welche uns gewisse Leute gerne glauben machen möchten. Viel-mehr zeigt un» wiederum England, welch' ungesunde Zuständeer zu zeitigen vermag.E« ist absolut lächerlich, um keinen schärferen AuSruck zu ge-brauchen, wenn man den Arbeitern weißmachen will, die Kols-nialpolitik werde ihnen als Klasse von Nutzen sein. DaS Gegen-theil ist der Fall. Sie schädigt fie als Klasse.ES gibt keine Einrichtung in der heutigen Gesellschaft, dienicht einzelnen Arbeitern zugute käme. Wie viele Arbeiter„leben"nicht vom niederträchtigsten, raffinirtesten LuxuS, den eine Handvoll Geldlcute treiben, wie viele Leute„ernährt" nicht derMili-tariSmuSl Nur politische Kinder werden aus dieser Thatsacheaber den Schluß ziehen, daß Krupp'sche Kanonen eine Wohlthatfür die Menschheit seien, und Rentiers eine gesellschaftliche Roth-wendigkeit.Genau so verhält eS sich gegenwärtig mit den Kolonien. Nichtweil Deutschland seine Bevölkerung nicht mehr ernähren kann,wird der Hexensabbath ausgeführt, sondern weil die herrschendenKlassen auf ihre Ausbeuterpriviligien nicht verzichten wollen.Wenn daher die verschiedenen Elemente der Bourgeoisie sichin rührender Eintracht in dieser„nationalen" Angelegenheitzusammenfinden, so haben sie ihre guten Gründe dazu. Nochbessere Gründe aber haben die Arbeiter, dem nationalen Hexen-sabbaih gegenüber sich absolut ablehnend zu verhalten.S i e find e«, welche den LSwcnantheil der Kosten zu bezahlenhaben werden, während der Nutzen für sie einzig und alleindarin besteht, die Stunde ihrer Emanzipation hinausgeschoben zusehen.Und um dieser glänzenden Aussicht willen muthet man ihnenzu, sich zu moralischen Mitschuldigen zu machen der Niederträch-tigkeiten, welche„im Namen der Zivilisation" an den Negernverübt werden. Im Interesse der Verlängerung ihrer eigenenSklaverei sollen sie womöglich die Mittel zur Korrumpirungharmloser Völkerschaften bewilligen, dazu die Hand bieten, daßman— wie sich Herr Stanley, der geriebene Aankee, unterdem tosenden Beifall der aufgeklärten Kölner Bourgeois aus-drückte—„christliche Gesittung" nach Afrika trägt, und dabei dieMenschenrechte mit Füßen tritt— diese„unvermeidlichen Folgender Kolonisation", diese„Logik der Dinge", um mit der„Franks.Zeitung" zu reden.Der Heißhunger, mit welchem sich die„idealen" deutschenBürger heute auf die Kolonien werfen, um bei dem allgemeinenRaub nichi leer auszugehen, erinnert uns lebhaft an das Heine'scheGedicht:„Der tugendhafte Hund". Vergessen sind alle die schönenMoralgrundsätze, verflogen ist die sittliche Entrüstung—„dertugendhafte Hund, er frißt."Die Arbeiter aber werden sich durch die Knochen, die manihnen hinhält, nicht ködern lassm.Sozialpolitische Rundschau.Zürich, 14. Januar 1S8».— Das allgemeine Stimmrecht und die Liberalen.Nach dem schlechten Ausfall der Stichwahlen— schlecht für die Bis-marck'sche Gefolgschaft— erhoben die nationalliberalen Loyalitäts- undServilitätsbrüder ein wahres Zetergeschrei gegen das Institut der Stich-wählen, durch welches„unnatürliche Bündnisse" erzeugt würden. Daßgerade sie es gewesen, welche zu den„unnatürlichsten Bündnissen" ihreZuflucht genommen lsreilich nicht mit dem gewünschten Effekt)— davonagten die nationalliberalen ServilitLts- und Loyalitätsbrüder selbstver-tändlich nichts. Und was ihren Vorschlag betrifft: die Stichwahlen ein-ach abzuschaffen und bei der allgemeinen Wahl die relative statt derabsoluten Majorität gelten zu lassen, so würde dessen Annahme in Be-zug auf Wahlbündnisse— natürliche oder unnatürUche-- durchaus einflußlos sein, und, wie schon früher gesagt ward, zur einzigen Wirkungdie haben, daß die Wahlbündnisse gleich vorder allgemeinen Wahlabgeschlossen würden. So lange wir ungesunde Parteioerhältniffe haben,und so lange die wirthschaftlichen Zustände dauern, aus welchen dieseungesunden Parteiverhältnisse entspringen, werden bei jeder Wahl gemein-schädliche und auch— so weit der Ausdruck berechtigt ist— unsittlicheInteressen sich geltend machen, und entsprechend unsittliche Interessen-t o n f l i k t e und Jniereffen koalitionen zu Stande kommen. Dasbeste Mittel, den mit den Stichwahlen und überhaupt mit dem bestehendenWahlmodus verknüpften Nachtheilen zu steuern, besteht' in der sogenann-ten Proportionalwahl, welche von unseren Parteigenossen schonseit langer Zeit empfohlen worden ist, ohne jedoch in unser ProgrammAusnahme gesunden zu habe». Durch das Proportionalverfahren werdenFeuilleton.Z>a» Wahlmanifest der deutschen Sozialdemokratiezu den Wahlen vom 28. Oktober 1884.(Fortsetzung.)„Aber," wendet man uns vielleicht ein,„gerade das soll ja durch diekorporative Organisation, durch die Innung erreichtwerden, welche die Konservativen uns vorschlagen."Nein, Freunde, zwischen diesen korporativen Organisationen, welchedie Wunderdoktoren, und zwischen den Genossenschaften, welchewir Sozialdemokraten Euch vorschlagen, ist ein himmelweiter Unterschied.Jene Korporationen sind nichts als Blendwerk— denn sie erstrecken sichnicht auf das Wesentliche. Daß die kleinen Meister alle Wochenoder alle Monate einmal zusammenkommen: daß sie sich von irgendeinem Abgesandten der Wunderdoktoren einen Vortrag über irgend einmehr oder weniger abgedroschenes Thema halten und zum Vertrauen indie Güte und Weisheit der Wunderdoktoren anspornen lassen; daß siehier und da wieder Meister- und Gesellenprüfungen einführen; daß siedas Monopol der Lehrlingsausbildung und Lehrlings ausbeutungerhalten,— damit ist's nicht gethan;das macht sie nicht kon-kurrenzfähig.Auf dem Boden der heutigen Wirthschaftsordnung mit ihrer„freienKonkurrenz" gibt es für den Handwerker keine Rettung. Mit dem Prin-zip der Konkurrenz muß gebrochen werden. I edem Individuumeine menschenwürdige Existenz sichern— das ist's, woraus es ankommt.Um das zu ermöglichen, müssen die Produktionsbedingunaen andere sein,muß die Arbeit ertragsfähiger, und das Arbeitserträgniß Jedem unge-schmälert zu Theil werden. Die Ertragssähigkeit der Arbeit wird aberaußerordentlich gesteigert, wenn an Stelle des kleinen oder größerenPrivat. Einzelbetriebs der gesellschasmche Großbetrieb tritt. Die A r b e i t s m i t t e l müffeng es ellschaftlichesEigenthum werden. Zunächst— als Uebergangsstadium— mögendie Handwerker, wo es irgend angeht, sich zu gemeinsamer ge-nossenschastlicherProduktion vereinigen. Viele kleineKapitalien geben zusammen ein großes. Da aber größere Betriebsmittelnothwendig sind, als die kleineren Meister aufbringen können, so ver-langen wir, daß zur Errichtung solcher Genossenschaften vom StaateGeld und Kredit gegeben werde, wofür derselbe die K o n t r o l ezu beanspruchen hat. Laßt Euch nicht durch das Wort Staatshilfedie Stichwahlen vollständig beseitigt, und die Wahlen zu einemso treuen Ausdruck der Interessen und Stimmungen der verschiedenenBevölkerungsschichten gemacht, als es unter den heutigen Staats- und Gesell-schastsverhältniffen überhaupt möglich ist. Jndeh aus eine ernsthasteReform des Wahlgesetzes kam es den nationalliberalen Radaumacherngar nicht an— sie wollten eben bloß Radau machen. Und wenn ihnenetwas am Herzen liegt, so ist es nicht R e f o r ni des Wahlgesetzes, so-.-dern Beschränkung desWahlrechts. In diesem Sinne äußer-ten sich unmittelbar nach Bekanntwerden des ungünstigen Wahlresultatsmehrere nationalliberale Stimmen— jedoch waren das nur vereinzelteKundgebungen. Etwas deutlicher wurden die Herren Nationalliberalenschon anläßlich des D i ä t e n a n t r a g s. Da schlössen sie sich demkonservativen Feldgejchrei an: Einführung der Diäten kann nur bewilligt werde-, wenn als Kompensation, gewissermaßen zur Ausgleichung, eine entsprechende Beschränkung des Wahlrechtsstattfindet.Bekanntlich ist das auch der Standpunkt des Fürsten Bismarck.Jndeß war auch dies nur ein bedingter Angriff auf das allgemeineStimmrecht, und deshalb von keiner sonderlichen praktischen Bedeutung,weil die Reichsregierung nicht im Entferntesten daran denkt, dem Reichstag Diäten zu gewähren.Jetzt ist aber die Sache in ein anderes Stadium getreten: das offi-zielle Organ der Nationalliberalen, die„Nationalliberale Korrespondenz",greift in einer ihrer letzten Nummern das allgemeine Wahlrecht auf dasHeftigste an.„Das allgemeine Wahlrecht," so heißt es in diesem ächtnationalliberalen Erguß—„das allgemeine Wahlrecht ist z u p l u m pund roh, als daß die feinerenEmpfindungen der Volks-s e e l e und die Ueberzeugungen der gebildeten und be-sitzenden Klassen zur Geltung kommen könnten."Die schlinimen Folgen des„plunipen und rohen" Institutes des all-gemeinen Wahlrechts sind nun— wie der Artikel des Weiteren dar-legt— in dem unheilvollen Reichstagäbeschluffe vom 15. Dezember desvorigen Jahres zu Tag getreten; und der„nationale Sinn", welchersich„mit wuchtiger Naturgewalt und stürmischer Begeisterung"— wirzitiren immer die„Nationalliberale Korrespondenz"— gegen diesen„schmachvollen", die deutsche Nation schändenden Beschluß gerichtet hat,richtet sich daher eigentlich gegen das allgemeine Wahlrecht.Zu verwundern ist daran nichts; und es fällt uns auch nicht ein, dieEntrüsteten spielen zu wollen. Die Herren Nationalliberalen thun nur,was wir von ihnen erwartet haben. Und dankbar sind wir ihnen fürdie Offenherzigkeit, mit der sie ihre geheimste Denkweise enthüllen.„Grob und plump" das allgemeine Stimmrecht— das h< ißt die wirk-l i ch e Volksseele, welche es zum Ausdruck bringt. Stach den Begriffendieser nationalliberalen Mustermänner hat nur diejenige„feinere Volks-seele" Werth, welche in den„gebildeten und besitzenden Klassen"steckt. Die Gleichsetzung der richtigen d. h.„feineren" Volksseelemit den„Ueberzeugungen der gebildeten und besitzendenKlasse", und serner die Gleichsetzung der„gebildeten" und der„be-sitzenden Klassen" sind recht charakterische Leistungen, die unsprächtige Lichtblicke in die nationalliberale„Volksseele" eröffnen,die entweder eine Uniform oder einen Orden trägt, oder doch tragensollte.— DerReichstag ist am 8. dieses wieder zusammengetreten.Da das preußische Abgeordnetenhaus sich sieden Tage später wieder ver-sammelt, so wird, um das Nebeneinandertagen beider Körperschaftenweniger lästig zu machen, vermuthlich ein Arrangement dahin getroffenwerden, daß Reichstag und Abgeordnetenhaus mit ihren Sitzungen ab-wechseln, und sich in die Woche eintheilen. Früher glaubte man. andemselben Tage zu verschiedenen Stunden je eine Sitzung der beidenKörperschaften abhalten zu können; das hat sich«bei so wenig bewährt,daß man hiervon zurückgekommen ist, und Reichstag und Landtag nichtmehr an dem nämlichen Tage will sitzen lassen.Wie immer man jedoch die Sache einrichten möge, durch das gleich-zeitige Tagen der beiden Körperschaften werden die parlamentarische»Verhandlungen außerordentlich in die Länge gezogen; und der Reichstagsowohl als der Landtag werden sich tüchtig dazu halten müssen, wennsie das Budget, jener für das Reich, dieser für Preußen, rechtzeitig, dasheißt vor dem 31. März diese? Jahres erledigen wollen.Wahrscheinlich wird dann nach Ostern der Reichstag auf einige Zeitvertagt werden, damit der Landtag Zeit bekommt, seine Arbeiten zubeendigen.Die Gesetzesvorlage auf Erweiterung des Krankenkassen-g e s e tz e s wird schon in den nächsten Tagen in erster Lesung zur Ver-Handlung gelangen und vor eine Kommission verwiesen werden. Beidieser Gelegenheit zeigt sich so recht schlagend, wie lüdcrlich die Regierung bei ihren gesetzgeberischen Arbeiten verfährt. Die sozialdemokrati-schen Abgeordneten schlugen bekanntlich vor, daß das Gesetz auf sämmt-liche Staatsangehörige, die bis zu einem gewissen Einkommen(Ver-dienst) haben, ausgedehnt werden solle, also z. B. auch auf Dienstboten,Eommis jc. Die Reichsregierung wollte jedoch hiervon durchaus nichtswissen. Mit der Nase aus die Nothwendigkeit gestoßen, hat sie jetzt end-lich einige Arbeiterrubriken dem Gesetz untergeordnet, oder sich doch ent-schloffen, dies dem Reichstage vorzuschlagen. Jndeß ihre Zugeständnissegenügen auch nicht entfernt, und nächstens wird man weitere Rubrikendem Gesetz unterstellen müssen. Und so wird die Flick- und Pfusch-arbeit fortdauern. Und wohlgemerkt, durch diese Flick- und Pfujch-arbeit wird den Behörden eine ungeheure Masse überflüssiger Arbeitgemacht, und überhaupt eine kolossale Kräftevergeudung erwirkt.Am meisten tritt dies in den ländlichen Gemeinden hervor, wo diearbeitende Bevölkerung sich zum größten Theil nicht in bestimmte Kate-gorien abcheilen läßt, weil sehr vwle Einwohner während des Sommersund Herbstes, wo die Landwirt;, schuft viel Arbeitskräfte erheischt, in derLandwirthschaft arbeiten, im Winter und Frühlmg aber sich ihr Broderschrecken. Seit Jahrhunderten hat der Staat den Reichen Staats-Hilfe ertheilt— es ist endlich an der Zeit, daß er sie denen ertheile,welche ihrer bedürftig sind, und ohne die der Staat nicht bestehen kann.Im freien Staat, den wir erstreben, hilft das Volk sich selb st,denn Staat und Volk ist Eins, so daß Staatshilse und SelbsthilfeEins sind.Was wir hier über Produktiv Assoziationen der kleinen Handwerker(und sonstigen Geschäftsleute) sagten, das findet Anwendung auch aufdie Bauern, die, w-nn auch in anderer Form, unter denselben Miß-ständen leiden wie der„kleine Mann" in den Städten. Aus den Land-mann haben die Herren Wunderdoktoren es ganz besonders abgesehen.Sie hassen sein durch hundertjährige schlimme Ersahrungen leider nurzu begründetes Mißtrauen gegen die Städte weide ihn geneiut machen,als Mauerbrecher bei Bekämpfung der in den Stävten hauptsächlich ein-gewurzelien demokratischen Ideen zu dienen, und sie spielen sich selbstgewissermaßen als seine„Kollegen" auf. Sie sind jedoch meist hoheHerren, Gutsbesitzer, Großgrundbesitzer, Barone, Grafen und Fürsten.In genau derselben Weise sind die Fabrikanten auch d.e„Kol-legen" der Handwerker und Gewerbtreibenden. Wie die Fabri-kanten ihren kleinen„Kollegen" in der Stadt durch die Konkurrenz zuGrunde richten, so die Herren Großgrundbesitzer ihren kleinen„Kollegen"aus dem Land, den geliebten„Bruder Bauer". Es ist die Z ä r t I i ch-keit des Wolfs für dasLamm. Und wer die bekannte Kinder-fabel kennt, der weiß, daß das Lamm, um an diese Liebe zu glauben,ein Schaf sein muß.Was die wirthschaftliche Lage des Bauernstandes betrifft, so ist sie imWesentlichen dieselbe, wie die des„kleinen Mannes" in der Stadt. DieLandwirthschaft i st Industrie, wie jeder andere Arbeitszweig— nurunverständige Menschen können eine gegensätzliche Verschiedenheit anneh-men- sie ist sogar einer der wichtigsten Theile der„nationalen Arbeit",in Deutschland derjenige, welcher bis j-tzt noch die meisten Hände be-schästigt; und die nämlichen Gesetze, welche die Produktion in den übri-gen Arbeitszweigen beher:sch.m, beherrschen auch die Landwirthschaft.Der Kleinproduzent auf dem Land hat einen ebenso erbitterten Konkur-renzkanrpf mit dem Großproouz.nten aus dem Land, d. h. dem Groß-grundbesitzer zu sühren, wie d.r Kleinproduzent in der Stadt mit demGroßproduzenten in der Stadt, d. h. dem Fabrikanten.„Aber die K o r n z ö l l e Helsen uns doch!"Ja, so reden Euch die Wunderdoktoren vor, und diesen helfen sieauch. Von den Schutzzöllen haben wir bereit� vorhin gesprochen, undausgeführt, wie es deren Tendenz ist, die Preise der Lebensmittel in dieHöhe zu tieiben. Deijenige, der mehr dieser künstlich vertheueitenLebensmittel erzeugt und absetzt, als er für seine eigene Haushaltungdurch irgend ein Handwerk verdienen. Durch die jetzig- planlose Zevsplitterung und Verzettelung des Krankenkaffenwesens wird den ländlich«Gemeinden eine unverhältnihmäßige Arbeitslast aufgehalst. In d«städtischen Gemeinden ist es nicht ganz so schlimm, aber noch schlimi»genug. Kurz, abgesehen von dem reaktionären Wesen und Zwecke d-iKrankenkassengesetzes, hat die Reichsregierung oder, persönlich ausgedrückt»defundet� � � � � absoluteste Unfähigkeit zur Arbeitergesetzgebunß- Die erste Sitzung des Reichstags nach den Ferie,war nach mancher Richtung hin interessant. Zunächst fielen die Leiche»bittermlenen der Forffchrittler auf, die krank sind vor Schreck über ihnunstaatSmännische Kühnheit vom 15. Dezember. Die Leutchen sind s«gedrückt und äußerten sich auch so de- und wehmüthig, daß es keine»Zweifel mehr unterliegen kann: die größere Hälfte der Fraktion, j«vielleicht die gesammte Fraktion geschlossen, wird in der dritten Lesungs u r den zweiten Direktor stimmen. Wenn man„Kronvrinzenpartei*ist, muß man Rücksichten nehmen; und wenn man Fortschrittsphilist«ist, kann man nicht mit einer großen Dosts von Kourage ausgestattetGleich die erste Sitzung führte zu einem gewaltigen Skandal, in de»natürlich der geniale Reichskanzler die erste Geige spielte. Er fördert«bei dieser Gelegenheit die wundersame Entdeckung zu Tage, daß dieAuswanderung ein Beweis der Wohlhabenheit eines Landes seiNatürlich! wer gar nichts hat, kann nicht auswandern. Sogar dünationalliberalen Jasager waren verblüfft über die Staatsmännischkeitdieser Entdeckung.Die Budgetberathung, welche sich sehr in die Länge zieht,gab unseren Genossen mannigfachen Anlaß zum Eingreisen in di-Debatte. Ueber Auswanderung und Gesundheitsamt sprachen Hasen-!clever, Bock, Heine und Stolle.—Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Budgetberathung nicht voiAnsang März erledigt sein können, und dann soll der Reichstag de»Landtag Platz machen, welcher für den 15. d. M. zusammenberufen ist.— Ueber die Korruption des Richterstandes durchdas Sozialistengesetz haben wir wiederholt Gelegenheit gehab«zu reden. Sie tritt in Deutschland so offenkundig und skandalös hervor,daß auf diesen Krebsschaden gar nicht oft genug hingewiesen werde«kann.Wohl wissen wir. daß auch vor der Aera des Sozialistengesetzes d«deutsche Richterstand in Bezug auf Charakter sehr viel zu wünschen übrizließ; und wohl wissen wir, oaß auch in Staaten, die keine Ausnahme-gesetze haben, der Richterstand durch und durch korrupt sein kann. Allei»das liegt in den allgemeinen staatlichen und gesellschastlichen Verhält-nissen, welche die Gesetze zu Klassen g-setzen und die Justiz zu ein«Klassenjustiz im Sonderinteffe der herrschenden Klaffe machen.Die Korruption des Richterstandes durch polizeiliche Ausnahmegesetz«ist anderer Art und unterscheidet sich wesentlich von jener allgemeine«Korruption. Polizeigesetze sind Willkürgesetze. Die Willkür stehtaber m diametralem Gegensatz zur Jurisprudenz, zum juristische» Recht.!Freilich ist es uns nicht unbekannt, daß das juristische Recht mit de«einfach menschlichen Rechtsbegriffen, soweit wissenschastlich von solche«die Rede sein kann, nichts gemein hat und sie sehr häufig geradezu um-drehl und aus den Kops stellt,«llein das für Recht befundene Unrechtwird von dem juristischen Verstand in bestimmt- feste Regeln gebracht,an denen er zäh festhält und die bis zu einem gewissen Grad unterUmständen das Recht ersetzen. Regel verträgt sich aber nicht mitWillkür. Die eine schließt die andere aus; und da Ausnahmegesetz«die absolute Polizeiwillkür bedeuten, so berauben sie den juristische«�Verstand jener Regeln, die ihm die Rechtsbegriffs ersetzen, und entziehenihm damit seine einzige feste Grundlage, so daß er in das Chaos dtt>absoluten Polizeiwillkür gestürzt wird.Die Prozesse, zu welchen daS letzte Wahlmanifest der sozial«demokratischen Partei Anlaß gegeben hat, legen hiesür beredtesZeugnitz ab. In einigen Orten haben die Richter so, in anderen andersentschieden. So viel Gerichtshöfe, so viel Entscheidungen. Und doch a«sich, wie einfach die Sache!Das Manifest ist als K o p f b l a t t gedruckt, das heißt: für di- ver-;schiedenen Wahlkreise mit verschiedenem Anfang(Name des Wahlkreises)und Ende(Empsehlung des Kandidaten) hergestellt worden. In Folg«dessen hatte die verdotslustigc Polizei— die natürlich jedes sozial-deinokratische Wahlmanifest, und wenn Herr Madai selbst es geschrieoen,verboten hätte— statt eines Atanifestes über hundert Manifeste zuverbieten, die man doch erst verbieten konnte, nachdem mindestens ei«Exemplar abgefaßt war.Das für Leipzig und Umgegend bestimmte Manifest wurde vorzeitigvon der Polizei abgefaßt und als Manifest für Leipzig und Um-g e g e n d, das zur Empfehlung der Kandidaturen Bebel und Viereckdienen sollte, verboten.Es versteht sich von selbst, daß die Genossen dieses Verbot nicht alsein die Manifeste für alle übrigen Wahlkreise treffendes an-'sahen und die Verbreitung in ihren Wahlkreisen bewerkstelligten.An verschiedenen Orten wurden Genossen bei der Verbreitung vo«der Polizei betroffen, und gegen diese Genossen ist dann auf Grund desSozialistengesetzes Anklage erhoben worden, verbotene Schriften verbreitetzu haben.Nun bedarf es aber für pinen denkfähigen und unpatteiischen Mensche«gar keines Beweises, daß ein Wahlmanifest für Leipzig und Um-gegend n i ch t i d e n t i s ch ist mit einem Wahlmanisest für Zwickauoder Frankfurt am Main, und daß also das Verbot eines Wahl-manifestes für Leipzig und Umgegend sich nicht auch zugleich auf ei»Wahlmanisest für Zwickau oder Frankfurt a/M. erstrecken kann.verbraucht, macht allerdings ein gutes Geschäft. Unseren Herren Groß-grundbesitzer«— und wie gesagt, die Herren Wunderdoktoren gehörenzumeist dem glücklichen Stand der Großgrundbesitzer an— ist allerdingsmit den Heiltränkchen geholfen, welche sie den Landleuten vorschreiben:sie produziren das Getreide im Großen, und der durch den Zoll oedingt«Pretsaufschlag bringt einigen der Herren einen Mehrgewinn von 20 bis!30, Ovo Mark das' Jahr. Der Klein bauer, der verhältnißinäßig nurwenig Getreide vertäust, büßt die paar Mark, die ihm der erhöhte Korn-preis einbringt, doppelt und dreifach ein durch die erhöhten Preise, welcheer, in Folge der famosen„Wirthschaftspolitik", für die, nicht von ihmselbst produzirten Leoensmittel, für Kleiderstosse, Petroleum ,c. zahlenmuß. Statt zu profitiren, verliert er also— was i'-nt die Kornsteuer direkt in die eine Tasche steckt, nimmt sie, indem fie zusammenmit den übrigen Schutzzöllen und indirekten Steuern alle Ledensinittelim Preise steigert, ihm indirekt aus der andern Tasche,— und nochviel mehr dazu.„Aber wir müssen doch die„nationale" Landwirthschaft gegen dieKonkurrenz desAuslandes, besonders der Vereinigten Swatenschützen!"Die Konkurrenz der Vereinigten Staaten besteht in Wirklichkeit— dasleugnen wir nicht—, ist sogar weit übermächtiger, als man gemeinhinvermuthet. Die Vereinigten Staaten haben so kolossale Flächen frucht- m a:baren Ackerlandes, daS zum großen Theil noch nicht bebaut ist, und di«-sti gFlache des bebauten Landes wächst so rapid, daß die von unseren Land-wirthen befürchtete Ueberschwemmung der europäischen Märkte mit am«-rikanijchem Getreide in der That nicht als Hirngespinnst betrachtet wer-den kann. Denken wir uns, Deutschland und die Vereinigten Staatenseien Personen, jede ausgestattet mir den Hilfsquellen ihres Landes, sostehen sich Deutschland und Amerika gegenüber wie ein Kleinbauer undwie ein Großgrundbesitzer. Uno der Kleindauer Deutschland hat gegenden Großgrundbesitzer� Amerika ebenso wenig Aussicht im Konkurren,-kämpf zu bestehen, wie ein wirklicher Kleinbauer gegen einen wirklichenGroßgrundbesitzer.Zum Glück gibt es einen Ausweg, denselben wie für das untergehendeHandwerk: die Assoziation, die genossenschaftliche Produk-tion. Auf dem rurnd ist das Genossenfchaftsprinzip fast noch leichterzu verwirklichen wie in der Stadt; jedes Dorf ist eine natür-liche Assoziation. Thun sich die Kleinen zusammen, so sichernsie sich dre Vortheile der Großproduktion. Und wo es fehlt, da hat de«Staat mit Geleunterstützung und Kredit nachzuhelfen, und dafür zu sor-gen, daß der Betrieb ein gemeinnütziger, der Allgemeinheit frommende,sei, bis schließlich der sozialistische Betrieb den Privat-betrieb vollständig ersetzt hat.