anqesetzt ist. Offenbar ist man bemüht, die Freiberger Verurtheilten noch vor dem Beginn der nächsten Reichstagsseffion hinter Schloß und Riegel zu bringen, daher diese unanständige Eile. Ein Beweis mehr, daß der ganze Prozeß systematisch von Oben her betrieben wurde. Bei dieser Gelegenheit wollen wir«ine uns von zuverlässiger Seite berichtete Thatsache mittheilen, die auf den Landgerichtsdirektor Bollert in Freiberg  , dieSeele" des verurtheilenden Gerichtshofes, ein bezeichnendes Licht wirft.Dieser Bollert", schreibt unser Gewährsmann, gab seiner Frau ein so geringes Wochengeld, daß sie, um auszukommen, zum Stehlen ihre Zuflucht nahm, infolge deffen ehrlich« Dienst- Mädchen in schimpflichen Berdacht geriethen. Als eS sich herausstellte, daß seme Frau die Diebin war, suchte Bollert die Sache durch Geld auszugleichen, ober der Diebstahl war bereits amtlich festgestellt, es half daher alles nichts, Frau Bollert mußte in's Landesgefängniß, und als st« wieder heraus war, ließ Bollert sich von ihr scheiden." Der Mann scheint somit ein sehr geeigneterBertheidiger des heiligen Eigenthums zu sein. Sie verlieren die Geduld. Es hat sich in den letzten Wochen in deutschen Arbeit erblättern eine Polemik abgespielt, die ein über« aus beachteniwerthes Symptom ist für die in den Arbeiter- kreisen herrschende Stimmung. Gegenstand dieser Polemik bildete eine von Dresden   von den den dortigen Tabakarbeitern ausgehende Petition au den Reichstag  : dem K 152 der Gewerbeordnung «ine bestimmte Fassung dahin zu geben, daß dem männlichen sowohl wie dem weiblichen Arbeiter das Recht zustehe, Vereine zu grün« den, welche sich, wie die Bereine der Arbeitgeber, über ganz Deutsch- land erstrecken können, und in welchen die Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen angestrebt, bezw. berathen werden könne, mit andern Worten: die angeblich gewährleistete Koalitionsfrei- h e t t vor den polizeilichen Chikanen der Einzelstaaten(Puttkamer'scher Erlaß) zu schützen. Wir sind keine grundsätzlichen Gegner von Petitionen. Wenn man Nicht überhaupt die Theilnahme am politischen Kampf perhorreszirt, so wird man es auch sür zuläffig erklären müssen, von den Mitteln, diesen Kampf zu führen, in den gegebenen Formen, wozu die Unterthänigkeits- stoskeln übrigens nicht gehören, Gebrauch zu machen Was im einzel- Nen Falle entscheidet, ist erstens der Inhalt der Petition, und zweitens die Frage, ob die Petition nicht einer energischeren Form, seinen For- derungen Ausdruck zu geben, Abbruch thut. Mit anderen Worten, ob «ine Petition bestimmt und geeignet ist, aufzurütteln oder einzufchliiiern. Daß beide Fälle eintreten können, zeigt die Geschichte der englischen  Arbeiter- und Reformbewegung. Die Dresdener   Petition wurde also in Umlauf gesetzt, in Bersamm- lungen und in der Presse warm besürwortet, so daß es schien, als c» sie«ine große Unterschriftenzahl auf sich vereinigen sollte. Da plötzlich regte sich Opposition dagegen. In R e u m ün st e r in Holstein, deffen Arbeiterbevölkerung gut sozialistisch, aber durchaus nicht wrdulenr ist, traten in einer Arbeiterversommlung mit Ausnahme eines Redners sän.mtlich- andern gegen die Petition auf, und wurde nahezu einstimmig beschlossen, sich an der Unterschristensammlung nicht zu betheilig-n. Da sonst fast nirgends Versammlungen zur Besprechung der Petition statt- finden konnten, so konnte sich anderswo auch keine Opposition gegen dieselbe zeigen, aus Einsendungen in der Arbeiterpresse geht aber her« »or, daß diese Opposition vorhanden ist. So schreibt demBerliner Bvlkstlalt" ein Abonnent: Nach meiner Ueberzeugung hat... nur ein geringer Bruch- t h e i l der Berliner   Arbeiter die Petition unierschrieben. Und d e s- halb nur ein Bruchtheil, wie Schreiber von den meisten seiner Freunde und Bekannten weiß, weil man der Meinung ist, daß man sür Rechte, welche den Arbeitern gesetz- und verfaffungsmäßig zustehen, auch wenn man dieselben arg verkümmert hat, nicht petitionircn will, indem man der Meinung ist, daß die Vertreter der Arbeiter im Re-chs- tag genau die Mittel zu gebrauchen wissen müssen, welche ihnen die Berfaffung des Deutschen Reiches   in die Hand gibt, ohne Pelitions- Nachhilfe.... Denn ebensowenig wie sich die Berliner   Arbeite? abhalten lassen werden, Petitionen für erst zu erkämpfende Rechte an den Reichstag zu schicken, werden sie es unterlassen, von ihren Kan- d i d a t e n zu fordern, die den Arbeitern gesetzlich zustehenden Rechie ganz energisch zu vertheidigen, dieselben, wenn möglich, zu vermehren, aber sie in keiner Weife verkümmern zu lassen." Die Norddeutsche Hundsgemeine bejubelt die Vorgänge in Neu« Münster   als emerfreuliches Zeichen", daß sich die Arbeiter von den Agitatoren abwenden. Das Pindterblatt stellte die Sache so dar, als wären die Arbeiter derHetzerei" müde, es weiß aber sehr gut, daß, was in Neumünster   sich zeigte, das direkte G e g e n t h e i l bedeutet. Die Arberter verlieren die Geduld. Die infamen Maßregeln der letzten Zeit, die Schließung auch der in keiner Weise politisch kompro- «lltirten Fachvercrne, die demonstrative S ch äd i g u n g der Arbeiter bei ihren Lohnkonflikten hat in denselben eine Stimmung erzeugt, wie fi- schroffer zu keiner Zeit unter dem Sozialistengesetz bestand. Wir haben den Ton unseres Blattes keineswegs herabgestimmt, und doch glauben wir, daß es heute nicht einen Genossen in Deutschland   gibt, dem de:Sozialdemokrat" zu schart schriebe, wohl aber wurde uns jüngst von einem Genossen, der bisher als einer der Gemäßigtsten galt, der Wunsch ausgedrückt, wir möchten jetztdoch ein wenig schärfer drein» hauen." Bielleicht ist der Gesellschaft, die in Deutschland   das Hest in d-r Hand hat, der Bismarck-Puttkamer- Sippe, die sich an ihre fetten Pfründen klammert wie der Bampyr an sein Opfer, das er aussaugt, vielleicht ist diesen gewissenlosen pollti'chen Strebern diese verzweifelte Stimmung gerade erwünscht. Die tiefe Sympathie Ehren-Puttkamer's sür den Wost'schen Anarchismus ist bekannt, dem Tugendminister kommt es auf Anige Attentate gar nicht an was kümmert es ihn, wenn ein paar Untergeordnete Organe feiner Polizei daran glauben müssen? Wenn er Nur mit seinen Gewaltmitteln, nach denen er seit Jahren wie der Tiger Nach frischem Blute lechzt, einschreiten darf.Es geht mir zu langsam", ist auch seine Parole. Hat nicht Rußland  , das he'.ßgelubte Rußland ge­zeigt, wie man mitNihilisten" aufräumt? Nun, vorläufig ist die Freude noch verfrüht. Weder die Arbeiter in Neumünster  , noch sonstwo in Deutschland   haben ihr Abwenden von der Petition im Sinn« eines Abwendens von dem Gros der deutschen   So- zialdemokratie gedeutet, sich vielmehr gegen die dahingehende Unterfiel- lung der Offiziösen entschieden verwahrt. Es ist eine Bewegung zur schärferen Betonung der negirenden Seite unseres Kampfes. Man will in erster Linie prvtesttren. Das ifl noch keineswegs ein Uebergang zur sogenanntenPropaganda der Thar". Die politisch geschulten deutschen Arbeiter werden Voraussicht- sich nie so thöricht sein, Mord und Todtschlaz als quasi Programm- »unkte aufzustellen, aber sie werden sich ebensowenig das Recht streitig wachen lassefl, sich in der ihnen jeweilig am passendsten erscheinenden Wesse ihrer Haut zu wehren. Eincm Gegner gegenüber, der vor den gemeinsten Mitteln nicht zurückschreckt, handelt es sich nicht um die �Loyalität", sondern um die Wirksamkeit der gewählten Kamp'es- art Man packt ihn da, wo er schwach ist, und die gehen sehr fehl, die da meinen, die deutschen Arbeiter kennten die schwache Seite ihrer nicht. Mögen die Bismarck  , die Puttkamer, die Richthosen eS daher nur immer so forttreiben, es wird der Moment kommen, wo die Arbeiter wit ihnen und ihren Handlangern gehörig abrechnen werden, und sie können sicher sein, daß ihnen keine ihrer Schurkereien vergessen werden Wird. DflS verächtlichste Wesen unter der Sonne ist für einen wohl- erzogenen Musterbürger unserer besten aller möglichen Gesellschaften un- zweifelhaft der B a g a b u n d. Nicht arbeiten, ohne Rentier zu sein, das zeugt von einer Verworfenheit des Charakters, die jede Bcutaliiät der Polizei gegen so ein, selbstoerständlich durch eigenes Verschulden, herab- gekommcnes Individuum rechtfertigt. Erst neulich wieder wurde auf irgend ern-m Kongreß   wenn wir Nicht irren, waren es die StrafanstailSvorfteher-c. die Behauptung aufgestellt, daß für die Landstreicher die Zuchthausbehandluna kein ge. Nügendes Abschreckungsmittel, daß als» in den Arbeitshäusern ,c. ein diel wirksameresBesserungssystem" am Platze ser. Und ähnliche An- schauungen kann man in den Kreisen derPraktrker", d. h, der höheren Und niederen SenSdarmerie. täglich hören, sur die obendrein jeder arbeitslose Nichtrentier ein Vagabund ist. Nun, daß es unter den Arbeitslosen auch gewohnheitsmäßige Land- streicher gibt, soll nicht geleugnet werden, abgeschmackt im höchflen Grade ist es aber, über diesemoralisch Gesunkenen" ohne Weiteres und allge- mein den Stab zu brechen, statt sich zu fragen, wieso und warum Men- schen so tief sinken, in das entwürdigende, jeder inneren Befriedigung baare Leben eines Bagabunden immer wieder zurückzufallen. Denn daß es angenehm sei, sich als Bettler von allen zwei- und vierbeinigen Hunden anfallen lassen zu müssen, das macht uns Niemand weiß. Der Theologentroß wird da natürlich sofort mit der sehr bequemen Theorie von der angeborenen Schlechtigkeit der menschlichen Natur bei der Hand sein, mit der man Alles beweisen, jede Niederträchtigkeit be- schönigen kann. Ein vernünftiger Mensch zuckt indeß zu solcher Erklärung die Achseln und sucht nach einer, der Sache auf den Grund gehenden wissenschaftlichen Erklärung des UebelS. So hat auf der letzthin in Berlin   stattgehabten Naturforscher« Versammlung ein hervorragender Psychialriker, Professor Mendel in Pankow   bei Berlin  , die Vagabundenfrage vom medizinischen Standpunkt aus erörtert, und ist dabei zu Resultaten gekommen, welche die höchste Beachtung Aller verdienen, die sich noch nicht zu der im neuen deutschen Kaiserreich offiziell gezüchteten Verehrung deS Polizei­knüppels aufgeschwungen. »Es ist nicht zu verkennen," sagte er,daß eine große Zahl söge- nannter Vagabunden einen unwiderstehlichen Trieb zum Wandern und auch zum Betteln haben, und daß sie andererseits aber auch für eine dauernde Thäti gleit unfähig sind. Daß nur in den s e l- tensten Fällen dieser krankhafte Zustand erkannt wird, hat seine Ursache in der seitens der Gerichte zu erfolgenden summarischen Aburtheilung der Vagabunden. Ich habe vor einiger Zeit Beobachtungen im hiesigen Arbeitshause angestellt. Ich habe mir, ohne irgend eine Auswahl zu treffen, 8b Vagabunden vorführen lassen und ihren Geisteszustand untersucht. Von dtesen 35 Leuten waren K voll­ständig geisteskrank, 5 waren in hohem Grade s ch w a ch s i n- nig, 18 waren Epileptiker, II litten an schweren chroni- schen Krankheiten, und bei den übrigen 52 waren ohne Ausnahme Störungen der Geistesthätigkeit, bei einigen sogar in sehr bedenklichem Grade, zu konstaliren. In den meisten Fällen ist der Alkoholgenuß die Ursache dieser Erscheinungen; einen Theil der Schuld trägt aber auch die Mangelhaftigkeit unserer öffent» lichen Einrichtungen. Ich habe mehrfach die Wahrnehmung ge- macht, daß Leute, die nach überstandenem Gelenk- Rheumatismus, Typhus u. s. w. als geheilt aus den Krankenhäusern entlassen worden und so- gleich in Arbeit getreten sind, zumeist ihrer Stellung wegen Arbeits- Unfähigkeit wieder verlustig gingen und alsdann dem BeUlerthum an- heimgefallen sind. Wenn auch bei vielen Vagabunden Mangel an Er- ziehung, Ansteckung durch schlechte Beiffuele die Ursache ihrer Vagabun- dage ist, so drängt sich doch angesichts der ermähnten Thatsachen die Nothwendigkeit auf, alle Personen, die sich der Landstreicherei, Bettelei u. l. w. schuldig gemacht haben, zunächst von dem Gerichtsarzt uniersuchen zu lassen. Es ist nothwend>g, alle Paralytiker, Epileptiker, chronische Alkoholisten u. s. w. einer Änstatl sür Epileptiker zu über- weisen. Wenn man einwendet, daß das viel Kosten verursachen wird, zumal diese Leute, da unheilbar, ihr ganzes Leben lang in diesen An- Italien zuzubringen haben, so ist zu erwidern, daß für die Insassen in den Arbeitshäusern sowieso die Provinzen zu sorgen haben und daß die Leute, die in epileptischen Anstalten untergebracht werden, mit geringen Zwischenräumen ständige Insassen der Arbeitshäuser sind. Wenn man serner die fortwährenden Transportkosten, die diese Leute verursachen, und außerdem in Erwägung zieht, daß diese Men'chen, wenn sie die Freiheil genießen unaufhörlich das Publikum belästigen, ja oftmals beunruhigen, so dürsten die durch das vorgeschlagene Verfahren erwach« senden Mehrausgaben lür die epileptischen Anstalten sich ausgleichen. Es kommt noch Hinz-.-, daß die bezeichneten Vagabunden sehr nützliche Mitglieder für eine Irrer. Kolonie werden dürsten, daß sie sehr wohl zu leichteren Arbeiten in vortheithafter Weise verwendet werden können und daß sie unter ärztlicher Aussicht und Pflege stehen. Ein derartiges Verfahren ist aber auch vom Standpunkt der Humanität geboten. Man darf Niemand bestrasen, wenn er geistig unzurech- nungsfähig ist Solche Leute müssen lediglich der Heimathsbehörde überwiesen und ihr Ausenihalt beschränkt werden. Im Weiteren müssen aber auch Einrichtungen geschassen wgrden, daß Rekonvaleszenten nicht ohne Weiieres aus den Kcantenhäusern entlasjen werden." Co Mendel. Der Mann ist als Politiker Gegner unserer Bestrebungen, als Fach» mann aber liefert er den Beweis,' daß ein gewissenhafter Arzt der ge- borene Sozialdemokrat ist. Seine Vorichläge sind zweifelsohne sehr gut gemeint und würden, wenn in seinem Smne durchgesühri, auch manches Gute wirken, ob sie aber in der heutigen Geselischast so, wie er es meint, durchsührbar sind, das scheint Herr Mendel nicht genügend über- legt zu haben. Er hat namentlich vergessen, bei wie vielen seiner Kollegen das Klassem.ntercsse das medizinische Gewissen vollständig ertödtet hat' Zum Teustl ist die Wissenschaft, Routine ist geblieben und daß daher selbst die an sich sehr vernünftige Forderung der Heber- Weisung der Landstreicher an die Gerrchtsärzte sollte eigentlich bei allen Angeklagten geschehen da keine genügende Gewähr für sachgemäße Enticheidung dielet, wo die Geldfrage die entscheidende Rolle spielt. Und wie es in dieser Beziehung in den Gemeinde-, Kreis  - zc. Verwaltungskörpern aussieht, ist männia-ich bekannt. Indeß, diese Seite der Frage steht auf einem anderen Blatt. Für uns hat das Referat des Herrn Mendel schon dadurch bedeutenden Werth, daß er als Fachmann gezeigt ha!, in wie vielen Fällen der Vagabund thatsächlich nur ein Kranker ist, und daß, wenn das Vagabundevwesen ein Krebsschaden am Gesellschaftsiörper ist, die Verantwortung dafür zum guten Theil aus die Gesellschaft selbst zurückfällt. Die Krankheiten der Gesellschaft sind die Verbrechen der Gesellschaft. Einem charakteristischen Rothschrei begegnen wir in einem Ein Wort an die Arbeiter" überschriebenen neueren Leit- artikel der Münchener  Allgemeinen Zeitung  ". DreiIdeen", heißt es da, untergraben den für Handel und Industrie so nothwendigen Frieden: die von den Engländern gehegteIdee" des Handelsmono- pols, die von den F r a n z o s e n gehegte»Ä e v a n ch e- I d ee" und die von den Panslavisten gehegteIdee" der Eroberung Konstantinopels  . Engländer und Russen fördern und unterstützen heimlich dieRevanche-Jdee" der Franzosen  , diese um ihres Handels« Monopols die festländischen Krieg« haben England groß gemacht jene um ihrer pai.slavistischen Ziele willen.Es drohen unS daher," h-lßt-s dann,schwere Geschicke. Wenn aber irgendwo noch eine Möglichkeit liegt, dem VerhSngniß in den Arm zu fallen, so erblicken wir sie bei den arbeitenden Klassen im wei. teren Einn, bei allen jenen Menschen, welche in Frankreich   wie in Mitteleuropa   und den benachbarten Mittelstaaten für sich und ihre Fa- mckie in ehrlicher Arbeit ringen und schaffen, und denen doch viel- leicht einmal die Geduld bricht, bei diesem Ringen und Schassen immer aufs neue unterbrochen, qestört und ins Unabsehbare zurückgeworfen zu werden zum einseitigen Vortheil ehrgeiziger, meist im Genosse aller irdischen Güter schwelgender Fanatiker, derenIdeen" die Welt nicht zur Ruh« kommen lassen. ...... In richtiger Erkenntniß dieser Verhältnisse haben daher hie im Monat August vereingten Arbeitervereine Schwedens   als Puntt VIII ihrer Beschlüsse den Satz aufgestellt:Die'schwedlschen Arbeitervereine schließen fich den internationalen Friedensbestrebvngen an." Das klingt freilich nur einfach, zeigt aber den richtigen und praktischen Weg zur Verbesserung der Lage nicht blos der Arbeiter, sondern aller Menschen, die da eines guten Willen« sind. Möchten doch die Arbeitsstände und zumal die in Mitteleuropa  , Frankreich  , Italien  , der Schweiz  , Belgien  , den Niederlanden und in Skandinavien  , sowie in den Balkanländern lebenden sich überzeugen, daß sie keinen unversöhnlicheren und ge- sährlicheren Feind haben, als die Vertreter der mehrfach gezeichneten Ideen". Und mögen sie doch diesen angeblichen Idealisten, die für sich meist große Realisten find, begreiflich machen, daß wir ihre Ideen von der Auspflanzung d«S griechischen Kreuzes ans der Sophienkirche   sowie die ewige Revanche herzlich satt haben und ihnen nicht das Recht zuerkennen, mit diesen Schlagworten den Welttheil in Verwirrung zu werfen und die ehrliche Arbeit außer Brod zu bringen, zum Vortheile der englischen   und amerikanischen Konkurrenten." Sehr schön gesagt, nur hätte der Schreiber des Artikels auch so gerecht sein sollen, mit denIdeen" seiner säbelrassetnden Landsleute ebenfalls ins Gericht zu gehen. Man kann nicht die sranzösischen Revanche-Jdeen bekämpfen und den deutschen National-Chauvinismus, der sie zum guten Theil auf dem Gewissen hat, ignoriren. ES ist unehrlich, über die englische Handelspolitik zetern und die deutsche Handelspolitik stillschweigend als unantastbar hinstellen zu wollen. Die schweizerischen, belgischen k. Arbeiter z. B. wissen von derselben ein Liedchen zu singen. Darin aber hat der Artikelschreiber des Professorenblattes Recht, wenn ernur bei den a r b e i t e n d e n K I a s s e n" die Möglichkeitsteht, dem Verhängniß in den Arm zu fallen. Freilich, wenn es blos aus dasEr- heben der Stimme" ankäme, dann müßten wir längst zu der schöne» Zeit des Völkersried enS gelangt sein, denn seit jeher erheben die Arbeiter, wo sie auch nur zusammenkommen, ihre Stimme für die internationalen Friedens bestrebungen; es wird vielmehr erst dann besser werden, wenn den Arbeitern, wie es sehr schön heißt, einmal die Geduld bricht und sie den kriegslustigen Gewalthabern in drastischerer Form ihren Willen kundgeben. Die Früchte de» Schandgesetzes. Wohin die niederträchtigen Gewaltmaßregeln desgemeingesäyrlichen Gesetzes", wie es der Volts- mund getaust, mit Naturnothwendigkeit führen müssen, haben die Bor« gänge in Leipzig   bei Gelegenheit der Ausweisung unseres Genossen Schumann gezeigt. Wir lesen darüber in deutschen  Blättern: Leipzig  , 27. September. Die Art und Weise, sowie der Umfang der sozialistischen   Demonstration, welche am Sonntag Abend gegen 5 Uhr in mehreren Straßen von Seiten der hiesigen Sozialdemokratie in Szene gesetzt wurde, läßt sich erst heute, nachdem in die ganze Sache Klarheit gekommen, überblicken. Die Veranlassung ist in der am Sonn- abend den 25. d. M., auf Grund des Sozialistengesetzes erfolgten Aus- Weisung deSTischlergesellenKarlFriedrichRichard Schumann zu suchen. Die hiesige Polizei hatte von der beabsich» tigten Demonstration vorher keine Kenntniß gehabt. Wie festgestellt wurde, versammelten sich die Theilnehmer in dem eine halbe Stund« von der Stadt entfernten Gartenetabliffement zumNeuen Schützenhaus", wo mehrere Reden, u. A. auch von dem ausgewiesenen Schumann, gehalten wurden. Gegen Abend setzte sich der Zug, dessen Theilnehmer sämmtlich mit rothen Abzeichen versehen waren, die Arbeiter-Marseillais«, sowie das verbotene LiedWeißt Du, wie viel Sternlein stehen u. s. w." sangen, außerdem aber noch eine rothe Fahne d. h. eine im- provisirte, ein an einem Stock befestigtes Tuch mit sich führten, durch die Frankfurter Straße nach der Stadt zu in Bewegung, wo dessen Ankunft von einem patrouillirenden Schutzmann nach der Polizei-Haupt- wache gemeldet wurde. Der Polizeilieutenant Z., ein Wachtmeister, sowie zwei Schutzleute, sämmtlich in Zivil, machten sich eiligst aus den Weg, trafen aber die etwa 500 Köpfe starke Menge erst in der Nähe des alten Exerzierplatzes am Gohliser   Wege. Bei dem Bemühen, den Fahnenträger zur Feststellung des Namens und zur Uebergabe der Fahne aus dem Zuge herauszuholen, kam es zum Handgemenge zwischen Sozialisten und Polizei. Die Schutzleute, welche sich vorher legitimirt hatten(und die auch jeder Sozialist kennt), wurden von der Uebermacht zu Boden geworfen und mit Stöcken und Knüppeln geschlagen. Erst als zwei der Beamten wieder festen Fuß gesaßt hatten und von ihren geladenen Revolvern Gebrauch zu machen drohten, wich die Menge und zerstreute sich. Die reihe Fahne war aber trotzdem in den Besitz der Beamten gelangt. Es stellte sich nun heraus, daß der eine Schutzmann so arg verletzt worden war, daß er sich verbinden lass n und abtreten mußte. Der Polizeilieutenant und der Wachtmeister, obwohl auch verwundet, ließen sich aber von der Verfolgung der sich erst in Gohlis   wieder sammelnden Menge nicht abschrecken und ließen sich von dem in den Gohliser   Baracken garnisonirenden 134. Regiment eine Patrouille, bestehend aus einem Unteroffizier und zwei Mann, zu ihrem persönlichen Schutz geben. Gleichzeitig ließ der diensthabende Offizier das Kasernenthor schlichen, um die wenigen Sonntags außer der Wache und zum Feuerdienst an- wesenden Mannschaften inr Falle der Gefahr beisammen zu haben. Eine Konsignation des Militärs fand indeß nicht statt. Inzwischen waren auch genügende Schutzleute aus Leipzig   eingetroffen und mit deren Hülfe gelang es, aus der Mitte der bereits vor Möckern ein» getroffenen Menge 5 der Rädelsführer zu verhaften, welche der Sicher« heit halber schleunigst mittelst Droschke nach Leipzig   befördert wurden. Die Menge war nun ruhig geworden und zog in der Richtung über Wahren nach der preußischen Grenze zu. Am andern Tage(Montag) wurden weitere 7 Verhaftungen vorgenommen. Unter ihnen befindet sich der dem Ausweilungsbesehl verfallene Tischler Schumann, dessen Ausenthaltsfrist in Leipzig   am Montag abläuft. Die Antlage gegen die Verhafteten wird auf Landfriedensbruch gestellt." Wir sind, da uns noch keine Privatmittheilungen vorliegen, noch nicht in der Lage, zu prüfen, in wie weit dieser Bericht, der unzweif lhast aus polizeilichen Kreisen stammt, im Einzelnen richtig ist, jeden- falls bestreiten wir zunächst, daß es sich um eine geplante Demon- stration gehandelt hat, der ganze Verlauf der Affäre zeigt vielmehr, laß es sich hier um eine rein spontane Aeußerung der durch die forigesetzten schurkischen Provokationen in weiten Kreisen erzeugten Erbiiterung handelt. Daß die Freunde und Bekannten eines Ausgewiesenen die>em noch das Geleit geben wollen, ist eine zu bekannte Erscheinung, als daß sich ein anderes denn ein Polizeihirn darüber wundern könnte, und daß die Stimmung der von ihrem Freunde Abschied Nehmenden keine den Ur- hebern der Ausweisung sehr rosige ist, sollten sich die Herr n auch sagen können. Bisher hatten es die Arbeiter aus den Rath unserer Genossen jedoch stets vermieden, sich von der Polizei zu Widersetzlichkeiten ver- leiten zu lassen, wenn sie jetzt davon abzugehen beginnen und m-hr Werth daraus legen, ihrem Groll vollen Ausdruck z» geben als taliijchen Rücksichten zu folgen, so ist das eine Erscheinung, die wir zwar im In- teresse der dabei erfahrungsgemäß hinterher der Rache der Pol ze» zum Opfer Fallenden bedauern, sür die wir aber einzig und allein die Macher und Handhaber des infamen Gesetzes verantwortlich machen. Auf ihr Haupt die Veranlwortung sür alle Opfer an Freiheit und Lebens- glück, die es schon gekostet und noch kosten wird, auf ihr Haupt die Verantwortung für jeden Tropfen Blutes, der in Folge dieses fluch- würdigen Gesetzes schon vergossen worden und noch vergossen werven wird! Wir haben das Menschenmögliche gelhan, die Arbeiter davor zu warnen, auf Eure Provokationen einzugehen, aber wenn Ihr es mit Gewalt zum Aeußersten treiben wollt nun, so tragt auch die Kon- s e q u e n z e n davon l Das im Viereckffchen Verlag erschieneneDeutsche Wochen- blatt" ist dem Schandgesetz zum Opfer gefallen. Dabei wäre an sich nichts Außerordentliches, an derartige Schu>kereien ist man ja in Preußen. Deutschland   nachgerade so gewohnt, daß sie nicht mehr Aufsehen machen als etwa die Erleichterung der Staatskasse zu Gunsten irgend eines Bismarckischen Reptils. Charakteristisch ist nur, daß man die Schamlosigkeit so weit trieb, die Verbotsmaßregel an einen Artikel zu knüpfen, der sich gegen ein in Wien   verbreitetes anarchistisches Flugblatt richtete und konstatirte, wie außerordentlich gelegen das schwülstige Machwerk gerade in diesem Augenblick, wo das Sozialisten- gesetz auf der Tagesordnung des österreichischen Reichsrathes stehe, der österreichischen Polizei komme eine Thatsache, die der in Oesterreich  erscheinende" Volkssreund ebenfalls hervorhob ohne konfiszirt zu werden I Zaristischer wie der Zar, Habsburgischer wie der Habeburger das ist die Parole imfreien geeinigten Deutschland  ." Unsere Kultur hat in diesen Tagen wieder erhebende Fort- schritte gemacht. In Frankreich   hat man mit einem neuen Sprenggeschoß, das mit einem neuen Sprengstoff M e l i t i n gefüllt wird, wahrhaft entzückende Erfolg« erzielt. Das Ge'choß trägt vorn eine Stahispitze, vermöge deren es in die widelstandssähigsten Körper eindringt. Beim Anprall entzündet die Nadel die Spreng- ladung, das Geschoß zerplatzt sast vollständig zu Staub, erzeugt aber um sich her eine Art von Gashülle, und diese Gase, sich ungeheuer aus- dehnend, werfen sodann Alles, was sich in ihrer Nähe befindet, nieder. Eine Bombe reicht hin, um einen ganzen Block von Häuiern zu zer- stören.Gegenüber solchen Waffen erklären Diejenigen, welch dies. Iben versucht haben hätte Paris   nicht acht Tage widerstanden und Metz   wäre gar nicht in Betracht gekommen." Herrlich, nicht wahr? Ein Tropfen Mermuth   könnte darin gefunden werden, daß es ja Deutschlands   Erbseind ist, der sich des Besitzes dieser kostbaren Erfindung erfreut. Doch dieser Fehler wird dura» die neu erfundenenHeilhofitbomben" ausgeglichen Heilhofit ist der Name des Sprengstoffes mit dem man in Spandau   eben so günstige