die Macher und Verbreiter desSozialdemokrat" und des Rothen Teufels" sind Suslünder!" Was soll hiermit gesagt sein? Gibt es ein Gesetz, welches die Aus­länder von der Benutzung der schweizerischen Gesetze insoweit es sich nicht um Fragen des Bürgerrechts, Wahlrechts u. s. w. handelt aus- schließt, und die Benutzung solcher Gesetze durch Ausländer zu einem Verstoß gegen die Neutralität stempelt? Mit andern Worten, gibt eS ein Gesetz, welches die in der Schweiz   lebenden Aus- ltlnder vomRechte der freien Meinungsäußerung, vomGenusse der Preßfreiheit ausschließt? Das ist die einzige Frage, auf welche es ankommt, nachdem seitens des Bundesraths auch nicht einmal der Versuch gemacht worden ist, eine thatsächliche Verletzung der Neutralität durch die Ausgewiesenen
sin solches Gesetz besteht aber nicht. Und damit fällt die ganze sogenannte Begründung der Ausweisung über den Hausen, und wir befinden unS der nackten a d m i n i st r a- Uven Willkür gegenüber, haben es mit einer Maßregel zu thun, bei der die Laune, das Ermeffen, die Opportunität kurz alles Mög« liche den Ausschlag gegeben hat, nur nicht daS, was in einem freien, aus dem ehernen Fundament der Gerechtigkeit aufgebauten Gemeinwesen allein hätte den Ausschlag geben dürfen das Gesetz. Rußlands   Handlauger in Deutschland  . Leipzig   wird bekanntlich die Hochburg des deutschen   Nationalliber a- liS muS genannt, und wenn daS Wort auch längst nicht mehr in dem Sinne zutrifft, in dem es früher gebraucht wurde dieHochburg" war schon sehr nahe daran, in den Besitz derRothen" zu gelangen s» darf sich die Pleißestadt doch eines Bürgerthums rühmen, das an nationaler, d. h. mordspatriotischer Gesinnung es mit den begeistertsten Preußen des Schwabenlandes aufnimmt. Der Leipziger  �patriotische" Bürger ist der wahre Fanatiker dernationalen Ehre", Nirgends war z. B. die Entrüstung über das Basler   Karnevalsgedicht so hochgradig als in Leipzig  , nirgends wurde die Schweiz   und daZ Schweizervolk zur Strafe für das Vergehen eines einzigen Schweizers s» giftig heruntergerissen als in demnationalen" WitzblattSchalk", «essen Erscheinungsort zu sein sich Leipzig   zum Ruhm anrechnen darf, vnd in der Hetze gegen die englischen A e r z t e und die englische Frau des deutschen   Kaisers that es dasnationale" LeipzigerTageblatt  " «llennationalen" Blättern Deutschlands   voran,kein Akt der Schwäch- dem Ausland und dem Ausländischen gegenüber" das ist die Parole des patriotischen Leipzig  . Run, aus dieser nationalsten aller nationalen Städte Deutschlands  «hielt die BerlinerVolkszeitung" in voriger Woche folgende Mit- bheilung: Vor etwa sechs Wochen wurde in Leipzig   ein junger Armenier verhaftet, weil er der Beförderung verbotener Schriften verdächtig war. Wie sich herausstellte, wollteer einige Schriften nach Rußland   schaffen; keine derselben ist in Deutschland   verboten es wäre «so kein Anlaß gegeben, ihn in Haft zu behalten, aber die Polizei theilte die Sache dem russischen Konsul mit, und dieser hatte nichts Eiligeres zu thun, als seine Regierung in Kenntniß zu setzen, und die russische Regierung verlangt nun die Auslieferung. »in Freund, der aus der Schweiz   herbeieilte, hat bei den einschlägigen stihsiich-n Behörden alle möglichen Schritte gethan, um die Freilassung des Verhafteten zu erwirken, allein bisher ohne jeglichen Erfolg. AIS   letztes Mittel ist eine Jmmediat-Eingabe an den König ins Auge Sefaßt, welche von angesehenen Persönlichkeiten in Leipzig   unterstützt wird. Der Verhaftete, Gabriel Kafiang, 25 Jahre alt, hat nämlich in Leipzig   studirt und ist einigen Professoren als fleißiger Schüler noch in gutem Andenken. Ein Auslieferungsvertrag besteht nicht »wischen Sachsen   und Rußland  ; die sächsische Regierung ist also »ur Auslieferung nicht verpflichtet, und wenn man be- beult, daß sich Kafiang keines Vergehens gegen Deutschland   oder deutsche besetze schuldig gemacht hat, und daß ihm in Rußland   wegen des ver- suchten Schriftenlchmuggels die Verbannung nach Sibirien  und der vollständige Ruin seiner Existenz bevorsteht, so kann man, ganz abgesehen von politischen Sympathien oder Antipathien nur den lebhaften Wunsch empfinden, daß die sächsische Regierung dem Gebot der Humanität folgen und einen jungen Mann, der sich durch seme FreiheUsliebe zu einer vielleicht unvorsichtigen, aber sicher nicht unehrenhaften Handlung hat fortreißen lassen, dem russischen Barbaren- paat nicht zur Vollstreckung der barbarischen Strafe ausliefern wird." Wir wollen abwarten, ob die sächsische Regierung diesem nur zu be< rechtigten Wunsche nachkommen oder nach bekanntem Muster sich zur Handlangerin der zarischen Brutalität hergeben wird. Fest steht, daß die Polizei der Stadt Leipzig  , soweit es in ihrer Macht liegt, diesen Akt schmachvoller Liebedienerei gegenüber einem noto- tischen Feinde Deutschlands   begangen, und daß sich in den Kreisen desnationalen" Bürgerthums auch nicht eine einzige Stimme des Protestes dagegen erhoben hat. Hier, wo die Wahrung der nationalen Ehre mit dem Eintreten für Menschlichkeit und R e ch t zusammen trifft, hier schweigt plötzlich daS sonst so schnell ausbrausende patriotische »emüth. Es schweigt die Presse, cS schweigen die politischen Vereine, es schweigt vor allem die an erster Stelle zum Protest verpflichtete aka- ««mische Jugend. Ja, wenn es sich um eine frische, fröhliche Hätz Legen eine wehrlos gemachte Partei, gegen eine in denobern Regionen" verhaßte Minderheit, gegen ein kleines Land wie die Schweiz   gehandelt tzätte, wenn eS darauf angekommen wäre, einen mißliebigen Dichter in «n Koth zu zerrm, da wären sie alle zu haben, alle muthig auf dem Plan gewesen, aber zum Schutz eines von der zarischen Henkerpolizei Bedrohten einzutreten, die Stimme zu erheben gegen einen Akt nichts- würdiger Feigheit, dazu war keiner von ihnen da. Daß Deutschlands  Behörden Handlanger des größten Gegners eines freien und unabhän- gizen Teutschlands sind, das läßt sie vollkommen gleichgültig. Ein Herr- lich-s Geschlecht! Von anderer Seite schreibt man uns noch über diese Angelegenheit: Die Hoffnung, daß die sächsische Regierung stch noch im letzten Mo- «mt zu anständigem Handeln aufraffe, ist leider sehr gering. Der Wind, welcher jetzt in Deutschland   weht, kommt geradewegs aus Rußland  , und dieneue Sonne", deren Aufgang von den Bismarck  , Slöcker und Ge- Nossen   so sehnsüchtig erwartet wird, ist nur eine Nebensonne der Sonne von Gatschina. Gerade Rußland   gegenüber hatte die sächsische Regierung, die sich manchmal der einst vonSachsenkönigen getragenen Krone" Polens   erinnern mochte, bisher mitunter Anwandlungen einer L«wissen Selbstständigkeit verrathen, indeß das sind Dinge der Ver- aangenheit, und da der gefangene Kafiang unzweifelhaft von der russi- schen Polizei alsNihilist" undSozialdemokrat" bezeichnet wurde, so wird Herr von Nostiz-Wallwitz die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, um seine Angst vor den bösen Sozialdemokraten durch Auslieferung «astangs von Neuem glänzend zu bethStigen. Deutschland  . Deutschland   über AlleS'." Auch ritte Begründung. Deutsche Arbeiterblätter theilen dm Wortlaut de« Erkenntnisses mit, auf Grund dessen der Bezirksausschuß von Frankfurt   a/O. dem Tuchmacher Robert Gley tn K o t t b u sdie gewerbsmäßige Abfassung der auf fremde Rechts- Angelegenheiten und bei Behörden wahrzunehmenden Geschäfte bezüglichen twelchen Stil) schriftlichen Aufsätze" untersagt hat. Wir haben der Angelegenheit bereits in Nr. 15 desSozialdemokrat" erwähnt, und wollen daher auch die entscheidenden Stellen des famosen Erkenntnisses wssern Lesern nicht vorenthalten. Man höre also: Die Reichsgewerbeordnung.   in der Fassung vom l. Juli l8S3, ent- hält im§ 35 Absatz 3 die Bestimmung, daß die gewerbsmäßige Be- Ivrgung fremder Rechtsangelegenheiten und bei Behörden wahrzunehmen- der Geschäfte, insbesondere die Abfassung der darauf bezüglichen schrift- «chm Aufsätze zu untersagen ist, wenn Thalsachen vorliegen, welche die «nzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf diesen Gewerbe- betrieb darthun. Unter den die llnzuverlässigkeit der Ge- werbetreibenden in Bezug auf diesen Gewerbebetrieb erweisenden Thatsachen sind nun nicht blo» diejenigen zu verstehen, welche sich aus die Brauchbarkeit der Schriftsätze des Konzi- siwnten beziehen, sondern es gehören dazu alle diejenigen Thatsachen, welche aus die moralischen Eigenschaften des Gewerbetreibenden «« derartiges ungünstiges Licht werfen, daß er gerade in diesem, so sehr aus Vertrauen beruhenden Gewerbe des Vertrauens unwerth er- scheint. ES ist nun zwar richtig, daß der Beklagte stch eine» ge- »»'inen Verbrechen» oder Vergehens nicht schuldig gemacht
hat, eS ist indessen gegen ihn festgestellt worden,»ine Druck- schrift, in welcher sozialdemokratische, auf Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschafts-Ordnung gerichteten Bestrebungen in einer den öffentlichen Frieden gesährdenden Weise zu Tage traten und die durch die Landespolizeibehörde verboten war, verbreitet zu haben, ferner be- züglich einer ohne vorherige Anzeige bei der O-tSpolizeibehörde statt- gssund.-nen Versammlung, in welcher öffentliche Ang«- legenheiten erörtert und berathen werden sollten, als Unternehmer, Leiter und Redner aufgetreten zu sein, endlich eine Versammlung unter freiem Himmel ohne obrigkeitliche Erlaubnis veranstaltet zu haben. Aus diesen Feststellungen erhellt, daß der Beklagte sich n i ch t scheut. die gesetzlichen Vorschriften zu übertreten, nur um seine Partei- zwecke zu fördern. Ein Mann, dem der Sinn für Gesetz- lichkeit und Autorität in so geringem Maße beiwohnen, wird voraussichtlich auch bei Ausübung deS Konzipienten-GewerbeS keine Bedenken tragen, sein« Klienten zur Unzufriedenheit mit der bestehenden Ordnung aufzureizen und sie zu schriftlichen Kundgebungen zu bestimmen, welche von dem Geiste des Widerspruchs gegen alle anerkannten Autoritäten beseelt sind. Der Gerichtshof hat darnach die Ueberzeuzung gewonnen, daß dun Beklagten die erforderliche Zuverlässigkeit in Bezug auf den beab- sichtigten Gewerbebetrieb fehle und mußte demgemäß die Unter- sagung des letzteren ausgesprochen werden." Mit andern Worten: Weil derBeklagte" ein politischer Sünder, und zwar nichts alsein politischer Sünder ist, ermangelt er der nölhigenmoralische«" Eigenschaften, die zur Ausübung des durchaus bürgerlichen Berufes gehören, wird er nicht nur politisch, sondern auch bürgerlich geächtet. Seine Verbrechen sind allerdings schrecklicher Natur. Er hat eine Versammlung geleitet ohne Polizei- liche Erlaubniß! Kann man sich etwas Abscheulicheres denken? Er hat ein- verbotene Druckschrift, vielleicht gar den s-fl-Sozialdemokrat" verbreitet! Ist so etwas Schändliches je dagewesen? Dergleichen Dinge sind tn Preußen-Deutschland   einfach unerhört. Und einem Mann, der so etwas thut, soll man nicht zutrauen, daß er, wie eS im Erkenntniß h-ißt, seine Klienten zur Unzufriedenheit mit der bestehenden Ordnung aufzureizen-c." im Stande wäre? Daran zu zweifeln wäre bereits halbe Mitschuld. Schön. Schade nur, daß daSAusreizen zur Unzufriedenheit" Hand- lungen sind, die kein Strafgesetzbuch verbietet, die also Niemand in der Welt etwas angehen. So gut man bei keinem Menschen, der den Beruf des Gerichtskonzipienten auiübt, sich darum kümmert, ob er seinen Klienten fromme Hiilstraktätchen, antisemitische Hetzpamphlete, oder Reklamen fürNaturärzte" zustecken könnte, so gut geht eS keinen Menschen etwas an, ob derselbe seinen Klienten die bestehenden Verhält- niffe in rosiger Beleuchtung oder sonstwie darstellt. Die Frage ist ein- zig und allein nur die, ob er ehrlich ist und seine Klienten weder betrügt, noch zu B e t r u g und ähnlichen verbrecherischen Handlungen verleitet. Um diese Frage aber drückt sich das Erkenntniß vorsichtig herum, sie wird unterschlagen und die politische Unzuverlässigkeit" d. h. Unzuverlässigkeit im Sinne der biedern Bezirksausschußmitglieder zur bürgerlichen Unzuverlässigkeit umge drechselt. Man sieht, die Organe der berühmtenSelbstver- wallung" geben der alten oerufenen Bureaukratie nichts nach. Der alte Essig in neuen Fässern. Wir würden eine schwere Unterlassungssünde begehen, wollten wir die Namen der Urheber des Erkenntnisses unfern Lesern vorenthalten. Sie .lauten: 1) VerwaltungSgerichts-Direktor Schmidt, Vorsitzender; 2) Ritterschastsrath Klingholz', S) Ritterschaftsrath Freiherr von Blomberg, 4) Stadtralh Ehrenberg, 6) Amtsvorsteher Krüger. Ehre, dem Ehre gebührt. Die Herren sind würdige Repräsen- tanten derbestehenden Ordnung", welche so sorgsam vor sozialdemo- kcatischen Volksanwälten behütet werden muh. Aus Deutschland   schreibt man UNS: Höchst   possierlich sind die Bemühungen der Reptilpresse, uns glauben zu machen, die Schweizer  -Behörden hätten au» eigenem Antrieb d i e jüngsten Ausweisungen vorgenommen beileibe nicht unter der Wirkung eines Druckes von Außen. Natürlich der deutschen   Regierung ist es nicht eingefallen, dt« so zärtlich geliebte Schweiz   durch den sanften Bülowk a u l b a r s e n" zu lassen. Wer könnte den friedlichen Lämmern, die in Deutschland   das Regiment führen, derartige Ungemüthlichkeiten zutrauen? Ich brauche nicht zu sagen, daß die komischen Bemühungen der Reptilpress- pour lo Rai äo krusso sind und einen durchschlagenden HeiterksitSeffekt erzielt haben. Nun, unsere so schnöden gemaßregelten Genossen werden ihre Aus- Weisung swohl ebenso zu ertragen wissen, wie die vielen Hunderte, die vor ihnen ausgewiesen worden sind, und die vielen Hundert, die voraus- sichtlich noch nach ihnen der Ausweisung verfallen werden. Wir Sozialdemokraten sind gerade jcht in der Lage, besonders guter Laune sein zu können nach dem Sprüchwort, daß es etwas sehr Angenehmes ist, Schicksalsgenossen zu haben. Und was für auserwä'flte Gesellschaft, die mit uns daS Vergnügen theilt,gehetzt" zu werden! Seine Majestät Friedrich der Dritte, Kaiser von Deutschland  , Ihre Majestät Viktoria, Kaiserin von Deutschland  , Ihre Majestät Viktoria, Königin von England und Kaiserin von Indien  , und sonstige Größen und Spitzen. Muß uns da nicht das Herz im Leibe lachen! Und wie die Kronen auf dm erlauchten Häuptern wackeln, und wie der Thron knarrt unter den Giftbissen der Reptilien! Hei! Ist das eine Freude! So gründliche Maulwurfsarb-it ist wohl noch niemals ver- richtet, mit solchverzehrendem Eiser" sind von denStützen des Staats" die Fundamente des Staats noch niemalsuntergraben" worden. Wenn von der Natur der Argumente, mit denen eine Sache von Seiten ihrer berufenen Anwälte v-rtheidigt wird, ein Schluß zu- läßig ist auf die Güte dieser Sache selbst, dann steht es um die vom schweizerischen Bundesrath verfügte Ausweisung der vier deutschen  Mitglieder de»Stabe»" deSSozialdemokrat" wirklich herzlich schlecht. Es sind nur wenige Blätter in der Schweiz  , welche diese Maß- regel vertheidigt haben, und unter den wenigen, die es gethan, sind noch eine ganze Reihe solcher, die selbst der Bundesrath lieber in den Reihen seiner Angreifer sähe als umgekehrt. Es wird uns daher auch gar nicht einfallen, das ihm oder irgend einem seiner Mitglieder auf Konto zu setzen, was z. B. dieAllgemeine Schweizer-Zeilung" über die Auswei- sung geschrieben ein Blatt, das darüber triumphirend schreiben konnte, daß der Einfluß des Herrn von Puttkamer  , d. h. eines auswär- tigen Ministers, in Bern   maßgebend geworden. Unzweifelhaft ist aber der Bern   er Korrespondent derNeuen Zürtcher-Zeitung" von berufener Seite damit beaustragt, die Bundesrathsmaßregel vor dem Publikum zu vertheidigen. Und je mehr stch die, sonst gewiß nicht sozialistensreundlich: Ridaltion des genannten Blattes selbst in ein sehr beredtes Schweigen über die Maßregelung unserer Genosien hüllt, sie hat ste noch mit keinem Wort zu ent- schuldigen versucht um so größer sein Eifer, diese Unterlassungssünde gut zu machen. Aber mit was für Waffen wird da gekämpft! Dinge, die zur neuesten Ausweisung passen wie die Faust aus's Auge, werden herbeigezogen, um als Präzedenzfälle zu Gunsten derselben ausgespielt zu werden. So z. B. die Massenausweisungen von Mitgliedern deutscher Arbeitervereine, die im Jahre 1 8 5 0, d. h. ein Jahr nach der Unter- drückung des badisch-psälzischen Aufstandes, vom schweizerischen Bundes- rath vorgenommen wurden, d. h. zu einer Zeit, als die Gemüther noch erhitzt waren und Tausende an einen baldigen Wiederausbruch der Re- volution dachten und sich auf denselben vorbereiteten. Nicht daß wir die damaligen Ausweisungen beschönigen wollten ste gereichen der Schweiz  in keiner Weise zur Ehre, gar mancher brave, hochtalentirte Freiheits- kämpfer ist durch sie in namenloses Elend gestürzt, einem Tode aus Verzweiflung in die Arme gejagt worden aber festgestellt muß doch werden, daß was den damals Ausgewiesenen zur Last gelegt wurde, den heute Ausgewiesenen absolut nicht nachgesagt werden kann, daß es also gradezu absurd ist, wenn man jetzt die Erinnerung an die l8S<)er Ausweisung ausgräbt, um auf ste gestützt die Ausweisung von 1888 zu vertheidigen. Mit demselben Recht könnte man jede Maßregelung miß-
liebi.ier Aussänder rechtferiigen, mag sie noch so sehr dem Recht uOb der Billigkeit ins Gesicht schlagen. Wie faul diese Argumentirung ist, zeigt sich aber am besten daraus» daß ihr Urheber, um sie zu bekräftigen, zu einer Vermuthuna seine Zuflucht nimmt. Wenn!Hätte das eidgenössische Justiz- und Polizeivepartement im geeigneten Moment, als die Schuldigen eS am wenigsten vermuthen konnten, die Druckerei desSozialdemokrat" mit Beschlag belegt und bei den Leitern Haussuchunzen gehalten, wie dies gegenüber derAvantgarde" und den Anarchisten geschehen, so wäre man wohl in den Besitz eines Materials gekommen, das noch ganz anders als derSozialdemokrat" und derRothe Teufel" würde aus- gesehen haben." «Hätte... so wäre man wohl" das muß allerdi ngs selbst dem Zweifelsüchtigsten genügen. Denn was kann man nicht alles irgendwo vermuthen! Fertige revolutionäre Mobilmachungspläne, Verzeichnisse von Dynamit-, Roburit-, Melinit- und Panclastit-Bomben lagern, Speziak« karten fämmtlicher deutschen   Revolutionszentren, ProstriptionSlisten, Brandschatzungsregeln kurz, die schrecklichsten Dinge, von denen ein Philister nur träumen mag. Wir wollen seiner KombinationSgabs keine Zügel anlegen. Rur   eine Bemerkung sei uns dagegen erlaubt. Wen» man eS bedauert, nicht in Besitznoch ganz andern Materials" gekommm zu sein, als das, was man hat, ist das nicht einverschämtesZu- g e st ä n d n i ß, daß daS Material, was man hat, und woraufhin man gehandelt hat, doch nicht ausreichend war? Der Bundesrath wird nicht sehr gut vertheidigt. Die Berliner   Polizei hat in voriger Woche hinter einander zwei sozialdemokratische Wählerversammlungen Verbote«, in denen die Frage der Betheiligung oder Nichtbetheiligung an den be- vorstehenden Stadtverordneten  -Ersatzwahlen durch endgültigen Beschluß erledigt werden sollte. Die Motivs und der Zveck des Verbots find mit Händen zu greifen. Die Polizei will nicht, daß die Sozialdemokraten Berlins   zur Verständigung gelangen, die sich nach dem Verlauf der zuletzt stattgehabten Versammlung erwarten vom Standpunkt der Polizei sollten wir sagen befürchten ließ; und sie will die Nicht« betheiligung der Sozialdemokraten zur unabänderliche» Thatsache machen. Unsere Berliner   Genossen haben das Spiel durchschaut und werde« den säubern Plan zunichte machen. Unser flämisches BruderorganToekomst  " bringt in semer neuesten Nummer bereits folgende Mittheilungen über die bis zur Stunde vom Parlamentarischen Komite der englischen TradeS  - Unions getroffenen Borbereitungen zum Internationalen Kongreß derselben, die es einer von den streikenden Webern Gents zur Untersuchung der Verhältnisse ihrer engli schen Berufsgenossen nach Manchester   entsandten Delegation verdanlt: Die Rundschreiben in englischer Sprache sind fertiggestellt, in nächster Woche werden sie ins D e u t s ch e und Französische übersetzt und versendet. Der Kongreß beginnt Dienstag, 3. November, Montag Abend werden die englischen Trades UnionS festlich empfangen. Broadhurst wird den Kongreß mit einer Begrüßungsrede eröffnen und danach wird der Kongreß sein Bureau ernennen. Die in Aussicht genommene Tagesordnung lautet: Welches sind die besten Mittel, um die Gesetze, welche einer internationalen Vereinigung der Arbeiter im Wege stehen, z u b e« fettigen? Praltische Maßnahmen für eine Internationale Ver« einigung der Arbeiter. Internationale Regelung der Arbeits- stunden? Ist es rathsam oder nicht, daß der Staat sich einmischt, um die Arbeitsstunden zu regeln? Jede« Land hat bei der Abstimmung eine Stimme. Die Redner, die einen Bericht oder eine schriftliche Darlegung verlesen, haben eine halbe Stunde, diejenigen, die frei sprechen, 15 Minuten Redezeit. Jeder Redner darf über denselbm Gegenstand nur einmal sprechen. Jede Nation wird ersucht, einen Bericht auszuarbeiten über die Lage der Arbeiter ihres Landes. Die offizielle Sprache des Kongresses ist französisch. Die Man- date müssen in französischer oder englischer Sprach- ausgestellt sein."- Schon ein flüchtiger Ueberblick dieses Entwurfes zeigt, wie berechtigt die Forderungen der Rnchslazsfraktion der deutschen   Sozialdemokratie waren. Es handelt stch auf dem Kongreß gar nicht um speziell- Ge- werlschaftsangelegenheiten, sondern um Fragen von Interesse für dt« Arbeiierwelt im Allgemeinen, sowohl die gewerkschast- l i ch o r g a n i s i r t e als die sei es auS ökonomischen, sei es auS politischen Gründen außerhalb der G e w er ksch as t S- beweoung stehende Arbeiterschaft. Schließt man die letztere grundsätzlich aus, so kann das Resultat der Berathungen nur ein einseitige» sein, das Votum d«S Kongresses keinen Anspruch darauf erheben, als der Ausdruck der Gesinnungen der Arbeiterschaft der ver- tretenen Länder zu gelten. Nehmen wir z. B. an, eS fänden stch in Deutschland   einige pvlize,- fromme und daher vor der Anwendung der bekannten Auflösungsgrund- sätze geschützt« Gewerkvereine, die den Kongreß beschickten, wem will man zumuthen, deren Abstimmung irgend welche Bedeutung zuzumessen? Sie würde absolut werthlos sein. Sodann muß es geradezu widersinnig erscheinen, bei der Berathung von Fragen, welche fast sämmtlich in direkter Beziehung zur Gesetz- gebung stehen, anerkannte Vertreter von Arbeitern in gesetzgebenden Körpern auszuschließen, statt Alles auszubieten, sie hinzuzuziehen. Indeß ist über diesen Punkt schon genügend gesprochen worden, so daß wir uns jeder weiteren Bemerkung enthalten können. Auf Wrnsch bringen wir hiermit noch den Brief zum Abdruck, den die sozialdemokratische ReiqstagSfraktion am 12. De- zember v.J. an das Parlamentarische Komite gesendet, und auf welche« die in voriger Nummer von uns publizirte Antwort Broadhurst S vom 24. Dezember erfolgte. Derselbe lautet: An da» Parliamentary Committee zu Händen des Mr. Broadhurst in London  . Wie dem verehrlichen Parliamentary Committee nicht unbekannt sein dürfte, hat der Parteitag der sozialistischen   Arbeiterpartei Deutschlands  , der vom 2. bis 6. Oktober d. I. in St. Gallen  (Schweiz  ) tagte, unter Anderm den Beschluß gefaßt, für das Jahr 1888 in Gemeinschaft mit den Vertretern der Arbeiter anderer Länder einen internationalen Ar- beiterkongreß einzuberufen. Der Zweck dieses Kongresse soll sein, eine Verständigung herbeizuführen über die Basis, auf welcher sich eine internationale Arbeiterschutzgesetzgebung in allen vorgeschrittener» Industrieländern der Welt ein- und durchführen lasse. Der Parteitag in St. Gallen ging von der Ansicht aus, daß die internationale Arbeiterschutzgesetzgebung eine Frage sei, welche die Arb:iterorganisationen und Arbeiterparteien aller Länder, wieverschieden son st immer ihreBestrebungen seien, zu gemeinsamer Aktion vereinigen müßte, wenn überhaupt etwas für die gesammts Arbeiterklasse Nützlich-s geschaffen werden soll. Da wir nun vernommen haben, daß auch der TradeS-UnionL-Kongreß zu Swanlea im September d. I. einen ähnlichen Beschluß gefaßt hat, so liegt es im allseitigen Interesse, eine Verständigung zu erzielen, damit der Zweck eines solchen internationalen Konzresses möglichst voll- kommen erreicht wird, und die Kundgebunzen eines solchen als einheit liche und geschlossene Kundgebungen der gesammten Arbeiter- klasse erscheinen. Wir, die unterzeichnete sozialistische Fraktion des Deutschen Reichstags, die wir seitens des Parteitags zu St. Gallen  mit der Aussührung jenes Beschlusses betraut sind, erllären uns bereit, unsererseits auf die Einberufung eines interna- tionalen ArbeiterkongresseS zu verzichten, wenn da« Parliamentary Committee seinerseits bereit ist, auf folgende Vorschläge einzugehen: 1. daß die Einladung zum Kongreß gleichzeitig nicht blos in englischer und französischer Sprache, sondern auch in deutscher   er- scheint; 2. daß die Einladung so gehalten wird, daß eS den deutschen  wie den österreichischen Arbeitern möglich ist, trotz der in ihren LSndern bestehenden hemmenden Gesetzgebung über das Verein?- und Versamm- lungswesen und der Ausnahmegesetzgebung gegen die Sozialisten, sich vertreten zu lassen; 3. daß die parlamentarischen Vertreter einer Ar- beiterpartei eo ipso als Delegirte ihrer Partei auf dem Kongreß znze-