habe, wird nicht in Abrede gestellt. Auch nicht, daß die sozialdemokratische Bewegung durch das Ausnahmegesetz in ein revolutionäreres Fahrwasser getrieben worden ist aber: wenn die Sozialdemokratie wieder öffent­

Voltsbeglüdungsversuchen eine zu gefährliche Konkurrenz machen"- die Sozialdemokraten würden dem ,, armen Mann" mehr bieten, als ihm der Staat bieten tann. Und obgleich sie in Bezug auf Leistungsfähigkeit hinter ihm zurückstehen, so würden sie durch ihre Versprechungen doch das Wert der staatlichen Voltsbeglückung erschweren.

den Kerker geworfen. Das Volt ließ sich jedoch diesmal nicht irreführen und schrie: Wir brauchen keine Deputation, wir werden Alle hingehen!" Und sie gingen in der That Alle zum Gouverneur. Was für eine Ant­wort der Gouverneur ihnen gegeben hat, ist mir unbekannt; wahrscheinlich auftreten könnte, würde sie dem Staat bei feinen lich hat er ihnen dasselbe gesagt wie seine Untergebenen, da die Bauern mit finsteren Mienen zurückkehrten und sich seitdem sehr unruhig verhalten. So wurde bei einem Gutsbefizer der Gehilfe ermordet( was auch von den Zeitungen gemeldet wurde), in zwei Orten wurden Brandstiftungen inszenirt, ein Gutsbesitzer wurde überfallen und unterzeichnete ein Doku­ment, in welchem er sein Land den Bauern schenkte. Um dieselbe Zeit begannen die Judenhezzen in Nowomostowet. Man zerstörte und plün­derte buchstäblich Alles und schonungslos. Es war unmöglich, Militär herbeizurufen, da die Telegraphendrähte zerschnitten wurden. Das Volk wüthete und seine Wuth wurde durch die Erinnerung an das unlängst in Jekaterinoslaw vergoffene Blut noch gesteigert. Dort hatte nämlich das Militär in die Menge geschossen, wobei es mehr als hundert Todte gab. Als die wüthenden Waffen schon fast am Ende der Zerstörung waren, tam der Generalgouverneur mit Kosaken   herbeigeeilt, den Aufruhr zu unterdrücken. Feuer ward nicht gegeben, doch wurden einige Bauern buchstäblich mit Peitschen todtgeschlagen. Einer wurde bis in den Fluß verfolgt, wo er ertrant, und über sechszig sind verhaftet."

Wie man sieht, wurden in diesem Falle Aufruhr und Plünderung von den Behörden selbst förmlich provozirt: das Volk hungert, schreit nach Brod, bittet um Land, wendet sich an seine unmittelbare und höhere Obrigkeit und bekommt überall nur Spottreden, grobe Mißhandlungen und lignerische Vorspiegelungen. Zuerst friedlich gesinnt und ruhig fich verhaltend, wird es so nach und nach bis auf's Aeußerste gereizt und es entsteht ein Aufruhr, ein ,, Pogrom."

Zur selben Zeit", heißt es in dem Brief weiter, spielte sich 60 Werft von Nowomostowsk folgende Szene ab: Die Bauern, vom Gou verneur ohne Hoffnung auf eine Unterstützung höhererseits abgewiesen, entschloffen sich nach einigen Unterredungen mit den Gutsbefizern, die zu teinem Ergebniß führten, beim Gutsbesitzer das Vieh, Brod, verschiedene Speisen selbst zu nehmen, und begannen das herrschaftliche Land gemeinsam zu bearbeiten. Das hieß schon eine wahre Revolution, denn bisher haben sich unsere Bauern noch nie selbst und mit eigener Gewalt Land genommmen!... Merkwürdig aber, daß diese Revolution auf die friedlichste Weise und ohne Gewaltthätigkeiten seitens der Bauern gemacht wurde. d

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,, Am 9/21. September eilte der Gouverneur mit Militär nach dem Orte dieser unerhörten Frevelthat, wo er sich noch jest( geschrieben den den 21. September) befindet. Was dort vorging und vorgeht, ist mir vorläufig noch unbekannt. Ob man den Bauern Alles wieder abgenom men und ob friedlich oder durch Anwendung von Militärgewalt den wir hoffentlich bald erfahren."

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wer­

Der Brief schließt mit der Mittheilung des Gerüchtes, daß in Werchnje­Dnjeprowst Judenhezzen begonnen haben sollen.

Wer weiß, ob solche Bauernbewegungen, wie fie in diesem Briefe ge­schildert find, nicht auch in anderen Orten Rußlands   vor sich gehen? In den Rapporten der Derschimorda's und der offiziellen Bourgeoispreffe heißt es zwar, daß Alles in Ordnung ist", allein die unterirdischen" zerstören die Träume der ruhig schlafenden Gesellschaft und künden das Herannahen eines Tages, vor dem alles Dagewesene erblassen wird.

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L.

Ob der Tag aber, von dem unser Berichterstatter schreibt, so bald ein­treten wird, ist eine Frage, die sich unserer Beurtheilung entzieht. So­viel ist sicher, daß es in Rußland   gewaltig gährt. Dafür zeugt u. A. die Thatsache, daß von Regierungsseiten neuerdings energischer gegen die Judenhetzen eingeschritten wird, die man bisher durchaus nicht ungern fah, ja von gewiffer Seite her sogar pouffiete. Nachdem sich aber gezeigt hat, daß das ohnehin unzufriedene Landvoll, wenn einmal zur Aktion gebracht, sehr geneigt ist, gegen seine wirkliche n Feinde Front zu machen, scheinen die Herren in Petersburg   und Moskau   die Parole ausgegeben zu haben: Ruhe um jeden Preis!

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Ruhe um jeden Preis! Das Landvolk schmachtet in grenzenlosem Elend, den Boden hat ihm der Adel zum größten Theil bei der Land­regulirung gestohlen, und den Rest stehlen ihm seitdem im edlen Wett­tampf Steuereintreiber( und Wucherer; die städtische Intelligenz drängt nach politischer Emanzipation, nach geistiger Befreiung oben aber hat man nur neue Laften, neue Fesseln! Und da soll es möglich sein, die Ruhe aufrecht zu erhalten? Nein und tausendmal nein! Wohl mag es einige Zeit danern, bis die allgemeine Gährung zum Aus­bruch kommt, im Leben der Völker zählt man nicht nach Tagen und Wochen, aber unausbleiblich ist der Tag, an dem mit der Herrlichkeit des Zaren­absolutismus gründlich aufgeräumt wird. Dann wird endlich in Rußland   eine Sozialdemokratie in europäischem Sinne möglich sein, dann wird auch unsere Partei wirklich in Aktion treten tönnen. Was bis dahin geschieht, ist nur Vorarbeit, die selbstverständlich nicht minder wichtig ist.

Ein künstlich in Aberglaube und Unwissenheit erhaltenes Bolt tann nicht mit einem Sprunge aus dem Absolutismus   in die freie und sozia­listische Republik   übergehen, das beweisen gerade die unsinnigen Juden­hezzen. Erst müssen die Hindernisse beseitigt werden, die dem freien Wirken der aufklärenden Wissenschaft im Wege stehen, und das Haupt dieser Hinderniffe ist der Zarenabsolutismus. Ohne seine Beseitigung ist tein Fortschritt in Rußland   möglich.

Sozialpolitische Rundschau.

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klären wird

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Herr v. Mücke? Herr v. Mücke war der Präsident des Schwurgerichts, das seiner Zeit 1872 über die Anklage der Vorbereitung zum Hochver rath Liebknecht, Bebel und Hepner zu entscheiden hatte. Für die Ver­dienste" die sich Herr v. Mücke durch die Verurtheilung der beiden Haupt­angeklagten um Staat und Gesellschaft erwarb, wurde der Brave von der sächsischen Regierung mit dem Verdienstkreuz I. Klasse, von der preu­ßischen Regierung mit dem Kronenorden III. Klasse und von der öster­ reichischen   Regierung mit dem Orden zur eisernen Krone dekorirt. Nun ist der arme Mann todt, und die beiden, Hochverräther" find immer noch flott an der Arbeit.

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Das sind, dem Sinne nach genau, zum Theil wörtlich die Argumente, Wie hier im Kleinen, so geht's auch im Großen mit der Bewegung. welche die deutsche Regierungspresse für die Verlängerung des Sozialisten- Hett, verfolgt, verurtheilt, setzt eure Polizei, eure Staatsanwälte, eure gesetzes vorbringt. Nun, daß die Verlängerung des Sozialistengesetzes Richter und schließlich auch eure Soldaten gegen uns in Bewegung, es beantragt werden würde, haben wir niemals bezweifelt, ebensowenig ❘nligt euch alles nichts; der Tag kommt doch, wo wir als Sieger euch auf daß sich der Reichstag   mit großer Majorität für die Verlängerung er- den Köpfen stehen und eure Zwingburgen: Kirchen, Kasernen und Gefäng­überraschend ist uns bloß die Begründung. Solche niffe, in Trimmern uns vor den Füßen liegen werden. Bescheidenheit hätten wir in der That nicht erwartet. Also der Staat fann in puncto der Volksbeglückung nicht mit der Sozialdemokratie ton turriren! Schönen Dank für das Kompliment. Daß wir aber dem ,, armen Mann" mehr versprechen könnten als die heute am Ruder befindlichen Bauernfänger, das müssen wir energisch bestreiten. Der Unterschied ist blos, daß der arme Mann" den Sozialdemokraten glaubt und die herrschenden Bauernfänger mit ihren überschwänglichen Versprechungen für das hält, was sie sind: für Schwind. ler und Betrüger.

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- Zur Franzosenheze in Deutschland   erhalten wir von einem unserer bewährtesten Genossen aus Deutschland   die nachstehende Zuschrift, die wir um so lieber zum Abdruck bringen, als sie in allen wesentlichen Punkten unsere Ausführungen in voriger Nummer bestätigt: " Frankreich   entehrt" das ist die Phrase, in welche die servil- chauvinistische Presse Deutschlands   ihr Urtheil über die Auspfeifung des unglücklichen Ulanenfönigs" zusammenfaßt. Frankreich   entehrt", weil ein paar tausend oder auch hunderttausend Männer in Paris  , deren Ehrgefühl beffer entwickelt war als ihr Opportunismus, die ,, Frechheit" begingen, ein vor wenig Wochen noch von der gesammten europäischen  Preffe wegen seiner Lächerlichkeit und Lüderlichkeit moralisch aus­gepfiffenes Individuum auch physisch auszupfeifen, ein Judi­viduum, das sich von den Feinden Frankreichs   und der Freiheit zur Insultirung der franzöfifchen Republik hatte gebrauchen lassen! Das ist ja zum Lachen, und die Preßreptilien, die so entrüftet thun, glauben natürlich selbst nicht, was sie schreiben. Mag sein, daß die Pariser   Aus­pfeifer unter den obwaltenden Umständen nicht ganz klug gehandelt haben daß es vielleicht besser gewesen wäre, sie hätten den verächtlichen ,, Ulanenfönig" mit stiller Berachtung gestraft aber weit entfernt, ehr­los zu sein, war ihr Handeln im Gegentheil von echtem Ehrgefühl ein­gegeben und jedenfalls tausendmal ehrenhafter als der loyale Enthusias mus", in den servile Spießbürger durch den Anblick fürstlicher Persön­lichkeiten, und wären sie von zweifelhafteftem Werthe, versetzt zu werden pflegen.

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Wahrhaft infam ist aber die Fruktifizirung der Pariser   Borgänge durch die deutsche Regierungspresse. Deutschland   soll beleidigt sein! Ganz Frankreich   soll tein   anderes Gefühl haben als das der Revanche!

Der Zweck dieses Manövere liegt klar zu Tage: man will das deutsche Boll gegen das französische   verheten. Daß die Franzosen methodisch gereizt worden find, wird verschwiegen. Vor dem berüchtigten ,, Kaltwasser­ftrahl" des Bismard'schen Guano- Organs hatte die deutschfeindliche Stim­mung in Frankreich   bedeutend nachgelassen, wie dies am besten aus der Thatsache erhellt, daß die Zahl der Deutschen   in Frankreich   in den fünf Jahren zwischen 1876 und 1881 von 59,028 auf 81,986 geftiegen ist, also sich um 22,958, d. h. um 37 Prozent vermehrt hat. Durch die Haltung der deutschen   Regierungspresse ist allerdings eine starke Animosität erzeugt worden, worüber man sich nicht wundern tann. Der Kaltwasserstrahl Artikel des Bismarc'schen Guano- Organs wurde von der gesammten deutschen Presse de m deutschen Reichs­tanzler persönlich zugeschrieben, ohne daß ein Dementi erfolgt wäre. Ist es den Franzosen übel zu nehmen, daß sie an die Verfasserschaft des deutschen   Reichskanzlers glaubten? Und mußten sie dann nicht folgern, daß der deutsche  Reichskanzler fie insultiren und zum Kriege provoziren wollte? Und jener Artikel, der für Hunderte von deutschen   Zeitungen das Signal zu einer Fluth pöbelhaftester Angriffe auf Frankreich   Regierung und Adel abgab, war nur der Anfang einer Kette von provokatorischen Demonftrationen, die in der Ernennung des auf der Reise nach Paris  begriffenen Alphons zum Obersten eines in Straßburg   ftationirten Ulanenregiments gipfelten.

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Es ist wahr, die Empörung über das Thun des deutschen   Reichs­tanzlers hat sich in Wuthausbritchen gegen Deutschland   geäußert, die nicht zu billigen sind. Allein abgesehen davon, daß die Franzosen provozirt wer sind denn die Leute, die in Frankreich  jezt den Deutschenhaß predigen? Es sind die Imperia listen, Royalisten und honneten" Republikaner  ( Gambettisten) mit einem Worte die Reaktionäre jeder Art, die gleich unseren deutschen   Reaktionären den Chauvinismus pflegen, weil nur bei systematischer Böllerverhebung ihr Weizen blühen tann. Die demokratischen Republikaner, namentlich die Arbeiter, beobachten eine sehr würdige Haltung und unterscheiden sehr wohl zwischen dem deutschen   Volk und der deutschen   Regierung. Es zeigt sich bei dieser Gelegenheit wieder recht deutlich, daß bloß die Boltsmassen, soweit fie zu politischem Leben erwacht sind, ein Verständniß für die modernen Ab Kulturaufgaben haben, während die herrschenden Klassen in Deutschland  wie in Frankreich   und den anderen Kulturstaaten kulturfeindliche An­schauungen haben und dementsprechend kulturfeindliche Zwede verfolgen. Speziell in Deutschland   ist es ausschließlich die Sozial­demokratie, welche den Chauvinismus bekämpft. Selbst die soge­nannte Volkspartei  ", die sich so gerne als die wahre Demokratie" auf­spielt, bläst in das chauvinistische Horn und macht in, Patriotismus". Die Frankfurter Zeitung  " z. B. ist ganz rabiat; sie hetzt mit den Bis­marc'schen Blättern um die Wette und ist nicht einmal durch die chauvi nistischen Steine, die in Sonnemann's Fenster geworfen wurden, zum Bewußtsein ihrer Jämmerlichkeit gebracht worden.*) Die Verhaftung des bisher von ihr protegirten Antoine ist dem Eigenthümer und seinen Redakteuren offenbar in die Glieder gefahren.

Zürich  , 18. Oftober 1883. -Freude herrscht in Troja's   Hallen die deutsche die deutsche Bourgeoiste jubelt, denn Otto, der große Otto, ist in puncto der" So zialreform" plöglich sehr lau, dagegen in puncto der Verlängerung des Sozialistengefeges plötzlich sehr warm geworden. Und da ist allerdings schwer zu sagen, was den Herren Bourgeois angenehmer ist: jene Lanheit oder diese Wärme. Die Sozialreform, so jämmerlich und schwindelhaft fie sein mochte, war immerhin des Prinzipes halber" ein fatales Erperi­ment, und es tann deshalb ihren Gegnern nur zur höchsten Beruhigung gereichen, daß sie in das Stadium der Versumpfung" eingetreten ist. Es steht nämlich fest, daß Bismard und seine Leute an dem neuen Unfallversicherungsgeset noch nicht eine einzige Minute gearbeitet und an das verheißene Alterversiche rungsgeset noch nicht eine Minute gedacht haben: Das kann nur bedeuten, daß die Sozialreform, mit der es der biedere Otto so eilig hatte, als es galt, zwei Etats hintereinander berathen zu laffen, jetzt, nachdem er seinen Zwed erreicht hat, teinen Werth mehr für ihn besitzt. Jedenfalls ist es dankbar anzuerkennen, daß der ,, Dedipus des neunzehnten Jahrhunderts" sich so wenig Mühe gibt, der Welt zu verbergen, wie vollkommen Wurst" ihm die Sozialreform ist und wie fie ihm blos Mittel zu seinen reaktionären Zweden war.

Und ähnlich verhält es sich auch mit der Berlängerung des Sozialisten gesetzes. Bismard weiß, daß die Bourgeoisie, überhaupt die besitzenden Klaffen, nichts mehr fürchten, als die ungestörte Entwicklung der Sozial­demokratie, und daß er sich dieselben nicht beffer verpflichten kann, als durch Verlängerung jenes infamen Gesetzes. Er sichert sich dadurch eine Majorität im Reichstag, die er anders nicht haben könnte.

Köstlich ist, wie die Verlängerung motivirt wird. Daß das Sozialisten­gesetz die sozialdemokratische Bewegung nicht aufgehalten, ja eher gefördert

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Wie dem nun sei, unsere Parteigenossen in Frankreich   dürfen über­zeugt sein, daß die deutsche Sozialdemokratie, welche vor 13 Jahren unter weit schwierigeren Verhältnissen ihren internationalen Standpunkt wahrte und ihrer internationalen Verpflichtungen eingedenk war, auch in der gegenwärtigen Krifis furchtlos den Weg wandeln wird, welchen das sozialdemokratische Programm ihr vorschreibt. Bon unseren französischen Britdern erwarten wir, daß auch sie ihre Schuldigkeit thun werden, es tomme, was da wolle."

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Eine kleine Rüderinnerung. Jn Dresden   ist dieser Tage der Oberlandesgerichtsrath Dr. v. Mit de gestorben. Was ist

*) Die Pariser   Justice" trifft übrigens in einer Polemik mit dem gam­bettistischen Blatt, Paris" auch nicht neben die Scheibe, wenn sie von der Frankfurter Zeitung  " sagt:

,, Man begreift übrigens, daß das Blatt des Herrn Sonnemann zu viel tommerzielle Interessen zu wahren hat, um jene stolze Unabhängigkeit" zu beobachten, von der die Schriftsteller des Paris  " wie Farbenblinde reden, und welche ein sofortiges Verbot des Blattes zur Folge haben würde."

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Wenigstens ein Verbot in Elsaß- Lothringen  . Manteuffel tannte seine Pappenheiner, als er die Franks. Zeitung" freigab.

Die jetzt endlich vollständige Statistik der letzten sächsischen Landtagswahlen ergibt folgendes Resultat: in den 12 städtischen Wahlkreisen wurden zusammen 22,569 Stimmen ab­gegeben. Davon fielen auf konservative Kandidaten 8161 Stimmen; auf nationalliberale 3703; auf fezessionistische 1181; auf fortschrittliche 2897; auf sozialdemokratifche 6006; auf die sogenannte ,, Reformpartei"( Judenhezzer) 540; zersplittert 81. Sonach erhielten die Konservativen 36.3 Prozent der Gesammt­stimmenzahl; die Nationalliberalen 16.9; die Sezessio nisten 5.2; die Fortschrittler 12.9; die Sozialdemokraten 26.6; die ,, Reformer" 2.4. Gewählt wurden 8 Konservative, 2 Nationalliberale, tein Sezeffionist, 1 Fortschrittler, 1 Sozialdemo motrat, tein Reformer". Auf jeden gewählten Konservativen tommen also 1020 Stimmen, auf jeden gewählten Nationalliberalen 1851; auf den gewählten 1 Fortschrittler 2897; und auf den gewählten 1 Sozialdemokrat 6006. Es zeigt dies, wie ungerecht das heutige Wahlsystem und wie nothwendig die Einführung der Proportional­wahl ist. Hätten die Sozialdemokraten gleich den Konservativen mit je 1020 Stimmen einen Kandidaten durchgebracht, so würden sie 5 Ver­treter bekommen haben statt 1. Und richtete die Zahl der Gewählten sich nach der Gesammtzahl der abgegebenen Stimmen, so würde ein Abgeord neter auf je 1880 Stimmen fommen, und es würden die Konservativen ftatt 8 Abgeordnete blos 4, d. h. die Hälfte haben; die Nationalliberalen 2( die fie auch jetzt haben); die Sezessionisten und Fortschrittler zu­sammen 2, und die Sozialdemokraten 3 das fehlende zwölfte Mandat wäre entweder den Sezessionisten und Fortschrittlern oder den Sozialdemokraten zugefallen.

Wir sehen, in den städtischen Wahlkreisen Sachsens   sind die Sozialdomofraten ziemlich so start wie die Natio­nalliberalen und Fortschrittler zusammengenommen, und wir hatten ganz recht, als wir sagten, der Kampf sei eigentlich nur noch zwischen Konservativen und Sozialdemokraten. Daß die Mittel­parteien selbst bei einer Zensuswahl so vollständig in's Hintertreffen gerathen find, spricht für die hohe wirthschaftliche und politische Ent­wicklung Sachsens  .

Schlimmer steht es auf dem Land, wo der Sozialdemokratie durch das Ausnahmegesetz die Agitation außerordentlich erschwert und den Konservativen durch das Eingreifen der Behörden beinahe ein Agitations­Monopol geschaffen ist. In den 16 ländlichen Wahlkreisen wurden zu­sammen 25,496 Stimmen abgegeben davon entfielen auf die Kon­servativen 16,577; auf die Nationalliberalen 286; auf die Sezef­fionisten feine; auf die Fortschrittler 5791; auf die Sozialdemo traten 1749; auf die Reformer" teine; zersplittert 93. Gewählt wurden 10 Konservative und 6 Fortschrittler die andern Parteien gingen sämmtlich leer aus.

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In den 28 ländlichen und städtischen Wahlkreisen zusammen wurden 48,065 Stimmen abgegeben; davon erhielten die Konservativen 25,738; die Nationalliberalen 3989; die Sezessionisten 1181; die Fort­schrittler 8688; die Sozialdemokraten 7755; die Reformer" 540; zer­splittert 174. Die Konservativen haben im Ganzen 18 Kandidaten mit durchschnittlich je 1430 Stimmen durchgebracht; die Nationalliberalen 2 mit je 1995; die Fortschrittler 7 mit je 1241; die Sozialdemokraten Einen mit 7755. Diese Zahlen bebürfen keines Kommentare. Nur dieß, daß wenn die Gesammtstimmenzahl proportionell auf die Gewählten vertheilt würde, auf je 1708 Stimmen 1 Abgeordneter käme und die Sozialdemokraten mindesten 4 Abgeordnete hätten anstatt 1.

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Im Jahre 1877, wo in den nämlichen Wahlkreisen gewählt wurde das Mandat für den sächsischen Landtag ist ein sechsjähriges, und alle 2 Jahre scheidet ein Drittel der Abgeordneten aus brachten die Sozialdemokraten es auf 3400 Stimmen. Die sozialistische Stim menzahl ist demnach in den letzten 6 Jahren, unter der Herrschaft des Sozialistengesetzes, um mehr als das Doppelte gestiegen, in den Städten allein, wo wir damals blos 2507 Stimmen hatten, fogar um 139 Prozent.

Auch diese Thatsache bedarf keines Kommentars.

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- Wie vollständig die Nationalliberalen" sich selbst aufgegeben haben, erhellt mit tragikomischer Deutlichkeit aus der Thatsache, daß ihr offizielles Organ, die Nationalliberale Kore respondenz" fich auf die Achtung" der Provinzialforrespondenz" beruft, und aus dieser ,, Achtung" Troft und Hoffnung schöpft. Daß Schafe an das Mitleid des Wolfes appelliren und an sein schaffreundliches Herz glauben das wird uns in Märchen und Fabeln erzählt und auch leider durch die Erfahrung des täglichen Lebens bestätigt. Daß aber ein Schaf auf die Achtung des Wolfes stolz gewesen wäre, das haben wir in feiner Fabel und keinem Märchen gefunden und ist uns auch in unserer Lebenspraris bisher nicht vorgekommen. Mit demselben Rechte hätten die noch nicht gefre ffenen Griechen in der Höhle des Polyphem diesem für die ihnen bewiesene Achtung" Dank aussprechen können.

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Sie sind sich doch überall gleich, die ehrenwerthen Herren vom wahren Christenthum" und der echt- ritterlichen Gesinnung! Wie unsere Kleist- Rezzow, Minnigerode zc. neben ihrer eifrigen Bekämpfo ung des sündhaften Materialismus und Mammonismus unserer Zeit" fich sehr gut auf ihren materiellen Vortheil verstehen und das Riemenschneiden aus des Volkes Haut mit einer Geschicklichkeit prakti­ziren, um die fie der geriebenste Börsenganner beneiden könnte, so auch die nicht minder ehrenhaften Lords des chriftlichen Musterstaates Eng­land. So schreibt man der Frankfurter 3tg." aus London  :

,, Der Herzog von Argyll hat es hübsch fertig gebracht, zwei Herren zu dienen. Er postert( d. h. spielt sich auf) als großer Freund und Gönner der Mäßigkeit, indem er auf seinem Besitz, den Inseln Lismore und Joner, über welche er als Mac Callum Moru unbeschränkt gebietet, den Verkauf aller Spirituosen, untersagt. Anders dagegen fieht es in Campbeltown aus; auch dort regiert seine Gnaden der Herzog. Campbeltown aber zählt zwei undzwanzig Destillerien; und da jede dieser Branntweinfabriken jährlich 100,000 Gallonen Whisky produzirt, so überschwemmt die Stadt die Nachbarschaft jährlich mit 2,200,000 Gallonen Branntwein. Natürlich gewinnt der Herzog burch diese bemerkenswerthe Unparteilichkeit gewaltig. Auf seinen Inseln geht das Pachtgeld regelmäßig ein, weil die Pächter ihr Geld nicht in Spiri­tuosen umsetzen können, das ist sehr einfömmlich. In Campbeltown wirft die Whisky Produktion ihm ein Erkleckliches ab das ist noch eintömmlicher."

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" Doppelte Buchführung  " nennt das die Frankfurter Zeitung  ". Ein treffendes Wort. Ueberall, wohin wir unsere Blicke in der heutigen Ge­sellschaft schweifen laffen, stoßen wir auf die doppelte Buchführung". Der Pfaffe in der Kirche, der vom himmlischen Manna predigt, aber sehr

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