leipzig   sei eine Gefahr gewesen. Diesen Führern habe man aber nichts Ungesetzliches nachweisen können, im Gegentheil, sie haben die Massen aufgeklärt über ihre gesetz­lichen Rechte. Das ist eine Gefahr nur für eine Regierung, die auf die Unwissenheit des Volkes spekulirt. 4) es seien sozialistische Geldsamm­lungen vorgenommen worden. Dies ist aber nur geschehen zur Unter­stützung der Familien Ausgewiesener, also vollkommen gesetzlich. 5) die Führer hätten mit Nihilisten Umgang gehabt. Dafür hat man nicht den geringsten Beweis erbringen können. 6) es sei ein Organisationsplan zur Organisirung der Kreise XII und XIII vorgefunden worden, welcher zu Wahl- und Revolutionszwecken dienen sollte. Der Organisationsplan ist nie in Kraft getreten, wenn es aber geschehen wäre, so würde es nur behuss Wahlagitation geschehen sein. Die Vermuthung betreffs der Revo­lutionszwecke sei Unsinn. Wenn die Regierung hierüber etwas Thatsäch­liches erfahren habe, warum schreite sie denn da nicht ein? Kurz schloß Bebel es gibt feine stichhaltigen Gründe für diesen Belagerungszustand. Man hat ihn nur verhängt, um die Wahlen zu beeinflussen und die Existenz einer Reihe der Regierung verhaßter Personen zu ruiniren, um dadurch die Partei indirekt zu schädigen. Deshalb weise man auch mit Vorliebe Familienväter aus. Und gerade in Sachsen   sei dies mit größerer Brutalität geschehen als in Berlin   und Hamburg- Altona  . Man habe von den Ausgewiesenen Sig­nalements aufgenommen, als ob sie Spitzbuben wären. Man verfolge sie mit ausgesuchter Raffinirtheit. Ihm, dem Redner selbst, sei es passirt, daß der Bürgermeister von Mittweida   ihm eine halbe Stunde lang auf der Straße aufgelauert habe, bis der Bürgermeister sich endlich vor dem Spottgelächter seiner Gemeindemitglieder in ein Haus flüchten mußte. Es sei schändlich, Leute, die man von Weib und Kind, von Haus und Hof vertrieben hat, auch noch in dieser Weise zu verfolgen. Die Scham­röthe sollte der Regierung in's Gesicht steigen.( Unruhe.) Der Redner erzählte nun eine Reihe haarsträubender Fälle von Polizeiwillkür  , z. B. wie ein Ausgewiesener auf das Kommando des Polizeiwachtmeisters: , Packt den Hund!" von den Gensdarmen gepackt und gewürgt wurde, bis ein dicker Blutstrom seinem Munde entquoll. Die Zuhörer auf den Tribünen wurden blaß vor Entsetzen über solche Greuel, und selbst die Minister, trotz ihrer Verstocktheit, wanden sich unruhig hin und her, wie Verbrecher, denen angesichts des Galgens ihre Schandthaten vorgezählt werden. Mit flammender Beredtsamkeit zeigte Bebel den Ab­grund der Verworfenheit, aus dem solche Zustände emporwachsen, und rief den Ministern zu:" Alle Folgen dieser Drachensaat auf Ihr Haupt!"

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Roth wie ein gefottener Krebs nahm hierauf der Minister des Innern das Wort. Er theilte der Kammer und Herrn Bebel vor Allem mit, daß er Jus studirt habe, und zwar vier Jahre lang. Bebel hatte näm­lich im Laufe seiner Rede angesichts der bestehenden Rechtslosigkeit und Polizeiwillkür   seinen Zweifel ausgesprochen, ob der Minister die Rechts­wissenschaft überhaupt studirt habe. Auf seine feierliche Versicherung, daß dies geschehen, donnerte ihm Bebel zu: Um so schlimmer!" Und nun fing der Minister an, wie ein wiederkäuend Thier" alle die Gründe" für den Belagerungszustand anzuführen, die Bebel eben widerlegt hatte. Einen einzigen neuen Grund brachte er, aber was für einen! Die hohen Staatsbehörden hätten einen anonymen Brief erhalten, in dem sie mit Dolchstößen bedroht wurden. Das beweise doch, wie gewalt­thätig das Volk gesinnt sei, und da habe man sich bei Zeiten schützen Alle müssen, um nicht das Land der Revolution zu überliefern! Achtung vor dieser geistreichen Argumentation, aber es hat noch Niemand bezweifelt, daß die Minister bei ihren hohen Gehältern 5 Pfennige Porto für einen anonymen Brief übrig haben, den sie sich je nach Wunsch schreiben lassen können, wenn sie keine besseren Mittel zur Vertheidigung ihrer verwerflichen Handlungen mehr finden.

Der Herr Minister hielt den Zeitpunkt auch für günstig, um Wahl­

Man hat keine in den Lüften schwebende Jdealstaaten erbaut, man hat sich an die Wirklichkeit gehalten. Die kämpfenden Gruppen des französischen   Proletariats haben es verstanden, die wirthschaftlichen Ten­denzen der französischen   Gesellschaft zu analyfiren.

" Sie haben erkannt, daß der Gegensatz der Interessen sich ausprägt im Klaffenkampf, und daß die französischen   Arbeiter nur durch ihre Orga nisation als unterschiedene politische und wirthschaftliche Partei wirksam an ihrer Befreiung arbeiten können.

,, Sie haben auch eingesehen, daß, da die Konzentration der Arbeits­mittel und Kräfte eine nothwendige Folge der modernen Produktion ist, die Arbeit in ihrer Ausführung immer mehr eine gesellschaftliche wird und auch in Bezug auf ihre Bestimmung gesellschaftlich werden muß. Sie, die Opfer der mörderischen kapitalistischen   Ausbeutung, die eine Folge ist der Aneignung der sozialen Arbeitsmittel durch einzelne Wenige, haben ferner konstatirt, daß für die Proletarier der zivilisirten Gesell­schaften die Emanzipation nur durch die Vergesellschaftung der Arbeits­stoffe und Arbeitsinstrumente möglich ist.

,, Wie aber die gesellschaftlichen Beziehungen von der Form des Eigen­thums abhängen, so wird die allgemeine Form des Eigenthums beſtimmt durch die vorherrschende Art der Produktion und bildet sich weiter aus in den Zweigen der nationalen Arbeit, welche die Großkapitalisten in Industrie und Handel bereits monopolifirt haben.

,, Es wird jetzt der Grundbesitz an die Reihe kommen. Die Großwirth­schaft, welche bereits in England, in Amerika  , in der Lombardei   2c. vor­herrscht, greift immer mehr um sich.

Durch die Konkurrenz, die sie den kleinen Grundbesitzern macht, hat sie bereits die Grundrente in Frankreich   herabgedrückt, und bald wird der Kleine Grundbesitzer angesichts der Entwerthung der Aderprodukte, welche die Einführung von Maschinen, der wissenschaftliche Betrieb, die Massen­wirkung bei Theilung der Arbeit in der Landwirthschaft zur Folge haben, nicht mehr von dem Ertrage seiner Scholle leben können.

" So werden, wie dies in Handel und Industrie geschieht, die großen Kapitalisten die kleinen Eigenthümer expropriiren und in ein immer mehr gefnechtetes, immer mehr nothleidendes Proletariat hinabschleudern. Und es wird das Werk des siegreichen Sozialismus sein, nicht, wie man ge­sagt, den Arbeitern ihr Arbeitsgeräth zu konfisziren, sondern ihnen das­selbe, nachdem es das kapitalistische Feudalritterthum mit Gewalt an sich gebracht hat, in der Form von Gemeinbesitz zurückzuerstatten.

"

Eine Revolution vollzieht sich vor unsern Augen: die Großproduktion ist eine gesellschaftliche Nothwendigkeit geworden. Der Kapitalismus hat die Produktionsmittel gewaltsam konzentrirt, indem er das arbeitende Volf aushungerte, entkräftete, dezimirte, indem er es seiner Arbeitsmittel entäußerte, welche gerade infolge ihrer Vervollkommnung das Mittel zur Knechtung und Ausbeutung geworden sind. Der Sozialismus will die

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agitation zu treiben. Er las Theile eines Artikels aus dem Sozial­demokrat vor, in denen von Dynamit die Rede ist freilich nur in dem Sinne, daß die Wahlenthaltungstheorie getadelt wird, aber was genirt das die ministerielle Logik. Herr v. Nostiz- Wallwitz zog aus dem zur Wahlbetheiligung, zum Kampf mit dem Stimm zettel auffordernden Artikel wörtlich die Moral: Die Sozial­demokraten wollen also entweder Revolution oder sofortigen Umsturz mittelst Dynamit!"

A

Eine solche Brandrede verträgt natürlich keine Widerlegung, das sah die Kammer auch ein. Nachdem der Minister fast eine Stunde lang das ungereimtefte Zeug geschwätzt und dabei die Sozialdemokratie und ihre Vertreter weidlich verdächtigt hatte, lehnte die Kammer die Eröffnung der Debatte über die Interpellation ab und deckte dadurch dem Minister den Rücken gegen die moralischen Hiebe, die er sonst bekommen hätte. Die Fortschrittspartei in der Kammer betheiligte sich einstimmig an diesem schimpflichen Beschlusse. Kein Wunder, da ihr Führer, Advokat Dr. Schaffrath, ein Straßendemagog von 1848, jetzt auch bei der Wahl offen mit den Konservativen paktirt. Sein höchstes Streben ist, wie stadtbekannt, seine Söhne in faulen Staatsposten unterzubringen und wieder Zutritt zu den Hofbällen zu erlangen, woselbst er früher als Prä­sident der zweiten Kammer damals als Hof- Demokrat paradirte.

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Für diese erhabenen Ziele wird Recht und Ehre in den Staub getreten. Aber die Minister und ihre Knechte mögen nicht jubeln. Die Sozial­demokratie steht auf ihrem Posten, im Landtage wie im Reichstage, und es ist der sächsischen Regierung nichts geschenkt von all' den Erbärmlich­keiten, die gegen uns verübt wurden. Es wird Alles an's Licht gezogen, es wird auch die Feigheit des Ministers gebrandmarkt werden, welcher übrigens naiv genug war, seine traurige Rede gegenwärtig als Wahl­flugblatt verbreiten zu lassen. So wohl wird es ihm in Zukunft nicht mehr werden, wenn ihm keine Verkümmerung der Debatte mehr den Rücken deckt.

Seine Rede soll übrigens doch für die Stübel'sche Wahl gewirkt haben. Die Philister sagten sich: wenn ein Minister solches Blech schwätzt, kann man an einen Reichstagsabgeordneten erst recht keine hohen Anforderungen stellen und so wählten sie den Stübel.

Sozialpolitische Rundschau.

Zürich  , 16. November 1881.

- Lehrreiche Zahlen. Vor einigen Wochen lief durch die deutsche schutzöllnerische Presse ein Bericht über die Besserung der Verhältnisse in der Oberschlesischen   Bergwerks- und Hütten- Industrie seit Inkraft­treten des neuen Zolltarifes. Die in jenem Bericht veröffentlichten Zahlen sind nach verschiedenen Seiten hin lehrreich, daher wollen auch wir dieselben einmal unter die Lupe nehmen.

Es heißt da:

Während z. B. beim Steinkohlengruben- Betrieb in Oberschlesien  pro 1878 nur 30,111 Arbeiter

beschäftigt waren, ist die Zahl derselben pro 1879 schon auf

und pro 1880 auf gestiegen.

30,644" 32,517

"

" Der Jahresbetrag sämmtlicher bei den Oberschlesischen Steinkohlen­bergwerken gezahlten Arbeitslöhne betrug:

pro 1878

1879

"

1880

"

während die Steinkohlenproduktion

pro 1878 einen Werth von

"

1879 1880

"

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"

"

"

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repräsentirt."

=

13,708,990 Mark 15,371,608 17,082,651

"

"

32,150,882 Mark 32,477,523 37,970,164

"

"

=

Die Arbeiterzahl, allein bei dieser Industriebranche, ist somit gegen das Jahr 1878 um 2406 8 Proz. gestiegen, wobei der Jahresbetrag der gezahlten Arbeitslöhne, um 3.4 Millionen Mark 24-6 Proz. zu­genommen hat, eine Lohnerhöhung, welche im Wesentlichen auf die größeren Durchschnittsleistungen des Einzelnen zurückzuführen ist.

-

Der Antheil der Arbeitslöhne am Produktionswerthe der Steinkohlen beträgt im Jahre 1880 netto 45 Proz. Es ergibt sich also auch nach dieser Richtung hin eine thatsächliche Lohnverbesserung und zwar hatte ein Arbeiter durchschnittlich pro Jahr verdient:

in 1878 einen Arbeitslohn von 455 Mark

" 1

"

"

"

"

502 525

"

"

"

" 1

"

1879 1880 Soweit der Bericht. Auffallend ist zunächst, daß zwar die Steigerung des Geldwerthes der Produktion, nicht aber die der Produkten menge angegeben ist. Daß auch eine Steigerung der Letzteren stattgefunden hatte, geht schon aus dem Hinweis auf die größere Zahl und die größeren Arbeitsleistungen der Arbeiter hervor.

Ordnung dadurch wiederherstellen, daß er den wirthschaftlichen Fortschritt Allen zu Gute kommen lassen, und Jedem, der seinen Pflichten nach tommt, oder nicht in der Lage ist, solche zu erfüllen, seinen Antheil an den gesellschaftlichen Genüssen sichern will. Das ist es, was die Kom­mission aus den Berichten, die sie geprüft hat, in theoretischer Beziehung hat entnehmen können.

" Die Sozialisten der französischen   Arbeiterpartei verkennen die Wichtig­keit der moralischen Seite der sozialen Frage nicht. Sie wissen, daß die wirthschaftliche Umgestaltung unvollständig wäre, wenn sie nicht von einer fittlichen Regeneration begleitet würde, die für den Wohlstand der Mensch­heit ebenso unerläßlich ist als für die Würde derselben. Aber sie wissen auch, daß die Menschen im Allgemeinen das sind, zu dem sie ihre Umgebung und ihre Lebensbedingungen, die ihr Schicksal bestimmen, machen. Daher ist die dringendste Aufgabe, das Werk, ohne welches nichts Großes erreicht werden kann, die wirthschaftliche Umgestaltung, der sie sich vor allen Dingen widmen.

" Diese wirthschaftliche Umgestaltung, der Ausgangspunkt einer Gesell­schaft, welche dem freiheitlichen Kommunismus zustrebt, heißt zunächst: Abschaffung des Lohnsystems, Sozialisation( gesellschaftliche Inbesitznahme) der Produktionsmittel, Zutheilung des vollen Ertrages seiner Arbeit ( nach Abzug der gesellschaftlichen Auslagen) an jedermann, mit der Berechtigung denselben nach seinem Ermessen zur Anschaffung von Genuß­mitteln oder für Vergnügungen zu verwenden.

" Ferner bedeutet diese Umwandlung: Gleichheit der Rechte von Mann und Frau, freie Ehe, Unterhalt und möglichst vollständige gewerbliche Erziehung der Kinder von Seiten der Gesellschaft, und endlich Sicherung des Lebensunterhaltes aller Arbeitsunfähigen nach Maßgabe der gesell­schaftlichen Hilfsquellen.

"

Als unverzügliche Maßnahmen bezeichnet die Mehrzahl der vertretenen Gruppen die sofortige Umgestaltung des politischen Organismus, die Abschaffung der stehenden Heere, des Kultusbudget, der Berufsrichter, der politischen Polizei und nach der Revolutionsregierung des Tages der Revolution die Ersetzung der parlamentarischen Kammern, durch ver­bündete Delegationen der organisirten Gewerkschaften, die Einziehung der Güter der todten Hand, die Vergesellschaftlichung der Kreditinstitute, der Eisenbahnen, der Kanäle, der Handelsmarine, der Bergwerke und ihrer Nebenetablissements: Hochöfen, Gießereien, Walzwerke 2c. 2c.

,, Es folgen dann die großen Werkplätze. Der Sozialismus wird dem industriellen Feudalismus auf Schritt und Tritt folgen, um der Menschheit die Produktions, Bildungs- und Lebensmittel zurück­zuerstatten, um in der Produktion und in der Vertheilung der Güter die Ordnung, die Gerechtigkeit und die Solidarität einzuführen. Mit einem Wort, um die Zuchthäuser des modernen Kapitalismus, in denen