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gegen die Deutschen   Abbruch zu thun. Man ist in allen Kreisen Deutschlands   der Republik   feindlich gesinnt das ist die Folgerung, welche man allgemein in Frankreich   aus der Uebereinstimmung der Or­gane Bismarcks und Sonnemanns zieht, und wenn die Preffe auch vor­fichtiger in ihren Aeußerungen geworden ist, so ist der Groll ein um so intensiverer. Das Organ des weiland Mitgliedes der Friedens- und Freiheitsliga" hat mit seiner Politik weder dem Frieden noch der Frei­heit einen Dienst geleistet.

Charakteristisch für die Stimmung in Frankreich   ist die Haltung der sozialistischen   und revolutionären Presse. Selbstverständlich enthält fie fich jeder Kriegshezzereien, aber fast durchgängig finden wir die Erklär­ung, daß wenn Deutschland   gegen Frankreich   angriffsweise vorgehen sollte, die französischen   Arbeiter mit äußerster Entschiedenheit für die Republik  , soviel sie an ihr auch sonst auszusetzen haben, eintreten würden. Denn instinktiv fühlt ein jeder Franzose, daß die monarchischen Staaten Europa's   es auf die Republit abgesehen haben und ihr je eher je lieber den Garaus machen möchten, und gerade die Arbeiter sind es, welche mit aller Zähigkeit an der Republik   festhalten, in der richtigen Erkenntniß, daß sie die Voraussetzung ihrer sozialen Emanzipation ift. Sehr treffend hat dies z. B. E. Vaillant jüngst im Republicain so­cialiste" nachgewiesen. Die Frage, ob Republik   oder Monarchie, ist nur anscheinend eine Formfrage, in Wirklichkeit handelt es sich heutzu­tage um sehr reale Dinge dabei, und wenn wir auch sonst an der Hal­tung der französischen   Arbeiterpreffe gegenüber der Deutschenhezze mancherlei zu rügen hätten, in diesem Punkte können wir ihr nicht Unrecht geben. Und grade deshalb betrachten wir es für unsere Pflicht, gegen die an­maßende Sprache der Norddeutschen Allgemeinen" Frankreich   gegenüber Protest einzulegen.

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Korrespondenzen.

Neumünster  ( Holstein) im August. Es dürfte für die Partei­genoffen allerwärts nicht ohne Interesse sein, wenn ich zur Reichstags­wahl im 7. schleswig- holstein  'schen Wahlkreise einen Bericht über die Baiteibewegung aus unserem Orte zur Veröffentlichung bringe.

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Nachdem das erste Flugblatt in mehreren tausend Exemplaren in Neu­ münster   und Umgegend genügend verbreitet war, meldeten wir auf Sonn­abend den 14. Juli eine öffentliche Versammlung an, in welcher Ge­noffe Auer referiren wollte, die jedoch von dem konservativen Erzmuder Stadtrath Meß torff( der Bürgermeister hatte sich beurlauben lassen) auf Grund der dänischen Sabbathordnung verboten wurde legtere be­steht eben noch in Schleswig- Holstein  . Wenn die Fortschrittler Versamm­lung haben, oder Kaisers Geburtstag oder Sedan- Fest gefeiert wird, dann fragt natürlich Niemand nach Sabbathordnung! Wir meldeten nun auf Dienstag den 17. Juli von Neuem eine Wählerversammlung an, diese wurde aber auf Grund des bekannten Infamie- Gesezes verboten. Als dann noch von einer andern Seite der Versuch gemacht worden war, eine öffentliche Wählerversammlung zu ermöglichen und ebenfalls ein Ver­bot erfolgte, da wandte sich der Einberufer derselben persönlich an die Regierung zu Schleswig  , welche den Bescheid ertheilte, daß sobald Heinzel in der betreffenden Versammlung sprechen wollte, dieselbe im Voraus verboten sei, übrigens wäre das Verbot von der Regierung zu Schleswig   ausgegangen, fie werde aber bei der Polizeibehörde zu Neu­ münster   Erkundigung einziehen, ob der Einberufer ein Sozialdemokrat sei. Darauf wurde demselben von hier der Bescheid, daß die Ver­sammlung nicht stattfinden dürfe!

Am Abend vor der Wahl verbreiteten die Genossen ein zweites Flug­blatt in der Stadt und klebten dasselbe nebst Plakaten in der Nacht an alle Ecken an. Trotzdem nun uns die Versammlung verboten war, die Plakate von Liberalen abgeriffen und mit Koth beworfen, ja sogar von dem Herrn Stadtrath Meßtorff eigenhändig mit dem Messer abgekrazt wurden, erzielten wir ein für die Fortschrittler überraschendes Resultat. Abgegeben wurden am 20. Juli für Genosse Heinzel 936 St., für den großen Phrasenheld Hänel 636 St. und für den konservativen Graf v. Re­bentlov 172 Stimmen.

Also Stichwahl! hieß es am Tage der amtlichen Bekanntmachung. Wenn nun auch die Genoffen im Voraus die Unmöglichkeit eines Sieges für diesmal voraussahen, so ging es doch, zwar in der Stille aber desto thatkräftiger, von Neuem an die Agitation. Ein drittes Flngblatt, wel­ches etwas spät tam und auf dem Lande nicht mehr genügend verbreitet werden konnte, vertheilten wir 2 Tage vor der Wahl in großer Anzahl in der Stadt; dabei passirte unserm neuen Polizisten Stieber ist sein Name welcher sich in seiner Dummheit von den Liberalen als Jagdhund gebrauchen ließ, ein kleines Malheur. Derselbe suchte nämlich auf Anzeige einiger Spießbürger in verschiedenen Straßen und Wirth­schaften nach unserm Flugblatt; da nun aber die Liberalen an demselben Tage auch ein solches verbreitet hatten, so nahm unser Stieber in einer Wirthschaft statt unseres das der Liberalen weg!

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Von bekannter Seite war uns die Mittheilung gemacht, beim Ankleben der Plakate vorsichtig zu sein, da in der Nacht vor der Wahl zahlreiche Poften ausgestellt würden, um das Ankleben zu verhindern. Dies erwies fich auch als richtig; selbst Stieber ist bis Morgens 4 Uhr auf den Beinen gewesen, aber genützt hat es doch nichts. Als die Arbeiter auf bie Straße tamen, waren wieder an allen Ecken Plakate angeklebt, und zwar bedeutend mehr als am 20. Juli. Zwischen der Wahl am 20. Juli und 3. August hatten sich die Gegner die amtlichen Wählerlisten abschrei ben lassen, wogegen von Seiten der Arbeiter im Wahllokal protestirt wurde. Auf telegraphische Beschwerde beim Wahlkommiffär, Landrath Baron v. Heinze, antwortete derselbe, daß das Führen von Gegenlisten unzulässig sei; trotzdem wurden die Listen bis Schluß der Wahlhandlung weitergeführt. Abgegeben wurden für Genoffe Heinzel 1174 Stimmen, für Hänel 841 Stimmen. Wir hatten die höchste Stimmenzahl vom Jahre 1877, wo 887 Stimmen auf Oldenburg   fielen, um zirka 300 überschritten. 1878 hatten wir 722 und 1881 blos 521 Stimmen ge­habt. Am 30. August übten 80% der eingeschriebenen Wähler ihr Wahl­recht aus, die regste Betheiligung im ganzen Kreise; die Genossen hatten fich am Abende zu Hunderten in der Boltshalle eingefunden, wo die einlaufenden Nachrichten aus Kiel  , Rendsburg   und Preetz   mit gro ßem Beifall aufgenommen wurden. Vom Landbezirk hatten wir zwar bei der Stichwahl auch eine kleine Zunahme, find aber gegen die Resultate bon 1874 und 1877 um zirka 2000 Stimmen zurückgegangen, theils in Folge des Mangels öffentlicher Agitation, zum größten Theil aber in Folge der gröbsten Wahlbeeinflussungen seitens der Fortschrittler; denn es war denselben kein Mittel zu schmutzig, die Abgabe der sozialistischen  Stimmzettel zu verhindern. Bei der Herausgabe des Flugblattes von der allgemeinen Auftheilung allen Befißthums war es hauptsächlich auf die unaufgeklärte Landbevölkerung abgesehen, damit aber nicht genug: die Ortsvorsteher und Wahlvorstände wurden durch das hiesige miserable Wahlkomite noch persönlich instruirt, wie's gemacht werden muß. Vor Allen that sich Hr. Hyronimus, der Redakteur des holft. Courier, eines Winkelblättchens der niedrigsten Sorte, hervor. Nicht allein, daß er als Verfasser des erwähnten Flugblattes allgemein bezeichnet wird, der Ehrenmann forderte die Bauern auch auf, Stimmzettel für Hänel im Dorfe nicht zu vertheilen, sondern dieselben nur an den Ortsvorsteher abzugeben. Dies Verfahren ist auch allgemeinen gehandhabt worden; die Wähler erhielten erst im Wahllokal einen Stimmzettel, während den­jenigen, welche schon einen hatten, derselbe abgenommen wurde; ein Bei­trag, wie das geheime Wahlrecht im deutschen Reiche gehandhabt wird. Ju Hohenwestedt, wo wir die einzigste Wählversammlung abhalten fonnten, in welcher Genosse Auer referirt hatte, erhielten wir 25 resp. 29 Stimmen, während 1881 blos 5 Stimmen abgegeben wurden. Ju Großenaspe und Borstedt dagegen, wo Flugblätter und Stimm­zettel ausreichend vertheilt waren, hatten wir am 20. Juli teine einzige Stimme; in letterem Dorfe, wo ungefähr 80 wahlberechtigte Ziegelei arbeiter beschäftigt und auch einige Stimmen abgegeben worden sind, wurden dieselben unterschlagen. Wir können aber nicht öffent lich klagen, da die Betreffenden ihre Namen nicht dazu hergeben wollen; fie müßten sonst ihre Arbeit verlassen. Bei der Stichwahl hatten wir 4 Stimmen. Jn ersterem Dorfe aber, wo wir schon über 100 Stimmen hatten, versicherten uns einige Genoffen, daß sie ihre Stimme nicht für Heinzel abgeben konnten, wenn sie sich nicht bekannt machen wollten. Solche und ähnliche Fälle könnten wir noch mehr anführen, wenn wir den Raum des Partei- Organs nicht zu sehr in Anspruch nehmen wollten.

Die Genoffen im 7. schleswig- Holstein  'schen Wahlkreise mögen es sich zur Aufgabe machen, bis zur nächsten Wahl für die Aufklärung der Land­bevölkerung kräftigst einzutreten, dann wird uns der Sieg nicht fehlen. Der Kreis muß und wird noch einmal der unsrige werden. Zum Schluß noch die Bemerkung, daß wir von jetzt an von Zeit zu Zeit Korrespon­denzen im Sozialdemokrat zur Veröffentlichung bringen werden. Der rothe Claas  .

Bremen  . Wer bisher annahm, daß erst seit dem Jahre 1878 die Sozialdemokraten als Menschen zweiter Klasse behandelt wurden, befindet sich in einem gewaltigen Irrthum. Bremen   war es, das schon sieben Jahre früher, also 1871 über ein gegen die Sozialdemo­fratie gerichtetes Ausnahmegesetz verfügte. Denn der vielköpfige, mit väterlicher Fürsorglichkeit herrschende Senat der stolzen freien Republik  Bremen   hatte schon in genanntem Jahre huldvoll geruht, ein Gesetz zu beschließen, wonach Theilnehmer und Veranstalter einer nicht polizeilich angemeldeten Versammlung bis zu 300 Mart Strafe oder drei Monate Gefängniß beraft werden; während die diesbezüglichen Bestimmungen des allgemeinen Vereins- und Versammlungsgesetzes nur auf 150 Mark oder sechs Wochen Gefängniß lauten. Merkwürdig, sonst kommt unsere liebe Vaterstadt in allen Dingen 50 Jahre hinterher gehumpelt, aber in diesem Falle haben unsere weisen Staatsoberhäupter in Wirklichkeit einen Siebenmeilenschritt gethan, ein Quantum Schlauheit an den Tag gelegt, um die sie selbst die sonst auch nicht dumme Berliner   Regierung beneiden dürfte; und am Ende haben wir gutmüthigen Bremer es gerade diesem Umftande zu verdanken, daß unser würdiger Herr Reichstanzler immer verlangender seine Blicke nach Bremen   richtet, daß ihn schließlich keine Zollgrenze und sonstige Kleinigkeit mehr hindert, um die liebevolle Bremer   Regierung an das gleichgesinnte Bruderherz zu drücken. Was schadet's, wenn auch der Bevölkerung dadurch die Luft abgedrückt wird, haben sich doch verwandte Seelen gefunden, und da kann man sich um solche Nebensächlichkeiten nicht fümmern.

Angeklagt, das Bremer   Ausnahmegesetz und das deutsche   Ausnahme­gesetz übertreten zu haben, standen am 11. Mai d. J. sieben Genoffen vor dem hiesigen Schöffengericht, nachdem sechs derfelben eine fünf­wöchentliche untersuchungshaft hinter sich hatten. Die Angeklagten hatten das fürchterliche Verbrechen begangen, einem Verein für Geschichte anzugehören. Es war allerdings unerhört. Wie kann ein Arbeiter sich auch unterstehen, Geschichte kennen lernen zu wollen? Er hat zu ar­beiten, zu beten, zu hungern, und damit basta; und nun sollten die An­geflagten gar einer nicht angemeldeten Versammlung beigewohnt haben. Was tann in dieser anders geschehen sein, als daß man einen geheimen Mordplan ausgeheckt oder zum Mindesten Vorlesungen über Anfertigung von Orfinibomben oder Dynamitpatronen gehalten hat?

Genug, man munkelte schon von Belagerungszustand, und ließ tein Mittel unversucht, um den armen Spießern Furcht und Entsetzen ein­zujagen. Zuerst batte man im Interesse der öffentlichen Ruhe und Sicherheit drei roth angestrichene Sozialdemokraten inhaftirt, aber schon in wenigen Tagen saßen gegen 20 solcher höchft gemeingefährlicher Per­sonen in der Wafferbeilanstalt vor dem Ofterthor. Aber selbst unser Staatsanwalt, der, wie wir bald sehen werden, ein recht weites Gewissen befitt, konnte troß dieser lobenswerthen Eigenschaft nur 7 Genossen, dazn den Schenkwirth, in deffen Lokal die Versammlung flattgehabt, wo sonst nur ehrbare Bürgersleute verkehren, auf die Anklagebant schleppen. Der Wirth schien sich auf der Anklagebank auch äußerst ungemüthlich unter der rothen Gesellschaft zu befinden. Aber wie war es möglich, Leute vor Gericht zu schleppen und wochenlang in Untersuchungshaft zu behalten, die weiter nichts gethan haben, als einem Verein für Geschichte anzu­gehören? wird der fragen, der noch nicht allen Glauben an die Gerech tigkeit unserer Staatsanwälte, Richter und Bolizeibeamte verloren hat. Die Frage ist leicht zu beantworten, umsomehr, als sorgfältig angeftelte Ermittelungen noch folgendes Resultat ergeben haben.

Berliner   Geld tam nach Bremen  , und für sein Geld wollte man auch, wie selbstverständlich, etwas haben. Die Waare sollte der hiesige Kriminalschußmann Wolfsohn, der sich jedenfalls am besten auf Schacher verstand, liefern. Seitens des genannten Ehrenmannes wurde als Handlanger der Zigarrenfortirer Hardt aus Altona   engagirt, welcher von Wolfffohn genaue Information erhielt, wo man am besten mit Erfolg denunzirt und mit Geschick einen Meineid leistet, natürlich gegen gute Bezahlung, denn Geschäft ist Geschäft".

Als am 8. April die Vereinsmitglieder versammelt waren und auf den Vorsitzenden harrten, damit die Versammlung ihren Anfang nehme, brang die Polizei in's Versammlungslokal( ihr war kurz vorher von dem Bolizeihandlanger Hardt Bescheid gesagt worden), notirte die Namen der Anwesenden und verhaftete drei von Hardt als die gefährlichsten bezeich­neten Personen. Am anderen Tage wurde Hardt nach allen bekannten Genoffen bingeschickt, bei denen er sich als alten Sozialdemokraten vor­stellte, und Papiere oder Schriften forderte, um dieselbe in Sicherheit zu bringen, damit die Betreffenden nicht kompromittirt würden. Selbst bei dem Arbeitgeber eines der Inhaftirten fand sich Hardt ein, mit der Bitte, ihm die Papiere deffelben zu verabfolgen. Hardt, von Wolffsohn in­struirt, behauptet schlankweg, Genosse Kindermann habe ihm zwei Nummern des Zürcher Sozialdemokrat" gegeben und zwar Nr. 12 und 13 am 1. April Vormittags( da aber die Nr. 13 erst am 29. März ge­druckt worden ist, kann sie unmöglich schon am 1. April dem Hardt ge­geben worden sein).

Vertheidiger und Angeklagte stellten in der Verhandlung unter Bei­bringung gewichtigen Materials den Antrag: Hardt nicht zu beeidigen. Der Staatsanwalt meinte, daß Hardt ein barmloser Mensch sei, dazu noch jung, der nur aus Zufall unter die bösen Sozialdemokraten ge­rathen sei, und jetzt Reue empfinde. Der Staatsanwalt hatte jedoch, wie wir später erfuhren, einen Schuhmacher aus Böhmen  , der aus eigener Iniziative angezeigt, daß er von Hardt aufgefordert worden sei, ver­botene Schriften zu verbreiten, und an geheimen Zusammenkünften Theil zu nehmen, von der Verhandlung fernzuhalten gewußt, so daß es mithin für den Staatsanwalt auch feststehen mußte, daß H. ein Provokateur, ein affi nirter und bezahlter Denunziant sei. Ja noch mehr, der Staats­anwalt wußte, wie wir später ermittelten, daß Hardt seinen Arbeitgeber bestohlen hatte, also ein gemeiner Dieb ist. Vergebens hatte der Arbeit­geber Strafantrag gegen Hardt eingereicht, der Staatsanwalt wußte den Dieb Hardt im Intereffe der Religion, der Gottesfurcht und frommen Sitte und unserer heiligen Gesellschaftsordnung zu gebrauchen, und somit wurde Hardt beeidigt.

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Einer der Angeklagten, Koch, sollte den Sozialdemokrat in Haftedt verbreitet haben, als Beweis galt der Eid des K.iminalkommissars Heuer und des schon benannten Wolffsohn. Diese beiden Galgen­vögel beschworen mit einer bewindernswürdigen Eleganz daß es in Haftedt nur einen Sozialdemokraten Namens Koch gebe, ergo müffe Koch der Verbreiter in Haftedt sein; ein solcher Eid wäre für jeden noch nicht ganz Blödsinnigen lachenerregend, allein der Gerichtshof blieb völlig ernst; die beiden Schöpfe- pardon! Schöffen verurtheilten Roch wegen Verbreitung des Sozialdemokrat" zu 4 Wochen Gefängniß. Auch Kindermann wurden, weil der Hardt seinen Eid leistete, vier Wochen aufgehalft. Genosse Springer wurde am besten bedacht und wegen Uebertretung des Bremer   Vereinsgesetzes und des Sozialisten­gesetzes zu 14 Wochen verdonnert. Anders und Keris murden mit je 6 Wochen, Sanders mit fieben Tagen bedacht, selbst der Wirth Feld­husen erhielt zu seinem nicht geringen Schrecken zehn Tage zudiktirt. Zudem wurden die Angeklagten solidarisch in die Koften verurtheilt. Nur einen einzigen Genoffen( He chler) sprach man frei. Am Schlusse seiner Vertheidigung fagte Genoffe Kerl: Ich bin Sozialdemokrat, und wünsche, daß es alle Leute wären. Mir wäre es lieb, wenn in Bremen  mindestens 1000 Abonnenten auf den Sozialdemokrat wären; und wenn Sie uns bestrafen, so bleibt uns der erhebende Troft, daß Sie dadurch unserer Sache einen wesentlichen Dienst erwiesen haben."

Da jedoch der Denunziant Hardt einen Meineid geleistet, indem er, wie schon angeführt, beschwor, in Zeugengegenwart um die und die Zeit, in dem und dem Hause von Kindermann zwei Eremplare des Sozial­demokrat erhalten zu haben, so reichte Kindermann gegen Hardt Denun­zition wegen Meineid   ein, brachte genügendes Material herbei, um die Staatsanwaltschaft zu veranlassen, Untersuchung wegen Meineid gegen Hardt einzuleiten. Obwohl nun fast in jeder Sigung des Schwur­gerichts wegen Meineid verhandelt wird und jene Meineidsprozesse hier förmlich gezüchtet werden, unterließ die Staatsanwaltschaft doch, auf diese ihr gewiß recht unangenehme Denunziation einzugehen. Der Hardt konnte ja aus der Schule plappern, und die dienstbaren Geister des Staatsanwaltes, wenn nicht den Staatsanwalt selbst, der Verleitung zum Meineid bezichtigen!

Erst als Genosse Kindermann zum dritten Male seine Denunziation

einreichte, und zum Schluß seines diesbezüglichen Schriftftüdes erklärte, wenn alles eingesandte Material nicht genüge, so sei er gern bereit, noch weiteres Beweismaterial herbeizuschaffen, da wurden endlich die beiden Zeugen, in deren Gegenwart Hardt die beiden betreffenden Exemplare des Sozialdemokrat" erhalten zu haben behauptete, vernommen. Diese beiden Zeugen behaupteten, nicht gesehen zu haben, daß Kindermann dem Hardt die beiden Nummern gegeben habe, daß sie nach den vorhandenen Umständen es aber hätten sehen müssen. Sie seien bereit, ihre Aussage jederzeit eidlich zu erhärten. Aber es half nichts; die Staatsanwaltschaft erklärte, auf diese bewußte Denunziation nicht eingehen zu können, und so bllieb es beim Alten.

Gegen einen Arbeiter, der den Muth befitt, eine eigene Meinung zu bertreten, läßt man Denunzianten, Spizbuben, Meineidige und alles Lumpengesindel aufmarschiren, selbst ein reichstreuer Bürger muß sich ruhig bestehlen lassen, wenn es sich darum handelt, den Dieb gegen Sozialdemokraten zu gebranchen. Freilich sah sich die Staatsanwaltschaft schließlich veranlaßt, den Hardt wegen Diebstahl, da der Genannte flüch­tig geworden, zu verfolgen. Aber während der Staatsanwalt mit seinem Rechte die Verfolgung einleitete, führte die Liebe" seinen Schützling Hardt sicher über die Grenze.

Nicht wahr, Ihr um Euer Eigenthum besorgten Spießer, nicht wahr, Ihr, die Ihr uns als die Räuber Eures geheiligten Eigenthumes be­trachtet, wir haben nette Staatsanwälte? Sie lassen Euch berauben, bestehlen, wenn nur der Dieb sich vom Staatsanwalt als Denunziant gegen überzeugungstreue Arbeiter gebrauchen läßt! Daher auf, Ihr Banditen von Nah und Fern, auf, Ihr Ritter vom Landsknecht  , Ihr Straßenräuber, tommt her, hier hat nicht allein die Hölle bankrott ge macht, sondern auch die Vertreter der himmlischen Gerechtigkeit hier auf Erden bereiten Euch hier ein wahres Paradies. Ihr könnt unter den schützenden Fittichen des Staatsanwalts Euer edles Handwerk betreiben, nur müßt Jhr ehrliche Arbeiter wegen ihrer politischen Ueberzeugung zu denunziren und mit Geschicklichkeit einen Meineid zu leisten im Stande sein!

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Wollt Ihr nicht?- zaudert Ihr? die Aussicht ist doch verlockend, Euch ekelt's, nicht wahr?- selbst Ihr verwerft es, unter solchen Bedingungen mit unserer Staatsanwaltschaft und unserer Polizei Arm in Arm zu marschiren, mit solchen Subjekten gemeinschaftliche Sache zu machen! Doch hört weiter, Ihr guten Leute, und was Ihr hört, ist wahr: Jm vorigen Jahre wurden am Herdenthorsteinweg einem hiesigen Bürger die Jalouften im Werthe von einigen hundert Mark zerschnitten. Eine Belohnung wurde auf die Ergreifung der Thäter gesezt aber die Thäter wurden nicht eingefangen; und wie sollte auch der Staats­anwalt Rapp seine beiden Söhne einfangen! Denn diese beiden hoffnungs­vollen Sprößlinge, die hier ihre Ferienzeit verbummelten, hatten sich den feinen Scherz erlaubt, die Fenstervorhänge zu zerstören, und wer weiß, ob nicht diese beiden Helden ihre echt urgermanische Kraft an dem hiesigen Kriegerdenkmal, das bekanntlich voriges Jahr beschädigt wurde, aus geübt haben? 3u denken gibt es immerhin, daß trotz hoher Belohnung die Attentäter bisher nicht ausfindig gemacht werden konnten.( Schluß folgt.)

Telegramm.

Chemnik Landtagswahl. Vollmar gefiegt. Hoch das Banner!

Briefkasten

der Redaktion: B. in K.: Sie fragen an, wie es kommt, daß Rittinghausen nicht mit den übrigen Parteivertretern gegen den spanischen Handelsvertag gestimmt habe, obgleich Vollmar dieses im Reichstag öffentlich ankündigte. Wir haben uns an fompetenter Stelle erfundigt und erfahren Folgendes:

Die Fraktion beschloß, gegen den Vertrag zu stimmen, weil bei dem Abschluß des Vertrages Bismarck   es nur auf eine Düpirung des Reichs tages und eine besondere Begünstigung der Agrarierinteressen, d. h. hier zugleich seiner eigenen, durch die bekannte Spritklausel abgesehen hatte. Der ganze Vorgang ist so skandalös, daß die Parteivertretung nicht für den Vertrag stimmen konnte. Auf den Einwand, daß der Vertrag sonst viele Vortheile habe und große Wählerkreise bei seinem Zustande tommen intereffirt seien, wurde geantwortet, die Fraktion habe Prin zipien politik und nicht Wahlkreis politik zu treiben.

Rittinghausen hat nach dem Beschluß der Fraktion keinen Widerspruch erhoben und man mußte annehmen, daß er sich ihm füge. Statt deffen gab er nach der Erklärung Vollmar's, die dieser im Namen der Fraktion abgegeben hatte, seinerseits vor dem Hause die Erklärung ab, er werde für den Vertrag stimmen. Seitens mehrerer unserer Abgeordneten wurde darauf verlangt, man solle über dieses Verfahren Rittinghausen's sofort in der Fraktion Stellung nehmen, man verständigte sich indeß, die An­gelegenheit erst beim nächsten Zusammentritt des Reichstages in der Fraktion zum Austrag zu bringen, weil an jenem Tage bereits die Mehrzahl der Parteivertreter Berlin   verlassen hatte. Dies in Kürze der Vorgang.

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der Expedition: 3.: Mt. 6,- Abon. 3. Qu. u. Schft. erh. Ft. Mur. St. Paul: Fr. 2,50 Abon. 3. Qu. erhalten.- W. Sch. Fives Lille: Fr. 3,25 Abon. 3. Qu. und Schft. erh. Dreifuß in L.: Mt. 2,50 f. Schft. erhalten. Sdg. 2c. besorgt. Fiskus von Venedig  : Fr.-, 50 f. Schft. erh. Der Alte vom Berge: Fr. 2,70 für Ann. im S." und A." erh. E. K. Mlo.: Fr.-, 75 f. Schft erh. Bf. v. 9/9. hier. Rother Voigtländer: Bf. v. 9/9. erh. Alles beachtet. Antw. bfl. am 12/9. fort. Roth   ist die Fahne", Payerne  : Bstülg. ist besorgt. Wählen Sie nach beiliegendem Katalog. Biel  : Fr. 10,- v. d. Verflg. am 20/8. d. Landesausschuß pr. Agfd. dkd. zugew. Desgl Fr. 6,50 für die streitenden Schreiner in Stuttgart  , gesammelt von deutschen   Schreinergehilfen in Biel  , dankend weiterbesorgt. Mrbrg.: Mt. 18,- Ab. 3. Qu. erh. Bf. erwartet. B. M. R. ir. F.: Mt. 3,- Ab. 3. Qu. erh. New- York  : Fr. 25,30( Doll. 5,-) von Reinhard Meyer   pr. Agfd. dtd. erh.; desgl. durch denselben Fr. 19,-( Doll. 3,75) als Ueberschuß v. Biergeld. Beffer ein echter Komödiant als ein schlichter Statist, dachte Bumbum und ging unter die Koulissenreißer. H. Wum.: Mt. 12,- Ab. 2., 3. u. 4. Qu. dir. für Moritz notirt. Mt. 6, Ab. 3. u. 4. Qu. Cto. Lzm. gutgebracht und Alles pr. P.-C. verrechnet. Raft: Mr. 50, à Cto. erh. Schft. mit Nr. 37, abges. Weiteres angenehm. Rother Greif: Bf. v. 5/9. am 12/9. beantw.

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F. S. Bug: Fr. 15,- Ab. 3. Qu. erh. Spengler- Regelflubb Zug: Fr. 2,60 pr. Ufds. dkd. erh. Agst: Mt. 77,40 à Cto. erh. Bf. er wartet. P. D. Alexdr.: Fr, 2,75 Ab. 3. Du. u. Schft. erh.- Bgr. Jonathan: Fr. 10,- à Cto. Sp. erh. Auftrag an Dr. Sch. besorgt? Myr. nicht zu vergessen. Grüße. Alte Flagge: Gut. Es bleibt dabei. Neue Deckadr. folgt. R. T. in 3. Von Vetter Mrt. avifirte Fr. 20,- erwarten wir noch. Gewünschtes folgt. D. Fchnr. Genf  : Fr. 9,70 f. Schft. erh. Loke Bali: Fr. 10,95 f. Schft. erh. Filiale Lausanne  : Fr. 15,- à Cto. Schft. durch T. erh. Lz. Seelisberg: Fr. 19,25 f. Schft. erh., Fr. 3,05 pr. Ufds. dkd. verwendet. Mt. 10, find nur Fr. 12,30, nicht Fr. 13,30. E. B. L.: Mt. 12,- f. Schft u. 1 Ab. 4. Qu. erh. Bfl. Weiteres. A. Schndr. Glasgow:

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Mt. 16, 6. 3. Qu. u. Mt. 4, à Cto. N. W.- Decke erh. Nota C. D. Sttn.: Mt. 3,40 Ab. 4. Du. u. Schft. erh. folgt. Michel Stieber: Mt. 125,- à Cto. Ab. erh. Bfl. am 11. u. 12/9. Weiteres. Oberrad  : Mt. 5,10 pr. Wahlfonds dkd. erh. Cruzifir: Mt. 200,-, wovon Mt. 6, f. H. à Cto. Ab. 3. Qu. erh. Bestllg. notirt. Schorse: Mt. 100,- à Cto. erh. Jugendl  . Mt. 1,85 f. Schft. erh. In Summa Mt. 10,- alter Rest offen.

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