den",„Hamburg Finanzstelle der sozialdemokratischen Bewegung inDeutschland",„nicht weniger als 17 freie Kassen"— o Spiegelberg,wir kennen Dich! Die„17 freien Kasten" sind's, was unserm Lügen-Engel in die Polizeinase sticht! Wenn man die„17 freien Kasten" miteinem kühnen Griff in die Polizeitaschen stecken und so das Puttkamer'scheIdeal verwirklichen könnte!!Nun— so leicht wird's doch wohl nicht gehen, denn Lügen-EngelsLügen sind nur Lügen-Engels fromme Wünsche, und selbst frommePolizeiwünsche sind noch keine Erfüllung.— Der Staatsstreich in Bulgarien— wir sagen absichtlichNicht der bulgarische Staatsstreich, weil Bulgaren nur eine untergeord-Nete Rolle dabei spielten diese von Väterchen angezettelt?„Revolu-tion" hat ein überraschend schnelles Ende genommen. Die„VerschwörerSr. Majestät des Zaren" hatten den Handstreich sehr geschickt eingeleitetund den ersten Akt zur vollsten Zufriedenheit ihres Herrn und Gebietersdurchgeführt— man arrangirte sogar eine„begeisterte Demonstrationdes befreiten Volkes", die einen Potemkin zu Thränen gerührt hätte—aber ehe noch mit dem zweiten Akt: Huldigungen im ganzen Lande nebstobligaten Dankadresten an den gnädigen Zaren, begonnen werden konnte,da zeigte es sich schon, daß die sauberen Intriganten die Rechnung ohneden Wirth gemacht, und dieser Wirth heißt: das bulgarischeVolk. Mit einer Entschloffenheit, die sowohl Väterchen an der Newa-als auch Bismarck in Franzensbad eingestandenermaßen im höchstenGrade überraschte, erhob sich dieses, kaum daß ihm die Sachlage klargeworden, in seltener Einmüthigkeit, und heute befinden sich die Staats-streichler bulgarischer Abkunft entweder hinter Schloß und Riegel oderpuchtig im Ausland. Letzteren wird zum Glück Väterchen ein Asyl ge-währen, daß sich die Schweiz kläglich dagegen verkriechen muß— manwird in Zukunft nur noch von der russischen Asylfreiheit reden.Alexander von Battenberg aber, den die Gruew, Zankow und Konsortenwicht nur gestürzt was ja an sich nichts Unerhörtes gewesen wäre—,sondern auch mit beispielloser Gemeinheit an Rußland ausgelieferthatten, ist ,etzt, nachdem Väterchen ihn im ersten Schreck sreigelaffen,unter der allseitigen Zustimmung der Bevölkerung nach Bulgarien zurück-gekehrt.Wir brauchen nicht erst besonders zu erklären, daß uns die Persön-lichkeit des Battenbergers durchaus gleichgültig ist, und daß wir, wenndas bulgarische Volk aus eigener Initiative sich seiner entledigt hätte,sür ihn höchstens genau daffelbe Mitleid empfunden haben würden, wieheute der Bourgeois für einen aus Lohn und Brod gejagten Prole-tarier.Im gegenwärtigen Moment aber verkörpert sich in ihm ein P r i n-sip: das der Unabhängigkeit Bulgariens von derru fischen Oberhoheit, und es macht dem Freiheitssinn und dempolitischen Instinkt des bulgarischen Volkes wirklich alle Ehre, daß essich von den russischen Sirenengesängen nicht bethören ließ, sondern fest»u dem Repräsentanten seiner nationalen Selbständigkeit stand.Eine kläglichere Niederlage, als sie der„Besreier-Zar" in dieserAffäre erlitten, ist nicht denkbar. Er hat es nicht verhindern können,daß das bulgarische Volk seine Stimm« erhob, und trotz des Rubelsaus Reisen fiel diese einstimmig gegen ihn und seine Leute aus. WiderWillen hat er der Welt den Beweis geliefert, daß das bulgarische VolkBichls, absolut nichts von ihm wissen will, und so sich selbst den Vor-wand einer bewaffneten Intervention in Bulgarien unmöglich gemacht.Das ist ein Resultat, welches jeder freiheitlich denkende Mann freudig»u begrüßen alle Ursache hat.� Wir haben die erbärmliche Rolle, welche der Lenker der deutschen Po-Iltik bei der ganzen Affäre gespielt, schon in voriger Nummer gekenn-Zeichnet, und können heute zu unserer großen Genugthuung konstatiren,daß fast die gesammte öffentliche Meinung in Deutschland diesmal infll« icher Weise wie wir geurtheilt hat. Es ist nicht übertrieben, wennwir sagen, daß zum ersten Male seit langen Jahren sich in Deutschland«>ne allgemeine Opposition auch gegen die auswärtige Politikdes bisher als auf diesem Gebiet als unfehlbar angestaunten Kanzlerserhoben hat— das Ansehen Bismarcks als Diplomat hat in diesenTagen einen Schlag erhalten, der nicht so schnell wieder weit gemacht,mindestens aber auf Viele eine sehr heilsame Wirkung ausüben wird.Das deutsche Volk hat sich bisher viel bieten lassen, aber eine Politik,die es zwingt, den berussmäßigen Handlanger des despotischen Rußlandzu spielen, geht ihm doch wider den Strich.Rur die notorisch offiziösen Blätter haben den Versuch gewagt, Bis-tnarcks Verhalten zu beschönigen, und die Art, wie sie sich dieser Auf-gäbe zu entledigen suchten, zeigte erst recht, wie deutlich sie fühlten, daßsie für eine verlorene Sache eintraten. Sie verlegten sich auf das plattesteSchimpfen und Verdächtigen; die brave„Kölnische Zeitung", dieses Or>gan des anständigen, gebildeten Bürgerthums, wußte sich so-gar keinen andern Rath, als zum Stöcker'schen Antisemitismuszu flüchten und die Entrüstung über die ehrlose Ruffenknechtschast alsSache von„Moses und Cohn" hinzustellen. Wer durch diese Art derVertheidigung mehr gebrandmarkt wird, der, den man vertbeidigen will,oder der, dessen man sich dabei bedient, ist wirklich schwer zu entscheiden.Der Humor bei der Sache aber ist, daß zu den Blättern, die ihrem«erdruß über die unehrenhafte Haltung Deutschlands in der bulgarischenAngelegenheit unverholenen Ausdruck gegeben,— auch du, mein Sohn,bei Moses und Cohn?— der antisemitische„Reichsbote"gehört I Das sagt ganze Bände.— Nichts kennzeichnet die Rath- und Planlosigkeit des Herr-schenden Systems gegenüber der Arbeiterbewegung deutlicher,als die jetzigen Verfolgungen der Fachvereine und Ge-w e r k s ch a f t e n.Während der Hätz des Sttcntatsjahres 1878 wurden diese systematisch von Oben herab b e g ü n st i g t.„Es ist uns ferne, so sagten dieHerren Sozialistentödter,„den Arbeitern irgendivie zu nahe tretenzu wollen; unsere Absicht ist einzig, sie aus den Klauen der abscheulichenDemagogen zu befreien, welche die braven und ordnungsliebenden deutschen Arbeiter auf das politische Eis gelockt haben. Das, worauf«s dem Arbeiter ankommt, ist, daß er seine materielle Lage verbessere.In diesem Bestreben wollen wir ihn mit allen Kräften unterstützen.Mögen die Arbeiter sich über ihre Interessen klar werden, mögen siedieselben in Versammlungen und Vereinen besprechen und fördern—wir wünschen nichts sehnlicher— nur von der bösen Politik sollensie die Finger lassen. Denn von der Politik verstehen sie nichts. DiePolitik ist nur für die großen Herren, welche die gütige Vorsehung andre Spitze des gott- und sürstenbegnadeten deutschen Volkes gestellthat."In zahllosen Reden, Leitartikeln, Flugschriften und Büchern wurdedieses Lied heruntergeleiert; und die deutsche Polizei gab den Kommen-tar dazu, indem sie alle politischen Arbeitervereine und Arbeiterorgani-sationen zerstörte, die Gründung unpolitischer aber gewähren ließ, sogarpositiv begünstigte. Insbesondere die preußische Polizei, welcheiwar nicht an der Spitze der Zivilisation, aber doch der deutschen Polizeiwarschirt, befolgte geflissentlich diese Taktik und ging damit den bundes-staatlichen„Kollegen" voran, die vielfach erst durch das Beispiel derpreußischen„Chefs" belehrt werden mußten.Es ist eine Thatsache, daß nach dem Inkrafttreten des Sozialisten-gesetzes die Fachvereins- und Gewerkschaftsbewegungbald einen außerordentlichen Ausschwung nahm— die von politischenZielen gewaltsam abgedrängten Emanzipationsbestrebungen der Arbeiter-klaffe machten sich theilweise aus dem gewerkschaftlichen Boden Luft. InFrankreich erlebten wir nach dem Juniausstand, dessen blutigeNiederwerfung die politischen Hoffnungen des Proletariats auf Jahrehinaus vernichtete, genau daffelbe Schauspiel— der Strom der Arbeiter-bewegung wurde in das gewerkschaftliche Fahrwasser gedrängt.—Natürlich ließen die deutschen Arbeiter sich durch die heuchlerischenLiebeserklärungen der Urheber und Vollstrecker des Sozialistengesetzesleinen Augenblick täuschen. Sie wußten sehr genau, woran sie waren,und warfen sich in die gewerkschaftliche Bewegung, überzeugt, daß jedeArbeiterorganisation das Klassenbewußtsein der Arbeiterschärfen und dem Klassenkampf dienen müsse.Der„geniale" Nichtswisser Bismarck und sein gleich geist- und kennt-nißreicher Puttkamer hatten hiervon natürlich keine Ahnung, und als sieendlich dahinter kamen, wie grausam sie sich verrechnet hatten, da wußtensie in ihrem ohnmächtigen Zorn nicht, was sie alles thun sollten. Derfamose Puttkamer'sche Streik Erlaß nebst dem ebenso famosen Versamm-lunqs-Ulas des nämlichen Individuums sind Ergüsse dieser kindischenWuth, die in solch' grotesken Vorkommnissen, wie der Maßregelungund Verurtheilung des Maurers Pinkernell««inen praktischenAusdruck gefunden haben.Dem Maurer Pinkernelle hatte, wie unsere Leser wissen, der Polizei-Präsident in Hannover die Frechheit zu sagen, er solle sich von derAgitation fernhalten, denn er verstehe nichts von Politik. Ein Vorwurf,der jedenfalls dem betreffenden Herrn Beamten mit zehnfacher Berech-tigung zurückgegeben werden kann. Der Mann versteht offenbar nichtsvon Politik, denn sonst würde er nicht die Unvorsichtigkeit begangenhaben, einen Arbeiter, der bisher blos in der Fachvereinsbewe«gungthätig gewesen war, gerade durch seine Ver-urtheilung auf das politische Gebiet hinüberzu-drängen.Die mystische Grenzlinie, die nach der Phantasie der Puttkamer undKonsorten zwischen den reinen A r b e i t e r bestrebungen und poli-tischen Bestrebungen, mit anderen Worten: zwischen erlaubter undunerlaubter Arbeiterorganisation bestehen soll, besteht eben nur in denSchädeln der Puttkamer und Konsorten; jeder Versuch, diese Linie inWirklichkeit zu ziehen, muß zur lächerlichsten Willkür werden.Und was ist das thatsächliche Ergebniß dieses neuestenFeldzugs gegen die Fachvereins- und Gewerkschaftsbewegung? Daß denSunderltausenden von geistig weniger regsamen Arbeitern, welche dieNothwendigkeit des politischen Emanzipationskampfes noch nichtvollständig begriffen hatten, jetzt der Staar gründlich gestochen wird,und jeder Arbeiter, der seine Lage verbessern will— und welcher Ar-beiter will das heutzutage nicht?— in den politischen Kampfgetrieben, das heißt der Sozialdemokratie zugeführtw i r d IWir haben also alle Ursache, mit den verrückten Experimenten undAengstesprüngen der Puttkamer und Konsorten recht zufrieden sein. Undso blöde die Herren auch für die Zeichen der Zeit sein mögen, siewerden wohl noch in emvsindlu,. Weise auf dieselben aufmerksamgemacht werden, daß ihnen'schließ'!''- doch ein Schimmer der Wahrheitaufdämmern dürfte.Meist heißt's dann freilich: zu spstt.—„Es ist bitter, wenn man sich bei Bekämpfung solcherRuchlosigkeiten— die Sozialdemokratie ist gemeint— von Seines-gleichen, von Männern der gleichen Bildung, und des gleichen Standesdas Leben muß sauer machen lassen" Mit diesen, nicht sehr korrektzusammengestellten, aber treu wiedergegebenen Worten wandte sich beieinem der letzten Leipziger Sozialistenprozesse der Staatsanwalt H äntz-schel an einen der Bertheidiger, der sich die Freiheit genommen hatte,ihn und seine fadenscheinigen Staatsanwalts- Argumente aus den Sandzu setzen. Der naive AuSrus ist nach zwei Seiten hin interessant. Ein-mal insofern er zeigt, daß nach des braven Staatsanwalts Meinung„Seinesgleichen", d. h. die Mitglieder der herrschenden Klaffe, gegendie Arbeiter zusammenhalten müssen. Und zweitens sehen wir daraus,daß der Leipziger Herr Staatsanwalt es sür die Pflicht eines Verthei-digers hält, seinen Klienten an das staatsanwaltschaftliche Messer� zu lie-fern. Jedenfalls liegt in dieser interessanten Aeußerung das Geständniß,daß die heulige Klassenjustiz eine I u st i z f a r c e ist. Und sür diesesGeständniß sind wir Herrn Häntzschel recht dankbar.— Bei der Nachwahl im Kreiie Lauenburg haben erhalten:Berling(deulsch-freisinnig) 3510 Stimmen, Gras Bern st orffkonservativ 2903 Stimmen und Molkenhuhr(Sozialdemokrat) 6(58Stimmen. Gegen die Wahl von 1884 habendie Konservativen 1 885 Stimmen verloren,die Freisinnigen 7g t„„die Sozialdemokraten 621„ gewonnen.Bei allgemeiner Abnahme der Wahlbetheiligung hat einzig und alleinunsere Partei einen Stimmenzuwachs zu verzeichnen. Nur einmal, undzwar zur Zeit der Hochfluth der sozialistischen Agitation im Jahr 1877,hatte unsere Partei in jenem Kreise eine größere Stimmenzahl zu ver-zeichnen als diesmal,-nämlich 1710 Stimmen, die auf den verstorbenenGenoffen Geib entfielen. Aber schon 1878 sank die Stimmenzahl aus347, 1881 wurden gar keine und 1834 nur 47 Stimmen für uns ab-gegeben, so daß das diesmal erreichte Resultat als ein erfreulichesZeichen neuen Vormarsches begrüßt werden darf. Und diesmal standuns, was im Johre 1877 nicht der Fall, ein Kandidat der äußerstenbürgerlichen Opposition gegenüber— gar nicht zu reden von polt«zeilichen Chikanen ärgster Art, wie sie das Sozialistengesetz nur mit sichbringen kann!— Eine Lüge angenagelt. Wir lesen in„R e ch t v oor Allen",dem Organ unserer niederländischen Genossen:„In einer der deutschen Zeitungen stand bei Gelegenheit des Auf-ruhrs in Amsterdam ein Telegramm, das sozialistische Parteiorgan„Recht voor Allen" habe erklärt, daß die Sozialisten nicht ruhen werden,bis die Städte Hollands in Flammen aufgegangen. Stärker zulügen ist wohl unmöglich. Von dieser Noti, gilt auch das bekannte:„Gelogen wie telegraphirt". Wer weiß, ob nichtBismarck oder sein Adjutant Puttkamer, die vielleicht solche Nachrichtensabriziren lassen, um sich auf sie berufen zu können, in einiger Zeit imReichstag von dieser Lüge Gebrauch machen. Man sei daher gewarntund wisse, daß es eine schändliche Lüge ist."Ob bestellte Arbeit oder nicht, jedensalls war das betreffend« Telegramm Reptilienfabrikat, was natürlich nicht hindert, daß es auch vonderjenigen Presse, die sich auf ihre'Unabhängigkeit etwas zu Gutethut, getreutichst kolportirt wurde. Wenn uns unser Gedächtniß nichtsehr täuscht, so begegneten wir ihm zum Beispiel auch in der„Frankfurter Zeitung". Immer wieder können wirDiejenigen, denen es mit der Bekämpfung des Bismarck- Putt-kamer'schen Systems Ernst ist, nicht dringend genug vor dem Unfugwarnen, der heute mit Telegrammen und Korrespondenzen aus demAuslande durch Stipendiat« des Reptilienfonds betrieben wird, und derum so gefährlicher ist, als er sich in die Form objektiver Bcrichterstat-tung hüllt.— Was im Reiche der Gottesfurcht und frommenSitte in Punkto Russenthum und BhzantiniSmuS heute allesgeleistet wird, das grenzt nachgerade an's Fabelhaste. Man höre nur,was uns neuerdings aus Plauen im sächsischen Voigtlandberichtet wird:Plauen, 26. August. Es wird immer schöner in unserm schönstenaller Vaterländer. Kommt da gestern der alte Albert, von Bismarcks Gnaden„König von Sachsen", nach Plauen, was den biedern Landeskindern eszur Pflicht machte, ihre übliche Begeisterung in der üblichen Weise zumAusdruck zu bringen. Auch unserm Genossen Christensen, der sichseit seiner Ausweisung aus Berlin hier niedergelassen hat, ward die Zu-muthung gestellt, die Fenster seines Zimmers zu illuminiren, was der-selbe jedoch unter Darlegung seiner Gründe schnöde ablehnte. Darobgroße Verlegenheit des Hausbesitzers, des Geldprotzen Ludwig Teuscher,ein Ultrareaktionär, wie er im Buche steht. In seiner Roth schickt dieserBiedermann, als richtiger Deutscher, nach der Polizei und fragt an,was er thun soll. Die heilige Hermandad ist natürlich bis ins Innersteempört und räth dem strebsamen Hausbesitzer, wenn Christensen durch-aus nicht Vernunft annehmen wolle, die Lichter von außen ander Mauer anbringen zu lassen.Und so geschah es denn auch. Der Markthelfer klettert mit Hilfe einerLeiter bis zu den Fenstern des Widerspenstigen empor und plazirteüberall kleine Töpfe mit Talglichten, die angezündet einen ganz entsetzlichenGestank verbreiten. Vier solcher Töpfe stellt er auch dem Genossen insgeöffnete Fenster, wogegen dieser selbstverständlich ganz entschieden pro-testirte. Aber der Markthelser erklärt, dazu beordert zu sein und weigertsich, die Töpfe zu entfernen. Genosse Christensen löscht darauf die Lichteaus und erklärt, daß er diesen Gestank nicht in der Stube haben wolle.Aber das Auge des Gesetzes wacht. Sofort besetzen zwei Schutzleuteden einzigen Ausgang de» Hauses, zwei andere bereitstehende Schutzleuteverhaften den Genoffen Christensen als staatsgefährlich undtransportiren ihn nach der Wache, wobei der bereits in Nr. 4 dieses Jahr-gangs gekennzeichnete Schutzmann und Nothzüchter Hahn hinter ihmher schimpft:„Warte nur, Bürschchen, jetzt haben wir Dich endlich, jetztwollen wir Dich bald aus Plauen hinaus haben!" Auf der Wache wirdChristensen auf Betreiben des Schutzmann S ch m a l f u ß, nachdem ihmfeine Tafchen in brutalster Weise durchsucht worden, in eine pech-finstere Verbrecherzelle gesperrt, da er nicht zu wissenbrauche, waS in der Wachtstube paffirt. Herr Schmalfuß mag wohl seineGründe dazu haben, das Treiben auf der Wachtstube vor fremde»Blicken zu bewahren.Nachdem Christensen ungefähr 3 Stunden gebrummthatte, wurde er vor den wachthabenden PolizeiinspektorSchwarzkopf geführt, der ihm die lakonische Eröffnung machte:„Ich bin der Polizeiinspektor Schwarzkopf, ich habe Sie verhasten lassen,damit anläßlich desEinzuges unseres allverehrtenMonarchen keine Störung der öffentlichen Ruhe und Orb»nung durch Sie eintrete. Jetzt ist der Aktus beendet, und Sie sind alsoentlassen." Als Christensen etwas erwiedern wollte, wurde er von einemSchutzmann hinausgeführt, denn— der Mann ist entlassen.Also vorsichtshalber aus seiner Wohnung herausgerissen, auf dreiStunden eingesperrt und wie ein gemeiner Verbrecher behandelt, bis derAktus vorbei ist.— Es lebe der Rechtsstaat I Es lebe die sächsische Ge-mllthlichkeit! Hoch der Mordspatriotismus!"Es lebe der Rechtsstaat— allerdings. Nach§ 341 des Reichsstraf-gesetzbuchs ist ein Beamter, der jemand widerrechtlich seiner Freiheit be«raubt, mit Gefängniß nicht unter drei Monaten zu be»strafen,— Herr Schwarzkopf wird aber nicht bestraft werden, sonderneinen Orden und Beförderung erhalten. In Preußen richtet man sichnach dem Jdealstaat Rußland, und in Sachsen— ist e s ebenso.— Die Gleichheit in der Bourgcoisgcsellschaft. Wie dieBlätter berichten, ist der Wiederaufbau der großen Glas«s a b r i k v o n B a u d o u x, die bei den Märzunruhen in Belgien zer-stört worden war, fast vollständig beendet. Hinzugefügt wird, daß die 500Arbeiter, die an den großen Oefen arbeiten, mehr als 600,000 Frankenverloren haben. Herr Baudoux ist von der belgischen Regierung für dieVernichtung seiner Fabrik entschädigt worden.„Warum," fragt unserBruderorgan„Recht voor Allen",„warum kriegen die 500 Mann nichtgleichfalls eine Entschädigung für den Lohn, den sie entbehren mußten?Bei gleicher Behandlung Aller vor dem Gesetz besteht kein einzigerGrund, warum der Eine Entschädigung erhält und die Anderen nichhdie Bourgeoisregierung aber entschädigt den Bourgeois und läßt dieArbeiter laufe». Beweist das nicht, daß wir in einem Klasscnstaat leben?"Ganz richtig. Wann hätte z. B. der heutige Staat, der den Bourgeoisso reichliche Entschädigung für alle Verluste spendet, die ihnen durchstaatliche Neuerungen erwachsen könnten, sich je dazu herbeigelassen, dieArbeiter, die doch durch staatliche Neu-Einrichtungen oft noch viel härterbetroffen«erden, schadlos zu halten? Um sie kümmert sich kein Teufel,höchstens gibt man ihnen, wenn das Elend zu schreiend wird, ein Al»mosen— als generöse Unterstützung, beileibe nicht als Anerkennungeines Rechtsanspruches. Ein Recht zu fordern hat nur der Besitzende,der Bourgeois, der von Anderer Arbeit lebt; der Arbeiter hat höchstensdas Recht zu bitten, aber auch das nur in Ausnahmesällen. Sonst—marsch, in's Loch!— Der Geiz der Hoheuzollern ist sprüchwörtlich, so daß eseigentlich Wasser in's Meer gießen heißt, zu den vielen Beispielen fürdiese Jdealtugend vorsündfluthlichen Spießbürgerthums neue zu registriren.Doch wollen wir heut einmal eine Ausnahme machen und eine sich mitdiesem Thema beschäftigende Notiz der„Freisinnigen Zeitung" auchunfern Lesern mittheilen. Das Organ des Führers der liberal- demo-kratischen Opposition schreibt:„W ie haushälterisch Kaiser Wilhelm auch in den kleinstenDingen ist, dafür sprechen zahlreiche kleine Züge aus seinem Privat-leben, die in die Oeffentlichkeit dringen. So ist es ziemlich bekannt,daß der Kaiser die Umschläge der an ihn gerichtetenamtlichen Briefe zu seinen Briefen und Erlassen an die Ministe«rien oder an sein Kabinet nochmals verwendet. Wir hatte»dieser Tage, so schreibt die Bäckerzeitung„Konkordia", wieder Gelegen»b?it, ein solches Kouvert mit des Kaisers Handschrist zu sehen. Wiealle von den Ministerien und Reichsämtern direkt an den Kaiser gehen»den Schriftstücke, war auch das in dem Kouvert enthaltene nicht ge»brachen, sondern in vollen Bogen in ein Grohfoliokouvert gesteckt, welche?in der Mitte die Aufschrift trägt:„Seiner Majestät dem Kaiser undKönige." Links in der Ecke befindet sich in kleiner Schrift der Namedes Absenders, also etwa„Auswärtiges Amt". Auf der Rückseite wardas in Rede stehende Kouvert mit rothem Lacksiegel geschlossen. Beider Oeffnung trennt der Kaiser den oberen dreieckigen Ueberschlag deSKouverts unmittelbar neben dem Siegel mit kurzem Riß ab. Bei derWiederbenützung schreibt der Monarch dann über dieWorte„Sr. Majestät dem Kaiser und Könige" dasW ö r t ch e n„Von" und unter die erwähnten Worte die Adresse;in dem uns bekannten gewordenen Falle hieß die letztere:„An denGeheimen Kabinetsrath v. W." Der Wiederverschluß des Kouverts er-folgt in der Weise, daß der Kaiser dasselbe an der oberen Seite nachrückwärts so weit umschlägt, daß das spitze Ende des durch den Rißlosgelösten Dreiecks das ursprüngliche am Rande bedeckt, dann träufelter auf und neben dasselbe eigenhändig Siegellack, um den Riß zudecken, und drückt schließlich seinen eine Königskrone zeigenden Ringdarauf, der ihm als Petschaft dient. Die in diesen nebensächlichenDingen sich kundgebende Sparsamkeit und haushälterische Sorgfaltgehört eben zu den Grundzügen unseres ehrwürdigen Kaisers."Man lasse sich durch die loyale Form nicht beirren, sie ist nur durchdie Rücksicht aus den Staatsanwalt gewählt. Thatsächlich ist die Notizeine versteckte Satyre, denn so wenig muthig Herr Eugen Richter auchstets da ist, wo es sich um das Hohenzollern'sche Kaiserhaus handelt, soerbärmlich servil ist er denn doch nicht, eine, gelinde gesagt, Mitleiderweckende Schwäche als Mittel der Reklame zu benutzen.— DaS Schelmenstück, welches die„drei Kaiser", das heißt dieauserwählten Vertreter des Ordnungs- und Legitimitätsprinzips, soebenin Bulgarien ausgeführt haben, ist— so schreibt man uns— innoch weit höherem Maße als die Absetzung des Königs vonBayern geeignet, die Völker über das wahre Wesen des Monarchis»mus und der Monarchisten aufzuklären. Wie muß es um die„Mo»ral" dieser höchsten und allerhöchsten Vertreter des Legitimitätsgedan»kens bestellt sein, wenn sie zu Praktiken sich versteigen, die bisher nurvon montenegrinischen Hammeldieben und griechi»schen Klephten geübt wurden! Und wie muß eS um das monarchistische Gefühl dieser obersten Vertreter des Legitimitäts«prinzips bestellt sein, wenn sie einen Fürsten, einen Ihres»gleichen, der ihnen nicht gefällt— vermuthlich weil er ein relativanständiger Mensch ist— überfallen, sequestiren und entführen lassen,genau wie die griechischen Klephten einen Retsenden wegfangen, für densie ein Lösegeld erheben wollen.Nun— die Moral wollen wir bei Seite lassen; wir möchten abervom Zweckmäßigkeitsstandpunkt aus an die Urheber jenesallerhöchsten Schelmenstücks die Frag- richten, ob sie bei den jetzigenschweren Zeitläuften es für klug halten, den Völkern so handgreiflichzu zeigen, wie man einen Fürsten loswerden kann?Was insbesondere die ruffischen Revolutionäre anbelangt, sowerden sie über den praktischen Unterrichtskursus imNihilismus, den„Väterchen" nebst seinen mitkaiserlichen Helfers-Helfern ihnen zu geben die Gewogenheit gehabt hat, nichl wenig.er-baut sein und— vielleicht gelegentlich beweisen, daß sie etwas ge-lernt haben.— Die Erkcnntniffe im Freiberger Prozeß werden den Verur-theilten gedruckt zugestellt— eine Prozedur, die bis jetzt vereinzeltdasteht. Uebrigens war am 20. August dem Genossen Auer sein Er»kenntniß noch nicht zugestellt worden. Die Freiberger Richter scheinen esvergessen zu haben, die Polizei, mit der sie ja sonst auf so gutem Fußestehen, um sein- Adresse zu fragen.— Wie man im Lande der Niedertracht und Heucheleider Jugend— Moral beibringt. Wir lesen in unserem Bruder.organ, dem Brünner„Volksfreund":„R- l i g i ö S- s i t t l i ch— so lautet die Devise unserer nach denIntentionen der Frommen„verbesserten" und noch weiter zu„verbessern-den" Schule.Welche sonderbare Nebenblüthen diese„fromme" Achtung zu Tagefördert, beweist unter Anderem-in. in den westlichen Vororten WienSin den Papierhandlungen zum Verkauf an Schulkinder aufliegendesPreßerzeugniß, unter dem vielverheißenden Titel„Beichtspiegel fürKinder".(Druck und Verlag von E. Fritz. Rudolssheim, Dreihaus.gasse 16.)Benannter„Beichtspiegel" ist oder soll ein Behelf sein zur Vorberei-