Auf die Prämisse( den Vordersatz) kommt's für einen kräftigen Logiker nicht an, wenn nur das ergo( die Schlußfolgerung) unwandelbar fest ist.

-Dynamit oder Nitroglicerin in Frankfurt  , Mor= phiumsprize nebst nihilistischem Gedicht( wohl zum Anzünden des vergessenen Dynamits) an der preußisch- russischen Grenze das ver­spricht gut zu werden. Vielleicht entpuppt sich die unheimliche Mor­phiumsprize, mit der ein Attentat" anf den dapperen" Reichskanzler ausgeübt werden sollte, als eine Klyftirsprite, vermittelst deren unser genialer Otto von seiner ins Stocken gerathenen Sozialreform entbunden werden soll. Apropos, da es wieder attentätelt, hat wohl nachstehendes Gespräch, das im Sommer 1878, wenige Tage nach den Nobiling- Schüssen, geführt ward, einiges Interesse.

Graf X.,( der seinen Bismarck   in- und auswendig kennt): Jett ent­gehen Sie dem Sozialistengesetz nicht. An den Hödel glaubte kein Mensch auch der Kronprinz nicht. Dieser hatte den Bismarck   im Verdacht, den Sackpuffer gekauft zu haben. Am Nobiling ist aber nicht zu zweifeln. Wir bekommen Auflösung und Neuwahl. Und fügt der neue Reichstag fich nicht, so gibts noch ein paar Attentate."

Sozialdemokrat: Ganz sicher. Da es aber seinen Haken hat, nochmals auf den Kaiser zu schießen oder sich mit dem etwas mißtrau­ischen Kronprinzen ein Polizei- Späßchen zu erlauben, werden wir wohl

ein Bismarck- Attentat bekommen."

Graf X.:,,Das keinenfalls. Auch eine ungeladene Pistole tönnte los gehen, denkt Bismarck  , der vor Schießgewehr einen fabelhaften Respekt hat. Aber wenn nur seine Person nicht ins Spiel tommt, läßt er nöthigenfalls ein halb Dukend Attentate anfertigen."

Das Frankfurter   Polizei attentat soll zu Belagerungs­zustandszwecken fruttifizirt werden. Für nichts hat man es natürlich nicht gemacht. Wenn wirklich an Proklamirung des Kleinen" gedacht wird, dann ist es beiläufig gewiß, daß, außer Frankfurt   und Umgegend, auch die benachbarten Wahlkreise, welche sozialdemokratisch gewählt haben, ins Auge gefaßt sind: Offenbach  , Hanau   und Mainz  . Ohne Ausdehnung auf diese Wahlkreise würde die Verhängung über Frankfurt   gar keinen Sinn haben. Bis jetzt hat die hessische Regierung die preußischen Winte nicht verstanden. Allein die Winke können ja schließlich zu Zaun­pfahl- Winken verstärkt werden. Auch der Hamburgische Senat und die sächsische Regierung wollten seinerzeit die Berliner   Winke nicht verstehen, und jetzt wissen wir alle, wie gut sie dieselben verstehen gelernt haben. Also die jetzige notorische Abneigung der hessischen Regierung gegen den Kleinen bietet nur eine sehr schwache Garantie. Eine beffere bietet die Thatsache, daß das Attentat" zu ungeschickt arrangirt worden ist, um selbst auf den hirnlosesten ,, Anarchisten" Ver­dacht zu lenken, und daß kein Mensch in Frankfurt   an dem polizeilichen Ur­sprung zweifelt. Blos darin weichen die Ansichten von einander ab, daß, während die Einen an einen politischen Beweggrund glauben, die Andern das Attentat für den Privat akt eines Polizeibeamten halten, der sich für irgend etwas rächen, oder wie wir bereits in voriger Nummer mittheilten, die Spuren eines begangenen Verbrechens( Aften­diebstahl) verdecken wollte. In letzterem Sinne haben sich notorisch In letzterem Sinne haben sich notorisch Polizeibeamte ausgesprochen.

Auf diese Weise ist die politische Fruktifizirung des Frankfurter   Polizei­attentats sehr erschwert werden, und Herr Rumpf wird seine ehrgeizigen Hoffnungen wohl nicht verwirklicht sehen. Der gesellschaftsretterische Biedermann darf für diesen traurigen Fall unseres Mitleids versichert sein.

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Deutschlands   Schmach. Seit einiger Zeit hat die preu­Bische Regierung wiederholt die allen politischen Rechtsbegriffen hohn­sprechende Niederträchtigkeit begangen, ausländische politische denn es handelt sich nicht einmal um Verbrecher Gefangene ihre betreffenden Regierungen 2c. nämlich an Rußland   auszuliefern. Von dieser Maßregel wurden u. A. die Genossen Reppelmann und Kutniewski betroffen, während der aus dem Posener Sozialisten­prozeß her bekannte Zigarrenarbeiter Kosabutski nur durch die Flucht diesem Schicksal entging. Genosse Vollmar hat sich nun das Berdienst erworben, in einem Zirkulär die deutsche Presse auf diese in­fame Praris aufmerksam zu machen, und darauf hinzuweisen, daß zur Zeit noch fünf russische Staatsangehörige, nämlich Mendel ssohn, Trußtowski, Padlewski, Grzestiewitsch und S ot= winski. in preußischen Gefängnissen sitzen. Sollen", schließt Voll­mar ,,, auch diese in russische Kerker geliefert werden?"

Und was hat die Presse darauf gethan? Einige wenige Blätter ließen sich herbei, das Vollmar'sche Rundschreiben ohne Zusatz abzu­drucken, fast sstmmtliche liberalen, demokratischen oder volksparteilichen Organe aber, die uns zu Gesicht gekommen sind, haben es nicht der Mühe für werth erachtet, selbständig ein Wort des Protestes oder auch nur des Tadels gegen die preußische Auslieferungspraxis anzufügen.

Zweifelsohne waren die liberalen, demokratischen 2c. Herren zu sehr von der Pflicht in Anspruch genommen, den Mannesmuth Martin Luthers   zu verherrlichen.

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Deutschland  

Heuchelland, so wird es leider bald heißen, denn in keinem Lande Europas   ist die Heuchelei so zum poli­tischen Prinzip geworden, als im neugebackenen deutschen Kaiserreich unter der Herrschaft Wilhelms des Ersten, der bei seinem Regierungsantritt der kirchlichen Heuchelei pathetisch den Krieg erklärte, und unter der Kanzlerschaft des ehrlichen Maklers" Bismarck  . Man braucht nur die Festzeitungen, die Festreden, die Festgedichte zu lesen, die sich das Denker­volk zu der von oben anbefohlenen Lutherfeier gefallen ließ, um einen wahren Ekel über diese systematische Verdrehung aller geschichtlich festgestellten Thatsachen zu empfinden. Voran marschirte dabei natürlich wieder Sankt Liberalismus und was hoppelt gerüffelt werden muß die von liberalen Juden redigirte Preffe. Berliner Tageblatt", Berliner Zeitung  " ,,, Berl. Börsen- Courier" z. B. stimmten Beweihräuche­rungshymnen auf Luther   und dessen Reformation an, daß man schier Antisemit darüber werden könnte. Sagt denn den Herren Levyson, Kohut, Davidsohn 2c. nicht ihr Instinkt, daß sie mit ihrer Reklame für Luther   nur die Arbeit des protestantischen Pfaffenthums besorgen, des­felben Pfaffenthums, das an der Spitze der Judenhezze steht? Haben denn die Juden Ursache, Luther   besonders dankbar zu sein, oder ist nicht die Emanzipation der Juden zuerst in dem katholischen Frankreich  vollzogen worden? Wir dächten, die jüdischen Liberalen hätten allen Grund, dem kirchlichen Schwindel nach Kräften entgegenzuwirken, und wo sie zu feige dazu sind, sollen sie wenigstens den Mund halten. Die reaktionäre Bande gewinnen sie mit ihrer zur Schau getragenen ,, Objek­tivität" doch nicht, wollen sie sich auch noch die Antipathie der wirklich freifinnigen Elemente des deutschen   Volkes verdienen?

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Unsere waderen Braunschweiger Genossen haben es sich trotz Verbot des Liebknecht  'schen Vortrages über Luther   nicht nehmen lassen, ihre Stellung zum Lutherfestschwindel öffentlich zu doku­mentiren. Ein sehr geschickt abgefaßtes Flugblatt wurde von ihnen am Luthertage in Tausenden von Exemplaren verbreitet, zum großen Ver­druß der Braunschweigischen Polizei, die, ohnmächtig einzuschreiten, das Flugblatt hinterher verbot. Auch an anderen Orten haben unsere Ge­noffen in Flugblättern, Plakaten 2c. wider die offizielle Lutherfeier Protest eingelegt.

- Die Frankfurterin wird fromm. Seit einiger Zeit beschäftigt sich die Frankfurter Zeitung  " eifrigst mit dem verdienst. vollen Werke, Vorschläge zu einer Reform in der preußisch- deutschen  Armee zu publiziren, zu welchem Behuse sie sich einen Spezialfachmann zugelegt hat. Daß diese Reformen dem berühmten Wasch mir den Pelz,

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aber mach ihn mir nicht naß", entsprechen, ist selbstverständlich, denn die Frankfurterin" ist ja längst gut preußisch allewege. Wir dürfen uns daher auch nicht wundern, in dem Organ des weiland Mitgliedes der Friedens- und Freiheitsliga die ,, moralische Wirkung der mit eingelegter Lanze anstürmenden Uhlanen" gepriesen zu sehen, was gar rührsam an die ,, moralische Wirkung" des Chasse pot bei Mentana  und der Mitrailleuse bei Saarbrücken   erinnert, von den einst ver­höhnten schönen Kavalleriegefechten" ganz zu schweigen.

Aber die gute Frankfurterin ist nicht nur patriotisch" geworden, sie wird auch fromm, sagen wir militärfromm. In ihrer Nr. 316 finden wir in einem Leitartikel über die Reform der Reiterei, worin für die Ab­schaffung der Kürassiere, resp. Umwandlung derselben in schwere Reiterei plädirt wird, folgenden hübschen Saz: Hiervon möchten wir jedoch aus Pietät des Regiment der Garde du Corps ausgeschlossen wissen.

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Aus Pietät! Das kostspieligste und selbst vom militärischen Standpunkt aus überflüssigste aller Regimenter konserviren aus Pietät! Tausende und Abertausende aus dem Steuersäckel ,, aus Pietät" dahingeben an Arme, Hungernde? Nein an adlige Taugenichtse, für die die Garde du Corps traditionell die belieb­teste Versorgungsanstalt ist! Aus Pietät! für wen? für die schönen Duaften und Helmbüsche, bei deren Anblick gewisse gefühlvolle Damen vor Wonne in Ohnmacht fallen? Aber wir wollen der Frankfurterin nicht Unrecht thun, sie hat vielleicht nur deshalb so große Vorliebe für das hohenzollernsche Leibregiment, weil ER so schöne Kürassierstiefel trägt.

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Echt liberal. Das ,, Berliner Tageblatt" widmet dem Bebel'schen Buche ,, Die Frau in der Gergangenheit, Gegenwart und Zukunft" noch nach dem Verbote einen Leitartikel, der an Verdrehungen nichts zu wünschen übrig läßt. Und warum auch nicht? Ist das Blatt des Hrn. Mosse doch sicher, daß ihm vorläufig Niemand in Deutschland   auf die Finger klopft, und wo sie nichts zu riskiren haben, da sind diese Herren von der liberalen Opposition noch stets sehr muthig gewesen. Es kann uns natürlich nicht einfallen, an dieser Stelle den Blödsinn, den Herr Arthur Levyson, der geistreiche" Blag-, pardon, Tagblattredakteur über das Buch unseres Genossen zu Tage fördert, zu widerlegen, das ganze Verhalten Bebel's im Parlament und in der Agitation, straft seine albernen Unterstellungen Lügen, wie: Bebel verlange von den Arbeitern, alle Versuche, ihre Lage in der Gegenwart schon zu verbessern, zurückzu­weisen, um desto eher für kommende Geschlechter paradiesische Zustände herbeizuführen, und was dergleichen faule Redensarten noch sind.

Aber Herr Levyson benutzt die Besprechung des Bebel'schen Buches, um einige Betrachtungen über die Verlängerung des Sozia listengeset es daran zu knüpfen, und diese Reflexionen sind es, die uns veranlassen, den Auslassungen des Herrn einige Worte zu widmen. Unter dem Anschein nämlich, als trete er für die Aufhebung des Sozialisten­gesetzes ein, macht Herr L. in nicht mißzuverstehender Weise Reklame für die Verlängerung desselben. Oder ist es etwas anderes, wenn man sich zum Kolporteur der gröbsten Lügen gegen die Sozialdemokratie macht, ge­meinsam mit der Norddeutschen Allgemeinen" flunkert, daß ein ,, nicht geringer Theil der sozialdemokratischen Arbeiter den kommunistischen  Nebelbildern bereits den Rücken gekehrt haben", daß es zu wünschen ist, daß diese Stimmung eines großen Theiles der sozialdemokratischen Ar­beiter auf jede Weise ermuthigt werde" u. s. w. u. s. w.?! Wenn dann zum Schluß plößlich die Tonart gewechselt und die Aufhebung des Sozialistengesetzes mit Phrasen, wie die Unterdrückung der Freiheit schließe die Gefahr in sich, daß mit dem Schlimmen auch das Gute unterdrückt und nebenbei eine unterirdisch schleichende Bewegung genährt werde, die das, was man verhüten will, die Mißleitung der Arbeiter, nur im höherem Maße hervorruft" gefordert wird, so ist die Heuchelei denn doch zu durchsichtig, als daß nicht jeder Leser merken sollte, wie es in Wahrheit gemeint ist. Davon reden, daß bereits jetzt, wo ja das Sozialistengeset noch in Kraft ist, die deutschen   Arbeiter zu nüchternen, praktischeren Ansichten zurückkehren, und dann seine Aufhebung, die Mög­lichkeit öffentlicher sozialistischer Agitation verlangen, damit dieser Ge­sundungsprozeß sich um so schneller vollziehe so wenig der Spieß­bürger auch logisch zu denken gewohnt ist, diese Sprünge macht er doch nicht mit.

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Wer die Aufhebung des Sozialistengesetzes ernsthaft will, der muß auch den Muth haben, rund heraus zu sagen, weshalb es erlassen wurde. Nicht um ,, wüste Agitationen" zu unterdrücken, sondern um wüst e Agitationen zu ermöglichen siehe Antisemitismus, nicht um die deutschen   Arbeiter von Hirngespinnsten zu kuriren, sondern um die sehr nüchternen und praktischen Bestrebungen derselben zu hinter= treiben siehe das von den Sozialisten 1877 im Reichstag beantragte Arbeiterschutzgeseh, nicht um internationale Verschwörungen zu unterdrücken, sondern um eine nationale Verschwörung auf Ausrau= bung des deutschen   Volkes zu ermöglichen- siehe die berühmte Zollreform von 1879 das Sozialistengesetz ist geschaffen worden, nicht um die Arbeiter von der Tyrannei der sozialistischen  Führer" zu befreien, sondern um die Stimme der deutschen   Arbeiter zu fälschen, ihnen die freie Kritik unmöglich zu machen. So stehen die Sachen, und das muß konstatiren, wer die Aufhebung des Sozialisten­gesetzes will. Sie nur deshalb verlangen, damit die Arbeiter aufhören, Sozialisten zu sein, das kennzeichnet so recht die Jämmerlichkeit des deutschen   Liberalismus, jene pfiffige Politik des fortgesetzten Betruges. Unwahr gegen sich selbst, unwahr gegen das Volk, unwahr der Regie­rung gegenüber das ist die Politik dieser traurigen ,, Freiheits­helden".

Einen gottvollen Wiz finden wir in der neuesten Nummer unseres trefflichen Bruderorgans, des Brünner ,, Bolksfreund". Auf der dritten Seite desselben befindet sich nämlich unter der Ueberschrift ,, das Evangelium Mathäi" ein großer weißer Raum, auf den uns in großen Lettern das einzige Wort Konfiszirt!" entgegenstarrt. Drastischer kann man es fürwahr dem österreichischen Volke nicht klar machen, daß es mit der Weisheit seiner Regierer wirklich- Mathäi am Letten ist!

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,, Du glaubst nicht, mit wie wenig Verstand die Welt regiert wird", dieses berühmte Diktum hat jüngst in Wien  eine recht drastische Illustration erfahren. Ein bekannter Staatsmann, schrieben die dortigen Blätter, besuchte die dortige Elektrische Ausstellung und ließ sich dabei von einem Ingenieur die verschiedenen Konstruktionen u. s. w. erklären. Als der Ingenieur zu Ende war, sagte ihm der hohe Gast: Das ist wirklich großartig, was mich aber ganz besonders beim Anblick dieser Drähte in Erstaunen versezt, ist, wie fein die Röhren sein müssen, durch welche der elektrische Strom da durchzugehen hat!" Der Ingenieur fand auf diese scharfsinnige Bemerkung keine Antwort, sondern verbeugte sich sprachlos.

Soweit die Blätter; den Namen verschweigen sie diskretest. Uns aber wird von gutunterrichteter Seite mitgetheilt, daß der große Diplomat, der diese phänomenale Unwissenheit über die bedeutendste technische Er­rungenschaft der Neuzeit an den Tag legte, Niemand anders gewesen sei als der ehemalige Kanzler des großen Desterreich, der österreichische Bismarck  , die Zierde des Berliner   Kongresses, Graf Julius Andrassy  !

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Staatsretterliches aus Schwaben  . Aus Stutt gart, 10. November, schreibt man uns:

Brandstiftungen, Raubfälle und Raubmorde mehren sich, wie die Zei­tungen berichten, bei uns in Schwaben   in ,, erschreckender Weise"; schade nur, und viel erschreckender ist es indeß, daß unsere biedere Polizei nicht im Stande ist, die Brandstifter und Raubmörder herauszufinden und

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dem ,, strafenden Arm der Gerechtigkeit" zu überliefern. Die Lorbeeren, die ihr in dieser Beziehung versagt bleiben, sucht sie nun auf anderen Gebieten zu erwerben. Kann die Polizei keine Räuber und Mörder packen, so nimmt sie Sozialdemokraten, davon gibt's ja genug, und schließlich wird der Namen Honold, Kern und Genossen doch auch hierbei wieder rühmend gedacht, und an hoher" Stelle fühlt man sich unter solch treuer Hut wieder sicherer, und gedenkt dankend der treuen Retter. Indeß zur Sache!

Der Honold hat einen Augenblick seine Liebesaffairen, der Kern seine Hopfen- Anpflanzungen vergessen und sie sind auf die Sozialistenjagd ge­gangen. Ihre Beute wurden die Genossen Taute, Behr, Sto= dinger und Voigt, welche seit einigen Tagen verhaftet, jetzt hinter schwedischen Gardinen über deutsche   Freiheit nachzudenken Muße haben. Ihr Vergehen soll in Verbreitung verbotener Schriften bestehen, und diverse Haussuchungen hier und in Heilbronn   sollen das Belastungs­material ergeben haben. Wenns auch nicht zur Verurtheilung reicht, so ist es doch für Honold und Konsorten angenehm, anstatt der fehlenden Räuber und Brandstifter vorläufig vier Sozialisten gepackt zu haben; wird denselben schließlich auch nichts bewiesen werden können, so finden sich doch Richter genug, die der Polizei zu Gefallen auch ohne Beweise ver­urtheilen, und im für die Polizei ungünstigsten Falle der Freisprechung haben die Verhafteten wenigstens ihre Untersuchungshaft weg. Besonders angenehm ist unser Honold durch den glücklichen Fang berührt. Er äußerte seine Freude darüber, daß es ihm doch jetzt endlich gelungen sei, den hiesigen Korrespondenten des Sozialdemokrat" erwischt zu haben, ,, der ihn immer so schlecht macht", wie er sich ausdrückte. Armer Kerl, Deine Freude kam zu früh!

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Unser Schwarzwälder Hopfenbauer( Kern) will sich, wie es heißt, demnächst vom Dienst zurückziehen. Er hat sich soviel erspart", daß er's nicht mehr nöthig hat. Neben seinem Polizeidienste hatte er nämlich ein Privatschnüffelinstitut errichtet, durch welches er für reiche Herren und Damen deren resp. Ehehälften überwachte oder überwachen ließ, ob dieselben sich nicht eines Begehens wider das 6. Gebot zu Schulden kommen ließen. Dergleichen Dienste werden gut bezahlt, und unser Hopfen­bauer versteht sich auf seinen Profit, und Liebesintriguen sind ja so leicht zu inszeniren.

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Als selbstverständlich haben wir es betrachtet und daher auch nicht besonders erwähnt, daß auch dieses Jahr der ,, Kleine" über Ham­ burg  , Altona  , Harburg 2c. verlängert worden ist, über Harburg   sogar noch über die Dauer des Sozialistengesetzes hinaus. Der wackere Land­drost hat bereits die Verlängerung dieses die deutsche   Reichsherrlichkeit charakterisirenden Gesetzes als sicher angenommen, worin er sich auch schwerlich getäuscht haben dürfte. Unsere Hamburger   Genossen gaben wiederum die passende Antwort auf die Verlängerung, indem sie auf dem Steinwärder die rothe Fahne aufhißten. Bravo!

- Der am Arbeitertag in Zürich   beschlossenen neuen schwei­zerischen Arbeiterorganisation sind bis jetzt etwa sechzig verschiedene Arbeitervereine mit zirka 3800 Mitgliedern beigetreten.

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Frankreich  . In der neuesten Nummer des Proletaire" gibt Herr Brousse einige weitere Gründe für die Exklusivität" der ,, internationalen" Konferenz an. Man habe zunächst das Gesetz von 1872 gegen die Internationale durchlöchern wollen, und dazu sei gerade die Beschränkung in der Zahl der Einladungen nothwendig gewesen. Was speziell die Nichteinladung der deutschen   Sozialisten betrifft, so solle man nicht vergessen, daß es in Paris   neben den sozialistischen   Arbeitern auch eine chauvinistische Masse gebe, die gewissen Aufreizungen sehr zugängig sei und sich leicht zu Erzessen hinreißen lasse. Sollten wir, wie Ferry, Gäste Insulten aussehen, ohne sicher zu sein, ihnen Genugthuung zu ver schaffen?" ,, Hätte nicht der geringste Skandal einer nach einem Vorwand für die Ausweisung der Fremden suchenden Regierung genügt, die Kon­ferenz aufzulösen, die französischen   Delegirten zu verhaften?"

Das sind Gründe, über die wir kein Wort verlieren würden, wenn sie vor der Konferenz geltend gemacht worden wären, obwohl uns der lettere z. B. etwas spanisch vorkommt, aber hinterher, und zwar nach der in voriger Nummer mitgetheilten Erklärung, können wir in ihnen nur Ausreden erblicken, hinter denen das schlechte Gewissen sich versteckt.

Aber was liegt schließlich an diesen in Grunde doch nur formellen Fragen! Lassen wir sie daher ruhig bei Seite, und fragen wir vielmehr, was ist positiv erreicht? Nach unserer Ansicht nur das Eine, daß die guten Franzosen 2c. den Engländern zu Liebe Wasser in ihren Wein gegossen haben, und zwar sehr viel. Die Emanzipation von der revolu­tionären Phrase ist gewiß ein sehr gesunder Prozeß, aber daß man im Eifer nun auch gleich die revolutionäre Gesinnung verleugnen muß, das ist ein ,, Erfolg", den wir nicht bejubeln können. Das müssen wir der deutschen   Bourgeoispresse überlassen, die wahre Triumphartikel über diese Konferenz veröffentlicht. Aber abgesehen von dieser Lobhudelung durch die bürgerliche Presse, in welche die ausländische sozialistische Arbeiter­presse, z. B. ,, Toekomst  " in Gent   ,,, Recht voor Allen" in Amsterdam   2c., durchaus nicht einstimmt, ist der Erfolg absolut Null. Daß die Arbeiter in den verschiedenen Ländern darnach trachten müssen, die ihre Vereini gung hindernden Gesetze zu beseitigen, wissen sie längst, dazu brauchen sie teine internationalen Konferenzen. Und wenn das famose Dufaure­Gesetz gegen die Internationale nicht an sich schon längst überlebt wäre, die Thatsache, daß es soeben eine so heilsame Wirkung ausgeübt, könnte nur eine Ursache sein, es vorläufig noch recht hübsch aufrechtzu erhalten.

In der Schlußsizung erklärte Andrea Costa  , daß im nächsten Jahre anläßlich der italienischen Industrieausstellung in Turin   dort ein nationaler Arbeiterkongreß stattfinden werde, an dem sich zirka 200 Delegirte italienischer Arbeitervereine betheiligen werden. Die italienische Arbeiterpartei hoffe, daß die fremden Arbeiterparteien Dele­girte zu demselben senden werden zur Abhaltung einer internationalen Konferenz.

Der in unserer vorigen Nummer erwähnte Protest des Inter= nationalen 3irkels zu Paris   geht von den Beschlüssen des Churer sog. Weltkongresses und des Kongresses von St. Etienne aus, die auf die Einberufung eines allgemeinen internationalen Kongresses in Paris   lauten; konstatirt, daß die Parteien, die in Chur   vertreten waren, nicht zur Konferenz eingeladen waren, sondern nur Parteien, die nicht in Chur   vertreten waren, mißbilligt speziell die Nichteinladung der deutschen   Sozialisten und die Motivirung derselben durch ein, un= würdiges Geständniß der Furcht und richtet sich in Erwägung aller dieser Umstände energisch:

,, 1. Gegen die Nichtveröffentlichung des Manifestes an alle europäischen  Sozialisten seitens des Nationalkomites, das der Nationalkongreß in der geschlossenen Sigung vom 30. September 1882 beschlossen hatte; 2. Gegen das Nichtstattfinden des internationalen Kongresses, der vom internationalen Kongreß zu Chur   und vom Nationalkongreß der fran­ zösischen   sozialistisch- revolutionären Arbeiterpartei beschlossen worden war; 3. Gegen das Stattfinden einer internationalen Konferenz zu Paris  , zu der nur eine der sozialistischen   Parteien, welche auf dem inter­nationalen Kongreß zu Chur   vertreten war und zwei Arbeitergruppen, welche nicht vertreten waren, eingeladen worden sind, also im Ganzen mit der französischen   sozialistischen   Partei drei sozialistische Parteien und die Trades- Unions, von 17 Parteien, deren Programm und Organisation bekannt sind;

4. Gegen das Geständniß der Furcht, das im offiziellen Organ der französischen   sozialistisch- revolutionären Arbeiterpartei, im Proletaire vom 20. Oktober enthalten ist;

5. Gegen die Verflichtung, in Paris   einen internationalen Kongreß für das Jahr 1884 zusammenzuberufen, welche das Nationalkomite auf dem Pariser   Nationalkongreß übernommen hat, ehe es die Meinung der aus­