daten und Offiziere, die den Krieg mitgemacht, thaten es mit dem Hinter­gedanken, eine Armee zur Befreiung Frlands vorzubereiten. Die Streitig keiten Amerikas   mit England nach dem Krieg wurden der Haupthebel der Fenier. Kam es zum Krieg, so war Jrland in wenig Monaten Glied der Vereinigten Staaten   oder doch Republik   unter ihrem Schutz. Die Summe, die England im Alabamahandel mit dem Genfer   Schieds­urtheil so bereitwillig auf sich nahm und abzahlte, war der Preis, womit die amerikanische   Intervention in Irland   ab­gekauft wurde.

Von diesem Augenblick an war die Hauptgefahr beseitigt. Die Polizei genügte, um mit den Feniern fertig zu werden. Der in jeder Konspi­ration unvermeidliche Verrath half mit dazu, und doch waren es nur Führer, die verriethen und dann direkte Spione und falsche Zeugen wurden. Die nach Amerika   entkommenen Führer trieben dort Emigra tionsrevolution und verlumpten großentheils, wie O'Donovan Rossa. Wer die europäische   Emigration 1849/52 hier gesehen hat, dem kommt das alles bekannt vor nur natürlich auf amerikanisch   übertriebener Stufenleiter.

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Jetzt sind zweifellos wieder viele Fenier herübergekommen und haben die alte bewaffnete Organisation erneuert. Sie bilden ein wichtiges Moment in der Bewegung und zwingen die Liberalen zu ent schiedenerem Auftreten. Aber sonst richten sie nichts aus, außer dem John Bull   Angst zu machen. Dieser wird zwar an der Peripherie seines Reiches zusehends schwächer, ist aber so nah zu Hause immer noch im Stande, jede irische Revolte leicht zu unterdrücken. In Irland   stehen erftens 14,000 Mann Constabulary", Gensdarmerie, bewaffnet mit Büchse und Bajonnet, militärisch geübt. Dann an 30,000 Linientruppen, die leicht noch um dieselbe Zahl Linie und englische Miliz verstärkt werden können. Dazu die Flotte. Und in der Unterdrückung von Aufständen ist John Bull   von einer Brutalität sonder Gleichen. Ohne Krieg oder Kriegsgefahr von Außen hat ein irischer Aufstand nicht die geringsten Aussichten; und nur zwei Mächte können hier gefährlich werden: Frankreich   und noch weit mehr die Vereinigten Staaten  . Frankreich   ist außer Frage. In Amerika  fotettiren die Parteien mit der irischen Stimmkraft, versprechen Manches, aber halten Nichts. Sie denken nicht daran, sich gegen Frland in einen Krieg zu verwickeln. Sie haben sogar ein Interesse daran, daß in Jr­land Zustände herrschen, die eine starke irische Einwanderung nach Amerika  bedingen. Und es ist begreiflich, daß ein Land, das in 20 Jahren das volfreichste, reichste und mächtigste der Welt sein wird, keine große Lust hat, sich in Abenteuer zu stürzen, die seine riesige innere Entwicklung stören können und müssen. Nach 20 Jahren spricht es ganz anders mit. Räme aber Kriegsgefahr mit Amerita, so bewilligt England den Jr­ländern Alles, was sie verlangen, mit offenen Händen nur nicht voll­ständige Unabhängigkeit, die bei der geographischen Lage gar nicht zu wünschen ist.

Hiernach bleibt den Irländern nur der konstitutionelle Weg allmäliger Eroberung einer Position nach der andern; wobei indeß der geheimniß­volle Hintergrund fenischer bewaffneter Verschwörung ein sehr wirksames Element bleiben kann. Aber diese Fenier selbst werden immer mehr in eine Art Bakunismus hineingetrieben: die Ermordung von Bourke und Caven­dish konnte nur den Zweck haben, den Kompromiß der Landliga mit Gladstone unmöglich zu machen. Dieser Kompromiß war aber das Beste, was für Frland unter den Verhältnissen geschehen konnte. Die Land­lords treiben die Bächter zu Zehntausenden von Haus und Hof wegen rückständiger Pacht, und zwar unter militärischem Schutz. Dieser syste­matischen Entvölkerung Irlands  ( die Vertriebenen verhungern entweder oder müssen nach Amerika  ) zu steuern, ist erstes Bedürfniß des Augen­blicks. Gladston ist bereit, die Bill einzubringen, wonach die Rückstände gezahlt werden wie 1848 die Ablösung der Feudallasten in Desterreich erfolgte ein Drittheil zahlt der Bauer, ein Drittheil der Staat, ein Drittheil verliert der Landlord. Das ist der Vorschlag der Landliga selbst. So erscheint die Heldenthat" vom Phönixpark, wo nicht als bloße Dummheit, doch als pure bakunistische, rennomistische, zmedlose propa­gande par le fait"( Propaganda durch die That). Wenn sie nicht die ähnlichen Folgen hatte, wie die ähnlichen Dummheiten von del und Nobiling, so kommt das daher, daß Irland doch noch nicht ganz in Preußen liegt. Man muß es also den Bakunisten und Phrasen­revolutionären überlassen, solche Kindereien mit der Hinrichtung Ale­randers II. auf gleiche Linie zu stellen und mit einer irischen Revo­lution" zu drohen, die nicht kommt.

Noch Eins ist zu merken bei Irland  : nie einen irischen Politiker" unbedingt loben, sich mit ihm solidarisch machen, ehe er todt ist. Die Keltische Leichtgläubigkeit und gewohnheitsmäßige Bauern- Ausbeutung( und davon allein leben ja in Irland   alle gebildeten" Stände, besonders aber die Advokaten) machen die Irländer politischen Berufs zur Korrup­tion sehr geneigt. O'Connel ließ sich von den Bauern für seine Agita­tion jährlich volle 30,000 Pf. Stert.( 600,000 Mark) zahlen.

Bei der Union  , die England notorisch mit einer Million Pfd. Sterl. Bestechungsgeldern erkaufte,*) wurde einem Bestochenen vorgeworfen: Sie haben Ihr Vaterland verkauft!" worauf derselbe lachend antwortete: Ja­wohl, und verdammt froh war ich, daß ich ein Vaterland zu verkaufen hatte."

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So unser Korrespondent, dessen Urtheil wir uns nur in Bezug auf den Fenianismus nicht vollständig anschließen können. Wir glauben, daß unter den Feniern sich Männer befinden, welche nicht die bakunistischen Geschäfts- Verschwörer, sondern die nihilistischen Helden zum Vorbild ge­nommen haben.

Ob die nihilistische Taktik, die für Rußland   jedenfalls die einzig prat­tische ist, für Frland paßt, ist eine andere Frage. Jedenfalls steht so viel fest, daß ein irischer Aufstand außer unter den von unserem Korrespon­denten angedeuteten Bedingungen, absolut keine Chancen hätte, und nur zu furchtbarem Blutvergießen und Befestigung der englischen Macht führen wurde.

An das Eintreten dieser Bedingungen ist nun allerdings augenblicklich und wohl auf lange Zeit hinaus nicht zu denken. Trotzdem scheint uns die irische Bewegung nicht so ganz hoffnungslos. Auf sich selbst an­gewiesen kann das irische Volf freilich nicht mit der englischen   Regierung fertig werden, aber kann es denn gegen die englische   Regie­rung nicht die Bundesgenossenschaft des englischen Volks, d. h. des englischen Proletariats bekommen? Dies dünkt uns durchaus möglich. Die englischen Landverhältnisse sind ebenso himmelschreiend wie die irischen, und endlich muß doch einmal der Tag anbrechen, wo das englische Proletariat sich ernsthaft in Bewegung setzt und mit seinen Drängern und Ausbeutern ins Gericht geht.

Der Tag der Befreiung Englands wäre aber auch der Tag der Be­freiung Jrlands. Unserer Meinung nach hat die irische Landliga haupt­sächlich dadurch gesündigt, daß sie, statt ihr Augenmert auf Gewinnung des englischen Volkes zu lenken, dem englischen Volk thörichterweise vor den Kopf gestoßen hat. Es erklärt sich das übrigens naturgemäß aus dem Bourgeois charakter der Landliga- Leiter, welche die Allianz mit dem englischen Proletariat fürchten.

In einem zweiten Artikel werden wir den Gegenstand näher behandeln.

Recht und Gerechtigkeit in Deutschland  .

Hannover  , den 1. Juli 1882.

Am 28. Juni spielte sich vor dem hiesigen Landgericht eine jener Justizfarcen ab, die für den politischen Wechselbalg, genannt: " Deutsches Reich  ", dieses sujet mixte", das Kollektivprodukt wäischer

*) Das englische Parlament votirte damals 1,600,000 Pfund Sterling zu Bestechungs- und ähnlichen Zwecken.

Tücke" und ächt borussischer Rohheit und Niedertracht, charakteristisch find. Wahrhaftig, die Richter und Gerichtshöfe des hinterliftigen Korsen" Bonaparte find in puncto Servilität und Verfolgungswuth von unseren national gesinnten Richtern und Gerichtshöfen längst in den Schatten gestellt.

Der Sozialdemokrat" hat seit seinem Bestehen schon so viele auf dem Richterstuhle verübte Verbrechen zu verzeichnen gehabt, daß man längst ganz abgeftumpft wäre, wenn die Herren Verbrecher nicht für Abwechse­lung sorgten und mit anerkennenswerthem Eifer das Ben Akiba  'sche Alles schon dagewesen" zu Schande zu machen suchten. Den Hannover­schen Richtern ist es gelungen, etwas ganz Neues zu Tage zu fördern. Was sie am 28. Juni geleistet haben, das ist allerdings noch nicht dage­wesen. Ich meine den Prozeß gegen unseren Genoffen Loges.

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Man wird sich erinnern, daß Genosse Bebel, weil er in einem Wahl­flugblatt das Sozialistengesetz gebührendermaßen ein infames" ge­nannt hatte, von der Dresdener   Staatsanwaltschaft eine Anklage auf Majestätsbeleidigung erhielt, vom Gerichtshofe aber frei­gesprochen wurde, weil der Kaiser nach konstitutionellem Prinzip nicht für den Inhalt der von ihm unterzeichneten Gesetze verantwortlich sei, also durch eine Kritik oder Beschimpfung dieser Gesetze nicht beleidigt werden

fönne.

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Wohlan, in Haus und Welt", einer damals zweimal wöchentlich hier erscheinenden, seitdem auf Grund des Sozialistengesetzes verbotenen Zeit­schrift unverfänglichsten Inhalts, deren verantwortlicher Redakteur Loges war, wurde eine durchaus objektiv gehaltene Korrespondenz über den rein Bebel'schen Prozeß veröffentlicht, welche den Ausdruck, infam" referirend enthielt. Hierin erblickte nun die hiesige Staatsanwaltschaft eine Majestätsbeleidigung und ließ Haus und Welt" mit Beschlag be­legen. Vergebens wies Loges auf den durchaus objektiven Charakter der Korrespondenz hindas Gericht beschloß die Anklage, am Sonntag heute vor acht Tagen wurde Loges, dessen Frau vor Kurzem gestorben eine ganz ist, von seinen jungen, unversorgten Kindern weg verhaftet zwecklose Grausamkeit und am Mittwoch gelangte der Prozeß zur Verhandlung.

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Ehe ich fortfahre, habe ich eine bezeichnende Thatsache zu erwähnen. Die Vertheidigung des Loges war von dem bekannten Fortschrittler Reichstagsabgeordneten Munkel übernommen worden, und zwar mit einem gewissen Uebereifer. Als es jedoch zum Klappen kam, zwei Tage vor dem Termin, schrieb dieser saubere Herr plötzlich ab eine Prozedur, die ihm beiläufig nicht ungewohnt sein soll. Wenigstens habe ich seitdem von einem Fall gehört, in welchem er sich einem Parteigenossen gegenüber derselben Feigheit- denn weiter ift's nichts. unter den erschwerendsten Umständen schuldig gemacht.

Genug der hiesige Rechtsanwalt Fischer II, an den wir uns in letzter Stunde wandten, trat mannhaft in die Bresche und führte die Vertheidigung meisterhaft. Er hob die Monstrosität hervor, die darin liege, in der bloßen Kritik eines Gesetzes, und sei sie noch so scharf und schneidig, eine Beleidigung des Monarchen erblicken zu wollen, und ver blüffte schließlich den Herrn Staatsanwalt, der eine recht klägliche Rolle spielte, durch das unleugbare Faktum, daß das Sozialistengesetz gar nicht vom Kaiser, sondern vom Kronprinzen unterzeichnet war. Zum Schluß spielte er noch den Trumpf aus, daß Bebel vor ein paar Tagen wegen der Original äußerung von der Anklage auf Majestätsbeleidi­gung in Dresden   freigesprochen worden war.

Aber alles verfing nichts. Die Herren Richter" waren entschlossen, zu verurtheilen, und sie verurtheilten. Ich sagte: sie waren entschlossen? Nein, diese Verurtheilungsmaschinen hatten den Auftrag erhalten, zu verurtheilen, und sie verurtheilten. Der Vorsitzende hatte die namenlose Frechheit, Loges als einen Genossen der Hödel und Nobiling" hinzustellen, der die ungemilderte Strenge des Ge­setzes erfahren müsse. Wahrhaftig, durch solche Richter werden die Hödel und Nöbiling" nur zu Ehren gebracht!

Also die Richter parirten Ordre, Loges wurde schuldig befunden und zu vier Monaten Gefängniß verurtheilt.

Ich kenne im Moment nicht die Namen der sämmtlichen Personen, die bei diesem Justizverbrechen mitgewirkt haben sie sollen aber in einer der nächsten Nummern veröffentlicht werden. Diese Burschen sollen wenig­stens der ,, Unsterblichkeit der Infamie" nicht entgehen. Loges hat auf die Revision verzichtet, da er dadurch seine Haft nur verlängern würde. Er wird jedoch vielleicht, zur Ordnung seiner Familien­angelegenheiten, gegen Kaution auf einige Tage in Freiheit gesetzt werden.

Bemerkenswerth ist noch, daß das freisprechende Urtheil im Bebel'schen Prozeß, welches von Dresden   hierhergeschickt wurde, unterwegs ver­schwunden ist und sich allem Vermuthen nach in die Hän de des biederen Herrn Staatsanwalts verirrt hat, der natürlich das größte Interesse hatte, dieses für Loges so günstige Aktenstück zu verheimlichen. Wir werden diesen dunklen Punkt gelegentlich be­

leuchten.

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Loges hat noch einen Prozeß und zwar auf§ 131. Das Ver­brechen soll durch eine Reichsgerichtsforrespondenz begangen sein, welche auch zur Unterdrückung von Haus und Welt" geführt hat. Wie sich nachträglich herausstellt, ist diese Korrespondenz unverändert den amtlichen Mittheilungen der Reichsanwälte entnommen.

weil sie in einer, des Zusammenhangs mit der Sozialdemokratie verdächtigen Zeitung zu finden ist!

Eine amtliche Schrift des Vergehens gegen§ 131 schuldig!

Das kennzeichnet unsere schmachvollen Rechtszustände und die herr­schende Rechtsanarchie.

Sirodad

Apropos, das Verbot von Haus und Welt" zeigt von Neuem, daß unsere Feinde uns völlig knebeln und im Bereich ihrer Macht tein, auch nicht das zahmste sozialistische, oder des Sozialismus verdäch tige Organ dulden wollen.

Ganz recht. Die Moral ist: Dann abonniren wir die Zeitung, welche außer dem Machtbereich unserer Feinde ist, und das ist der Sozial­demokrat". So machen die Herren nur für den Sozialdemo­Welfe. frat" Propaganda. Wir danken ihnen.

Streng vertraulich!

An Se. Exzellenz den Fürsten   Reichstanzler von Varzin und

Finanzminster in Preußen! Exzellenz!

bung

тиф

Wie und wo die Revolution gemacht" wird, schildert uns soeben folgendes Schreiben eines jungen Arbeiters, welches zu Ew. Exzellenz Kenntniß zu bringen wir für unsere Pflicht erachten.

Derselbe ist fleißiger Schriftsetzer und ältester Sohn einer Wittwe, Sozialdemokrat von Mutterleibe aus.

aber

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Sein Vater, früherer Kleinhandwerker, dann mit Einsatz seines ganzen fleinen Vermögens und einer leidlichen Existenz, Leiter eines durch das Sozialistengesetz ruinirten Parteiunternehmens, starb frühzeitig im Kampf für unsere Sache arm bei der Arbeit, nachdem er lange Zeit, um die Sache zu fördern sogar den Arbeitsverdienst der Mutter einer Handschuhnäherin mit ihrem Einverständniß drangesetzt hatte. Der Aelteste mußte also jung in die Fremde, um Brod zu suchen, und durch­wanderte arbeitsuchend mittellos die Welt. Der Hezkarbatsche der Vaga­bondage zu entgehen, suchte er endlich wieder die Heimath auf, um dort die Noth mit den Seinigen weiter zu theilen.

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" Anfangs März" schreibt derselbe nun an seine Mutter, die uns berichtet ,, ging ich wieder von Hause fort, weil ich keine Arbeit mehr

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hatte und walzte nach Passau  , Regensburg  , Nürnberg  , Würzburg  , Mann­ heim  , Karlsruhe  , Stuttgart  , Freiburg   und Ton stanz, wo ich, arbeit­suchend, 18 Tage wegen Landstreicherei eingestedt wurde, da ich kein Reisegeld vorzuweisen ver mochte! Im Gefängniß mußte ich 12 Stunden täglich Holz hacken bei einer dreimaligen Wassersuppe. Vergebens zeigte ich den H(-erren? d. Red.) mein Verbandsbuch als Buchdrucker und wies ihnen nach, daß ich hier mein Viatikum bekomme, was jedoch nicht das Geringste nütte. Ich wurde gefragt, weshalb ich nach größeren Städten blos immer reifte, worauf ich antwortete, auf Bauerdörfern seien keine Druckereien, also auch keine Arbeit für mich zu finden, außerdem müsse ich mich ans Viatikum halten, das nur in größeren Städten zu erhalten ist, da ich nicht betteln wolle und solle! Ich hatte einen Empfehlungsbrief von Bebel bei mir, den sie fanden und mir dann erst recht aufsässig wurden. Mein Paß wurde mir als Vagabondirer vollgeschmiert, und nun konnte ich weiter sehen, was aus mir wurde. Arbeit habe ich endlich( im Auslande. d. Red.) aushilfs­weise auf 6 Wochen bekommen, jedoch wird der Lohn zu mei­nem Schrecken nur monatlich ausbezahlt. Ich habe hier des­halb meine Uhr versetzt, um so lange leben zu können, denn Vorschuß verlangen kann und pumpen mag ich nicht. Wenn ich nur bis in sechs Wochen wieder Arbeit finde 2c. 2c."

Wir adressiren diesen kleinen Beitrag zur Beleuchtung der sozialen Frage gehorsamst an Ew. Exzellenz, Anwalt des armen Mannes", unsern verehrten Parteigenoffen und Exzellenz- Arbeiterfreund" in partibus infidelium.

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Zugleich erlauben wir uns den bescheidenen Hinweis auf die wachsende Gefahr der großen Landstraßen und Städte für Staat und Gesellschaft, sowie die besonderen Bedenken, die wir sobewandt gegen die staats­gefährlichen Arbeiterunterstüßungstassen generaliter hegen müssen.

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Wolle es Exzellenz gefallen, Sr. Majestät dem Kaiser, unserem aller­gnädigsten Herrn und Gebieter" die Gefahren baldigst zur Kenntniß zu bringen, welche bei derlei Verhältnissen ,, Krone und Reich" auf's Evi­durch Gottes Erleuchtung und gnädige denfte bedrohen müssen und Fügung" beschlossen werden, allergeneigteft zu erwägen, ob nicht demnächst Schritte einzuleiten wären, zu untersuchen, inwieweit es etwa rathsam erscheinen dürfte, in Betracht zu ziehen die Empfehlung einer Gesezesvorlage behufs Anbahnung statistischer Er­hebungen über die Tragweite der großen Landstraßen mit Bezug auf die Zunahme der Vagabondage und befürworten! großen Städte zu

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Genehmigen Exzellenz- Kollega die Versicherung vorzüglicher Hochachtung Der sozialdemokratische deutsche

Reichs Finanzminister.

Sozialpolitische Rundschau.

Zürich  , 12. Juli 1882.

Die Räuber wider die Beraubten. Die Feindselig­feit en gegen Egypten sind eröffnet worden, vor Alexandrien   donnern englische Kanonen. Es ist der Feldzug der Räuber wider die Be­raubten.

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Die Tumulte im Juni, deren Entstehung noch heute nicht aufgeklärt ist, von denen aber feststeht, daß sie, wie die Augsburger Allgemeine  " triumphirend meldet, doppelt so viel Egyptern als Europäern das Leben gekostet haben, diese Erhebungen des geduldigsten aller Völker gegen den Abhub der europäischen   Zivilisation, haben ihre Schuldigkeit gethan. Die europäische Zivilisation fann es nicht dulden, daß ein der schamlosen Ausbeutung durch allerhand zusammengelaufenes Gefindel preisgegebenes Volf einmal aufhört, geduldig alle Fußtritte hinzunehmen, die frecher Uebermuth ihm ungestraft auszutheilen sich berechtigt glaubt. Das be­stohlene, ausgeplünderte Volk soll sid von seinen Räubern noch obendrein geduldig verhöhnen und mißhandeln lassen, das ist die edle Mission, in derem Namen vielleicht gerade im Augenblick, wo wir dieses nieder­schreiben, schon Ströme Menschenblutes vergossen werden.

Man fomme uns nicht mit dem höheren Kulturinteresse, welches England und Frankreich   und welcher Kulturstaat sonst noch von der Partie ist, Egypten gegenüber vertreten, man spreche uns nicht von dem Schutz des Lebens und Eigenthums der in Egypten lebenden Euro­päer, von der Sicherung des Kanals von Suez für den Weltverkehr! Diese Sicherung konnte und kann erreicht werden, ohne daß ein Tropfen Blutes zu fließen brauchte, Leben und Eigenthum der Europäer   ist erst bedroht, seit davon die Rede ist, es mit Waffengewalt zu schützen, und die höheren Kulturinteressen, für deren Wahrung angeblich gekämpft wird, sind die Rettung der skandalösen Wucherzinsen, deren Höhe" aller­dings ans Schwindelhafte grenzt.

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Man lasse uns auch mit dem Gerede von dem Zusammengehen der egyptischen Nationalpartei mit der türkischen Regierung in Ruhe. Ob da eine Abmachung besteht oder nicht, ist für unsere Beurtheilung der Dinge durchaus nebensächlich. Schlimm genug, aber nur zu begreiflich, wenn den Egyptern die türkische Herrschaft als das kleinere Uebel er­scheint gegenüber der freundschaftlichen Kontrole" der europäischen  Agenten. Was ist die türkische Paschaherrschaft gegenüber der Schand­wirthschaft der europäischen   Herren Konsuln, Generalkonsuln, Kontro­leure 2c.! Was dieses Gesindel auf Konto der Staaten, die es vertritt, für Schandstücke verübt, das spottet aller Beschreibung. Daher sind die Konsulate auch für unsere Bourgeoisie beliebte Zufluchtsorte für ihre sonst unversorgbaren Söhne. Ist es da ein Wunder, wenn sich selbst dem Orientalen der Ruf aus dem Herzen drängt, den der alte Ziegler einst dem preußischen Streberthum ins Gesicht schleuderte: ich gehe zum Kadi!

Genug, die Egypter versuchten sich einmal ihrer Haut zu wehren, und diese Frevelthat soll ihnen jetzt ausgetrieben werden. Und das Aus­treiben versteht John Bull   von jeher meisterhaft".

Welche Rolle Frankreich   spielen wird, ob es an Englands Seite als ,, guter Kamerad" ins Geschirr gehen und sich nachher mit England um die Beute raufen, oder ob es für einen heimlich abgekarteten Preis England ruhig gewähren lassen wird, darüber Betrachtungen anzustellen, halten wir uns nicht verpflichtet. Wir lieben es nicht, Konjekturalpolitik zu treiben, und denken viel zu gering von der hohen Diplomatie als daß wir Luft hätten, ihr ins Handwerk zu pfuschen. So lange die betreßten Herren die Schicksale ganzer Völker gegeneinander auszuspielen vermögen, so lange ist für uns der europäische   Friede keinen Augenblick gesichert. So mag denn der Kampf um das Pharaonenland entbrennen, für uns bleibt er nur der Kampf der Räuber zur Unterdrückung der Be­raubten. Habgier und Brutalität auf der einen, Aberglaube und Fana­tismus auf der andern Seite. Wem soll man da den Sieg wünschen? Die Sache der Menschheit hat da nichts zu gewinnen.

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Bestialisch. Folgende Notiz, welche zur Zeit durch die Zei­tungen läuft, zeigt mit erschreckender Deutlichkeit, bis zu welchem Grade die Verrohung in der heutigen Gesellschaft schon gediehen ist. isto Aus Braunau   a. J., 17. Juni, berichtet die Neue Warte am Inn" über eine Gerichtsverhandlung, welche einen eigenthümlichen( ei!) Ein­blick in das Amtsgebahren des dortigen Bürgermeisters Brechtl und seines Sekretärs Tichy gewährte. Tichy ließ einen eingebrachten Vaganten, der angab, nach Braunau   zuständig zu sein und Morelli zu heißen, sonst aber jede Auskunft über seine Verhältnisse verweigerte, von Sonn­tag Abends bis Donnerstag Mittags ohne jede Nah­rung einsperren; erst dann erhielt er eine kleine Schale Suppe und Nachmittags ein Stückchen Brod. Sein Magen war durch die viertägige Hungerkur zu geschwächt, um noch etwas bei sich zu behalten.

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