Papiere nichts gescheidtere» thun könne, alS sich ihrer so bald alS möz- Iii zu entledigen, sie„abzuschütteln", wie der gewühlte Ausdruck lautet. Das ist Alles recht schön, und waS über die Zerrüttung der russischen Finanzen und die Werthlosigkeit der russischen Staatipapiere gesagt wird, ist auch vollkommen richtig. Aber, warum wurde ei nicht früher gesagt? Warum wurde es nicht gesagt, ehe daS deutsche Publikum auf den russischen Leim ging und sich um 2000 Millionen Mark beschwindeln ließ? Warum haben dieselben Blätter, die heut« die russischen Ltaatspapiere in ihrem wahren Werth oder Unwerth zeigen, vor jetzt vier Jahren dem deutschen Publikum das Segenthezl gesagt, und die russischen viaatspapiere aufS Eifrigste herausgestrichen. Warum haben die B r o d g e b e r dieser Blatter, die Bismarck »nd Konsorten, damals AlleS aufgeboten, um durch amtliches wie Picht amtliches Eingreifen die ruffischen Staatspapiere in Deutschland »eliebt zu machen und dem deutschen Publikum„aufzuhängen"? Warum wurde das preußische Staatsinstitut der Seehandlung »eranlaßt, die russische Aiileih« gewissermaßen unter den Schutz und die Garantie der preußischen und also auch der deutschen Regierung zustellen? AlS vor anderthalb Jahren ein sozialdemokratischer Abge- ordnet«, Liebknecht, diese Praktiken aufdeckte,� die absolute Werthlosigkeit d« russischen Staatspapiere nachwies und gegen die deutsche Regierung die Anklage erhob, daß s i e die Ueberschwemmung des deutschen Markts «it werthlosen russischen Papieren verschuldet habe— es war in der Reichstagssitzung des». Februar 188«— da wurde Liedknecht für «inen„Helfershelfer" der Nihilisten erklärt. Heut befinden sich die Regierung-: bläUer in Bezug auf den Werth der ruffischen Staatspapiere in vollster Uebereinstimmunz mit dem„Helfers« Helfer der Nihilisten", und plündern dessen Rede, die sie vor ändert- halb Jahren denunzirten. Natürlich hüten sie sich, der schmutzigen Rolle zu erwähnen, welche die deutsche Regierung in dieser schmutzigen Affäre gespielt hat. Dürften str es, könnten sie es, so wären sie eben keine Reptilien. Und nun: weßhalb und wozu diese veränderte Hal« *«»g? was sind die Beweggründe, waS der Zweck? �Die Interessen des deutschen Publikums gewiß nicht. Genützt kann nichts mehr werden. Die„Abschüttlung", zu welcher die «eptilien rathen, ist eine einfache Unmöglichkeit. Di« Engländer, Hol- «ander und Franzosen , welche mit Hülfe Bismarcks und seiner «ute dem deutschen Publikum die in ihrem Besitz befindlichen werth- kosen ruffischen StaatSpapiere zu ihrem vollen Nominal- Werth„aufhängten"» find natürlich nicht so blödsinnig, den de- trogenen und beschwindelten Deutschen die werthlosen russischen Papiere Nieder abzunehmen— außer als M a k u l a t u r, die ja auch «inen Handelsartikel bildet.' � kommt zu spät, der Schaden ist angerichtet und das Eeichehene läßt sich n»cht ungeschehen machen. Aber dem guten Michel kann ein neuer Aderlaß appli- »irtwerden. Durch die wohlgemeinte„Warnung" wird der Kurs der russischen Staatspapiere h e r u n t e r g e t r i e b« n. Ist er so tief, wie„man" »hn haben will, so kauft„man" die entwertheten Papiere sn m.isse und läßt dann sofort in all den Zeitungen, welche jetzt„warnen", Arnkel veröffentlichen, welche vor allzugroßen Befürchtungen warnen, «>«n Zustand der russischen Finanzen als immerhin noch nicht ganz ver- W«selt hinstellen. Und— die Papiere gehen wieder etwas in die Vvhe.„Man" verkauft nun wieder, steckt die Differenz— im «etrag von vielen Millionen— i n d i e X a s ch e. Und— gelegentlich w»d das Spiel sortgesetzt. Nicht wahr, wir hatten recht: wenn Spitzbuben ehrlich werden, haben st« ihre spitzbübischen Gründe? Jedenfalls liefert dies« Episode der russischen Werthpapiere einen ««reffanten Beitrag zur Naturgeschichte deS deutschen Reichs und seiner »Gründer". — Wie die Sozialdemokratie bekämpft wird. Wir wollen »er nicht von den polizeilichen Puttkamereien reden, son« dern von der sogenannten„geistigen Bekämpfung der Sozialdemo- watie" durch die kapitalistische Presse. Und-war wollen wir nur ein charakteristisches Beispiel herausgreisen. Wie wir bereits in voriger Rummer mittheilten, hat die Berliner «Post", das Organ der„Botschafterpartei", jener Partei, die absolut kemen andern Standpunkt kennt als den jeweilen von Bismarck ap- tzrobirten, herausgefunden, daß es mit der sozialdemokratischen ««rtrauensmännerkonferenz in Kassel doch seine Rich- «gleit habe, wenn auch zehnmal festgestellt sei, daß diese angebliche Kon- j�enz nur aus einer Generalversammlung einer Arbeiterkrankenkasse bestand. In einem langen Artikel führt das Blatt, das sich auf seine »Wissenschastlichkeit" und„Respektabilität" ungeheuer viel zu gute thut, Mls. daß zwischen Gewerkschaften oder Fachvereinen und der sozialdemo- «katischen Partei eigentlich gar kein Unterschied bestehe, so daß k» demnach kein wesentlicher Jrrthum sei, wenn eine Gewerk- kchaftsversammlung für einen sozialdemokratischen Kongreß gehalten «erde. In Wirklichkeit sei besagte Gewerkschaftsversammlung doch ein «zialdemokratlscher Kongreß gewesen. Zu einem solchen hätten auch sehr mitige und dringende Gründe vorgelegen; denn die Geheimbund s- prozeffe bereitete« der sozialdemokratischen Partei große Schwierig- m»*« r"!! m*? die Parteileitung sich schon ernsthast beschäftigt habe. S'.,, GeheimbundSprozessen für die Zukunft vorzubeugen, habe die arteileitung vor emiger Zeit ein Rundschreiben erlassen, in welchem sie h gegen die bisherige„Geheim-Organisation" ausgesprochen. und an deren Stelle die Gründung eines Agitationsfonds '"Zürich (!) befürwortet habe. Der Vorschlag sei jedoch auf Wider- JKMd gestoßen, namentlich bei den Berliner Genossen. Kur»— und bavut schloß der klassische Artikel— die sozialdemokratische Partei stecke «em-r heftigen«rists, und die Zerfahrenheit sei so groß, daß «n Kongreß den Führern nothwendig hätte erscheinen müssen."-- und wohlgemerlt, eins der größten,„geachtetsten" und vornehmsten deutschen Blätter ist es, das dieses Zeug dem Publikum aufgetischt hat. Wir denken natürlich nicht an eine Widerlegung des aberwitzigen Ge- Ichr-ibsels, das wir überhaupt nur erwähnen, weil es so recht deutlich pflt, welcher Art die„geistigen Waffen" sind, mit deuen mrsere Feinde b«? Sozialdemokratie„bekämpfen". Die krasseste Unwissenheit, gepaart Pss"fedrigster DenunziationSsucht, und schließlich daS alte Märchen von "Zerfahrenheit"(„Auflösung") der Sozialdemokratie, welches nur das wdlrekte Eingeständniß der Unfähigkeit zur„Bekämpfung" unserer Partei «AI Oder hätte eS einen Sinn, eine Partei zu„belümpfen", dir an ihrer. bleuen„Zerfahrenheit" zu Grunde geht? So weit war diese Rotiz gesetzt, als nnr auS den Zeitungen erfahren, die Berliner Polizei letzten Freitag sieben Arbeiter unter dem Gorwand»erhaftet hat, dieselben bildeten das sozialistische Ä e n t r a l k o m i t e in Berlin . Die Berliner „Natwnatzeitung" weiß Kreits eine ganz genaue Schiloerung von der„geheimen Organisation Berliner Sozialdemokraten" zu geben, deren Spitze das verhastete «iNtralkomite gewesen sei.„Jedes Mitglied diese« Komite," heißt es, »hatte besondere Funktionen, dem einen lag die Organisation der Ber - •Wlung des„Sozialdemokrat" ob, der andere hatte die Kassengeschäfte leiten, der andere wiederum die Geldunterstützungen an die Ausge« Wenen festzusetzen und zu übermitteln. DaS Zentraliomite organifirte P« Verbreitung der sozialdemokratischen Flugblätter und spielte eme Art Ueberwachungskomtte für die sozialdemokratischen Abgeordneten und deren Tätigkeit innerhalb und außerhalb des Parlaments. Di« ExpossS im Züricher„Sozialdemokrat", die mit den Worten„Die Beauftragten" �"verzeichnet waren, rührten anscheinend von den Mitgliedern des Zen- «alkomite her. In das Zentralkomite wurden nur solche Sozialdemo- rjjjien, die in der Oeffentlichkeit absolut nicht hervorgetreten waren, ge- ,»hlt. Die geheime Organisation der Sozialdemokraten war derartig »Ändert, daß aus den zahlreichen kleineren Sektionen je ei» Vertrauens- in einen einflußreicheren Konventikel gewähtt wurde, und aus ""3«m wieder je ein Delegirter für eine andere mit größere« Befug- "'ssen ausgerüstete Körperschaft hervorging. ES war bei Wahlen also Art Filtrirsyslem in Anwendung gebracht." , der Bericht offenbar aus einer Polizeiquelle stammt, so .{j"fPgen wir uns, von ihm referirend Notiz zu nehmen, und der Po- J"1, den Beweis für ihre Angaben zu überlassen. Ist dem mtt dem Pirlin« Komite so, wie fie behauptet, dann wäre nur Eines wunder- daß nämlich die Herren Putlkämerliuge erst jetzt von der Existenz m der Zusammensetzung desselben Kenntmß«langt haben sollte». Od«
hat man«S erst jetzt für opportun gehalten, einzuschreiten, nachdem gewisse„Versuche" bei den Berliner G-nossen, trotz wiederholt« Bemühungen, fehlgeschlagen? Es wäre sicher sehr interessant, wenn der Polizeiberichterstatter der„RationalzUtung", d« zweifelsohne besser unterrichtet ist als wir, auch üb« diese« Thema der Welt etwa» mit- theilen wollte. — Auf der gleichen Höhe der Gesinnung wie d« Schreiber deS„Post"-Arttkel« steht der bekannte schriftstellernd« Spitzel, der in der „Kölnischen Zeitung " seine— Einhüllungen" ablagert. Dieser Edle hat nämlich entdeckt, daß der„Sozialdemokrat" den Anarchisten P e u k e r t „fortwährend heftig bekämpft", während er den Anarchisten Dave „sorgfältig in Schutz nimmt". Für diesen„Zwiespalt d« Natur" des „Sozialdemokrat" findet sich, so meint er, vi-ll-icht— und dieses„viel- leicht" verräth sein gutes Gewissen—„eine Erklärung in den verhält- nissen der deutschen und besonders der Berliner Sozialdemokraten. In den Reihen derselben regt sich seit einiger Zeit der Geist der Unzufrie- denheit gegen die„Führerklique" im Reichstag « und eine entschiedene Neigung zum Anarchismus. Diese Stimmung macht sich nicht selten in Zuschriften an die Londoner „Autonomie" Lust, wovon die Herren in Zürich natürlich Kenntniß haben. Nun liegt es naturgemäß im Interesse der Züricher, die Anarchisten als Polizeiagenten hinzustellen, um einen förmlichen Uebertritt zu verhindern und nicht eine größere Anzahl von Abonnent.» zu verlieren. Sollte dieses Vorhaben gelingen, so könnte man sich ja nur darüber freuen, selbst wenn da« Mittel ein so Zweifel- Haftes ist. Dave wird im Gegeratz zu den anderen Anarchisten von dem Züricher Sozialistenblatte gsschont, weil er mit den Führern der belgischen Arbeiterpartei gut befreundet ist und diese wiederum nahe Be« Ziehungen zu den Zürichern haben sollen." Ran muß gestehen, der journalistische Spitzel versteht sich aufS Hand- werk. Auf der einen Seite salv(' er sein polizeiliches Gewissen durch den Ausdruck semer„Freude'- über die BloSstellung Peutert's, auf der andern weiß er die Motive unser« Angriffe auf denselben so geschickt zu verdächtigen, wie es Peukert's bester Freund nicht besser häite thun können. Nein, w cther Herr, daß der„Sozialdemokrat" Dave je„in Schutz genommen,"-st eine Beukert'sche Lüge. Dave ist als Anarchist unser Gegner und ist von uns nie anders denn alS solcher behandelt worden. Daran würde»ach seine Freundschaft zu den Füh- rern der belgischen Arbeiterparte- nichts ändern, denn wir lassen uns in unserer Stellungnahme nicht durch persönliche Beziehungen be- einflussen. Und ebensowenig durch Konkurrenz ,c.,' Motiv«, die höchstens für Spitzel maßgebend fein möge». Unsere„heftige Bekämpfung" des Peukert hat mit dex„Autonomie" als anarchistischem Parteiorgan wie überhaupt mit der anarchistischen Richtung als solcher gar nichts zu thun, sie gilt ausschließlich dem gewissenlosen Abenteurer, den unschädlich zu machen weit, mehr im Interesse der Gesa mm t- Arbeiterbewegung als speziell unserer Partei liegt. Den Anarchisten Peukert hätte» wir so wenig angegriffen als wir uns mit den Anarchisten Krapolkin, Reve, Trunk, Dave ic. beschästigen, denn wir bekämpfen die Lehren der Anarchist-.,, und nicht ihre Personen. Doch wem sagen wir das olleS* Das weiß der Spitzel der Kölnerin ja ebenso genau, wie er den W- j kennt, auf dem gewisse Berliner Kor- respondenzen in die Redaktion einer gewissen Londoner Zeitung gelangen. Oder sollte der Schriftsetzer Hetnrich dieses Geheimniß für sich behalten haben?! — Die Unwissenheit der Franzosen ist bekanntlich ein stebeudeS Thema in der gutgesinnten deutschen Presse. Kein Druck- fehl« in einer französischen Zeitung, der dem spähenden Auge der deutschen Splittemcht« entgeht, der nicht ofort mit einem Triumphzeschrei an die große Glocke gehängt würde, zu!utz und Frommen deS deutschen Phi« listers, der sich, wenn er so schwarz auf weiß von dem Mangel an „Bildung" bei dem Nachbarvolk äest, ungeheuer großartig vorkommt in dem gehobenen Gefühl: wir Deu 'sche sind doch viel gebildeter! Nun,„wir Deutsche " sind eben etwas spät« in die Reihe der mo- deinen Nationen eingetreten und haben infolge dessen die Sprache und die Verhältnisse unser« Borgänger eifriger fiudirt und studiren müssen als diese die unfern. Das ist eine unleugbare Thatsache und macht« bis- ber einen Vorrug der Deutschen uv, den nvjk aber gxade heute, in der Aera des bocmcteu Ratioualita- ilu.us, nach Kräften auszuheben oestrssen ist. Und auch uir« gebildeten D-utschen passrrt es nicht selten, daß wir uns mit unfern Kenntnissen in den Augen ander« Völker ganz gehörig blamire». Namentlich wissen die amerikanischen Zeitungen davon zu erzählen. So konnte man aar einiger Zeit in der ganz besonders gebildeten„Kölnischen Zeitung " lesen, daß der Büffel-Wilhelm(Buffalo« Bill, der in London seine Schaustellungen gibt) und seine Kuh-Junzen oft Taufende und Zehntausende.an Büffeln trieben und hüteten. Dies« Mittheilung hat in Amer.la große Heiterkeit erregt. Daß die Büffel ein fast verschwu- denes Viehgeschlecht sind und daß man sie bis jetzt nur ausn hmsweise gezähmt, aber niemals»um Zwecke der Schlächterei oder M--crei gezüchtet hat, scheint dem Welt« blatt ain Rheine eine verborgene Sache zu sein. Die ungeheuren Heerde» häuslicher gutmüthiger Kühe un'. der etwas wild«en Stiere, welche auf den großen Viehfarmen des BVstens weiden, hält die„Kölnerin" für Vüffelheerden und die Kuh-Jung-n sind in ihren Augen Büffel-Jungen. „Können denn selbst die besten Zeitungen Europa's gar nicht über dieses Land Amerika in's Klare komni.n?" fragt der„Phil. Demokrat". Nun, die beste Zeitung ist die„Kölnische Zeitung " auch nicht, wohl aber eine der arrogantesten. Der Dämpfer ist ihr deshalb sehr zu gönnen. — Die ReichSgauner-Ato-vemie an der Arbeit. Ein Preß- prozeß der B«liner„Post" hat den Jesuitenoätnn des Reichs- gerichts die erwünschte Gelegenheit gegeben zur ausdrück- lichen Rechtfertigung der neuesten Praxis, für alles, was d« Polizei und dem in Preußen-Deutschland herrschenden Streberthum von Staats- anwälten und Richtern nicht paßt, und dem mit anderen Paragraphen deS Strafgesetzbuches nicht beizuk-mmen ist, den Unfugparagraphen anzurufen. Die Sache ist für die deutschen Rechtszuständ« so charakte- ristisch, daß es sich lohnt, näher darauf einzugehen. Die„Post" hatte aus einem Lokalblatt des Lübbener KretfeS eine Notiz abgedruckt, wonach bei eitrct dortigen Manöoerübung Soldaten der Hitze zum Opfer gefallen feien, was sich später alS übertrieben heraus- stellte. Trotzdem evident war, daß die„Post" in gutem Glauben gehan- delt, fanden die Staatsanwaltschaft, und als d«en Logik der Straf- kämm« des Berliner Landgerichts nicht einleuchtet», die Rechts-Aus- und E-nleger de 3 Reichsgerichts, b ß sich das konservative(I) Blatt des „groben Unfugs" schuldig gemacht, denn, so lautete das Monstrum von Jesuitismus; „Das Bewußtsein, das Publikum zu gefährden oder ungebührlich zu belästigen, brauche dem Thät« nicht beigewohnt zu haben, und auch sein Glaube an die Wahrheit der die Neun- ruhigung bewirkenden Thatsachen sei deshalb nicht entscheidend, weil derselbe eine V«schuldung an dem Erfolge nicht ausschließ«, sofern dieser bei Anwendung d« gehörigen Aufmerksamkeit und Ueb«iegung— man denke, der Abdruck einer Notiz aus einer, am Orte oes angeblichen Ereignisses erscheinenden Zeitung!— hätte vermieden werden können." Dieses Gaunerstück des höchsten deutschen Gerichtshofes hat sogar die sonst so vornehm-tühle„Frank-arter Zeitung" in Harnisch gebracht. „Es kann," sagt sie, und zwar hat sie darin nur zu recht,„die Grundlage einer Rechtsprechung werden, durch welche sowohl die that- fächliche Berichterstattung als auch die kritische Würdigung der Thatsachen durch die Presse in unerhörter Weise beschränkt und ge- hemmt wird. Wen« der Eindruck, den eS von d« Lektüre irgend eines Buches oder eines Zeitungsartikels empfängt, schon an fich geeignet ist, das Publikum ungebührlich zu belästigen, wie will man da noch»ine feste Grenze ziehen?" Und w-i.er: „Denn— wohlgemerlt— die Erhebung der Anklage wegen Verübung groben llnfugS ist«in Privilegium der Staatsanwalt« s ch a f t e n, die P r i v a t k l» g e ist hi« unzulässig.... „Die staatsanwaltliche Ausfassung ist entscheidend für die Erhebung der Anklage, und was das bei der Stellung, welche in Deutschland diese Behörde einnimmt, besagen will, darüber braucht man kein Wort zu verlieren. ES genügt, zu sagen, daß d i e g a n z e Schärfe der neuesten Praxis in d« Rechtsprechung üb« den groben Unfug die Opposition gegen die Regierung treffen wird. Oder hat Jemand bis jetzt auch nur einm Fall erlebt, in wel.
chtnt dt« antisemitischen Hetzereien, die agrarischen Aufwiegelungen zch einer Anklag« wegen groben U-.fuzS geführt hätten?" Was folgen wird, läßt sich leicht»»raussagen. Die Preßprozos,« wegen groben Unfugs wttden bald eine standi- e Rubrik d« Gerichtsrollen werden-, wo d« Art. 18« und ISl n.cht zur An« Wendung gebracht werden kann, wird die Nummer 11 de« Art. SM) immer willkommen sein. Ein Stümper armseligst« Art müßte abr» der Mann sein, der von der Uederzeugung amtlich oder persönlich durchs drungen, daß die Regierung und die zu ihr haltenden Parieien stet« im guten Rechte seien, nicht in jeder Numm« eines oppofitionelleik Blattes, in jeder Rede eines Gegners der Regierungspolitik Stelle» zu entdecken vermöchte, durch die das Publikum ungebührlich belästigt werde. Fühlt sich der Staatsanwalt bei d« Lektüre belästigt, wie wäre da zu bestreiten, daß da« Gleich« von der unermcßbare» Zahl von Personen gilt, die in ihren Ansichten mit ihm Übereinstimme«. Roch einen S chritt weil«— das Genie dringt oft schnell vor— und man könnte deduziren: Wenn jede Nummer ein« oppositionellen Zeit« schrift das Publikum ungebührlich belästigt, so ist die Existenz eine» solchen Blattes«st recht eine Belästigung, also grob« Unfug, gegen den eingeschritten werden muß. Dann trügest du, dereinst harmlos.» Dummenjungenparagraph des Strafgesetzbuches, noch den Preis und Ruhm des Staalsretterthums davon! Das wäre allndingS die Krönung des Gebäudes, von dem bis jetzt schon etliche Stockwerke vollendet dastehen, sicher ruhend auf dem Fundament eines reichsgerichtlichen Erkenntnisse s." Gut gegeben. Schade nur, daß die RechtSgaunec in Leipzig sich nichts daraus machen. Dt« wissen, was ihres Amtes ist, und sche«en sich den Teufel um daS Urtheil Derer, die keine Orden und Würden»u vergeben haben. Nun, hoffentlich thut die„Frankfurter Zeitung " und die ihr geftn» nungsver wandte Presse auch ihr Möglichstes, die elenden Verdrehe» tri Rechls der ailgei:-inen Verachtung vreiezuzeben. — Gin zeitgemäßer Denkzettel. Man schreibt un» aus K&l» untern« 14. Juli: Wie das Fest des 14. Juli, die Jahresfeier d«S Bastillesturm«, var. 87 Jahren>n der Metrovole des Rheinlandes gestiert wurde, darüber finden wir in dem damals in Köln erscheinenden„Beobachter" in stwers Nummer vom 26. Meffidor deS Jahres VllI der französischen Republik (IS. Juli 1801) folgenden Bericht: „Köln , den 2ö. Meffidor. DaS Fest d«S 14. Juli gestern und heute, theils durch Artillerie-Salven, theil« durch Glocken-Geläut« angetündigl, wurde heute Nachmittags von den konstituirten Autoritäten und«ine« sehr zahlreichen Tbeile der Bürgerschaft feierlichst begangen. Auf dem großen Platze des Reumarktes stand der Baterlands-Altar, auf ihm da« Sinnbild der Rational -Eintracht und der aus der Eintracht entspria» genden Kraft; neben ihm zur Rechten eine Säule zu Ehren der Repu> blik mit den Attributen des Ackerbaues, des Handels, d« Wissenschaften und der Künste, des Krieges und des Sieges, zur Linken ein Obelisk zu Ehren Defaix's*) mit Inschriften, welche sich auf sein Leben und ins- besondere seine militärische Lausbahn bezogen; am Piedestal die Wort«; II a t'ait pour viere dans la posientö. Drei Reden wurden gehaltene eine auf deutsch vom Regierungskommtssär bei der hiesigen Munizipalität auf den 14. Juli; die andere in französischer Spruche vom Kommiffa» der Regierung bei dem hiesigen Tribunale auf Desaix'S Tod; die dritte vom Präsidenten der Munizipalität über die Wichtigkeit deS TageS und die Hoffnungen, die er veranlaßt. Bor und nach, und unter militärsscher Musik, wurden von bewaffneten Bürgern, deren gegen 600 anwesend waren, militärische Evolutionen mit der von ihnen mehrmalen schon de- wiesenen Geschicklichkeit ausgeführt. DaS Wetter war schön, die Ordnung und die Einigkeit vollkommen, und mit dem süßesten Vorgefühl wünscht man bald das Friedenssest von dieser wack««n und unermüdeten Bür- gerschast feiern zu sehen." Im Anfange unseres Jahrhun dertS stiert« Köln republikanische Fest«. Und heute? Heute sind die Nachkommen der«, die durch die erste sran- zöstsche Revolution reich geworden sind, in ihrer Mehrheit dem llttra- mo»tani»mus verfallen und eifern in Wort und Schrist gegen die„»er» verblichen Grundsätze" derer, denen sie zu einem nicht geringen T heile ihr sogenanntes bürgerliches Ansehen und ihren Reichthum zu ver» teil!«» haben. Interessant ist»ich:«iUi.r die Namenlilte derer, die tne französische Revolution in der Presse sei«t-n und die Berschmetzung de» linken Rhcinufers mit Frankreich forderten, sondern auch die Namenliste derer, weiche die in Aachen unter den Hammer gebrachten Domänengüter erworben. Die ultramontane Agitation wird, nämlich von vielen Familien getragen und geförd«t, deren Vermögen. aus der von den Franzosen im Rheinland« vollzogenen Umwälzung her« kommt. Auch die Ahnen vieler rheinischer Richter, Staateanwält« und. sonstiger„Hüter ehrlich erworbenen EigenthumS" haben ihr Echäflein. unter den„verderblichen Grundsätzen der ersten französischen Reoolu» tion" in'S Trockne gebracht. Es wäre überhaupt sehr verdienstlich» unser« heutigen adligen und bürgerlichen Respektabilität bei jed« passenden Gelegenhett die Geschichte ihres EigenthumS unter die Nase zu reiben. — ES reicht noch nicht. Den braven Nationalliberalen sind die politischen Strafgesetze nicht Hartz genug. Ihr patriotische« Gemüth verlangt nach höheren Strafen. So schreibt der Straßburg « Ableger der„Kölnischen Zeitung "; „In hiesigen juristischen Kreisen wird die Frage erörtert— und»war in direktem Bezug auf den Landesverrathsprozeß Klein und Genossen— ob nicht die Durchsicht der bezüglichen Bestimmungen de« Reich«» strafgejetzbucheS über Landesverrath»öthig erscheine. Ganz abge. fehen von dem einzelnen Falle geht die Ansicht dahin, daß die Straft androhung nicht weitreichend genug ist für solch« Bergehen, wo umJ schnöden Sündenlohn das Leben von Tausenden durch die Auslieferung von Festungsplänen und dergleichen verrätherisch auf da» Spiel gesetzt wird. Man braucht sich nur die möglichen Folgen der Verbrechensakte Kleins auszudenken, um den Wunsch nach stärkerer Abschreckung mittels erhöhter Strafandrohung begreiflich zu finden. Der Tödtuugs« versuch, wenn auch nur in mittelbarer Form, ist hier gleichsam iv'ü Tausendfache gesteigert." Also Rad und Galgen her! Oder gleich den Scheiterhaufen. Wenn wir einmal beim Revidiren sind, dann auch hübsch ordentlich gearbettet. Beiläufig ein recht artiger Gedanke, die„möglichen Folgen" in dies« Form zu verwerthe». Kann auch für ander« Fälle recht furchtbar sein. Z. B. wo es sich um Skribenten und ihre Hintermänner handett, dl« durch gewissenlose Hetzartikel das Leben nickt nur von Taujendea, svn» der« von Hunderttausenden aufs Spiel setzen. — Papst Leo, der„gemäßigte", hat den Pater Mv'�lyan, den kühnen Anhänger Henry Georg e's. wegen Wdersetzlichkeit gegen den Erzbischof Eorrigan exkommuutzirt. Diese Maßregel war von vornherein zu erwarten gewesen, und deshalb hatte Dr. McGlynn ei vorgezogen, sich gar nicht erst in Rom zum Ketzergericht zu stellen. Die römische Kirche macht heute mit ganz besonderem Eiser in„Gesell- schaftsrettun g", sie hofft aus diese Weise imm« mehr Proselyten aus den Reihen der um ihren Geldsack zitternden oberen Zehn- tausend zu gewinnen, und so ist ihr ein Priester, der eine wider di«. Privilegien derselben gerichtete Agitation unterstützt, eine höchst unb«, quem« Erscheinung. Also hinaus mit ihm aus der Kirche! Und die oberen Zehntausend, ob katholisch, jüdisch oder proleflantifch, ob Freigeister oder Pietisten, sind auch mit dieser Exkommunikation sehr einverstanden, handelt es sich doch um die ihnen allen gleich heilige ,, Religion des Kapstal«"!. Dr. McGlynn— schreibt das„Phil. Tageblatt"— tritt mst emer Kühnheit gegen die„vatikanische Waschine" aus. die Jedem Achtung ab- nöthigen muß, der nicht, von selbstischen Interessen erfüllt, der Propa- ganda, die Dr. McGlynn betreibt, feindlich gegenübersteht. Würde sich dieser nicht auf die Gest« der armen Leute stellen und im Geist« de» Ur-Christenthums zu wirke» suchen, so würde die amerikanische Presse seinem mannhaften Widerstand« gegen römische Anmaßung applaudireu. So aber begnügt fie sich im besten Fall, indem st« einen lediglich res«- virten Standpunkt«innimmt, meisten« aber sogar die Berechtigung de» PapsteS zur Disziplinirung eines Geistliche» wegen seiner poli» tischen Handlunge» gutheißt. B Ein hervorragender Heerführ« der französtsche« Republik , du«>.» Jahr zuvor bei Marengo seine» Tod gesunden.