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gestüm nach Brod, daß er nur mit Hilfe der Polizei vertrieben werden konnte; die ganze Breffe war wenige Tage nachher voll von der Bracht und dem Glanz, die auf dem Feste herrschte, welches Rothschild zu Ehren der Verlobung seiner Tochter feinen in Paris weilenden Glaubensgenoffen aus Polen gab. Oder verhielt es sich umgekehrt? Wurden die polnischen Schnorrer verjagt und die Botschafter, die Herzöge, die Gelehrten abgefüttert?
Wie dem auch sei, der Effekt läuft auf das Gleiche hinaus: Roth schild ist grrroß, und das Eigenthum ist heilig!
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Bürgerliche Moral und amtliche Moral. Fabrikant Ertens in Burtscheid bei Aachen , der seit fünf Jahren die Fabrikkrankenkasse in Burtscheid direkt be trog, indem er für seine Arbeiter bedeutend niedrigere Krankensätze einzahlte als er ber pflichtet war( vergleiche Nr. 18 des„ Sozialdemokrat"), ist am 25. April vom Landgericht zu Aachen in offener Verhandlung von Strafe und Koften freigesprochen worden. In dem Erkenntniß heißt es, daß wenn auch die Hauptbestandsmerkmale des Betruges, insbesondere die Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvortheil zu verschaffen und die Vermögensbeschädigung der Fabrikkasse für erwiesen zu erachten find, das Gericht sich doch nicht genügend(!!) davon hat überzeugen tönnen, daß die Angeklagten( der Sohn des Erkens war mit angeklagt) bei dritten Personen einen Irrthum erregt bezw. unterhalten haben. Da dieses in diesem Falle vom Strafgesetzbuch erforderte Kriterium fehlte, so mußte(!) der Gerichtshof auf Freisprechung erkennen."
Dieser wunderbare Rechtsspruch ist schon an sich ein drastischer Beitrag zum Thema von der moralischen Bourgeoisie, er erhält aber seine vollständige Bedeutung erst durch die Thatsache, daß der gewiffenhafte Richter die Frrthumserregung deshalb für doch nicht genügend erwiesen" anzunehmen vermochte, weil die meisten Mitglieder der Krankentaffe, d. h. die Herren Fabritanten, in gleicher Weise manipulirten wie die Firma Joh. Ertens& Söhne. Diese Herren betrogen fich friedfertig untereinander.
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Aber nicht alle Mitglieder der Kaffe folgten diesem guten Beispiele. Sieben oder acht hielten sich, nach Aussage der Sachverständigen, korrekt an die Bestimmungen des Ortsstatuts. Man sollte nun meinen, diese fieben oder acht Gerechte seien doch gewiß die Betrogenen gewesen, aber weit gefehlt! Auch sie sind nicht betrogen worden, denn es war ihnen bekannt, daß die anderen zu niedrig einzahlten und sie hatten wenn auch vergebens häufig dagegen protestirt. Auch die Arbeiter, die infolge der niedrigen Einzahlungen zu niedrig unterstützt wurden, sind nicht betrogen worden, kurz Niemand auf der weiten Welt ist von den Herren Ertens und Konsorten in gewinnsüchtiger Absicht in einem Jrthum, oder doch nicht in genügend erwiesenem Irrthum erhalten worden, und was verlangt der Mensch mehr? Die bürgerliche Moral ist nicht verletzt, denn alle Zeugen aus der Bourgeoisie Einer immer achtbarer als der Andere richteten ihre Aussage zu Gunsten der rechtschaffenen Herren Erkens und Sohn ein, und die amtliche Moral ist auch gerettet, denn Erkens ist von Rechtswegen freigesprochen worden. Vorsitzender des Gerichtshofes war der Landgerichtsrath Schwendler. Wir wünschen allen Genoffen, die wegen Bismarckbeleidigung, Majestätsbeleidigung und ähnlicher schwerer Verbrechen angeklagt werden, ebenso tluge, vorsichtige und objektive Richter!
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Die glänzenden Erfolge" der famosen Arbeitskolonie Wilhelmsdorf , dieses Musterinstituts chriftlicher Sklavenzüchterei, die nämlich in nichts Anderem bestehen, als in einer Konstatirung der bekannten Thatsache, daß es den meisten„ Vagabunden" keineswegs an Arbeitslust, sondern nur an Arbeitsgelegenheit fehlt, diese glänzenden Erfolge haben eine wahre Wuth nach Gründung solcher Kolonien hervorgerufen, was ein neuer Beweis für die Rathund Kopflosigkeit der herrschenden Klassen gegenüber der Arbeiterfrage ift. Ohne zu prüfen, stürzen sie sich auf Alles, was den Ruf hat, zu nützen, und lassen sich daher von jedem Quacksalber anschmieren. Daß fie mit noch so vielen solcher Kolonien weder die Arbeitslosen-, noch die läftige" Vagabundenfrage lösen, sehen diese weisen Leute nicht ein, denn nichts ist ihnen verhaßter, als irgend einer Frage auf den Grund zu gehen. Als echte Ellektiker stürzen sie sich nach dem Grundsatz:„ Nützt es nichts, so schadet es nichts" von einem Experiment in's andere, bis sie eines Tages nicht nur den Schaden, sondern auch noch den Spott dazu haben.
Es muß übrigens festgehalten werden, daß die Herren schon deshalb für die Arbeitskolonien" eingenommen sind, weil sie ihnen Gelegenheit geben, unter der Maste der Wohlthätigkeit, der sozialen Fürsorge, des praktischen Christenthums, und wie die schönen Phrasen sonst noch Lauten, eine Art Zuchthäuser zweiter Klasse in's Leben zu rufen, die sich von den Zuchthäusern erster Klasse nur dadurch unterscheiden, daß der Arbeiter es in ihnen in jeder Beziehung schlechter hat und namentlich rechtloser dasteht als der Insasse der ersteren.
-Wie man die Söhne des Volkes mordet. In Ulm machte am 12. Mai ein Militärsträfling einen Fluchtversuch; er wurde aber von der Wache, die zweimal Feuer gab, angeschossen" und starb nach wenigen Tagen im Lazareth. So melden die Blätter und fügen noch hinzu, der Unglückliche habe ausgesagt, er habe sich in der Donau ertränken wollen. Und damit ist die Neugier des Publikums befriedigt. Kein Wort darüber, welche Motive den Aermften zur Verzweiflung getrieben. Freilich, man kennt sie zur Genige, diese Motive, welche die Militärsklaven in den Tod jagen. Aber man spricht nicht gern darüber, es mangelt ja gottlob" nicht an Kanonenfutter für unser herrliches Kriegsheer, denn langmüthig über alle Massen ist das Volt. Leider!
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Die Lohnbewegung in Deutschland ist noch immer in fräftiger Vorwärtsentwicklung. In Berlin liegen fast sämmtliche Baugewerke, sowie die Holzarbeiter und die Tabakarbeiter im Lohnkampf, in Köln streiken die Schreiner , in Mittweida ( Sachsen ) die Stuhlarbeiter, in Frankfurt a/ M. dauert der Streit der Schuhmacher bei Otto Herz Co. fort, turz, es regt sich im deutschen Proletariat. Die Ausbeuter versuchen mit allen Weitteln der gemeinpen Intrigue vie Arbeiter, und seien deren Forderungen noch so mäßig, zur Unterwerfung zu zwingen, aber bis jetzt find ihre Bemühungen faft überall an dem festen Zusammenhalt der Arbeiter gescheitert. Eine besondere Jnfamie verdient hier zur allgemeinen Kenntniß gebracht zu werden, als Beitrag zum Thema„ Brod und Freiheit": Die deutsche BaugewerksZeitung, das Organ der Prinzipale, denunzirt in seiner Wuth über die ,, unverschämte" Forderung der Arbeiter die Führer der Berliner Gewerkschaftsbewegung als sozialistische Agitatoren", wie in der jüngsten Maurerversammlung mit Entrüftung fonstatirt wurde denn was das in Berlin heißt, weiß man. Nun, alle Denunziation wird den Herren nichts helfen, so lange die Arbeiter fest zusammenhalten.
Geständnisse einer schönen Seele. Ich möchte am liebsten gar teine kolportagevon Druckschriften", sagte Herr Windthorst in der Reichstagsdebatte vom 30. Mai. Dieser Ausspruch verräth ganz unzweidentig, worauf es den Herren Kleritaltonservativen im Grunde ankommt: Gar nicht lesen soll das Volt, und namentlich nicht das Land volt. Denn die Kolportage verbieten, heißt für große Diftritte das Lesen, außer in der Bibel, überhaupt verbieten. Der Bauer, der Tagelöhner geht nicht in die Stadt, sich ein Buch taufen, er ist gewohnt, daß man es ihm in's Haus bringt.
Kein Zweifel, es ist viel Schund in der Kolportageliteratur enthalten, aber selbst der ärgfte Schund der profanen Literatur ist immer noch besser als die religiösen Verdummungstraftätchen. Das Gejammer über
die Schundromane ist jedoch bei den Herren nur politische Heuchelei, es
ist ihnen nicht um sie zu thun, sondern um die Unterdrückung der wirklich aufklärenden Zeitschriften. Die schöne Elvira", welche Herr Stöder mit seinem bekannten heuchlerischen Pathos in's Feld führte, macht dem Pfaffenthum teine Seele abspenstig, wohl aber andere Schriften, die er nicht nannte.
Unsern Standpunkt in dieser Frage haben wir bereits des Defteren dargelegt: Wenn wir auf Einem Gebiete für freie Konkurrenz sind, so ist es das der geistigen Produktion. Wir fürchten da keine Konkurrenz, so gering unsere Mittel auch sind, in dem Geschrei der Windthorst, Stöcker und Konsorten aber liegt nur das Geständniß, daß das Volk von ihren in Millionen von Exemplaren verbreiteten Traktaten, Erbauungsschriften 2c., nichts wissen will, daß dieselben nicht einmal die Konkurrenz mit der ,, schönen Elvira" aushalten.
-Herr Eugen Richter , der sich in letzter Zeit, nachdem er seitens seiner Fraktion einen tüchtigen Rüffel bezogen, eines anständigen Benehmens gegen die Sozialdemokratie befleißigt hatte, ist neuerdings wieder in seine alten Gewohnheiten zurückgefallen. Unter diesen unanständigen Gewohnheiten sind zwei besonders unanständige:
Erstens, das Schimpfen auf abwesende Gegner; und Zweitens, das Reden hinter verschlossenen Thüren mit obligater Mundtodtmachung der anwesenden Geger.
Und gerade diese beiden unanständigsten Praktiken hat Herr Richter fich wieder zugelegt. Sonnabend, den 26. Mai, ging er auf Agitation" nach Hamburg , um für den fortschrittlichen Rabe( der beiläufig weder ein weißer, noch ein weiser Rabe ist) durch einen der bekannten Vorträge Stimmung zu machen. Diesen seinen Vortrag hielt Herr
hinter
gegen Karten wurde der Eintritt gestattet, und mit den Karten hatte man fürsorglich ein paarmal gewechselt, um die Nachahmung durch sozialdemokratische Uebelthäter zu verhindern, und außer dem die peinlichsten Vorsichtsmaßregeln getroffen, um zu verhüten, daß von den Worten Eugens auch nur eines durch Eindringen in ein sozialdemokratisches Ohr der Gefahr unbequemer Kritik ausgesetzt werden könne. Und nachdem Herr Richter sich von der Wirksamkeit der fortschrittlichen Polizeimaẞregeln überzeugt hatte, fühlte er einen so gewaltigen Heldenmuth, daß er den abwesenden Kandidaten der abwesenden Sozialdemokraten in heftigen Ausdrücken angriff, welche ihm später von einigen seiner eigenen Parteigenossen Vorwürfe einbrachten.
Gleich nach beendigter Rede entfernte sich Herr Eugen Richter in größter Eile, um seine Rückfahrt in die Haupt- und Residenzstadt Berlin noch am selben Abend anzutreten es wäre ja möglich gewesen, daß schließlich aus irgend einem verborgenen, der Aufmerksamkeit der fortschrittlichen Sicherheitskommissarien entgangenen Eckchen ein Sozialdemofrat hervorsprang und den tapferen Eugen meuchlings( mit Zungen- oder anderen Dolchen) überfiel.
Es ist Zeit, daß die Freunde Richter's diesem Herrn eine zweite Lektion ertheilen und ihm das von den Herren Fortschrittlern seinerzeit so bewunderte und gefeierte Wort Tad del's zurufen:„ Das schickt sich nicht!"
Warten wir ab!
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- Der Abgeordnete kräcker wurde in der Reichstagssitzung vom 30. Mai plötzlich von schwerem Unwohlsein befallen, welches seine sofortige Ueberführung in's Elisabeth Krankenhaus nothwendig machte. Es stellte sich heraus, daß ein Fall von Darmverschlingung vorlag, also das Leben des Kranten in größter Gefahr schwebte. Zum Glück war die Verschlingung noch keine vollständige, und der raschen, umsichtigen ärztlichen Hilfe und der sorgsamen Pflege gelang es, eine günstige Wendung herbeizuführen, so daß unser braver Genoffe im Augenblick, wo dieses geschrieben wird Feitag, 1. Juni ganz außer Gefahr war und nach Aussage der Aerzte schon im Laufe dieser Woche( vor dem 9. d. M.) die Krankenanstalt wird verlassen können. Dies zur Rektifikation der verschiedenen in die Zeitungen übergangenen Notizen.
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Die Leipziger Polizei in tausend Nöthen! Der Juni hat begonnen, schreibt man uns aus Leipzig , Ende des Monats muß der Belagerungszustand verlängert werden, und noch hat die Polizei kein Material! Material, Material, ein Königreich für Material! seufzt unser Bretschneider, und der arme„ Grünängige" läuft teuchend herum, sucht, sucht und sucht vergebens, greift, greift und greift vergebens, macht sogar kühne Griffe" à la Gagern und greift vergebens, greift in's Blaue. O tragisches Schicksal! Neulich glaubte er den Richtigen gegriffen zu haben, und siehe da, der Richtige war der Unrichtige und mußte nach ein paar Tagen entlassen werden. Natürlich wird der Mann dafür, daß er nicht der Richtige war, ausgewiesen, allein das ist kein„ Material" tein Grund" für die Verlängerung des Kleinen", am wenigsten ein zureichender Grund", den doch von Rechtswegen, wie die Philosophie lehrt, ein jedes Ding haben muß. Da nun die bösen Sozialdemo fraten so boshaft sind, sich nicht erwischen zu lassen, und kein Material und keine Gründe zu liefern, so wird der Bretschneider noch bis zum Ende des Monats seufzen, der Grünängige noch bis zum Ende des Monats teuchen, und am Ende des Monats die Polizei sammt Kreisund Amtshauptmannschaft sich entschließen müssen, den ,, Kleinen" zu ver längern ohne Material und ohne Gründe.
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Du unglückliche Polizei!
-In Sachen des gehängten, einäugigen Wolff" ist in verschiedenen Zeitungen die Notiz gebracht worden, der Mord oder Selbstmord sei in Ottensen erfolgt. Diese Notiz, welche aus einer Polizeiquelle stammt und offenbar nur darauf berechnet ist, den Verdacht von der richtigen Fährte abzulenten, ist vollkommen unwahr. Der Mord oder Selbstmord hat in Altona stattgefunden, im Machtbereiche des Engel. Durch solche Manöver können die schweren Verdachtsmomente, die gegen den sauberen Kumpan borliegen, nur noch vermehrt
werden.
Aus Frankreich . Wir bringen zunächst noch die bereits früher erwähnte Resolution des Regionaltongresses der sozialistischrevolutionären Arbeiterpartei, welche von der Einwanderung der Ausländer in Frankreich und die dadurch hervor gerufene Lohnton turrenz handelt, zum Abdruck. Sie lautet:
" In Erwägung, daß die Natur es gewollt(?) hat, daß die Völker, sobald sie auf einem gewissen Standpunkt der Zivilisation angelangt find, sich vermischen und in die Menschheit aufgehen; " In Erwägung, daß die Kreuzung der Rassen einer der mächtigsten Faktoren des politischen, wirthschaftlichen und sozialen Fortpolitijge schrittes ift;
In Erwägung, daß die großen Arbeiter wanderungen ein sehr fruchtbares Mittel sozialistischer Propaganda sind; ,, empfiehlt der 2c. Kongreß der sozialistisch- revolutionären Arbeiterpartei, folgende Forderungen zu erheben:
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Als endgültiges Ziel: die Nationalisirung) des Grund und Bodens, der Gebäude, der Arbeitsinstrumente 2c., und zweitens die Organisation der Produktion und der fachgewerblichen Gruppen, gemäß den Prinzipien des wissenschaftlichen Sozialismus.
„ A18 Mittel zur Erreichung desselben: die Abschaffung des Gesetzes wider die Internationale und alle ähnliche Zwecke verfolgenden Vereine; die Förderung immer lebhafterer Beziehungen zwischen den sozialistischen Parteien der verschiedenen
*) Wir halten dieses Wort für besser als Verstaatlichung. Anm. der Red.
Nationen', deren Leiter und Organe wie zwischen den Gewerkschaften; die Errichtung von Fachvereinen in allen Städten und für jede Berufsgruppe; die Aufstellung von obligatorischen Tarifen von Seiten der Fachvereine; die Bestrafung aller Derer, welche unter dem von ihnen akzeptirten Tarif arbeiten lassen. Die Errichtung von Bezirksarbeitskammern, zusammengesetzt aus Vertretern der Arbeitervereine; die Vervollkommnung unserer mechanischen Betriebsmittel, damit der Aufwand an menschlicher Arbeitskraftim Verhältnißzum Produkt geringer werde und so unsere Industrie im Stande sei, der Konturrenzanderer Länder Widerstand zu leisten; Herabsetzung der Arbeitszeit; Ernennung von in Bezug auf Handel und Industrie besser unterrichteten Konsuln; die Entsendung von Arbeitern aller Berufe auf mindestens ein Jahr in's Ausland mit dem Auftrage, über Alles, was ihre Fachgenossen interessirt, Bericht zu erstatten; Ausdehnung unseres auswärtigen Handels; Organisation einer Propaganda unter den ausländischen Arbeitern, die in Frankfreich arbeiten, um sie für die Prinzipien der Arbeiterpartei zu gewinnen und sich ihrer für die internationale sozialistische Propa. ganda zu benutzen."
Diese Resolution entspricht in ihren wesentlichen Punkten dem Bericht des Cercle international socialiste, eines Vereins, der sich aus Sozialisten aller Nationen zusammensetzt und energisch, und wie man sieht mit Erfolg, gegen den Chauvinismus zu Felde zieht.-
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Der Regionalkongreß der Anhänger der Roanner Richtung wird am 17. Juni eröffnet werden und soll bis zum 24. Juni dauern. Die Tagesordnung besteht aus vier Punkten, deren wesentlichste folgende beide sind: 1) Die Arbeitskrisen, ihre Ursachen und Heilmittel: a) die Monopole, Gas, Poften, Telegraphen 2c.; b) die Projekte betreffe der Wohnungsfrage; c) Gesetze über die Gewerkschaftssyndikate; d) Gesetze über die Dauer des Arbeitstages; e) die Einwanderung fremder Arbeiter; f) die Betheiligung an städtischen Arbeiten, die Unterfügungsfrage 2c., sowie die Palliativmitttel überhaupt. 2) Studium der Tagesordnung des Regionalfongresses von Roubair: a) Der Stand der produktiven Kräfte; b) die Lage der einzelnen Industriezweige; c) Preise der Wohnungen und Lebensmittel; d) die Mittel der Propaganda.
Hoffen wir, daß auch dieser Kongreß zur prinzipiellen Klärung der französischen Arbeiter und Parteiverhältnisse sein Theil beitrage.-
Unter den Hafenarbeitern, Schiffszimmerern 2c. von Marseille und Havre ist eine Bewegung im Gange, eine gewerkschaftliche Organisation aller auf die Marine bezüglichen Berufszweige in's Leben zu rufen. Glück auf dazu!
Die Pariser Gewerkschaften, welche die internationale Kolonialausstellung in Amsterdam beschicken( bekanntlich hat sowohl die Nationalversammlung als auch die Stadt Paris ansehnliche Subventionen, und zwar bedingungslos, den Arbeitersyndikaten zur Verfügung ge stellt, was sich die chriftlich- konservativen Apostel des sozialen Königthums" hinter die Ohren schreiben mögen), haben einen sehr ausführlichen Fragebogen entworfen, der den Delegirten zur Erledigung mitgegeben werden soll. Die Fragen betreffen in politischer Beziehung die Verfassung und Gesetzgebung Hollands mit Bezug auf die Rechte und den Schutz der Arbeiter, in ökonomischer Beziehung die Organisationen der holländischen Arbeiter( Assoziationen, Hilfskaffen, Gewerkschaften, sozialistische Vereinigungen), die Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit, die Zustände auf den Arbeitsplägen, Vergleich holländischer Arbeitsräume mit französischen der entsprechenden Industrie, die technische Entwickelung der Produktionsweise in Holland 2c. Diese Fragestellung, sowie auch namentlich die Detailfragen zeigen, wie trefflich die Arbeiter ohne jede Reglementirerei von oben her ihre Angelegenheiten zu behandeln wiffen.
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Rußland. Ein würdiger Schmuck. Unter den russischen Kron Insignien befindet sich an der Spitze des russischen Reichsszepters der sogenannte Orlow Diamant. Derselbe wurde von einem Armenier in Indien einem Gözenbilde welchem der Diamant als Auge eingesetzt war gestohlen, nach Rußland gebracht und der Kaiserin Katharina um ein Adelsdiplom und 40,000 Rubeln verfauft.
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Das ist wirklich ein passender Schmuck für den edlen Sprößling der Banditenfamilie der Romanow' s, deren ganze Geschichte nichts ist als eine fortgesetzte Kette von Raubmorden und Brandstiftungen. Fast der ganze Familienreichthum dieser erlauchten Gesellschaft ist direkt gestohlen, der übrige Theil ist dem Volke gesetzlich ausgepreßt worden. Und wie das russische Reich zusammengeraubt und zusammengestohlen wurde, davon weiß Polen ein Liedlein zu singen.
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Sehr erbaulich ist die Ansprache„ Väterchens" an die Vertreter der Landgemeinden, von denen viele auf eine Revision der Landregulirung hofften, in der ihnen der von den Adligen bei der Emanzipation gestohlene Grundbesitz zurückerstattet würde." Folgt dem Rathe", sagte er ihnen, und der Führung Eurer Adelsmarschälle d. h. der Diebe und Räuber und schenket keinen Glauben den unsinnigen Gerüchten über Landvertheilung und unentgeltliche Erweiterung des Grundbesitzes und dergleichen. Solche Gerüchte werden durch unsere Feinde verbreitet. Jedes Eigenthum, auch das Eurige, muß unantastbar sein. Gott gebe Euch Glück und Gesundheit!" Das tost't nischt, antwortete der Berliner auf einen so frommen Wunsch. „ Jedes Eigenthum, auch(!) das Eurige, muß unantastbar sein." Da fehlt blos noch der Zusatz: Ganz besonders aber das gestohlene. Ob die Bauern von dieser Ansprache sehr erbaut gewesen find? Schwerlich. Vergnügter werden aber sicherlich die Adelsvertreter gewesen sein, als ,, Väterchen" nach dieser Abfertigung der Bauern sich ihnen zuwandte: ,, Gott möge uns ein friedliches und ruhiges Leben gewähren!" Ruhe und Frieden, die wünscht sich jeder Raubvogel, um seine Beute ungestört zu verzehren, sagte schon Goethe. Wer's mit den Raubvögeln hält, schließe sich dem frommen Wunsche an, wir wünschen und hoffen, daß nunmehr der Tanz erst recht losgehen möge. Keine politischen Reformen, teine ökonomischen Reformen, eine Gnadenkomödie, die ein wahrer Hohn auf den Begriff der Amnestie ist man müßte am russischen Volte verzweifeln, wenn es sich das stillschweigend gefallen laffen wollte. Aber zum Glück deuten alle Vorzeichen auf das Gegentheil hin. Die Unruhen in Petersburg Jam Krönungsabend find uns ein gutes Omen.
Sozialistische Presse und Literatur. Nunmehr ist auch die Abhandlung Lohnarbeit und Kapital" von Karl Mary in russischer Uebersetzung erschienen, und zwar in der " Freien russischen Druckerei" in Genf . Die Herausgeber leiten die Broschüre mit einem sehr warmen Nachrufe an den verstorbenen großen Borkämpfer der modernen Arbeiterbewegung und einer Würdigung seiner wissenschaftlichen wie politischen Wirksamkeit ein. Zum Schluß heißt es
dann:
,, Aber wie in der ganzen übrigen zivilisirten Welt liegt die tiefere Erkenntniß der großen Bedeutung der von Mary entwickelten Theorien, die allgemeine Geltung seiner Lehren, auch in Rußland eigentlich noch vor uns, in der Zukunft. Sogar unter den Sozialisten ist heute die Zahl derer eine verhältnißmäßig geringe, welche die tiefe Bedeutung der Grundprinzipien des großen Lehrers ganz erfaßt haben. Und doch tann ohne das Studium der Lehren des Schöpfers des modernen wiffenschaftlichen Sozialismus, ohne volles Verständniß für den von Mary in seinen Werken so klar nachgewiesenen Klassent ampf in der modernen Gesellschaft teine richtige Arbeiterbewegung wir sagen mehr, kein rechter Schritt auf dem Wege zur Befreiung des Proletariats gemacht werden. Und darum schließen wir uns voll und ganz dem Wunsch der Uebersetzer des tommunistischen Manifestes an, daß die russische Arbeiter
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