lassen zu werden, durch ihre Unterschrift erklären, sich jener Werksiatts-Ordnung zu unterwerfen. Um die bodenlose Unverschämtheit zu kenn-zeichnen, mit welcher laut jenem Schriftstück gegen die Arbeiter vorge-gangen wird, ist nur nöthig, einige Stellen daraus anzuführen:„Nicht(auch nicht vorübergehend) angenommen werden dürfenArbeiter, welche gesetzlich verbotenen Vereinen oder Verbindungenangehören bezw. angehört haben, oder für dieselbenthätig sind, oder welche früher vor Ablauf derKündigungsfrist oder ihresDienstvertrags eigen-mächtig die Arbeit aufgegeben haben."„Arbeiter, welche den Bestimmungen des Reichsgesetzes gegen diegemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Okt.1878 entgegen an verbotenen Vereinen oder Verbindungen sich be-theiligen oder für dieselben thätig sind, verbotene Druckschriften ver-breiten, Beiträge zur Förderung verbotener Be-strebungen einsammeln oder zur Leistung solcherBeiträge auffordern, werden aus dem Dienste der Eisen-bahnverwaltung entlaffen."Bei der Dehnbarkeit des Sozialistengesetzes sowie der Jnterpretations-fähigkeit der vorstehend fettgedruckten Bestimmungen jener Werkstatts-Ordnung wird man keinen Sozialdemokraten oder Jemanden, der ein-Mal solcher gewesen, ja nicht einmal Arbeiter anderer Parteirichtungen,die vielleicht einmal, in Folge eines Streiks oder sonstiger Veranlassung,ohne Kündigung eigenmächtig die Arbeit aufgeben mußten, in jene Werk-stätten in Arbeit nehmen; und die es wagen sollten, Sozialdemokraten zuwerden, sind zu entlaffen.Das ist das„Recht auf Arbeit", welches der Reichskanzler vor nichtlanger Zeit im Reichstag proklamirte!Ein gewaltiger Jrrthum wäre es aber, wollte man annehmen, daßderjenige Arbeiter, welcher in Gnaden bei dem staatlichen ArbeitgeberArbeit gefunden, nun wenigstens ein menschenwürdiges Dasein führenkönne; der roheste Sklavenhalter kann seinen Sklaven nicht mehr zu-mulhen, als es auf Grund jener Werkstatts-Ordnung geschieht. Hier-Nach ist:„Jeder Arbeiter verpflichtet, auf Anordnung seines Vorgesetztenauch über die festgesetzte regelmäßige Arbeitszeit hinaus zu arbeiten;auch muß derselbe zu jeder anderen als der festgesetzten Zeit aufVerlangen sofort und ohne weiteres zur Arbeit bereit sein.Für Ueberstunden, welche in der Werkstatt oder aus derBahnstrecke oder auf fremden Stationen geleistet werden, wird, so-fern die betreffende Arbeit nicht in Akkord gefertigt wird, nur derdarauf entfallende, aus dem einfachen Lohnsatze ermittelte Betragohne Zulage gewährt."Ja die Raffinirtheit in Ausnutzung der physischen Kräfte des Arbeitersdeicht soweit, daß ihm selbst vorgeschrieben wird:„Auch außerhalb der Werlstelle dürfen Neben-Geschäfte ohnebesondere schriftliche Genehmigung des Werkstätten-Vorstandes nichtübernommen werden."Damit der Arbeiter aber auch in jeder Beziehung und zu jeder Zeitam Gängelbande und unter der Zuchtruthe gehalten werden kann, heißtes in den Paragraphen für Ordnungsstrafen jenes Schriftstückes sehrdehnbar:„Unwürdiges Benehmen in und außer der Arbeit wird mitGeldbuße bis zu S Mark oder mit Entlastung geahndet."Allerdings ist den Arbeitern auch gnädigst gestattet, ihre etwaigenBeschwerden an ihren nächsten Vorgesetzten, und, falls sie gegen diesenselbst gerichtet sind, den nächst höheren Vorgesetzten zu übermitteln, jedochheißt es dann weiter:„Gegen die auf Beschwerden ergangenen Verfügungen der König-lichen Eisenbahndirektion steht den Arbeitern eine Berufung nicht zu."Vorstehendes, jener Werkstatts-Ordnung entnommene Giftblumen-Bouquet zeigt recht deutlich, wie„ehrlich" die arbeiterfreundlichen Ver-sicherungen der Regierung gemeint, und beweist, daß an jener Stelleselbst die schmutzigsten Mittel noch anständig genug erscheinen, wenn manauf Grund ihrer nur den Arbeiter niederhalten und für seine Zweckedienstbar machen kann.Mögen daher die deutschen Arbeiter nicht auf den Sirenengesang derRegierung hören, sondern, eingedenk der ihnen durch ihre Klaffenlagebedingten Stellung, sich bewußt sein, daß sie es sind, welche den Staatbilden und erhalten, daher das Recht und die Pflicht haben, ihre In-tereffcn thatkrästigst selber zu wahren, während die besitzende Minoritätim Staate bestrebt ist, dieselben in frivolster Weise niederzuhalten.— Der erste derartige Fall in unserem Hanse— dürfendie Spremberger jetzt ausrufen. Am 3. September hat der SchlosserErnst Breil in Spremberg auf Grund des Sozialistengesetzesden Befehl erhalten, das Gebiet des Belagerungszustandes von Spremberg, Slamen und Kolonie Heinrichsfeld„binnen 48 Stunden zu ver-lafien."Die Ruhe Europas wäre somit vorläufig wieder gesichert.— Deutsche Arbeiterblätter und bürgerlich radikale Blätter, wie die»Berliner Volkszeitung", haben in diesen Tagen mit Recht an das imJahr 1870, kurz nach Sedan, vom Ausschuh der Sozial-demokratischen Arbeiterpartei erlassene Manifestgegen die Weiterführung des Krieges und die Annexiondon Elsast-Lothringen und den im Manifest enthaltenen Briefvon Marx hingewiesen, in welchem unser großer Vorkämpfer die ver-derblichen Folgen der Annexion, die sich jetzt bei der bulgarischen Affäreso deutlich gezeigt, Wort für Wort vorhergesagt. Der Brief vonMarx, der damals für das Verhalten unserer Partei bestimmend wurde.ist in der That werth, der Vergessenheit entrissen zu werden, und wirSfauben, durchaus im Sinne unserer Leser zu handeln, wenn wir ihnhiermit erneut zum Abdruck bringen.»Die Militärkamarilla, Profefforschast, Bürgerschaft und Wirthshaus-Politik"— schrieb Marx—„gibt vor, dies(die Annexion) sei das Mittel,Deutschland auf ewig vor Krieg mit Frankreich zu schützen. Es ist um-«-kehrt das probateste Mittel, diesen Krieg in eine europäischeInstitution zu verwandeln. Es ist in der That das sicherste Mittel,°en M i l i t ä r d e f p o t i s m u s in dem verjüngten Deutschland zuverewigen als eine Rothwendigkeit zur Behauptung eines w e st-lichen P o l e n s— des Elsaß und Lothringen. Es ist das u n>f- h l b a r st e M i t t e l, den kommenden Frieden in b l o ß e n Waffen-st i l l st a n d zu verwandeln, bis Frankreich so weit erholt ist, um dasverlorene Terrain herauszuverlangen. Es ist das unfehlbarste Mittel,Deutschland und Frankreich durch wechselseitigeSelbst, erfleifchung zu ruiniren. � � v„Die Schufte und Rarren, welch- diese Garantien für denewigen Frieden entdeckt haben, sollten doch aus der preußischen Ge-schichte wissen, aus Napoleon's Pferdekur im Tilstter Frieden, wiesolche Gewaltmaßregeln zur Stillmachung eines lebensfähigen Volkesgerade das Gegentheil des beabsichtigten Zweckes bewirken. Und was'st Frankreich, selbst nach Verlust von Elsaß und Lothringen, verglichen""t Preußen nach dem Tilsiter Frieden!»Wenn der ftanzöfische Ehauvinismus, solange dre altstaatlichenVerhältnisse dauern, eine gewisse materielle Rechtfertigung hatte in derDhatsache. daß seit 18IS die Hauptstadt Paris und damit FrankreichNach wenigen verlorenen Schlachten preisgegeben war,— welch« neueRahrung wird er nicht erst saugen, sobald die Grenze östlich an denBogesen und nördlich an Metz liegt?,. �„Daß die Lothringer und Eljaffer die Segnungen deutscher RegierungN-ünschen. wagt selbst der......') Teutone nicht zu behaupten. Es.stdas Prinzip des P a n g e r m a n i s m u s und„sicherer" Grenzen, dasproklamirt wird und p« von östlich« r") Seite zu fchön-nRe-sultaten für Deutschland und Europa führen würde.»Wer nicht ganz vom Geschrei des Augenblickes übertäubt ist, oder«in Interesse hat. das deutsche Volk zu übertäuben, muß einsehen,daß der Krieg von 1870 ganz so nothwenbig einen Krieg zwischenDeutschland und Rußland im Schooße trägt, wie der Krieg von 1888den Krieg von 1870. c,„Ich sage, nothwendig, unvermeidlich, außer ,m unwahrscheinlichen Falle«ines vorherigen Ausbruches einer Revolution in Rußland.«Tritt dieser unwahrscheinliche Fall nicht ein, so muß der KriegZwischen Deutschland und Rußland schon jetzt als un fait accompli(einevollendete Thatsache) behandett werden.*) Das Wort fehlt im Manifest. Ersetzen wir eS durch: verbohrteste.**) Das heißt russischer, bezw. s l a v i s ch e r.„Es hängt ganz vom jetzigen Verhalten der deutschen Sieger ab, obdieser Krieg nützlich oder schädlich.„Nehmen sie Elsaß und Lothringen, so wird Frankreich mitRußland Deutschland bekriegen. Es ist überflüssig, die unheil-vollen Folgen zu deuten.„Schließen sie einen ehrenvollen Frieden mit Frankreich, so wirdjener Krieg Europa von der moskowitischen Diktatur emanzipiren,Preußen in Deutschland aufgehen machen, dem westlichen Kontinentfriedliche Entwicklung erlauben, endlich der russischen sozialen Revolu-tion, deren Elemente nur eines solchen Stoßes von außen zur Cntwick-lung bedürfen, zum Durchbruch helfen, also auch dem russischen Volkezu Gute kommen.Aber ich fürchte, die Schufte und Narren werden ihr tolles Spielungehindert treiben, wenn die deutsche Arbeiterklasse nicht sn masseihre Stimme erhebt."—Nun, die deutsche Arbeiterklasse versuchte, ihre Stimme zu erheben,dieselbe wurde aber gewaltsam erstickt. Die Führer der Sozialdemokratiewurden verhaftet, nach Lötzen geschleppt, und die Schufte und Rar-ren trieben ihr Spiel fort, sie setzten es durch, daß Elsaß�Lothringenannektirt wurde, und haben so erreicht, was Marx vorhergesagt. Aufder einen Seite beständige Rüstungen, die am Mark des Volkes saugen,und auf der anderen Seite knechtische Abhängigkeit von Rußland, diesich bei der bulgarischen Affäre in einer Weise geoffenbart hat, welcheden Zorn und die Entrüstung aller unabhängig denkendenDeutschen— bis weit hinein in konservative Kreise— hervor-gerufen hat.Es wird sich noch oft zeigen, daß gerade die verschrienen Vaterlands-losen deutschen Sozialdemokraten die besten Freunde des deutschen Volkessind.— Achtttttg. 1000 Mark zu verdienen!! Der ersteStaatsanwalt bei dem Landgerichte in Leipzig erläßtfolgende amtliche Kundmachung:„In der Zeit vom 1. bis 2.September 1888 sind in Leipzig Exemplare des Flugblattes„Marsch-lied für die deutschen Truppen" verbreitet worden. Fürdie Ermittelung der an Abfassung, Herstellung und Verbreitung dieserDruckschrift Betheiligten wird hiermit eine Belohnung von Mk.ausgesetzt."Ja, mit dem Heer, da verstehen sie in Deutschland keinen Spaß.Sie würden Millionen ausgeben, wenn sie ein Mittel wüßten, wiedas sozialistische Gift von den Truppen fernzuhalten. Aber leider kennensie keines. Es dringt ein, und zwar mit und ohne Marschlieder, selbstwenn diese so werth voll sind, wie nach dem ausgesetzten Preis dasLeipziger zweifelsohne sein muß.Nun, wir wünschen dem Herrn Staatsanwalt viel Glück.— Reaktionäre Illusion. Die jüngst gemeldete Nachricht, daß eS demberühmten Elektriker Marcel Desprsz gelungen ist, das Pro-blem der Kraftübertragung vermittelst der Elek-trizität seiner praktischen Verwerthung einen großen Schritt näherzu führen, hat verschiedenen Bourgeoisblättern Veranlassung gegeben,davon zu phantasiren, daß nun die goldene Aera der Kleinindustriewieder beginnen werde, da derselben für den Kamps gegen die Groß-industrie eine so billige motorische Kraft in Aussicht gestellt sei.Diese Redensarten schlägt der Pariser„Socialiste" in einer pole-mischen Notiz unseres Erachtens vortrefflich mit den Worten:„Hat sichdie kapitalistische Organisation der Bekleidungsindustrie etwa deshalbweniger entwickelt, weil die Nähmaschine erfunden wurde?"Weit entfernt, der Kleinindustrie aufzuhelfen, wird der elektrischeMotor ihren Ruin noch beschleunigen.— Der Gehretmichel lüget nicht, und wenn er auch— denDiensteid spricht. Das ist die Moral, welche die StaatsanwaltschaftMünchen neulich wieder unseren dortigen Genossen ins Gedächtniß ge-rufen. Die Veranlassung war folgende:Gehret hatte in dem Münchener Monstre-Sozialisten-Prozeß eidlichausgesagt, daß„schon der erste Bahnwärter" ihm gesagt habe, es seienSozialdemokraten in Moosach gewesen. So gibt wenigstens der im Druckerschienene„Objektive Bericht" über die Prozeßverhandlungen(S. 17)die Zeugenaussage Gehret's wieder und zwar in Uebereinstimmung mitBerichten verschiedener Blätter. Genosse Bollmar brachte aber in Erfahrung,daß„der erste Bahnwärter", nämlich der Bahnwärter D a n d l e r auf derHaltestelle Militärschwimmschule, entschieden be st reite, Gehreteine derartige Mittheilung gemacht zu haben. Zwar habe G e h r e taus ihm'Heraussragen wollen, daß Sozialdemokraten da gewesen seien;er(Dandler) habe dies jedoch trotz des wiederholten Zuredens Gehret'sverneint, da er die Leute nach Alter und Aussehen entschieden alsStudenten erkannt habe. Daraufhin schrieb Vollmar an die Staats.anwaltschast des Landgerichts München I und forderte dieselbe auf, dieseZeugenaussage des Polizeikommissar Gehret aus ihre Wahrheit zuprüfen. Das ist nun auch sofort geschehen, denn die Justiz handelt inDeutschland stets ohne Ansehen der Peifon, und jetzt hat Vollmar vonder Staatsanwaltschaft die erfreuliche Mittheilung erhalten, daß die An-nähme eines Widerspruches zwischen der Aussage Gehret's und derDandler's eine„irrige" sei. Die Gehret'sche Aussage habe nämlichnicht dahin gelautet, daß der erwähnte Bahnwärter gesagt habe,es seien Sozialdemokraten dagewesen. Der Sinn(!) der Aussage sei viel-mehr der gewesen: der Bahnwärter habe Gehret auf Befragen mitge-th-ilt, daß eine Anzahl von Personen sich Tags zuvor in der Kiesgrubevon Moosach zusammengefunden hätten und diese habe G e h r e t ausanderen Gründen für Sozialdemokraten gehalten."„Natürlich," bemerken die bayerischen Blätter, denen wir diese erbau-liche Geschichte entnehmen,„ist kein Zweifel, daß Herr Gehret so, wievorstehend angegeben, ausgesagt hat, überraschend bleibt nur, wieihn s ä m m t I i ch e Berichterstatter mißverstehen konnten!"Pah. sämmtliche Berichterstatter wiegen in Deutschland noch keinenSchutzmann auf, geschweige denn einen königlich bayerischen Polizei-kommissär. Gehretmichel ist und bleibt, wie Puttkamer sagen würde, einpflichtgetreuer Beamter und— Meineidmichel ist ein ehren-werther Mann.— Mordspatriotische Sedanphantasien mit proletarischenRandbemerkungen. Au« Leipzig schreibt uns ein Genosse:Ein Gottesgericht ist es gewesen, welches den verhaßten Erb-feind züchtigte, der vor 15 Jahren so schnöde den Frieden brach. Wir,als die im Mittelpunkte des deutschen Lebens Wohnenden, sind besondersverpflichtet. Gott dafür zu danken, demselben Gott, welcher vor zirkasieden Jahrzehnten an dieser Stätte wälschen Frevel sühnte.Vor allen andern Städten ist untere Stadt besonders berufen, mitreichstteuer Gesinnung die Begeisterung dieses Festes ausrecht zu erhalten,Gott um die Erhaltung unseres Kriegsherrn zu bitten, der als wahrerBater seines Landes an allen Mühen und Sorgen feiner Landessöhneaufrichtigen Antheil ni>nmt.(Na! Na!) Ahnten doch Alle, daß mit demTage von Sedan die Morgenröthe einer herrlichen Zeit über das Vater-land hereinbrach.(Sieh mal an!)Welche Fülle von Segnungen(auch das noch!) haben uns der obersteKriegsherr und sein weiser Kanzler gebracht! Heer und Flotte, Rechts-und Gesundheitspflege, Kunst und Wissenschast, Handel und Verkehr,Fabrikbetrieb und Handwerk— sie alle rühmen die Wohl-thaten des neuen Reichs.(Au!)Aber über dieser Freude dürfen wir eines nicht vergessen: Unser Reichist bedroht von innen und außen(Ihr kommt zur Einsicht!). Vater-landslose(wer macht sie dazu?) verblendete Schwärmer streben nachunerreichbaren Zielen! Draußen harren Rußland und Frankreich,jede Gelegenheit zu benutzen, über uns herzufallen. Aber wir müssensiegen(natürlich!), weil wir demeinen an sittlichem Ernst, dem andernan allgemeiner Bildung überlegen sind. So treu wie wir zu dem Kaiserhalten, so treu lieben wir auch unsern Albert, welcher sein Haupt ineines jeden Sachsen Schooß(Sozialdemokraten inbegriffen?) legen kann.Darum möge Deutschland ruhig sein. Sein Volk steht hinter ihm. DasVolk soll nicht aushören, zu loben und zu preisen(da hat es gleich Ar-beit), denn: Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was erdir Gutes(Ausnahmegesetz!) gethan hat. Der Herr hat Großes(Kranken-lassen-, Jmpfgesetz) an uns gethan, d-ß sind wir fröhlich! Amen I Amen!So am Sedantage die Herren Dr. Max Lange, Lehrer HugoWeber, Rechtsanwalt Dr. Zenker, Professor Dr. Dohmke, Dr.Wilhelm S m i t t, Götz, Schulrath Dr. Kühn, und als Achter imBunde der Pastor Hölscher, in inSgesammt zirka 4— östündiger Rede,und zwar in der„Hochburg" des natwnalliberalen Leipzig.„Amen!"Amen! würden auch wir rufen, würden in aller Demuth die Händefalten und dem Herrn danken, wenn er Großes an uns gethan. Dochwo ist der Herr? Kein Gott, kein Mensch, kein Werk ist da, dem wirdanken, und sür was wir danken könnten. Doch fluchen wollen wir überden Herrn, der Großes an uns geschaffen. Da suchen wir nicht lange,und als Herr erscheinen Bismarck, Puttkamer und Genossen, alsWerk alle die Schmach, die sie über uns gebracht haben. Zählt dieFenster, hinter welchen die Opfer sitzen, welche ihre Freiheit, die siedurch den Tag von Sedan erhalten habensollen, hinterSchloß und Riegel zubringen! Zählt die armen Mütter und Kinder,welche an diesem Tage ihres Vaters gedachten, und das große Werk mitsammt seinen Meistern verfluchten!Ist es nicht Hohn, die Welt glauben machen zu wollen, daß sichdas Volk durch die„Tage von Leipzig und Sedan" seiner Fesseln ent-ledigt hat? Ist es nicht bodenlos frivol, Unsummen für diese Feierlich-leiten zu opfern und das schleichendeElend durch Pomp undmit Salbung gehaltene Reden zu verdecken?— Mögt ihr Herren an-stellen, was ihr wollt, die Schmach, welche aus Deutschland ruht,könnt ihr nicht fortdisputiren. Täglich werdet ihr an das Elend erinnertwerden.Heer und Flotte haben uns die Tage von Sedan gebracht! Wes-halb? Um den Frieden aufrecht zu erhalten, den ewigen Völkerfrieden,wie es 1870 von den Kanzeln klang? Was aber bringt das Volk?Zur Erhaltung dieses Heeres für den ewigen Völkerfrieden 380,137,838Mark— alles um des„ewigen" Friedens willen!Rechts- und Gesundheitspflege sind fernere Erzeugnissevon Sedan. Die Hand von den Augen! Schamlose Schwätzer,welche behaupten wollen, die Rechtsprechung sei eine ZierdeDeutschlands. Wollten wir alle Fälle des„Rechts" auf ihrenrechtlichen Werth untersuchen, die über uns verhängt, da würde wenigübrig bleiben. Ja, die Tage von Freiberg, Leipzig, München sind Be-weise dafür, wie man dem Volke mit Gewalt die Ketten um die Füßeschlingt.Fabrik und Handwerk sollen blühen? Seht doch zu, ihr blü-henden Staatspuppen und schaut euch um! Wo steht die Pflanze, welcheDeutschlands Reichthum und Wohlfahrt bezeugen soll? Selbst ihr findetnirgends ein solches Blümlein. Aber nur Sand, Sand in die Augen,mit solchen, von serviler Demuth nach oben stinkenden Reden.8000 Theilnehmer sollen es gewesen sein, welche zujauchzten und in„nicht enden wollendem" Beifall die Wahrheit dieser Reden bekräftigthätten. Viel geht von diesen 8000 ab, die ohnehin nur aus dem Papierstanden. Wie kamen aber die wirklichen Theilnehmer zusammen? Be-stellte Arbeit!„Ich schließe mein Geschäft, und wer dagegen verstößt,kann gehen," sggt der Prinzipal, und um des lieben Brodes' willen feiertder Beamte Sedan. Der Prinzipal kümmert sich nicht darum, ob am Sonn-abend, wenn die sorgsame Hausfrau das Wenige zählt, sie ein paar Markweniger hat und, um das Fehlende nachzuholen, die der Ruhe gewidmeteNacht zur Arbeit benutzen muß.— Bestellte Arbeit: Kriegervereine,Radfahrer(!), Turner und einige Innungen. Man muß Zuschauergewesen sein, um die bartlosen Leutchen alle zu zählen, deren Zahl sichallerdings bald zu Tausenden hob. Die Vorstände, Stadtvorsteher undandere, mit Orden geschmückten Röcke zugerechnet, haben wir immerhinein« recht nette Zahl.Leipzig hatte alles Mögliche aufgeboten, pomphaft aufzutreten, da eSseinen Albert erwartete— aber, er kam nicht. Warum? DerKönig von Portugal sei da! Es wird das letzte Sedan sein,das gefeiert wurde. Der„ewige" Frieden ist nach außen wacklig.Bismarck hat sich sestgefahren, kein Entrinnen ist möglich. Darum Ab-dankung des Bulgaren, damit Rußland befriedigt ist und Otto gegenFrankreich ziehen kann. Rechnet ihr nicht auf das Volk? Es soll aber«mals in einen Krieg gegen seine Brüder ziehen? Die I n t e r n a t i o-nalität ist unser Ziel, und um dieses zu erreichen, sollten wirunsern Brüdern in neuen politischen Abenteuern feindlich entgegentreten?Das ist der innere Krieg. Bismarck, prüfe Dein Volk, ehe Du denSchritt wagst. So gut wie man oben Recht und Schwur mit Füßentritt, so gut könnte das„gute Beispiel" nach unten wirken. Vater-landslose, verblendete„Schwärmer" sind wir ein-mal, was kann's also noch geben?Wer machtuns vaterlandslos? Wer treibt uns von der Familie, vonOrt zu Ort? Antwort: Das„Vaterland" der Ausbeuter. Des-halb, ihr vaterlandslosen Schwärmer, haltet fest zusammen. Der Tag,an welchem wir für unsere Freiheit einstehen, auf daß unsere Nach-kommen statt eines„Gottesgerichts" ein„V o l k s g e r i ch t" zupreisen haben, ist nicht mehr fern. Mit entblößtem Haupte vor derMacht der sich entwickelnden Natur stehend, sich die Hände zum Bündnißreichend, werden die Völker endlich ausrufen:„Lobe das Volk,mein Bruder, das Großes an uns gethan, das nnsbefreit von allen Lasten. Diese Errungenschaftenwollen wir treulich bewahren und sie forterbenddem Nachwuchs überliefern!"— m.—— Zur politischen Farbenlehre. In einer der letzten Nummernder„Freisinnigen Zeitung" finden wir folgende höchst belustigende Notiz:„Eine violettgelbe Aster liegt uns auf der Redaktion vor.Der Inhaber derselben, ein biederer Schuhmachermeister, welcher amSonntag dieselbe beim Besuch der Regatta in Grünau trug, wurde vonder Polizei angehalten, diese Blume als ein sozialistisches Emblem ausdem Knopfloch zu nehmen.— Dieser Vorfall läßt es doch wünschens-werth erscheinen, daß von Polizeiwegen genau der Begriff der verpöntenrothen Farbe etwas näher festgestellt und zur allgemeinen Kenntnißgebracht wird."Violettgelb und roth nicht unterscheiden zu können, das würde sogareinen Ochsen bei seinem Mit-Rmdvieh unsterblich blamiren. Jndeß, darfeine solche Farbenkonsusion uns bei Leuten wundern, die nach eigenemGeständniß den deutschen Freisinn nicht von der Sozialdemokratieunterscheiden können.— Der Besucher einer Irrenanstalt bemerkte zum dirigirendenArzt: Wie kommt es, daß Sie sich in diesen Haufen wüthender Narrenallein zu begeben wagen?Dazu braucht es nicht besonders viel Muth, war die Antwort. DieVerrückten sind die richtigen Anarchisten; man hat noch nie zwei sichzu einer gemeinsamen Aktion verständigen gesehen. Man kann einenVerrückten prügeln, ohne daß es seinem Nachbar einfällt, ihn zu ver«theidigen. Und weil sie unfähig sind, sich zu gemeinsamem Widerstandzu vereinigen, so genügt eine Handvoll Wächter, um Hunderte vonVerrückten zusammenzuhalten.Die Gesellschaft ist nur eine große Irrenanstalt: die Proletarier sinddie Verrückten. Weil sie sich nicht unter einander verständigen, nichtgemeinsam vorgehen mögen, so genügen einige Tausende von Poli«zisten und Soldaten, um Millionen von Arbeitern zu unterdrücken.(„Socialiste.")g. In Chemnitz ist man in neuester Zeit am Gericht unablässigmit Einsädelung von Prozessen gegen Sozialdemo-k r a t e n beschäftigt. Natürlich trägt daran das Schandblatt„ChemnitzerTageblatt", welches neuerdings seinen nationalliberalen Geschwistern inder Denunziationswuth gleichzukommen strebt, keine Schuld.Jüngst wurde der Schlosser W i n k l e r in einer Beleidigungssache(§ 187 des Strafgesetzbuchs) zu einem Monat Gefängniß verurtheilt.Derselbe hat Revision eingelegt, da es höchst zweifelhaft ist, ob Z 187angewendet werden kann und die Sache nicht vor das Schöffengericht,anstatt vor das Landgericht zur Aburtheilung gehört.Der Fall, in dessen Folge die Klage entstand, ist kurz erzählt. Winklervertheilte bei der Reichstagswahl am 2. März im 13. sächsischen Wahl«kreise vor dem Wahllokal der Stadt Zwönitz Stimmzettel für Geyer.Um Mittag wurde Winkler bewußtlos, und zwar, wie er angab, nachGenuß eines erwärmenden Getränks, von dem er behauptet, es müßtenin demselben betäubende Ingredienzen enthalten gewesen sein, denn erhabe nicht soviel geistige Getränke genossen, daß er hätte betrunkenwerden können. In der Verhandlung wurde auch konstatirt, daß Winklernicht viel solcher Getränke genossen.Irgend eine Person, die nun den zweiselhaften Trank verabreichte,fühlt sich beleidigt; der Beklagte ist Sozialdemokrat, Grund genug, ihngehörig zu verdonnern, und der Staatsanwalt— der bekannte Hand-langer im großen Sozialistenprozeß Cyemnttz-Freibsrg— schiebt dieSache daher an das Landgericht.Vorläufig ist die Geschichte abgethan, nun muß doch schnell für etwa»Neues gesorgt werden.