Jft eine größere Rohheit denkbar? Was für ein niederträchtiger, brutaler und ungerechter Gott der Gott der Liebe" dieser Pfaffen doch ist! Bringt namenloses Leid über so viele Familien, tödtet alles durch­einander, Männer und Frauen, Greise und Kinder, blos um der sünd­haften Welt zu zeigen, daß fie am Sonntag hübsch zu Hause bleiben und beten soll. Was kümmert es diesen Gott, daß der Proletarier nach sechs Tagen schwerer Arbeit eben nur den einen Tag hat, sich zu zer­streuen! Für den Proletarier find die Freuden dieser Erde, sind die Entdeckungen der Neuzeit überhaupt nicht da, für ihn heißt es nur: Bete und arbeite!

Nun, zum Glück ist die Zeit vorbei, wo die Arbeiter sich von solchen Pfaffen den Kopf verdrehen lassen. Sie verlangen heute ihren recht­mäßigen Antheil an den Gütern dieser Welt und lassen sich durch keinen Wechsel auf das Jenseits hinhalten. Deshalb können wir solche Ergüffe, wie der vorliegende, trotz der niederträchtigen Gesinnung, die aus ihnen spricht, nur komisch nehmen. Verabschieden wir uns daher von dem muckerlichen Blatt mit einem Zitat aus seinem Artikel über den Teufel, der nach ihm keine Einbildung", sondern wirklich da" ist. Dieser schlechte Kerl äußert nämlich seine Bosheit ganz besonders während der Predigt.

Schon beim Hören müffen Dinge vorgehen, die man sonst nicht denkt, auf einmal erinnert man sich an längst vergessene Sachen, oder denkt an Familie und Geschäft, beobachtet die sonderbaren Bewegungen des Predigers oder denkt an den verlorenen Regen­schirm(!), man sieht eine eigenthümliche Kleidung, oder rechnet unterdeß aus, wie viel ein Anderer noch schuldig ist denn da s Schlafen während der Predigt ist nicht das einzige Mittel des Feindes, uns zu berauben".

Bei solchen höllischen Anfechtungen selbst in der Kirche ist es in der That für uns schwache Erdenkinder besser, wenn wir von vornherein draußenbleiben.

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Viel Lärm um Nichts! Was für ein lautes Geschrei stimmten nicht vor wenigen Wochen die Eugen Richter  'schen Offiziösen über den Kampf des tapfern Eugen gegen den mattherzigen Hänel an! Man hätte glauben sollen, es handele sich wirklich um eine Wiedergeburt der Fortschrittspartei im demokratischen Sinne. Und jetzt?

Der ganze Unterschied zwischen Hänel und Eugen Richter  , schreibt die Berliner Volkszeitung"," in Bezug auf Schleswig- Holstein  besteht darin, daß der Erstere in zwei, der Letztere in vier Kreisen die Nationalliberalen durch Fortschrittsmänner ersetzt sehen will, während Beide übereinstimmend in drei Kreisen die Wiederwahl der bisherigen nationalliberalen Abgeordneten für gerechtfertigt halten."

Also kein prinzipieller Unterschied, nur ein mehr oder minder aus­gebildeter Opportunismus. Und darum Räuber und Mörder"!

- Aus Leipzig  , 29. September, schreibt man uns: Die polizei­direktorlose, die schreckliche Zeit, dauert noch fort und wir befinden uns ganz wohl bei diesem Interregnum. Die unteren Polizeiorgane, die nicht mehr das Auge des Richter" auf sich haben, sind etwas weniger streber­haft als bisher und befleißigen sich einer gewissen Anständigkeit, die ihnen von dem verstorbenen Chef" übel genommen worden wäre.

Trotzdem hat wieder eine Ausweisung stattgefunden, die indeß schon früher beschlossen war: Taute, der seine Strafe glücklich abge­feffen hat, mußte gestern oder vorgestern unsere Seestadt verlassen.

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Kommt der neue Polizeidirektor, über dessen Person man noch nicht im Reinen ist der große Staatssozialist und Staatsanwalt Hartmann hat Bedenken-, so wird wohl wieder etwas Leben in die Bude und Feuer in das Ausweisen kommen. Neue Besen kehren ja gut.

Seit Montag vor 8 Tagen hat Hasenclever Freiquartier in der hiefigen Gefangenenanstalt. Um die ihm in Gemeinschaft mit Bebel und Liebknecht   zuerkannten zwei Monate nicht während der kommen­den Reichstagssessions- Hälfte hinter Schloß und Riegel zubringen zu müssen, hat er auf das Rechtsmittel der Revision beim Reichsgericht, die ja doch nichts genützt hätte, verzichtet. Dasselbe und aus demselben Grunde wird, wie ich höre, Liebknecht thun und seine Haft Mitte des nächsten Monats antreten. Und, als der Dritte im Bunde, dürfte Bebel wohl Anfangs November nachfolgen. Dem Leipziger Gefängniß wird es also auf einige Zeit nicht an sozialistischen   Bewohnern fehlen. Und ehe die Genannten fertig sind, werden sicherlich auch weitere Aspi­ranten nicht ausbleiben. Wir leben nicht umsonst in der Aera  , die Alles so herrlich erfüllt hat", was unsere Freiheitskämpfer und Märtyrer in den dreißiger und vierziger Jahren erstrebt haben.

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Auch Hoch verrathsprozesse" find wieder in Sicht", und zwar gleich zwei auf einmal. Das Reichsgericht" muß doch Arbeit haben, und wie der heilige, Matheis"*) es mit dem Eis macht, so macht es das brave Reichsgericht mit Hochverrath: findet es keinen, so macht es einen.

Und ein Hochverrath ist so leicht zu machen. Seit man, Dank unserem herrlichen Gesetzbuch, es fertig gebracht hat, die Verbreitung sogenannter hochverrätherischer Schriften zu Hochverrath zu stempeln, ist die Sache ein Kinderspiel. Man braucht nur einen beliebigen Spitzel, der ein Päckchen Schriften aus der bekannten Londoner   Fabrik bezieht und sie an einen oder ein paar unerfahrene Arbeiter vertheilt, und der Hochverrath ist fertig das Reichsgericht tann seinen servilen Eifer bethätigen.

Am 5. Oktober wird es an zwei badischen Arbeitern sein Müthchen tühlen und einige Tage später an einem zu Aachen   Verhafteten. In beiden Fällen haben die Londoner   revolutionären" Blätter und Flug­schriften ihre Schuldigkeit gethan.

Vergangene Woche bestätigte das Reichsgericht, ohne mit der Wimper zu zucken, freudigen Herzens" das skandalöse Urtheil gegen die 19 Münchener Genossen. Jener Prozeß ist in frischem Andenken; ich brauche also nicht auf ihn zurückzukommen. Die Revision nahm feine Stunde in Anspruch. Bei solchen Gelegenheiten entwickeln die biederen Reichsrichter eine wahrhaft affenartige Geschwindigkeit. Hätte es sich um einen betrügerischen Bourgeois oder sonstigen der herrschenden Klasse an­gehörigen Schuft gehandelt, so wäre zehnmal mehr Zeit auf die Prüfung verwendet worden. Aber Sozialisten, Proletarier- da wird sans façon, ohne Federlesens bestätigt, wie die verurtheilenden Richter sans façon und ohne Federlesens verdonnert hatten.

Und das nennt sich, Justiz"!

Zum Schluß habe ich noch ein Wunder zu melden ein wirkliches echtes Wunder: Das, Leipziger Tageblatt  ", dieses berichtigte Organ verkommensten Bürgerthums, deffen Gemeinheit nur durch seine Dummheit übertroffen wird, hat einen Artikel gebracht gegen die Denunzianten. Ich scherze nicht, ich schreibe die lautere Wahrheit. In der ersten Beilage der Nummer vom 26. d. M. ist unter Gera  wörtlich zu lesen:

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,, Wie richtig vom hiesigen( Geraer  ) Gemeinderathe die Befugnisse der Polizeiorgane aufgefaßt und begrenzt werden, zeigt folgender Vorfall, der auch für weitere Kreise Interesse haben dürfte. Dieser Tage befand sich ein Einjährig Freiwilliger mit einem Kameraden 2c. in einer hiesigen Bierwirthschaft und äußerte dort beim Glase Bier zu seinen Bekannten, daß es nicht schlimm sei, wenn er den Zapfenstreich verfehle, da sein Feldwebel fich durch eine Gefälligkeit leicht bewegen ließe, ihm Urlaub darüber hinaus zu ertheilen oder dergleichen. Die Worte wurden von zwei in der Nähe sitzenden Polizisten gehört, von denen der eine das Erlauschte andern Tags dem Feldwebel des Einjährigen anzeigte, gegen welchen dann die Bestrafung eingeleitet wurde. Die Anzeige war von dem Be­treffenden ohne Auftrag der vorgesetzten Bolizeibehörde erfolgt, welcher überhaupt keine Anzeige erstattet war. Der Gemeinderath hat nun in

*) Bauernregel:

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Matheis bright' s Eis,

Find't er teins, so macht er eins.

seiner letzten Sizung, in welcher dieser Fall elender Denunzia­tion von einem Mitgliede zur Sprache gebracht wurde, beschlossen, eine genaue Untersuchung zu veranlassen. Der betreffende Schuhmann soll ermittelt und eventuell entfernt werden. Dieses energische Vorgehen gegen das Unwesen des Denunziantenthum 8 findet hier den lebhaftesten Beifall in der Einwohnerschaft."

So zu lesen in demselben Leipziger Tageblatt  ", welches seit Erlaß des infamen Sozialistengesetzes fast in jeder Nummer die niederträchtigsten Denunziationen veröffentlicht hatte. Freilich Denunziationen gegen Sozialisten, nicht gegen Einjährig Freiwillige, die ja Bourgeois­söhnchen zu sein pflegen.

Immerhin wollen wir Aft davon nehmen, daß das Leipziger Tage­ blatt  " das Denunziantenthum jetzt für ein Unwesen erklärt. Gar nicht so dumm. Der Amtsvorsteher des Bezirkes Werther  , Kreis Nordhausen   den Namen dieses Schlaumeier deutet die liberale Presse nur mit einem diskreten R. an-schrieb jüngst auf einen Erlaubnißschein zur Vertheilung von Wahlflugblättern, den ein liberaler Schuhmacher von ihm verlangt hatte, folgenden, seine Wuth über dieses Verlangen Ausdruck gebenden Vers:

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Wenn Schuster erst des Volkes Wohl berathen, Dann sind schon überflüssig längst die Botentaten."

Der Mann hat in seiner Dummheit gar nicht so Unrecht. Jedenfalls ist er ein weit befferer Logiker, als die ob dieser Bemerkung empörten Liberalen.

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Eine protestantische Kapuzinerpredigt sie ist aber auch darnach finden wir im christlich- sozialen Reichsboten". Einem biederen Landpfarrer im jerichower Kreis verursacht es großes ergerniß, daß der heilige Militarismus so wenig Rücksicht auf den nicht minder heiligen Klingelbeutel nimmt als ob es im Reiche der Gottesfurcht und frommen Sitte anders sein könnte!- und da es ihm zum Kapuziner à la Wallenstein   ebenso an Wiz wie an Muth fehlt, so jammert er, daß es einen Stein erbarmen möchte und einen Sozialdemokraten höchlichst er­gözzen muß. Wir lassen daher den Schmerzensschrei auch hier folgen. ,, Unsere Landleute freueten sich sonst, mit ihrer Einquartierung zur Kirche gehen zu können, jetzt aber geschieht es oft, daß die Soldaten kurz vor oder nach dem Gottesdienste entweder ihre Pferde beschlagen lassen müssen, oder zur Lumpenparade", oder zum Appell berufen werden. Der himmlische König(!) ruft durch die Glocken sein Volt ins Gotteshaus zum Appell aber vergeblich. Die Herren Offiziere fitzen   gewöhnlich mit dem Gutsherrn beim Früh stück( Siehst du wohl!), und der Gastgeber hat selten den christlichen Muth, sie zur Kirche einzuladen. Die Soldaten aber, durch den Feldwebel oder durch die Unteroffiziere noch viel früher bestellt, als von oben befohlen war, stehen stundenlang mit ihren Sachen da und warten. Werden sie vor dem Gottesdienste entlassen, so können sie sich nicht mehr zum Kirchenbesuche fertig machen und stören auch ihre Hauswirthe und die Ordnung der ganzen Gemeinde. Das ist sehr betrübend, denn das böse Beispiel der Nichtachtung heiliger Sitte wirkt verderblich. Se Majestät der Kaiser will das gewiß nicht. Er hat im Gegentheil öffentlich erklärt, daß dem Volke die Religion erhalten werden solle. Wenn doch die Herren Offiziere bedenken wollten, daß durch solche willkürliche Verwendung des heiligen Tages Gottes weder die Ehre ihres irdischen, noch ihres himmlischen Königs, sondern die Gottlosigkeit und Unordnung im Volke gefördert wird und sie damit schwere Verantwortung auf fich laden.

,, Wir hörten aus dem Munde einiger Kavalleristen die Klage: Wir können uns auf die Sonntage nicht freuen, denn sie bringen uns keine Ruhe, sondern doppelte Plage. Am Sonntag haben wir am meisten zu putzen und müssen zwei- oder dreimal antreten, unsere Sachen vorzuzeigen. Dazu werden die Straf­wachen und andere Strafen absichtlich schon lange zuvor auf die Sonntage verlegt.

" So geschieht es, daß die Söhne des Volkes nach dreijähriger Dienstzeit vielfach der guten kirchlichen Sitte entwöhnt und gegen ihre Befehlshaber verbittert ins bürgerliche Leben zurückkehren. ,, Können denn die staatlichen und kirchlichen Behörden, besonders die Militärgeistlichen, gar nichts thun, daß diesem Unwesen gesteuert

werde?

Schwerlich, liebes Paftorchen, gegen die geheiligten militärischen Ein­richtungen und Anordnungen können selbst Deine Brüder im Heere nichts ausrichten. Wir möchten ihnen auch nicht rathen, den Versuch zu machen, sie tönnten sonst ein wenig erbauliches Kolleg über das Fluchen zu hören bekommen. Heiliges Kreuzbombenmillionendonnerwetter!

Uebrigens hat das Pfäfflein, was die Plackereien der armen Soldaten anbetrifft, nicht so Unrecht. Es würde aber kein Wort darüber verlieren, wenn nicht sein Kirchenbesuch darunter litte. Sein ,, Mitleid" ist nichts meiter als der traffeste Egoismus. Das alte Lied!

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-Zur Stuttgarter Denunziations affäre. Von den in Nr. 39 des Sozialdemokrat" in der Korrespondenz aus Stuttgart   als Denunzianten und Fälscher gekennzeichneten Herren S. Seiffert und Ernst Rose geht uns aus Genf   eine sogenannte Berichtigung zu, in welcher zunächst der Genosse Köhler beschimpft wird, ohne daß irgend welcher begründete Vorwurf gegen ihn angeführt würde, und in der die Genannten es für eine ganz infame" Lüge erklären, wenn sie mit der Denunziationsangelegenheit in Verbindung gebracht werden. Ebenso sei der gleichfalls als Denunziant bezeichnete Bruno Schulze ihnen als ein in dieser Beziehung edeldenkender also der genannten Handlungsweise un fähiger Arbeiter bekannt". Wenn Köhler", heißt es in dem Brief ,,, den in der Stuttgarter   Korrespondenz erzählten polizeilichen Unannehmlichkeiten ausgesetzt wurde, so glauben wir mit Bestimmtheit, daß er jedenfalls selbst die Hauptschuld daran trägt". Dies der wesentliche Inhalt der Zuſchrift. Selbst wenn unser Stuttgarter  Korrespondent nicht ein in jeder Beziehung erprobter und vertrauens­werther Genosse wäre, so würde sie uns wenig von der Unschuld der Berichtiger überzeugen. Im Gegentheil tritt die Absicht, Köhler zu ver­dächtigen, auch hier so klar zu Tage, daß wir eher noch in unserer Ueberzeugung von der Mitschuld der beiden Herren bestärkt werden. Es kommt noch hinzu die plötzliche Abreise derselben aus Stuttgart  , die sicher kein Zeichen von einem guten Gewissen ist. Von einem so schweren Verdacht reinigt man sich am Orte selber am besten. Und wie sollen wir uns das Verhalten dieser Herren in Zürich  erklären? Am Donnerstag, den 21. September, Abends, fanden sie sich zur Zeit der Diskussionsstunde im Lokal des deutschen Arbeitervereins ein. Genosse Köhler, der gleichfalls anwesend war, erkannte sie und theilte dies seinem Nachbar mit. Aber noch ehe der grade das Wort habende Redner seine Ausführungen beendet hatte, waren die Herren, die augenscheinlich Köhler bemerkt und auch gesehen hatten, daß dieser sie erkannte, spurlos verschwunden. Handeln so Männer, die ein reines Gewissen haben? Gewiß nicht. Und darum wird man es begreifen, wenn wir uns nicht veranlaßt sehen können, der Berichtigung irgend welchen Glauben zu schenken.

Es haben nun auch die weiter in der betreffenden Korrespondenz ge­nannten Herren Schulze, Wabersich und Rommel im Schwäbischen Wochenblatt" eine Erklärung veröffentlicht, daß sie, niemals der Polizei einen Denunziationsbrief des erwähnten Inhalts geschrieben" haben, und hinzugefügt, daß sie den Rechtsweg wegen Ehrenkränkung betreten werden. Wie wir erfahren, hat sie zu diesem Entschlusse die Thatsache ermuthigt, daß der saubere und im Sozialdemokrat" mehrfach gekennzeichnete Amtsrichter Hon old jetzt die Existenz der Denunziationsbriefe it ber­haupt in Abrede stellt sicherlich um seine Kronzeugen vor der gerechten Entrüstung der Arbeiter zu schützen. Kommt es zur Verhandlung, so

werden wir ja sehen, womit das Stuttgarter   Amtsgericht die fortgesetzten Verhaftungen Köhlers und die plötzliche Entlassung desselben aus der Untersuchungshaft motiviren wird. Soviel ist schon heute sicher, daß wir es mit einem Schurkenstreich infamster Sorte zu thun haben, wie sie der Aera des Ausnahmegesezes würdig find. i desiner

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- Oesterreich- Ungarn. Nach Rußland Defterreich- Ungarn  ! Es ist ein charakteristisches Zeichen, daß die Judenhezen gerade in den Ländern ausbrechen, wo das Gottesguadenthum" unbestritten herrscht, in den Staaten der heiligen Ordnung". Wir müßten keine Sozial­demokraten sein, wollten wir die sozialen Momente, welche in diesen Hetzen eine Rolle spielen und ihnen den Charakter eines reinen Religions­tampfes nehmen, verkennen; aber daß sich die Massen nicht gegen die Juden, soweit fie Korn- 2c. Wucherer sind, wenden oder gegen diese gesellschaftlichen Schmaroßer ohne Unterschied der Raffe und Religion, sondern gegen alle Juden ohne Unterschied des Berufes, das zeigt das Ungesunde, emachte der ganzen Bewegung. So etwas wäre in einem freien Lande unmöglich. Es zeigt sich da wieder der korrumpirende Einfluß des monarchisch- absolutistischen Regierungssystems. Es läßt keine gesunde, natürliche Bewegung aufkommen, sondern fälscht sie bereits in ihrem Entstehen. Wenn die österreichische Regierung auch hinterher ver­mittels ihrer Soldadeska auf ihre Art die Ordnung" wiederherstellte, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß an den Judenhezen von Breß­burg und Umgegend sie die Hauptschuld trägt. In einem Lande, wo das Bolt politisch absolut rechtlos ist, wird dasselbe stets, wenn es sich nicht anders zu helfen weiß, dorthin losschlagen, wo es am wenigsten Wider­stand zu gewärtigen hat, und das sind im vorliegenden Falle die Juden. Und das Volk ist in Oestreich ausgebeutet und ausgesogen, daß wir uns über nichts mehr wundern, als daß es nicht schon längst losgeschlagen. Mit Waffengewalt und nach Verkündigung des Standrechts wird die Ordnung wiederhergestellt und dem Volk handgreiflich klar gemacht werden, daß es auf diese Art eine Besserung seiner sozialen Verhältnisse nicht eringen kann. Wird es diese Lehre beherzigen? Wir hoffen es. Unsere ungarischen Parteiorgane werden nach Kräften dazu beitragen, ihm zu zeigen, daß es das Uebel an der Wurzel anpacken und nicht einzelne Personen, sondern das ganze System und dessen bewußte Träger zu bekämpfen hat.

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Die Bombenattentate in Triest   machen noch immer viel von sich reden. Da die Frredentisten- Bewegung eine rein nationale ist, deren demokratischer Charakter aber ein sehr zweifelhafter die Herren Frredentisten feiern ftets den Geburtstag des italienischen Königs so können wir selbst­verständlich uns für die Helden derselben nicht begeistern, so wenig wir mit ihren habsburgischen Gegnern sympathifiren. Diese extremen natio­nalen Bewegungen sind wohl zu unterscheiden von den Unabhängigkeits­bestrebungen unterdrückter Völker, sie halten die Befreiungskämpfe des Proletariats mehr auf, als sie diesem nutzen. Und Bomben in eine Menge und sei sie selbst politisch verblendet auf's Geradewohl hineinschleudern, das ist eine Propaganda der That", die unserm Ge­schmack in keiner Weise zusagt.

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- Belgien  . Das allgemeine Arbeiter- Berbrüderungsfest, welches am 27. September in Lüttich   stattfand, hatte einen glänzenden, alle Erwartungen übertreffenden Erfolg. Genossen aus allen Theilen Bel­ giens   waren dazu eingetroffen, aus Deutschland   war Genoffe Vollmar auf Veranlassung der deutschen Arbeiter Lüttichs erschienen. Seine Rede auf dem Meeting wurde mit stürmischem Beifall aufgenommen. Vor­mittags fand ein Feftzug statt, an dem über 5000 Personen theilnahmen, zu dem Abends stattfindenden Konzert wurden 8000 Billets abgesetzt, und immer wieder tamen Ströme von Menschen, die unverrichteter Sache umkehren mußten. Das Fest hat einen nachhaltigen Eindruck auf alle Theilnehmer hervorgerufen und wird ein mächtiges Förderungsmittel der sozialistischen   Bewegung in dem ganzen Distrikt sein.

Einmal in Belgien  , hat Vollmar auch in verschiedenen anderen Städten dieses Landes, welches nicht nur viele deutsche Arbeiter zählt, sondern in deffen flämischen Distrikten auch sehr viele Landesangehörige der deutschen Sprache mächtig sind, Versammlungen abgehalten, und zwar mit dem besten Erfolge für unsere Sache. Wir werden darüber in nächster Num­mer berichten.

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-Aus England. ,, Unter den Bergarbeitern im Norden Englands", schreibt uns Genosse Garcia, ist eine große Agitation zu Gunsten einer Lohnerhöhung im Gange, und haben wir aller Wahrscheinlichkeit nach schon in den nächsten Tagen den Ausbruch eines großen Streiks zu gewärtigen. Seit Jahren arbeiten die Bergleute zu herabgesetzten Löhnen meist nicht mehr als 18 Shilling für eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 bis 50 Stunden. Jetzt fordern sie eine Lohnerhöhung von 15 Proz. Nach meiner Ansicht dürften sie nur einen theilweisen Erfolg erringen; wenngleich ich nur zu froh sein würde, wenn sie ihre Forderung ganz durchsetzten, denn die rauhen Bergleute sind es, von denen wir erwarten, daß sie im Kampfe für die Revolution den Kerntrupp bilden werden." ,, Das bemerkenswerthefte Vorkommniß auf dem letzte Woche in Man­chefter tagenden Trades- Unions- Kongreß ist die Abstimmung über ein am Freitag den 22. September von Herrn H. Rowland, dem Dele­girten des Vereins der Londoner Cab- Kutscher, gestelltes Amendement zu einer die gegenwärtigen Landgesetze verurtheilenden Resolution. Dieses Amendement, welches erklärt, daß die einzig befriedigende Lösung der Landfrage die Nationalisirung des Grund und Bodens sei" wurde von allen Drathziehern"( will sagen den ,, Ma chern") auf dem Kongreß bekämpft. Alle die Herren, die, obwohl sie dem Namen nach die arbeitenden Klaffen vertreten, in Wahrheit nur die bezahlten Agenten der Liberalen   bezw. der Kapitalisten find, denunzirten ihn, doch wurde er trotz der Opposition, trotzdem die Herren Broadhurst und Genossen abwechselnd schimpften und dann wieder schmeichelten, unter lautem Beifallsrufen mit 71 gegen 31 Stimmen angenommen.

Das ist ein beachtenswerther Erfolg. Als vor drei Jahren der Dele­girte der Londoner   Tischler, Adam Weiler, eine ähnliche Resolution beantragte, fand er nicht eine Stimme Unterstützung! Nil   desperan­dum! Man darf an Nichts verzweifeln!

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Amerika  . Die mit letter Poft eingetroffenen Parteiorgane bringen uns Kunde von dem tiefen Eindruck, den die falsche Nachricht von Bebels Tode drüben hervorgebracht hat. In New- York   hatten un­sere Genoffen sofort eine Gedenkfeier arrangirt, und wenngleich für die Vorbereitungen nur ein Tag Zeit gegeben war, so hat doch, schreibt die New- Yorker Volkszeitung", Irving Hall noch nie eine größere Men­schenmenge gesehen als die, welche sich an jenem Tage( den 17. Sept.) in ihren Räumen zusammenpreßte. Lange vor der festgesetzten Zeit waren Saal und Gallerien überfüllt. Bahlteich, ale langjähriger Rampf­genosse Bebels, schilderte dessen Wirken, Shewitsch, Redakteur der Volkszeitung, den Eindruck von Bebels Thätigkeit. In dem benachbarten Brooklyn   fand gerade eine Laffallefeier statt, und war es Genoffe Otto Reimer, welcher als Hauptredner die Verdienste Bebels um unsere große Sache würdigte. In Philadelphia   sollte an dem Tage, an welchem die Nachricht eintraf, gerade eine Parteiversammlung stattfinden. Es wurde sofort die Tagesordnung suspendirt und Genoffe F. W. Fritsche übernahm es, Bebels Leben und Wirken zu schildern. In allen drei Versammlungen wurden Sympathieadressen an Frau Bebel beschlossen.

Diese Beweise allgemeiner Hochachtung und Sympathie gönnen wir unserm Genossen von Herzen, wissen wir doch, daß er sich auch in Zu funft ihrer werth zeigen wird, wie er es bisher gethan.

Aus den Bemerkungen der übrigen Presse Amerika's wollen wir hier noch ein Wort des Washington Volfstribun" zitiren. Derselbe sagt: ,, Er war einer der Wenigen, die in den Tagen der kommenden Revo­