Erscheint

söchentlich einmal

in

Zürich  ( Schweiz  )

Verlag Volksbuchhandlung

Hottingen- Zürich.

Boffendungen franco gegen franco.

Gewöhnliche Briefe

nach der Schweiz   toften

Doppelporto.

N: 15.

Der Sozialdemokrat

Zentral- Organ der deutschen   Sozialdemokratie

Donnerstag, 6. April.

Asia an die Korrefpondenten und Abonnenten des ,, Sozialdemokrat".

Da der Sozialdemokrat" sowohl in Deutschland   als auch in Oesterreich   verboten ist, bezw. verfolgt wird, und die dortigen Behörden sich alle Mühe geben, unsere Verbindungen nach jenen Ländern möglichst zu erschweren, resp. Briefe von dort an uns und unsere Zeitungs- und sonstigen Sendungen nach dort abzufangen, so ist die äußerste Vorsicht im Postverkehr nothwendig und darf teine Vorsichtsmaßregel versäumt werden, die Briefmarder über den wahren Absender und Empfänger, sowie den Inhalt der Sendungen zu täuschen, und letztere dadurch zu schützen. Haupterfordernig ist hiezu einerseits, daß unsere Freunde so selten

Unsern Abonnenten in der Schweiz  zur gef. Kenntniß, daß wir diejenigen bisherigen Abonnenten, welche die Annahme unseres Blattes seit Beginn dieses Quartals nicht ablehnten, auch für das laufende Quartal als Abonnenten vortragen und Nachnahme mit Nr. 17 erheben werden, sofern bis zum 15. ds. M. die betreffenden Abonnementsbeträge nicht eingesandt wurden.

Die Expedition des Sozialdemokrat".

Ostern!

Die Gläubigen, Juden wie Christen, feiern in den ersten Tagen des Frühlings das Osterfest, das Fest der Auferstehung, der Er­lösung..

Man hat dieses Fest in Zusammenhang gebracht mit dem Erwachen der Natur nach den falten und rauhen Tagen des Winters. Wenn die Erde aus langem Schlaf aufzuwachen scheint und in Wald und Feld, auf Wiesen und in Wässern neues Leben sich regt, dann fühlt auch der Mensch freudiger und lebhafter, und je inniger sein Leben, sein Wirken mit dem Wirken der Natur in Verbindung steht, um so mehr wird er das Eintreten des Frühlings mit einem Fest der Freude be ginnen.

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Die Juden feiern das Fest der Befreiung aus der egyptischen Sklaverei. Die Sage, welche uns die Bibel in dieser Be ziehung überliefert hat, muthet uns heute ganz eigenthümlich an. Das jüdische Volt, welches in Egypten die härtesten Frohndienste verrichten muß, befreit sich aus der Knechtschaft, indem es seinen Peinigern davonläuft und unter den schwersten Entbehrungen bas gelobte Land sucht, wo Milch und Honig fließt. Auch heute sehen wir Tausende und Abertausende diese Art der Befreiung nachahmen. Aus allen Ländern der alten Welt der Sklaverei und des Kapitalismus   zieht das Volk in Schaaren fort, das Land zu suchen, wo seine Arbeiten auch Früchte tragen, wo es nicht nur schaffen und immer wieder schaffen muß, sondern auch des Ertrages seiner Arbeit sich erfreuen darf. Die Proletarier unserer Tage aber finden das Land, wo Milch und Honig fließt,

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1882.

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uns vormachen will, es sei das Christenthum, welches die Sklaverei abgeschafft habe. So vertheidigen heutige christliche Priester die nicht minder verwerfliche Lohnstlaverei, die Folge der heutigen nicht minder verwerfliche Lohnsklaverei, die Folge der heutigen Eigenthumsordnung, als eine göttliche" Einrichtung. Angeblich der Trost der Enterbten, ist das Christenthum thatsächlich die Stüße der Reichen und Mächtigen, es verweist die Masse auf Faktoren, die außer ihr selbst liegen. Der Erlöser kommt von oben her, Einer opfert sich hin, um Alle zu retten. Das klingt sehr poetisch, aber solange die Masse auf Rettung durch fremde Hilfe hofft, anstatt die Kraft in sich selbst zu suchen, solange Hilfe hofft, anstatt die Kraft in sich selbst zu suchen, solange wird sie vom sozialen Elend nicht befreit werden.

Jüdisches Passah und christliche Ostern sind, selbst wenn wir sie vom rein menschlichen Standpunkte betrachten, keine erhebenden Feste für das arbeitende Volk. Und nehmen wir sie als sym­bolische Deutungen der Feier des Frühlings, so fönnen wir fie noch weniger gelten lassen.

fluß sein wird auf den Gang der Dinge in Rußland  . Unter den Juden Rußland's   und Polen's, die bekanntlich eine Bevölkerung von mehr als 3 Millionen Seelen ausmachen, also das stärkste Kontingent der Juden in der Welt, ist eine energische Bewegung zu Gunsten der produktiven Arbeit und Thätigkeit entstanden: in allen Städten sind Vereine und Assoziationen zur Förderung der produktiven Gewerbe und physischen Arbeit und zur Verdrängung des mühelosen Erwerbes im Ent­stehen. Andererseits entstehen allerorten Sekten und rationalistische Gruppen, die eine Abschüttelung der veralteten Gebräuche und Sitten und der zweck­losen Religionssatzungen anstreben, wobei der Grundton überall die soziale und ethische Regeneration ist. Die Massen wenden sich mit Ab­schen von dem Parasitismus und Vermittelungshandel, der ihnen durch ihre rechtliche und soziale Stellung förmlich aufgezwungen worden war. Die russische   Bevölkerung in den Distrikten, auf welche die Juden in Rußland   beschränkt sind, zerfällt ihrer sozialen Stellung nach hauptsächlich in zwei Theile: die produktiven Bauern, die vollständig unbeholfen sind, wenn es sich um den Absatz der Produkte handelt, und die unproduktiven Guts­besitzer, die großen Eigenthümer, die es wohl verstehen, die ihnen mühelos in den Schooß fallende Frucht zu verzehren, denen aber ebenfalls das Verständniß und die Lust zum Aufsuchen des geeigneten Absatzmarktes für die ihnen gehörenden Produkte Korn, Weizen, Holz- fehlt. Die natür­lichen Vermittler zwischen diesen beiden Faktoren und dem Absatzmarkte sind die Juden. Daß sie dabei nicht Alle reich werden konnten, wird be­

Das ist ein schlechter Frühling, der die Reste des Winters mit herübernimmt. Erst müssen die rauhen Stürme des März rücksichtslos über das Land dahingebraust sein, ehe die Natur ihr volles Erwachen, die Erde ihre wahre Auferstehung feiert. Und so wird die volle Befreiung nicht möglich sein ohne rauhe greiflich, wenn man bedenkt, daß die Juden zwangsweise an einen Land­Stürme, die rücksichtslos Alles aus dem Wege räumen, was ihrer Entfaltung im Wege steht.

erstreben, sondern im Diesseits, nicht seinen Unterbrüdern zu ent Nicht im Jenseits hat das Proletariat seine Erlösung zu fliehen, sondern sich ihrer zu entledigen, nicht in der Ferne das gelobte Land zu suchen, sondern dasselbe in der Heimath zu er richten. Nicht auf einen Moses, nicht auf einen Messias   darf es warten, in sich selbst muß es die Kraft zu seiner Befreiung fühlen.

Das ist der Gegensatz zwischen dem Ostern der Vergangenheit und dem Ostern der Zukunft. Immer mächtiger erwacht in der Masse der Gedrückten und Ausgebeuteten der Drang nach dem Letzteren, immer stärker wächst die Zahl derer an, welche ent­Je strenger schlossen find Alles zu thun, um es herbeizuführen. Je strenger der Winter, um so gewaltiger werden die Stürme sein, welche ihm den Garaus machen, und je mehr es die Pharaonen von heute darauf anlegen, daß der Weg zur Befreiung des Proleta­heute darauf anlegen, daß der Weg zur Befreiung des Proleta: riats durch das rothe Meer führt, um so sicherer können sie darauf rechnen, daß schließlich sie es sein werden, welche mit all' ihrer Herrlichkeit darin elendiglich ersaufen werden!

strich gebunden waren, den sie nicht überschreiten durften, und sich daher in allen Zweigen des Erwerbes gegenseitig eine mörderische Konkurrenz leisteten; es herrscht infolgedessen unter der Mehrzahl der handeltreibenden Ju­den ein auffallendes Elend und die bitterste Noth. Es ist von einer Anzahl offizieller und sonst glaubwürdiger Berichterstatter konstatirt worden, daß in einzelnen Familien jüdischer Handeltreibender 2-3 Tage in der Woche regelmäßig gefastet wird, natürlich aus Mangel an Verdienst. Wie wird nun aber dieses Elend noch größer werden müssen, wenn Viele, die bisher Handel und Vermittlung getrieben haben, sich auf Handwerke oder gar landwirthschaftliche Beschäftigung werfen werden! Schon jetzt gibt es im Süden von Rußland   22,909 acerbautreibende Juden, die 13,196 Desfiatin Boden( 1 Desfiatin 4 preußische Morgen) bearbeiten; in den Städten bilden sie die Hälfte der Handwerker. Wo soll eine solche Masse von Arbeitern, wo die Industrie noch so im Argen liegt und der allgemeine Wohlstand auf einem so niedrigen Niveau sich be­findet, ihre Verwendung und ihren Absatz finden? Da sie nach den Gesetzen innerhalb eines gewissen Landstriches bleiben müssen, so werden sie sich gegenseitig eine aufreibende Konkurrenz machen.

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Man sieht, die Situation ist eine höchst peinliche und aussichtslose, und da wird man sich wohl nicht wundern, wenn im ganzen Lande eine mächtige Strömung zu Gunsten einer Auswanderung und neuen Ansiedelung im Großen sich kundgibt, die den Zweck hat, den un­dankbaren und blutgetränkten Boden Rußlands   zu verlassen und einen Ort aufzufinden, wo die Juden ein eigenes Heim sich bilden und zu vollberechtigten Bürgern werden können. Zwei Punkte werden in

nicht, überall, wohin sie den Schritt wenden, treffen sie den Der Sozialismus und die Judenfrage in dieser Hinsicht als die geeignetſten diskutirt, Amerika   und Balästina, und

nämlichen Zwingherrn an, dem sie in der Heimath entflohen, ebenso grausam und unerbittlich wie in Europa   schwingt der Kapitalismus   die Hungerpeitsche in Australien  , in Afrika  , in Amerika  .

Die jüdische Ostern bieten dem Proletarier des 19. Jahr hunderts kein tröstliches Erempel.

Ebensowenig freilich das Ostern der Christenheit. Wenn die Juden mit ihrem Feste wenigstens eine Vorstellung verbinden, die zu fruchtbaren Vergleichen anregt, so hat die christliche Passions­geschichte etwas wahrhaft Niederdrückendes. Die ganze Mensch heit wird zu Sündern herabgedrückt, damit ein Einzelner, der menschlich fühlt wie sie, durch einen furchtbaren Opfertod sie von der Last dieser Sünden befreie.

Welch' eine finstere Denkweise, die den Menschen als von Natur aus schlecht und verderbt hinstellt, ihm sein bloßes Dasein als Verbrechen anrechnet, und es zuläßt, daß ein Unschuldiger für die Sünden Andrer duldet! Und wie diese Sünden nur ver­meintliche sind, so ist auch die Erlösung nur eine vermeintliche. Das darbende, leidende Volk wird vertröstet auf das Jenseits. Die Erde ist ein Jammerthal, kümmert Euch nicht um das irdische Leben, erst wenn sein, sündiger Körper zu Staub ge­worden, harrt des Gläubigen die Befreiung! So ruft das Christenthum den Proletariern zu, wenn sie ihr Joch abzuschütteln Miene machen. Thut Buße und kasteit Euch, und wartet auf die himmlische Gnade und die irdische Barmherzigkeit das ist die Erlösung des Christenthums.

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Finster nannten wir diese Denkweise, und sie ist es wahrlich, was man den Arbeitern auch heute vorschwatzen möge. Jahr­hunderte lang sind die Arbeiter mit der christlichen Jenseitslehre hingehalten worden, und erst als sich das Proletariat endlich auf. raffte und verzweifelt ausrief: Jenseits hin, Jenseits her

Aus dieser Erde quillen meine Freuden Und diese Sonne scheinet meinem Leiden, ich will hier auf Erden glücklich sein, und fordere das nicht als Gnade, sondern als Recht! da gingen die Männer Gottes hin und erfanden das praktische Christenthum", jene wunderbare Sozialtheorie, die regelmäßig, wenn sie praktisch" angewendet werden soll, das Gegentheil von dem zur Folge hat, was sie angeblich bezweckt. Es ist die Zweideutigkeit der christlichen Religion, welche diese Erscheinung zeitigt. So konnten noch in diesem Jahr hundert in Amerika   fromme, christliche Priester die Sklaverei vertheidigen, den Versuch, sie aufzuheben, als ein Verbrechen gegen die göttliche Weltordnung verdonnern, während man

Rußland  .

II.

Der Einfluß der Judenverfolgung auf die Juden. In der ganzen russischen Gesellschaft haben es nur einige ehrliche Liberale und die Organe des sozialistischen   Tschorny Peredjel" gewagt, einen humanen und vorurtheilsfreien Standpunkt in der Judenfrage geltend zu machen.

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Namentlich brachte das Serno  "( Same), eine für die Arbeiter in sehr populärer Weise geschriebene Beilage des Tschorny Peredjel" einige ausgezeichnete Bemerkungen, in denen die Massen an das Un­menschliche und Widersinnige des Rassenhasses gemahnt wurden. Dagegen blieben die meisten liberalen Organe, und mit ihnen leider die Narodnaja Wolja  "( das Organ des Exekutivkomite's), indifferent den brutalen Massenverfolgungen der Juden gegenüber. Die Narodnaja Wolja  " erklärte rundweg, daß sie die Judenverfolgungen als den Anfang der sozialen Revolution betrachte und sich nicht anders als zustimmend zu dieser volksthümlichen Bewegung verhalten könne. Eine Prokla mation in ukrainischer Sprache( die erste populäre Proklamation für den Süden Rußlands   bestimmt) forderte im Namen des Exekutivkomite's offen zur Plünderung und Vertreibung der Juden auf.*) Ein solches Verhalten des leitenden Organs der mächtigsten Revolutionspartei ist um so ungerechtfertigter, als unter den Revolutionären Rußlands   sich stets die Juden als thätige Mitstreiter bewährt haben, und noch bis heute Hunderte jüdischer politischer Verbannter und Verurtheilter auf den Eisfeldern und in den Bergwerken Sibiriens   und in den Kerfern Rußlands   schmachten, die ihr Gut und Blut für die allgemeine Sache des Proletariats opferten und noch opfern.

Unter der jüdischen studirenden Jugend ist eine tiefe Bewegung im

aus verschiedenen Punkten des Landes gehen Delegirte nach diesen Län­dern, um dieselben in jeder Hinsicht zu erforschen. Natürlich machen diese Delegirten auf ihren Reisen die schlimmsten Erfahrungen, indem sie überall wohl salbungsvolle Redensarten und Versprechungen zu hören bekommen, werkthätige Hilfeleistung aber sehr selten sehen.

Dir russischen Sozialisten jüdischer Herkunft wollen nun feineswegs den fürchterlichen Leiden ihrer Stammesgenossen taltblütig zusehen. Sie wollen ihre in Noth und Elend befindlichen Brüder den Brutalitäten der infamsten Regieaung der Welt nicht preisgeben. Andererseits finden sie in dem geistigen Umschwunge und dem leidenschaftlichen Bestreben nach sozialer und intellektueller Reform, die sich in der Mitte ihrer Brüder in Rußland   kundgeben, den Boden wie noch nie geeignet zu einer ener­gischen Propaganda und Agitation für die besten Ideen der Menschheit, für den Arbeitersozialismus. Immer mehr und mehr thuen sich iüdisch­russische Sozialisten zusammen, um ihre Thätigkeit den eigenen Stam­mesbrüdern zuzuwenden. An Vorläufern zu einer solchen Agitation unter den russischen Juden fehlt es ja nicht: Liebermann  , dessen Name aus seinen Prozessen in Wien   und Berlin   im Jahre 1878 bekannt ist, hat die Grundlage dazu gegeben. Ein spezielles Organ wird geschaffen, eine Literatur gebildet und eine vielversprechende fruchtbare Agitation ins Werk gesetzt werden müssen. Diese Partei wird auf die Sympathien und Theilnahme der internationalen Sozialisten allerorts rechnen können. -wtsch.

Duellschwindel und Standesehre.

Die Zeitungen wimmeln von Berichten über allerhand Duelle, meist tödt­lichen Ausganges. Es herrscht eine wahre Sucht unter den Mitgliedern der

gebildeten" Klaffen, wegen der geringsten Lappalien einen blutigen Zwei­

tampf zu provoziren. Die aufgeklärten" Herrschaften greifen mit Vorliebe auf diesen Rest der mittelalterlichen Gottesgerichte zurück, und wer ver­

Gange behuss Propaganda der sozialistischen   Grundsätze unter ihren Stammesgenossen. Komites werden gebildet, Kolonisationsprojekte aus­gearbeitet. Vor einigen Wochen wurde für alle russischen Juden ein Fasttag ausgeschrieben; in den Synagogen wurden Versammlungen ab- nünftig genug ist, sich auf diesen Schwindel nicht einzulassen, gilt als gehalten, bei denen die Vertreter der Jugend an die versammelten Massent Ansprachen hielten und ihnen erklärten, daß sie, die Intelligenten, bereit seien, mit den Massen ihre Leiden zu theilen und ihnen ni der jetzigen Zeit der Noth mit Rath und That beizustehen. Die Massen jauchzten den Rednern förmlich zu, und ganze Versammlungen brachen in lautes Schluchzen aus vor Rifhrung und Erregung.

Alle diese Ereignisse und Bedrängnisse haben neben dem ungeheuren Elend, welches sie zur Folge hatten, wenigstens eine gute Folge gehabt. Sie haben nämlich unter den russischen Juden einen geistigen und

ökonomischen Umschwung hervorgerufen, der von höchster Bedeutung ist für die Zukunft der Juden einerseits und auch nicht ohne Ein­

*) Neuesten Nachrichten zufolge hat die Narodnaja Wolja  " in der Nr. 8 einen prinzipielleren Standpunkt in dieser Sache genommen.

unehrenhaft". Bezeichnend ist es, daß der fromme preußische Kultus­minister, Herr von Goßler, im preußischen Landtage ganz offen für die Duelle eintrat, wegen des ritterlichen Charakters", der ihnen zu Grunde liege, während die Gesetze, welche zu hüten Herr Goßler be= schworen hat so wahr mir Gott helfe" das Duell verbieten.

Beiläufig auch ein erhebendes Beispiel von der Heiligkeit des Eides! Selbstverständlich hat der Minister für diese Erklärung begeisterte" Zustimmungsadressen von der auf den Universitäten herumlungernden Blüthe unserer Bourgeoisie erhalten. Allen voran die deutschen   Studenten­verbindungen in Prag  , die auf diese Weise den Böhmen   ihre höhere Kultur wieder einmal schlagend nachgewiesen haben.

Am schamlosesten aber wird der Duellschwindel in der Armee betrieben. Dort bestehen für die Herren Offiziere besondere Militär- Ehren.