in Oesterreich , aber das sind nicht die Deutschen , sondern die Ruthenen in Galizien , die Slovaken und Rumänen in Ungarn . Diese sind wirk- lich unterdrückt, denn diese Nationalitäten liefern daS Arbeitsoieh für die herrschende Aristokratie, und ihre politische Befreiung könnte ihre ökonomische Ausbeutung gefährlich machen. Die Deutschen bilden da- gegen den Kern der Bourgeoisie, und von einer ernstlichen Unterdrückung der Bourgeoisie kann heute kaum noch in Rußland , geschweige denn in Oesterreich die Rede sein. Thatsache ist, daß jede freiere politische Regung heute in Oesterreich unterdrückt wird, bei Slaven wie bei Deutschen . <So fielen von den 325 Konfiskationen, welche die jungtschechische »Narodny Lifly" seit den 25 Jahren ihres Bestehens erlitten, mehr als die Hälfte— 174— in die letzten sieben Jahre, d. h. die Aera Taaffe!) Thatsache ist weiter, daß das Deutschthum zurückgeht, nicht, weil es unterdrückt, sondern weil es nicht mehr geschützt wird. Es geht zurück in den gemischten Bezirken, wo die Deutschen die Bourgeoisie eepräsentirten und die Slaven die arbeitende Klaffe, Kleinbauern, Hand- werker, Proletariat. Diese Klaffen erhalten jetzt eine selbständige poli- tische Bewegung, die sich zunächst in selbständigem nationalem Leben iußert. Eine Reihe sogenannter„deutscher " Gegenden war thatsächlich slavisch, blos mit einem dünnen deutschen Bourgeoisfirniß überzogen, das slavische, speziell tschechische, war die Sprache des Arbeitsviehs und das zählte bisher nicht. Jetzt aber kommt dies immer mehr zur Bedeutung und damit bekommt eine bisher anscheinend deutsche Gegend immer wehr einen slavischen Charakter. Wie die deutschen Fabrikanten noch selbst dazu beitragen, das tschechische Element auf Kosten des deutschen tu vermehren, ist erst jüngst im Organ erörtert worden. Außerdem finden auch häufig, grade weil es sich jetzt zeigt, wie dünn die deutsche Schicht vielfach ist, Desertionen aus dem Lager der Deutschen in das der Tschechen statt. Darum möchten die Herren gern zu den Fleisch- topfen der alten ausschließlichen Herrschaft zurück, und darum ihr Jubel über Bismarcks„nationale" Ausweisungspolitik, ein Jubel, der nirgends weniger am Platze ist als in Oesterreich , und der nur beweist, daß die H« rren, gleich den alten Legitimisten. nicht«, absolut nichts gelernt haben.
Sozialpolitische Rundschau.
Zürich , 9. Februar 1886. „Die große Polendebatte" de« preußischen Landtags, schreibt man uns aus Berlin , war weder groß, noch eine Polendebatte. Von einigen fragwürdigen Anekdoten, Reminiszenzen und Drohungen des polternden Otto abgesehen, wurde die polnische Frage während der dreitägigen Debatte fast gar nicht erwähnt. Und was nun gar das„groß" anbelangt— daß Gott sich erbarm'! Gleich am ersten Tag verzapfte der polternde Otto in seinem Theaterzorn so viel Dummheiten und Indiskretionen, daß er am zweiten Tage eine neue Rede halten mußte, durch welche er Alles wiederrief, waS seine erste Rede intereffant und amüsant gemacht hatte. Der Schädel wird ihm wohl auch noch brummen von den allerhöchsten Vorwürfen wegen der despektirlichen Aeußerungen über ein Hohenzollern 'sches Königswort, und von dem Einspruch des Junkers von Hammerstein gegen die Expropriationspläne. Und wie zerknirscht und katzenjämmerlich er sich fühlen muß im Bewußtsein des kläglichen Schauspiels, das er der Welt gegeben! Wie der Donnergott stellte er sich hin: Jedermann, der an ihn glaubte, Mußte fest überzeugt sein, daß der böse renitente Reichstag von den Blitzen des zürnenden Olympiers zerschmettert, vernichtet würde. Ach— der Reichstag steht unbeschädigt da, und hat an Ansehen wesentlich gewonnen. Und an die Blitze des Olympiers aus der Wilhelmsstraße glaubt nicht einmal der jüngste Fuchs der Heidelberger mehr! Das Spiel war für Bismarck schon in dem Moment verloren, wo er fich zu dieser parlamentarischen Entrüstungskomödie entschloß, die doch nur eine verschlechterte Ausgabe der vorjährigen sogenannten„ n a t i o- nalen" Entrüstungskomödie war. Auf das Votum des 16. Januar gab es für Bismarck , von seinem autokratischen Standpunkte aus, nur zwei würdig« Antworten: Einen Staatsstreich oder die Auflösung des Reichstags. Konnte er— aus den einen oder anderen Gründen— keinen Staats- streich machen und auch den Reichstag nicht auflösen, so mußte er die empfangene Züchtigung ruhig einstecken und durch kluges Schweigen die fatale Affäre allmälig in Vergeffenheit zu bringen suchen. In seinem ohnmächtigen Grimm hat er nun das genaue Gegentheil gethan. Er hat seine Niederlage an die große Glocke gehängt und mußte am letzten Tag der großen Kanzlerblamage noch das Unerhörte erleben, daß der nationalliberale Wortführer, Herr H o b r e ch t, ihn schnöde im Stich ließ und kühl erklärte, er— Hobrecht— und seine Freunde hätten gar nicht an eine Kundgebung gegen den Reichstag , die oberste und alleinige Nationalvertretung des deutschen Volkes, gedacht. Und endlich noch der Schlußskandal, daß nur durch einen groben Bruch der Geschäftsordnung überhaupt eine Resolution gefaßt werden konnte. Genug— es hat sich auf's Glänzendste die Richtigkeit der stets von unseren Vertretern befürworteten Auffaffung bewahrheitet, daß der Reichstag , wenn er feine Pflicht thut und einen Konflikt n i ch t s ch e u t, vor all' seinen Widersachern keine Angst zu haben braucht, spielend mit ihnen fertig wird. Der erste Versuch ernsthafter Opposition ist gelungen: er hat dem Reichstag seine eigene Macht und die Ohnmacht seiner Feinde enthüllt. — Der Antrag auf Verlängerung des Sozialistengesetzes rst beim Bundesrath eingegangen und auch binnen wenigen Minuten von ihm erledigt und natürlich angenommen worden. Ueber die Sache selbst reden wir nicht; der einzige Grund, weshalb wir der Angelegenheit er- wähnen, ist folgender: Die preußische Regierung hatte ursprünglich die Absicht, erst im Laufe des nächsten Monats ihren Antrag einzubringen. Ganz plötzlich hat sie diesen ihren Entschluß geändert. Warum? Das ist das intereffante Moment. Wie wir wiffen, befindet der„eiserne" Otto sich im Konflikt mit dem Reichstag; und er möchte ihn gar gerne auflösen— wenn es nur ginge. Der Beschluß des 16. Januar gibt keinen passenden Anlaß, da er beim Volk einen zu guten Eindruck ge- macht Hai. Das Schnapsmonopol läßt sich ebenfalls nicht als Schlachtruf für eine Neuwahl verwenden. Vielleicht aber da» Sozia- listengesetz! Wie wäre es, wenn der Reichstag in seiner oppositionellen Stimmung sich gegen die Verlängerung ausspräche— hätte man da nicht eine prächtige Handhabe zur Heraufbeschwärung des Rothen Gespenstes? Und ließe sich mit Hülfe des Rothen Gespenstes nicht eine reaktionäre Majorität zusammenbringen? Wir halten es keineswegs für unmöglich. Zwar lacht jetzt in Deutsch - land jeder Mensch über das„Rothe Gespenst"— aber für 109,009 Mark kann man so viel Dynamit und so viele Dynamiteriche ankaufen, daß Hunderttausende nicht mehr lachen. Die Berechnung ist also keines- wegs so ganz unschlau. Sie hat nur ein Loch: die Majorität des Reichstags wird die Verlängerung des Sozialistengesetzes leichten Herzens bewilligen. r. Monopol. Von freihändlerischer und manchmal auch von staats- sozialistischer Seite wird— theils aus Ignoranz, theils mit diesen oder jenen Hintergedanken— noch immer das alberne Märchen kolportirt, als stecke im Monopol ein„sozialistischer Gedanke". Wir haben natürlich nicht Lust, die schon so oft ertheilte Lektion nochmals zu wiederholen und politischen Analphabeten das ABC der Nationalökonomie und So- zialdemokratie vorzukauen. Es fällt uns auch nicht ein, den hundertmal hervorgehobenen Unter- schied zwischen Fiskalismus und Sozialismus nochmals hervorheben zu wollen. Wir wollen heute nur ein kleines etymologisches ssprachforsche- tische«) Streiflicht auf die Frage fallen lassen. Betrachten wir den Ursprung des Wortes. Daffelb« stammt aus dem Griechischen und besteht aus einer Zusammensetzung von zwei Wörtern, von denen das erste: Mono— allein, das zweite: p o l — Handel, Handelsbetrieb, geschäftliche AuSbeu- t u n g bedeutet. Der Begriff der geschäftlichen Ausbeutung hastet der in vielen anderen Zusammensetzungen vorkommenden Wurzel p o l ganz wesentlich an.
Nach dem etymologischen Ursprünge heißt sonach das Wort Monopol: geschäftliche Allein ausbeutung— geschäftliche Ausbeutung zu Gunsten eines Einzelnen. Das heißt etwas p o t e n z i r t IX n- und A n t i sozialistisches. U n- und a n t i s o z i a l i st i s ch, daß geschäftliche Ausbeutung statt- findet. Verstärkung des un- und a n t i sozialistischen Moments dadurch, daß die geschäftliche Ausbeutung zu Gunsten eines Einzigen statt- findet— gleichviel ob eines ausbeutenden Individuums, einer ausbeu- tenden Gesellschaft oder ausbeutenden Staats. Nur ein ausbeutender Staat kann demnach überhaupt ein Monopol haben. Der Begriff der Ausbeutung ist von dem Monopol untrennbar; und es hat bis jetzt keine Form des Monopols gegeben, bei welcher dieser Charakter der Ausbeutung, der schmutzigsten wirthschaftlichen Ausbeutung, nicht klar und scharf zum Ausdruck gekommen wäre. Eine orientalische Fabel erzählt uns von bösen Geistern, die ihre Macht ver- lieren, sobald ein, ihnen auf die Stirne gebranntes Wort entziffert wird. Aehnlich ist's mit dem Monopol. Man braucht nur die Bedeutung des Wortes zu kennen, und man ist gegen die Möglichkeit gefeit, in irgend einem Monopo»*) etwas Heilsames erblicken zu können. — Die letzten Sitzungen des Reichstags boten im Ganzen nicht viel des Interessanten, und unsere Genossen hatten nur selten Ge- legenheit, sich zu betheiligen. Eine Gelegenheit bot Herr Ackermann mit seinem famosen„Befähigungsnachweis" zur Rettung der Handwerker. Von unserem Genoffen Grillenberger wurde dem Herrn Acker- mann betreffs seiner gesetzgeberischen Arbeit jedenfalls das Gegentheil eines Befähigungsnachweises ausgestellt. Einige Tage später gab das Gesetz zur Ausdehnung der Unfall- und Krankenversiche- rung auf die landwirthschaftiichen Arbeiter unseren Genossen F r o h m e und Bock Anlaß, den Standpunkt der Partei zu entwickeln. Und end- lich am 5. d. fand eine ziemlich lebhafte Wahlprüfungsdebatte statt, an welcher sich die Genossen Singer und Hasenclever betheiligten. Die Frage der Wahlprüfung und des Wahlprüfungsverfahrens wird voraussichtlich in nicht ferner Zeit den Reichstag ernstlich beschäftigen— das jetzige Versahren ist einfach unhaltbar. — Ein Seiteustück zur Frankfurter Säbel-Affäre. Man schreibt uns aus Pegau m Sachsen : Am 24. v. Mts., Abends 11 Uhr, wurden 3 Zivilisten von einer bewaffneten Rotte, ungefähr 30 Mann, Soldaten, überfallen, mit Säbelhieben und Stichen derartig zugerichtet, daß man anfänglich an ihrem Auskommen zweiselte. Ruhig ihres WegeS gehende Paffanten wurden mit Säbelhieben und Schimpfreden traktirt und muß- ten die Flucht ergreifen. Es war, als ob diese Nacht eine Meute wilder Thiere losgelassen wäre. Der Grund dazu war folgender: Acht Tage zuvor hatte sich bei einem Streit zwischen Zivilpersonen im Saal der „Börsenhalle" ein Unterwachtmeister hineingemengt, ohne daß ihn die Sache etwas anging, und war dasür an die Lust gesetzt worden. Der Garnisonsälteste, Rittmeister Freiherr v.Ende, soll nun, als er diese Sache erkahren, wüthend geworden sein und besohlen haben, diese„lumpigen Schuster", wie er sich auszudrücken beliebte, zu- fammenzuhauen! Jedenfalls wurde Tags vor der Affäre Jnstruk- tion ert heilt, wie man anzugreifen hätte. Die Wache wurde oer- dreisacht, die halbe Garnison ausgeboten, und der Lieutenant Sturm mit der„Führung" betraut. Nun denke man sich unter dem Befehl eines Offiziers eine Rotte Soldaten über drei Zivilisten, darunter zwei schwache, halbwüchsige Burschen, herfallen! Der ganze Marktplatz hat von Helmen und Säbeln geblinkt, so daß diese Meute in ihrem K ampfeseifer fich gegenseitig verwundete, v. Ende bestellte diese Helden früh 5 Uhr zu sich, ließ sie über ihre Heldenthaten Bericht erstatten, instruirte sie, wie sie im Fall einer Untersuchung auszusagen hätten, der Posten wäre angefallen worden rc., und erwartet nun seine Lorbeeren. Jedenfalls wird er bald zum Major befördert werden.(Die standes- gemäßen Schulden hat er schon.) Er ist ein Wüstling, welcher schon Hunderttausende verpraßt hat und den sein„freies Leben" derart kör- perlich und geistig zu Grunde gerichtet, daß er im wahren Sinne des Wortes dreiviertels verrückt ist. Sein Komplice, ein Lieute- nant v. Z e h in, äußerte neulich zu seinem Diener:„Sie müssen mir ansehen, wenn ich schlechte Laune habe, und müssen mir dann aus dem Wege gehen, man begeht sonst oft Dinge, welche man dann später be- reut." Das heißt mit andern Worten: Wenn man seiner Sinne nicht mächtig ist, geht man leicht mit der blanken Waffe auf den Diener los, wie es vorgekommen ist. Jetzt sind die Helden so tapfer, daß sie Abends sich von 2 Soldaten nach Hause bringen lassen. Sie fürchten nämlich von dem Publikum für ihre Mordskomödie gelyncht zu werden. Unsere elende Amtsblatt- presse fauch die„Frankfurter Zeitung ") erzählt indessen der Welt von dem frechen Angriff gegen die hiesige Militärwache. Daß man aber zuvor Schindluder mit der hiesigen Einwohnerschaft spielen wollte, verschweigt sie. Steuerzahlen, Maulhaten, Sol- d a t e n s p i e l e n ist ja die Devise unseres von Unteroffizieren regierten„Vaterlands" für Krautjunker und.B e d i e n t e n. — Sie haben sich doch vereinigt! Der Uhlmann und der Niethammer sind einander in die Arme gesunken und der Uhlmann hat dem Niethammer das Opfer gebracht, seine Kandidatur zurückzuziehen. Da es im 19. sächsischen Wahlkreis so wie so nicht zu einer Stichwahl gekommen wäre, so ist diese Versöhnungs- und Einigungskomödie ohne jegliche praktische Bedeutung. Hübsch ist's aber auf alle Fälle, daß das Sprüchlein wieder einmal Recht behalten hat: Ordnunzsbrei schlägt sich, Ordnungsbrei verträgt sich.- — Der vorstehenden heiteren Nachricht kam eine noch hei- terere unmittelbar nachgeeilt. DerRücktritt Uhlmann's hat auf den armen Niethammer so deprimirend gewirkt, daß derselbe ebenfalls zurück- trat und die„Große einige Ordnungsvartei" zwei Tage hindurch in voller Verzweiflung war. Der ganze Wahlkreis wurde von Kandidaten- jägern durchstreift. Will denn kein Durchsallskandidat sich finden? Umsonst alles Suchen. Wenn der Uhlmann und der Niethammer nicht anbeißen wollen, dann muß das Ding verteufelte Haken haben!— dachten die„mit dem Vertrauen ihrer Mitbürger Beehrten", und Keiner biß in den sauren Apfel. Endlich am dritten Tag— als die Roth am höchsten war und das Ordnungskomite bereits auf dem Sprunge stand, den Uhlmann und den Niethammer zu bitten, fle möchten doch„Schrift oder Wappen" um den 19. Wahlkreis spielen, da entdeckte ein Komitemitglied im„Blauen Engel" zu Zwönitz einen weinseligen Fabrikanten, Namen« T z s ch i e r- l i ch aus Geyer , der, nachdem ein Halvdutzend Flaschen noch die letzten Bedenken weggeschwemmt hatten, heroisch sich zu dem Opfer entschloß und die Ordnungs- und Durchfallskandidatur annahm. Also T z s ch i e r l i ch heißt der Durchsallskandidat, statt Niethammer oder Uhlmann— das ist der ganze Unterschied. — Im sächfischeu Landtag ist das berüchtigte Ausweisung s- g e s e tz mit allen gegen die 5 sozialdemokratischen Stimmen a n g e- n o m m e n worden, und wird also, da die Annahm« in der ersten Kammer bereits erfolgt ist, in nächster Zeit schon in Krast treten. In die Polizeiwillkür ist Methode gebracht und der Polizeiwillkür außerdem ein weit größerer Spielraum gelassen, als sie vorher hatte. Die Oppo- sition unserer Genossen wurde vollständig ignorirt. Daß die sogenannten Fortschrittler„mitmachten", braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden. Wer sich noch in der Einbildung wiegt, man könne durch Vernunft- gründe und Erwägungen der Humanität und Billigkeit auf politische Gegner einwirken, der braucht sich nur einen Tag in den sächsischen Landtag zu setzen und er ist von seinem Wahne kurirt. — Wie man den Rothstand abschafft— das ist ein Problem, deffen Lösung unseren Gegnern bisher viel Kopfzerbrechen verursacht
*) Wo der Staat aus hygienischen oder sonstigen Wohl- fahrtsrücksichten irgend einen Industriezweig, z. B. die Fabri- kation von Zündhölzern, der Privatindustrie entzieht und ausschließlich- selber betreibt, so kann das nur mit Unrecht ein Monopol genannt werden, well das wesenlliche Moment deS wirthschaftlichen AuSbeu» tungSzweckS fehlt.
hat, dies jedoch in Zukunft nicht m-hr thun wird, sintemalen ein säch- sischer Stadrath eine ebenso einfache alS radikale Lösung entdeckt hat. Wir wollen die Sache erzählen. AuS Meerane in Sachsen liefen in den letzten Wochen entsetzliche Nachrichten durch die Zeitungen über den dort eingetretenen Nothstand. Unter Anderem hieß es, daß nahezu 200 Fktmilien keine Betten mehr besäßen; kurz, der Nothstand von Meerane wurde stehende Rubrik. ES bildete sich ein Nothstandskomite, das nach Kräften Abhilfe schaffen wollte, und einen Aufruf zu Geldsammlungen erließ. Da kam dem Stadtrath von Meerane eine leuchtende Idee: er löste das Nothstands- komite auf, beschlagnahmte die ihm zugegangenen Gelder und erklärt« den Nothstand zwar nicht für abgeschafft, aber für nicht bestehend I Kein Nothstandskomite, kein Nothstand! So lautet die geniale StadtrathS- Devise l Ob die 200 Familien in Folge der Wunderkur ihre fehlenden Betten zurückbekommen haben, das wiffen wir nicht. Es ist schwer, Auskunft zu erlangen, denn wer nach dem Nothstand in Meerane fragt, zieht die Wahrheitsliebe des Meeraner Stadtrathes in Zweifel, beleidigt die braven Stadtväter und muß froh sein, wenn er einer Anklage entrinnt! — Ein konservativer PfiffiknS, dem die neuliche Ankündigung Puttkamer's, daß die preußische oder Reichsregierung an keine Beschrän- kung des allgemeinen Wahlrechts denke, etwelches Kopfzerbrechen verur- sacht zu haben scheint, ist jetzt auf folgendes Auskunftsmittel verfallen, das von den Organen seiner Partei auch gebührend kolportirt wird: Man muß sich erst klar darüber machen, was eine Beschränkung deS allgemeinen Wahlrechtes denn eigentlich sei. Oeffentliche Abstimmung, ein Steuerzensus, ein Befähigungsnachweis— das wären z. B. un- zweifelhaft Beschränkungen. Dagegen wäre es keine Beschränkung, wenn Bestimmungen getroffen würden, welche die„Reinheit" und„richtige Ausübung" des Wahlrechts sichern, ohne daß irgend einem Stand oder einer Klaffe eine Bevorzugung ertheilt wird. Eine solche Bestimmung, die nur heilsam sein könnte, wäre: das allgemeine Wahlrecht nur den- jenigen Staatsbürgern zu geben, welche das— 50., geschrieben: das fünfzigste Jahr zurückgelegt haben. Für die 50 Jahre hat der Pfiffikus sich deshalb entschieden, weil es „statistisch und durch die Erfahrung nachgewiesen, daß ein Rann mit 50 Jahren die höchste geistige Potenz, gepaart mit praktischem Sinn, erlange." Wir hätten gedacht, unser Pfiffikus hatte in seinem Resormeifer doch wenigstens das ehrwürdige Schwabenalter schonen sollen l — Von Herrn Maximilian Schlesinger in Breslau geht uns ein weiteres Schreiben zu, worin er behauptet, er sei zu der von uns„als durch nichts zu rechtfertigende Gemeinheit" gerügten Erklärung durch die „allerschmutzigiten Vorwürfe auf Grund der lügenhaftesten Darstellungen" geradezu provozirt worden. Wüßten wir die Vorgeschichte dieser Erklä- rung, welch letztere wir nur vom Hörensagen zu kennen scheinen und die er deshalb beilege, so würden wir„vielleicht doch einige Rechtsertigungs- gründe gesunden haben". Wir haben daraus zu erwiedern, daß wir zu unserm harten Urtheil lediglich durch die Lektüre der Schlestnger'schen Erklärung selbst gekom- men sind und daher auch nicht in der Lage sind, dasselbe zu modiflziren. Wir kennen freilich die Lorgeschichte der Erklärung nicht, aber selbst wenn sich alles so verhielte, wie Herr Schlesinger behauptet, so durfte er in dem Moment, wo er sein Flugblatt erließ, d. h. zur Zeit des Vorgehens der Polizei gegen die Druckerei, es nicht so fassen, daß eS auf eine Rechtfertigung der polizeilichen Intervention hin- auslief. Selbst der„unsägliche Eckel", der Herrn Schlesinger ergriff, als man auf der Gegenseite versuchte, ohne Zuhilfenahme der Gerichte zum Rechte zu kommen, entschuldigt diese Handlungsweise nicht. Wenn zum Schluß Herr Schlesinger anfragt, wie wir es praktisch be- wirken würden, daß ein Genosse, der eine politische Denunziation erlassen, aufhörte,„unser Genosse" zu sein, so ersuchen wir ihn, uns zunächst den Nachweis zu liefern, daß solches geschehen, wir werden ihm alsdann gern die gewünschte Antwort ertheilen. — Frankreich . Die am letzten Sonntag abgeschlossenen Ergiin- zungsivahlen zum Pariser Gemeindcrath haben wieder ein glänzendes Zeugniß abgelegt für die stärke des sozialistischen Gedankens in Paris . Obwohl den Kandidaten der sozialiflischen Arbeiterparteien in allen Bezirken Kandidaten der sozialistischen Radikalen gegenüber- standen,— worunter verschiedene sehr angesehene ehemalige Kommu- nards— die erklärten, das sozialistische Programm vollständig zu akzep- tuen und für alle Arbeiterforderungen einzutreten, und für die die gesammte radikale Presse warb, hatten die ersteren doch überall einen Stimmenzuwachs zu verzeichnen— insgesammt in allen 10 Bezirken, darunter mehrere Quartiere der Noblesse, von 5117 im Jahre 1884 auf 9 3 19. Gewählt wurden ein Republikaner vom linken Zentrum, acht sozia'istische Radikale fu. A. H u m b e r t vom„Jntransigeant" und L o n g u e t von der„Justice") und ein revolutionärer Sozialist Jules I o f f r i n. Letzterer erhielt in einem Bezirk, der zum Clemenceau 'schen Wahlkreis gehört, 3307 Stimmen gegen 2795 Stimmen, die aus Dr. Jaclard, Dbetst unter der Kommune und Kandidat Clemenceaus's, fielen. Von 6999 abgegebenen Stimmen kamen 6102 aus erklärte Sozialisten! Die Amnestiefrage ist nunmehr endgültig begraben, nachdem allerdings die Mehrzahl der politischen Verbrecher begnadigt worden. Die Lynchung des Grubendirektors Watrin in Decazeville (Departement Aveyron in Südsrankreich) ist in Arbeiterkreisen mit allgemeiner Genugthuung aufgenommen worden. Watrin war ein Leute- schinder schlimmster Sorte, der an nichts dachte als an Lohnverkürzungen, und nicht nur bei den Bergarbeitern, sondern in der ganzen Stadt gründlich verhaßt war. Es ist überaus bezeichnend, daß dieser Akt wilder Gerechtigkeit in einem Distrikt paffirte, der von der sozialistischen Agitation bis dahin ganz unberührt geblieben. Der Arbeiter B.asly, den die Radikalen bei der Deputirtenwahl auf ihre Liste nah- men, um die Arbeiterstimmen zu fangen, hat das in ihn gesetzte Ver- trauen der Ersteren schmählich getäuscht; statt sich von ihnen schieben zu lassen, schiebt er sie. Cr handelt als ein wirklicher Arbeitervertreter, reiste sofort nach Ausbruch des Streiks nach Decazeville, untersuchte die Beschwerden seiner ehemaligen Kameraden, und tritt nun energizch für ihre Sache ein. Er hat bereits mit Clemenceau einen argen Konflikt gehabt, weil dieser nicht dulden wollte, daß in der Interpellation an den Ärbeusminister— über die Stellung der Regierung zu dem Verhalten der Grubenverwaltung— die Leute, welche Watrin aus dem Fenster stürzten, als„jueticiers"(Rächer) bezeichnet werden. Sein energisches Vorgehen hat auch auf einige andere Arbeiterdeputirte anfeuernd gewirkt, u. A. auf Camölinat. Für die Sympathie der Pariser Bevölkerung mit den„Rächern" zeugt der Eifolg der Sammlungen des„Cri du Peuple" für die Familien derselben. Letzten Sonntag fand eine von dem genannten Blatt veran- staltete große Versammlung zu ihren Gunsten statt, die trotz hohen Entrvs von nahezu 4000 Personen besucht war. Es sprachen u. A. Louise Michel , Vaillant, Chauviöre, Guesde, sowie die drei Arbeiterabgeordneten B o y e r(Marseille ), C a m ö l i n a t und Basly, welch Letzterer in musterhaftester Weise den Vorsitz führte. „Alle Redner," heißt es in einer uns zugehenden Korrespondenz über dies« Versammlung,„betonten den entschieden sozialistischen Standpunkt, doch steigerte sich die Bewegung noch in den Zuhörermassen bei den durch fortwährenden Beifallesturm begleiteten Ausführungen Guesde's, der die Frage in Zusammenhang mit den ökonomischen Verbältnissen beleuchtete und nachwies, daß die Aktionäre der Gruben Frankreichs nahezu 100 Millionen Dividenden ziehen, während 80,000 Grubenarbeiter insge- sammt nicht die Summe von 75 Millionen erreichen, und mit den Wor- ten schloß: Die Bergarbeiter sind so lange nicht gerächt, als die kapita- listische Ausbeutergesellschaft nicht expropriirt ist." Zum Schluß nahm die Versammlung mehrere Resolutionen an zu Gunsten der streikenden Bergleute und gegen die Haltung der Regierung denselben gegenüber. — AuS Norwegen . H ö v i k, 24. Januar. Da ich bis jetzt nichts im Parteiorgan über unsere Bewegung hier im Norden gelesen habe, eS die Genossen aber interessiren dürfte, Einiges darüber zu vernehmen, so will ich mit Gegenwärtigem einen kleinen Ueberblick geben über den Stand unserer Partei, seit dem 1. März 1885, wo wir unjre konstituirende Versammlung hatten. Wir haben uns in der Agitation nicht auf Ehrt« stiania beschränk:, sondern auch Zweigvereine im Lande gegründet, fo für Höoik und Lysacker, Grorud, Bergen, Skien und PourSgrund, in