Bismärder sans phrase seit den letzten Wahlen bedeutend abge­d: nommen hat.

Der Eiserne  " hat dies auch eingesehen, und seine Getreuen, abkom­ch, mandirt".

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Nun wird aber ein anderer Schwindel in Szene gesetzt. Am ersten ie April dieses Jahres feiert unser Dtto seinen 70. Geburtstag. Als Ge­burtstagsgeschenk des deutschen   Volks" soll ihm nun eine ,, nationale Gabe" in Gestalt von etlichen hunderttausend Mark dargebracht werden. ie Das Geld riecht bekanntlich nicht. Und Otto, der sonst eine ziemlich feine Raſe beſißt, hat in Bezug auf das Geld notorisch keinen Geruchs­The finn. nimmt das Geld, wo er es findet, wie er weiland selbst ver­fündigt hat. Wenn es nur Geld ist!- es wird genommen. Die Herren Geldsammler wissen das, und die Almosenbüchse wird nun im ganzen Lande herumgereicht, und das deutsche Reich, obschon es eigent­lich ein deutsches Arm ist, wird auf diese Weise wohl so viel zusammen­bringen, daß der brave Otto, dem seine Aerzte eine Gesundheitsreise em­pfohlen haben, in Madeira  , Egypten, Drontheim, oder wohin sonst er gehen will, sich gut pflegen kann.

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Die lächerlichste und zugleich niederträchtigste Rolle bei diesem Kirch­thurmwettrennen der Speichelleckerei spielen, wie immer, die Natio nalliberalen, denn sie schneiden sich dabei in's eigene Fleisch, durch­fägen den Ast, auf welchem sie sißen. Mag ihnen der Parlamentaris­mus, so wie er von den Fortschrittlern verstanden oder nicht verstanden wird, auch zu radikal" sein was wäre einem deutschen   Philister­gemüth nicht zu radikal"? aber so viel ist doch gewiß, daß Libera­lismus und Barlamentarismus untrennbare, organisch zusammengehörige he Begriffe, ja genau genommen identisch sind; und daß, wenn der en Parlamentarismus beseitigt ist, auch der Liberalismus sein Ende erreicht ts hat. Wenn die Herren Konservativen das Votum des 15. Dezember zu 3. einem An st urm gegen den Parlamentarismus Phrasen entkleidet, ist es das und nichts anderes benutzen, so han­deln sie von ihrem Standpunkt aus ganz konsequent und logisch; da­so gegen die Herren Nationalliberalen, die doch noch immer ,, Liberale" er fein wollen, begehen geradezu einen Att des Selbstmordes, in­en dem sie die Grundlage ihrer eigenen Existenz untergraben.

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Freilich, neu ist solches Vorgehen ja nicht. Seit es Nationalliberale he gibt, haben sie die liberalen Prinzipien einer servilen und kurzsichtigen en Gelegenheitspolitik geopfert, bis ihnen zuletzt nichts mehr zu opfern nicht übrig geblieben ist. Die letzte Reichstagswahl war das Grab ber nationalliberalen Prinzipien, die längst flöten gegangen waren er aber doch der Prätention des Nationalliberalismus, noch Prinzipien ie zu haben. Und durch die Theilnahme an dem jetzt inszenirten anti­1 parlamentarischen Herensabbath ist nur die Richtigkeit uf unserer Auffassung, daß die nationalliberale Partei seit den lezten Wah­len thatsächlich in die konservative Partei aufgegangen en ist, vollauf bestätigt worden.

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Auf die abgeschmackten Entrüstungsversamm Entrüstungsversamm lungen" der Nationalservilen find" bereits verschiedentlich sehr deut­liche Antworten ertheilt worden. Ueber Versammlungen, in denen isozialistischerseits die Ablehnung der 20,000 Mart besprochen wurde, liegen uns bis jetzt Berichte aus Ludwigshafen  , Nürnberg  ht Stuttgart   und München   vor.

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In Ludwigshafen   nahm am 28. Dezember eine von unseren to Genoffen einberufene, glänzend besuchte große Volksper jammlung, in der die Genossen Ehrhardt( Vorsitzender) und Dreesbach in schneidigster Weise den Adressenschwindel brandmarkten, folgende Resolution einstimmig an:

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Die heutige Volksversammlung erklärt: Nachdem sie erkannt, daß die ganze Adressenagitation nur als ein Wah manöver sich ent­puppt, darauf ausgehend, die oppositionelle Majorität des jetzigen Reichstags vor dem Wolfe zu diskreditiren, protestirt dieselbe mit aller Entschiedenheit gegen dies unwürdige Vorgehen, um Stimmung zu machen für eine Reichstagsauflösung. Sie spricht ferner ihr Vertrauen aus zu dem Vorgehen der sozialdemokratischen Fraktion im Reichstage und ermuntert dieselbe, fortzufahren in emfigem Ar­beiten für die Rechte des darbenden Volkes."

Ehrhardt schloß sein Referat, wie die Neue Badische Landesztg." schreibt, unter lautem und andauerndem Beifall der Bersammlung mit der Versicherung, daß die sozialdemokratischen Abgeordneten auch bei der dritten Lesung gegen den betr. Etatsposten kimmen würden."

In Nürnberg   referirte am 29. Dezember in einer überaus zahl­reich besuchten Wählerversammlung Genoffe Grillenberger über die bisherige Thätigkeit des Reichstages.

" Selbstverständlich," heißt es in dem Bericht der Fränkischen Tages­poft", beschäftigte er sich am eingehendsten mit dem Beschluß vom 15. Dezember: Ablehnung der 20,000 mt. für einen zweiten Direktor des 8 auswärtigen Amtes. Redner kennzeichnete das speichelleckerische Gebahren ber Heidelberger Patrioten" und betonte, wie die Verweigerung der genannten Position in erster Linie als eine Antwort des Reichstags auf die Behandlungsweise, welche der Kanzler dem Parlament 1 gegenüber zu üben beliebt, zu betrachten, von seiner Fraktion aber auch deswegen prinzipiell für nöthig erachtet worden sei, weil es unrecht ie wäre, einem einzelnen Beamten, dessen Arbeit, wie Bismarck   selbst ein­täumte, recht gut von Hilfsarbeitern versehen werden kann, ein so hohes Behalt zu bewilligen, während Tausende von Unterbeamten ungenügend, la schlecht bezahlt find. Die richtigste Antwort des Reichstags auf die Bismard'schen Auslaffungen in der Diäten und Fahrkartenfrage wäre die Streichung des ganzen Reichskanzlergehaltes gewesen. Unter allgemeinem Beifall der Versammlung schloß der Redner: Wir verlangen bon unseren Wählern keine Zustimmungsadressen für unsere Haltung, wir wissen, daß wir recht gethan; und mit der Ueberzeugung, das

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Innerhalb der heutigen Gesellschaft sind die Birkungen des Prinzips der freien Konkurrenz nicht zu besei

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und das ist gerade der Grund, warum die Wunderdoktoren, die sämmtlich für die Aufrechterhaltung des heutigen Gesellschaftssystems find, bei dem sie sich sehr wohl befinden, Euch lauter Heilmittel vor: schlagen, die das Uebel nicht treffen. Aber die heutige Gesellschafts­ordnung ist nichts Unabänderliches und Ewiges, wie man Euch weißzumachen sucht, sie ist im Laufe der historischen Entwicklung geworden, was sie ist; sie entwickelt sich weiter und ist in einem be= # ändigen Umgestaltungsprozesse begriffen, so daß man mit Recht sagen kann, das heutige Gesellschaftssystem wächst, gleich jedem früheren, in ein neueres, vollkommeneres Gesellschaftssystem hin­ein. Das Berlangen nach Reform, nach einer Veränderung der bestehen­den Einrichtungen, die Klagen über den Nothstand ganzer Gesellschafts­laffen das allein beweist schon zur Genüge, daß die bestet enden en Einrichtungen nicht den Charakter der Unvergänglichkeit haben und die Reime der Desorganisation schon in sich tragen.

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Es gilt einen Zustand zu schaffen, welcher die Kulturerrungenschaften einem Jeden ohne

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des niebe geben, bes Prinzips der Vereinzelung, des Individualismus,

wo er bleibe, sehe Jeder, wie er's treibe", wie es heute Jerrscht und zum Kriege aller gegen Alle führt, muß das Prinzip der Solidarität, der Vergesellschaftung, des ,, Alle für Einen, Einer für Alle" treten. Das Prinzip des Individualismus steht mit unserer Kultur im Widerstreit, weil diese das Produkt gesellschaftlicher Arbeit ist und also auf dem Prinzip der Vergesellschaftung beruht. Der Mensch vereinzelt ist unfähig zu existiren, er ist, wie kein anderes lebendes Wesen, und gerade weil er das höchstentwickelte ist, auf die en. Unterstüßung und Mitarbeit seiner Rebenmenschen ange­fen wiesen. Diesem Prinzip der Vergesellschaftung, welches zu er den staatlichen Gemeinschaften geführt hat, und welches wir in den hen mittelalterlichen Zünften finden, muß wieder zur Herrschaft ge werden, jedoch in geläuterter, den Forderungen der Neuzeit ent­Ent fprechender Form. Das Prinzip der Bergesellschaftung können wir auch Genossenschaftsprinzip nennen nur daß wir dann von rber spießbürgerlichen, platten Bedeutung, welche der Ausdruck mitunter der hat, absehen müssen. Das Genossenschaftsprinzip allein ist im Stande, per Anarchie, dem Elend und der Ungeregtigteit ein Ende zu machen, ich welche das Prinzip des fessellosen Individualismus und der unbeschränften heit freien Konturrenz über die Welt gebracht hat. Nicht daß wir der Freis des heit des Individuums zu nahe treten wollten! Im Gegentheil, wir * chten sie als das höchste Gut, insoweit sie nicht blos ein beschönigender

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Vertrauen unserer Wähler für uns zu haben, werden wir auch ferner im bisherigen Sinn weiter schaffen und wirken."

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Gleichfalls am 29. Dezember tagte in Stuttgart   im Schüßenhof" eine bis auf den letzten Platz gefüllte Volksversammlung als Antwort auf eine acht Tage vorher im Bürgermuseum stattgehabte Versammlung der Bismärcker, in welcher die ,, Elite" der Gebildeten" einige Sozia listen in brutalster Weise mißhandelt hatten. Diese Hohheiten sowie der Loyalitätshumbug wurden auch hier gebührend gegeißelt. In der Frage der vom Reichstag abgelehnten 20,000 art führte der Referent, der Abgeordnete Geiser, nach dem Schwäbischen Wochenblatt" Folgendes

aus:

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Mit Beifall begrüßt, gab Geiser zu, daß die Bewilligung der gefor derten 20,000 Mark zur Besetzung einer zweiten Direktorstelle im Reichs­amt des Aeußern eine Nothwendigkeit(?) sei, er als Sozialdemokrat könne dieser Position aber nicht zustimmen, so lange das Sozialistengeset auf den Schultern der sozialistischen   Partei laste. Unter der Herrschaft dieses Ausnahmegesetzes würde die sozialistische Fraktion überhaupt ganz andere Abstriche machen, wenn sie die Macht hierzu hätte. Aehnlich ver­halte es sich mit den Ultramontanen, die auch mit einem Ausnahmegeseze zu ringen hätten, die daher ebenfalls die Gelegenheit beim Schopfe er­griffen hätten, dem Reichskanzler einen Kredit zu verweigern, an dem ihm ganz besonders viel gelegen gewesen sei. Wie du mir, so ich dir. Anders stehe es mit den Freisinnigen, diese hätten die 20,000 m. ver­weigert, nur um den Reichskanzler zu ärgern. Ein solches Motiv sei unpolitisch, sei fleinlich. Vielleicht leite die Freisinnigen aber auch die geheime Absicht, den Reichskanzler in seiner Abneigung gegen den Reichs­ tag   und gegen das direkte und allgemeine Wahlrecht, welches namentlich in den Städten den Freisinnigen zu Gunsten der Sozialdemokratie an­fange seine Dienste zu versagen, zu bestärken, um den Gedanken einer Einschränkung des Wahlrechts durch einen Zensus oder durch Beseitigung der geheimen Abstimmung in dem Kopfe des Leiters der deutschen   Po­litik zur Reife zu bringen. Bestimmend auf das Votum des Reichstays hätte auch die Einengung des Fahrkartenprivilegs und die Verweigerung der Diäten gewirkt. Damit set die Würde des Reichstags verlegt und der Reichstag   habe daher keinen Anlaß, dem Reichskanzler gegenüber entgegenkommender zu sein, als dieser ihm."

In München   fand am 3. Januar eine von den dortigen Demo: fraten einberufene Volksversammlung statt. Die riesige Halle," schreibt die nationalliberale ,, Allgemeine Zeitung  " ,,, war unheimlich dicht besetzt." Nach einem Referat des Abgeordneten Kröber nahm die Versammlung einstimmig eine Resolution an, in der es heißt:

.... 1) Die Streichung des vom Bundesrathe geforderten und vom Reichskanzler unter Stellung der Vertrauensfrage vertretenen neuen Postens im Reichskanzleramte ist sowohl mit Rücksicht auf den Reichs­haushalts- Etat, als insbesondere aus allgemeinen poli. tischen Erwägungen zu billigen und dem Reichstage für 3) Es ist die seinen Beschluß die Zustimmung auszudrücken." Erwartung auszusprechen, daß der Reichstag   auch in dritter Lesung auf seinem Beschlusse stehen bleibe und auch bei jeder weiteren Gelegenheit mit allem Nachdruck für die Aufrechterhaltung und Erweiterung der Parlamentsbefugnisse eintrete."

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Als hierauf Genosse Vollmar das Wort nehmen wollte, erklärte ihm der überwachende Polizist, daß er nicht sprechen dürfe. Nun ent­wickelte sich," heißt es in dem Bericht, eine Szene, die jeder Beschrei ( sehr bung spottet. Die versammelte Menge brach geradezu in em berechtigtes! Red. d. S. D.)- Gebrüll der Mißachtung gegen das Vor­gehen des Polizeibeamten aus und beruhigte sich kaum während der Interventionen des Bureaus. Herr v. Volmar wollte sprechen, und die Versammlung verlangte, daß er spreche. Der kgl. Kommissär erflärte schließlich die Versammlung für geschlossen und erklärte auf Jnterpellation des Herrn v. Vollmar, respektive des Vorsitzenden, den Grund hiefür anzugeben sich nicht verpflichtet zu fühlen. Herr v. Vollmar verließ mit dem Ausrufe: Nun, so will ich denn nur das Eine sagen: Jedem Lumpenhunde gestattet man in Deutschland  , auf uns loszugehen, sich zu vertheidigen aber erlaubt man uns nicht!" die Tribüne. Ein fürchterlicher Tumult erhob sich nun, der mindestens eine halbe Stunde andauerte. Die sich entfernenden Reichstagsabgeordneten Kröber, v. Vollmar und Viereck wurden mit tausendstimmigen Hochrufen begleitet, aber erst gegen 11 Uhr, also nach einer Stunde, war der Saal vollständig geräumt.

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Vollmar's Ausruf ist die passendste Antwort auf die insbesondere in Berlin   unter hoher polizeilicher Genehmigung erfolgten Flegeleien der Antisemiten und sonstigen Bismärder.

Gegen dieses Gesindel und gegen die Heze auf den Reichstag  , weil derselbe einmal Selbstgefühl gegenüber dem ,, allgewaltigen" Reichsfanzler bewies, ist eine schneidige, nicht mißzuverstehende Sprache durchaus am Plaze.

Wir leben doch in der besten aller möglichen Welten. Wer's nicht glaubt, der lese den nachstehenden Erguß:

" Der Wind, welcher über die von keiner Schneebecke geschütten Felder seinen tödtlichen auch entsendet, wurde freundlich begrüßt; denn jetzt wird jede Möglichkeit einer Mißernie wie ein nationales Glück betrachtet, und das Steigen der Getreidepreise ist viel w ich= tiger als das Erfrieren der Saaten. Kein Schnee und vier Grad Kälte! Der Jubel darüber klingt wie eine Herausforderung des Ge­schickes; aber in unserer merkwürdigen Welt wird als Rettungsanfer angesehen, was seit dem Beginne geschichtlicher Erinnerungen zu den Eine schlechte schrecklichsten Kalamitäten der Menschheit gezählt wurde.

Ernte tönnte uns helfen! So sprechen selbst Landwirthe, die ehedem wie verzweifelt waren, wenn irgend ein Hektar Landes nicht die erwartete Vegetation zeigte. Die jetzige Gesellschaft bietet eben die merf­würdigsten Probleme; sie flucht, wo sie segnen, sie fürchtet, wo sie wün­schen sollte. Die feindlichen Gewalten der Natur werden als Befreier

Ausdruck für die Unterdrückung Anderer ist. Die Feiheit, welche sich darin äußert, daß mein Nachbar mich zu Boden schlägt, ist keine Frei heit; die Freiheit des Einen hat die Achtung des Anderen zur noth wendigen Voraussetzung und in dieser Achtung ihre nothwendige Schranke. Da ich zur Existenz meinen Mitmenschen nicht entbehren kann, so habe ich auch die Pflicht, mich nach ihm zu richten, aus der Erkenntniß der gegenseitigen Unentbehrlichkeit entspringt das Gefühl der Solidarität, welches in dem Genossenschaftsprinzip seinen praktischen Ausdruck hat. Wie ich ohne den Mitmenschen nicht existiren tann, so tann ich auch nicht persönlich frei sein, wenn er meine Freiheit nicht achtet. Heute, wo fraft des herrsch.nden Individualismus die Menschen einander, wenn auch nicht persönlich, so doch wirthschaftlich als Feinde gegenüberstehen, wird die persönliche Freiheit nicht geachtet; die persönliche Freiheit des Schwachen wird von dem Starken einfach mit Füßen getreten, und die persönliche Freiheit, welche die Anwälte und Spigen der heutigen Gesellschaftsordnung so gerne im Munde führen. heißt mit ihrem richtigen Namen: Recht des Stärkeren Fauftrecht.

Dieses Faustrecht muß dem edlen Grundsatz weichen: Gleiches Recht für Alle! Und gleiches Reicht für Alle heißt auch: Frei heit für Alle. An Stelle des gesellschaftlichen Kampfes soll der gesellschaftliche Friede treten, an Stelle des Individua lis mus das sozialistische Genossenschaftsprinzip.

Das Genossenschaftsprinzip hat zunächst bei der Organisation der gesellschaftlichen Arbeit zur Geltung zu tom men. Verwirklichen wir das Genossenschaftsprinzip und führen wir anstatt der fapitalistischen Produktion, wo Jeder nur auf sich angewiesen ist, die allgemeine genossenschaftliche Produktion ein, wie die Sozial­demokratie sie als Kardinalforderung aufstellt, so ist der gesellschaftlichen Krieg, der wirthschaftlichen Bernichtung ganzer Gesellschaftstlassen mit Einemmale ein Ziel gesezt. Die Menschen tämpfen nicht mehr gegen einander, fie arbeiten mit einander. sd got bildirs

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Wer kennt nicht das Gleichniß von dem Pfeilbündel? Der einzelne Pfeil wird leicht zerbrochen das Pfeil bündel spottet der Kraft­anstrengung des Stärksten. Vereinzelt ist der kleine Mann" ohnmächtig, außer Stand, sich in dem Konturrenztampf gegen das Großfapital zu behaupten. Verein gt er sich aber mit seinen Genossen, so fann er in der Gemeinschaft die zum Schutz seiner Existenz nöthige Kraft erlangen.

( Fortsetzung folgt.)

gepriesen, und der National- Wohlstand wird höher veranschlagt, wenn durch ein Unglück weniger Güter produzirt werden. Der geringe Ertrag des Bodens, sonst ein Schrecken der Völker, wird zum mindesten im Augenblicke förmlich ersehnt, und wenn wir solche Worte vernehmen, so können wir uns einer gewissen abergläubischen Furcht nicht entschlagen. Wer weiß, wie oft wir noch das billige Brod herbeiwünschen, wie oft wir noch die Kurzsichtigkeit beklagen werden, welche das größte Uebel für die größte Wohlthat hielt."

Nicht wahr, ein reizendes Bild?

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Und das ist nicht etwa in der Absicht geschrieben, die heutige Gesell­schaft bloszustellen, das ist keine Satyre, der Feder eines modernen Journals entnommen, das ist eine mit einigen entschuldigenden Schluß­phrasen verbrämte Konstatirung der nackten, vor aller Augen sich zei­genden Thatsachen, es ist entnommen der Börsen Wochen­rundschau der Wiener Neuen Freien Presse" vom 4. Januar 1885! Man lasse sich nicht durch das Wort Börse" zu der Annahme verleiten, der obige Saz sei nicht ernst gemeint im Gegentheil, er ist so ernst gemeint wie nur etwas. In Geschäftsangelegenheiten hört die Gemüthlichkeit auf, da versteht die moderne Gesellschaft keinen Spaß. Daß der Eine den Andern beschwindelt, das ist ganz in der Ordnung, aber die Gesellschaft als solche will nicht beschwindelt sein, sie will wissen, wie ihre Aftien stehen, und darum wird sie im Handelstheil der Blätter heute viel besser bedient als im politischen Theil.

Natürlich wird die Form möglichst gewahrt. Darum die mora­lische Brühe um den Bericht, dessen Pointe in dem bekannten Aus­spruch sich zusammenfassen läßt, welche die Anekdote einem berüchtigten Kornwucherer in den Mund legt: Hurrah, der alte Gott lebt noch, heuer gibt's wieder eine gehörige Mißernte!

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So ruft nicht etwa nur die liberale Neue Fr. Presse", so rufen auch, wenn auch weniger offen, die konservativen Landjunker, denn diese sind es ja vor Allem, welche von der Theuerung den größten Nugen ziehen. Läuft doch ihr ganzes Bestreben darauf hinaus, für den Fall, daß der Him­mel kein Einsehen hat, d. h. nicht dafür sorgt, daß der Preis des Getreides auf einen anständigen man tann auch sagen christlichen oder auch jüdischen, wie man will,- Preis steigt, durch hohe Zölle das ersehnte Resultat: herbeizuführen" corriger la fortune" nannte es der ehrliche Riccaut de la Marlinière.

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Eine herrliche Gesellschaft! Da schreien sie nach Kolonien, jubeln darüber, daß die ganze Erde jetzt der Kultur erschlossen wird, und im selben Athem erklären sie das Billigerwerden der Lebensmittel für ein ,, nationales Unglück". Da preisen sie die enormen Fortschritte im Transport und Verkehrswesen, und im selben Augenblick verbarrikadiren sie die Grenzen und schimpfen über den Handel. Und warum das Alles, warum der beständige Widerspruch, der das spießbürgerliche Gewissen zur Verzweiflung treibt? Weil die heutige Gesellschaft in ihrem Schooße den Todfeind der Gesellschaft birgt: den Eigenthümer, oder unper­sönlich ausgedrückt, das Privat Eigenthum. So lange das Privat- Eigenthum besteht, besteht der Gegensatz der Interessen in der Gesellschaft, und er entwickelt sich, spizt sich zu, je mehr sich das Privat­eigenthum entwickelt. Daher ist alle Entrüstung über die schreienden Widersprüche in der modernen Ges uschaft eitles Wortgedresch, wenn ste nicht direft lossteuert auf die Ausrottung der Wurzel des Uebels, auf die Umwandlung des Privateigenthums in gesellschaftliches Eigenthum!

Die Zärtlichkeit, welche alle reaktionären Regierungen für den Anarchismus bekunden( der mit dem russischen Nihilismus ungefähr so viel gemein hat, wie ein flackerndes Talglicht mit der Sonne), hat uns schon mehr als einmal beschäftigt. Wie Herr von Buttkamer im deutschen   Reichstage für Most und seine Hanswurstiaden Reklame zu machen pflegt, ist unsern Lesern bekannt; und ein Blick nach Paris  zeigt ihnen, welche vortrefflichen Dienste dort der Anarchismus dem reaktionären Ministerium Ferry leistet, indem er seine ganze revolutio­näre Kraft statt gegen die Bourgeoisie und den reaktionären Klassenstaat, gegen die Sozialdemokratie richtet, und als einziges greifbares Ziel das hat: die Bildung einer starken sozialdemokratischen Partei zu verhindern. Die Herren Anarchisten besorgen so vortrefflich die Geschäfte des Herrn Ferry, daß dieser mit verschränkten Armen ihrer gedeihlichen Thätigkeit zusehen, und eine kleine Armee von Spizeln und Agents provokateurs ersparen kann.

Eine ähnliche Rolle haben die Herren Anarchisten seinerzeit in De ster­reich gespielt. Dort wurden sie von der Regierung noch schamloser kajolirt bis sie ihr glücklich zum ersehnten Belagerungszustand verholfen hatten, worauf sie mit gewohnter Tapferkeit verdufteten.

Die Freundschaft zwischen der österreichischen   Regierung und den Anar­chisten ist übrigens noch nicht zu Ende ste äußert sich darin, daß die Regierung alles Mögliche thut, um eine gesunde sozialdemokratische Bes wegung zu verhindern, was natürlich einer Unterstüßung der anarchisti­schen Strebungen gleichkommt. So wurde erst dieser Tage dem Ge nossen   Liebknecht, welcher zu einem Vortrag nach Wien   eingeladen worden war, von der Wiener   Polizei nicht blos das öffentliche Auftreten, sondern überhaupt der Aufenthalt in Wien   verboten, weil dadurch die öffentliche Sicherheit gefährdet werde. Mit diesem Verbot hat die Wiener   Polizei welche sich beiläufig dabei mit der deutschen  den Anarchisten und namentlich Reichspolizei in's Vernehmen setzte ihrem geliebten Peutert zweifelsohne einen Gefallen thun wollen. Um Mißdeutungen vorzubeugen, sei erwähnt, daß Liebknecht über die letzte deutsche Reichstagswahl und deren Bedeutung reden sollte, und weder von ihm noch von den Einladern eine Demonstration gegen den Anarchismus beabsichtigt war, die, unter den obwaltenden Verhältnissen, den fatalen Schein gouvernementaler Duldung oder gar Billigung gehabt hätte.

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Saubere Gesellschaft. Ein Genosse schreibt uns:

Ihr Blatt brachte jüngst eine Korrespondenz aus Mainz  , in welcher behauptet wurde, der frühere Abgeordnete für Mainz  , Dr. Philipps, habe in einem Briefe an seine früheren Freunde und Wähler den ,, Wunsch" qusgesprochen, sie möchten in der Stichwahl für den ultra­montanen Kandidaten stimmen. Es wurde sogar eine Stelle bezeichnet,

so schreibt man einem Blatte, an welcher der fragliche Brief zu lesen sei. Diese Sache hat sich als unwahr herausgestellt und kann als eine nichtswürdige Infamie den Streitern für Wahrheit, Freiheit und Recht"*) zugeschrieben werden.

Bur Untersuchung der Angelegenheit wandten sich die Abgeordneten Liebknecht   und Vollmar durch Vermittelung des Abgeordneten Lenzmann an Dr. Philipps, und dieser erklärte rund heraus die ganze Geschichte für erlogen; er habe einen derartigen Brief überhaupt an Niemand geschrieben.

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Bon   kompetenter Seite ist also der Beweis erbracht, daß es sich bei der Briefgeschichte nur um Stimmenfang gehandelt hat. Der eigentliche Zweck des angeblichen Wunsches" des Dr. Philipps ist in der That erreicht worden: Vollmar ist in Mainz   seinem ultramontanen Gegner unterlegen. Daß der Mainzer   Wahlkreis aber für die Zukunft den Sozialisten gehört, beweist der Umstand, daß a troy dieser schmutzigen Affäre mit nur 93 Stimmen über die absolute Majorität gewählt worden ist.

Da ja bei den Gläubigen Roms der Zweck die Mittel heiligt, so kann es dem Mainzer   Abgeordneten freilich gleichgiltig sein, auf welche Weise er in den Reichstag gekommen ist.

In der That, eine saubere Gesellschaft!

Wie es gemacht wird. Wir lesen in der Harzer Post": Wie die Loyalitätsadressen mit Tausenden von Unterschriften und der freiwilligen" Verpflichtung, jährlich 10 Pf. Kanzlerpfennige" beizu­steuern, ihre Entstehung nehmen, dafür liegt uns ein Brief eines Bergarbeiters aus der Gegend von Bochum   vor, den derselbe an einen der Arbeitervertreter im Reichstage mit dem Ersuchen richtete, die Skandalaffaire daselbst zur Sprache zu bringen. Es heißt darin wörtlich: ,, Es ist himmelschreiend, wie es hier mit den Arbeitern ges macht wird. Auf den Fabriken werden die Arbeiter von den Wert meistern in die Bureaug gerufen, um sich zu unterschreiben und 10 Pf. zu geben. Wenn die Arbeiter nicht wollen, werden sie gemaßregelt, und in furzer Zeit wird ihnen gekündigt. Auf den hiesigen Zechen geht es noch schlimmer zu. Jungen von 14 Jahren, die den Refselstein aus den Dampffeffeln klopfen, werden auf die Steigerstube geholt, um sich zu unterschreiben. Bremser von 16 Jahren werden aufgefordert, sich zu unterschreiben. Die Herren Steiger kommen in die Waschkammer und und holen die Leute aus den Waschkasten heraus, noch nicht ganz ange­kleidet auf die Steigerstube, um sich für die Bismarckadresse zu unters

*) Devise der Ultramontanen.