deS WahlkawpfeS zu erfahren. Hier sah man dm Arbeiter in blauerBlouse am Arme seiner Frau umherwandeln, dort einen andern, einenseiner Sprößlinge auf dem Arme tragend, da? Tanze machte einm mehrfamiliSren als politischen Eindruck. Hier und da bildetensich Gruppe«, flüsternd wurden die Hoffnungen und Befürchtungen aus«getauscht angesichts der bekannt gewordenen geringer« WahlbethsUigunz,kaum ein lauteS Wort wurde gesprochen, eS herrschte eine erfreulicheOrdnung. Da— endlich— die letzte Botschaft ist gekommen, dai Wahl-ergebniß ist zusammengestellt, im Saale ertönt die Glocke, das Resultat«Kd verkündet. Lautlose Still« herrscht drinnen und draußen, allesdrSngt sich vor der Saalthür und dm geöffneten Fenstern zusammen,aus dem Biergarten strömt die Wenge herbei und staut sich im Bor«garten, alles will hören, hören! Da ertönt im Saale«in jubelndesHoch, däS jubelnd« SiegeSzeichm pflanzt sich fort von Wund zu Wunddie so lange gehegte bange Sorge ist gewichen und löst sich auf ineinem begeisterten Hoch der Wenge. Doch noch ist der Jubel«ruf nicht aus den Lippen erstorben, da wird er schon über-tönt, abgelöst von einem SchreckenSruf, von einem Entsetzensschrei lMitten in die wogende Menschenmasse hinein spren«gen die„Berittenen", eS folgen Szenen, die der Beschreibungspotten. Kinder jammern, Mütter irren, Alles rennt, rettet, flüchtet—doch wohin? Ueber Zäune und Mauern und Gitter geht die wilde Jagd,verfolgt von de»„Berittenen", die schmale AuSgangspsortevermag kaum Durchlaß zu gewähren, die Menge staut sich, da— mittenhinein stürzt sich von draußen her wieder„Einer zuPferde", hoch bäumt sich das Roß, aber die Sporren des ReiterStreiim«S vorwärts— Ein Schrei der Entrüstung und Empörung—der Garten ist frei— doch draußen sammelt sich des Volk— die Wähler— Reugierige von der Straße— hier wiederholen sich die Szenen—genug! Allmälig wird es ruhiger, die Wenge ist zerstteut— doch nochlange ertönm, fern verhallend durch die stille, laue Rächt die Ruf«!»Hoch Liebknecht, hoch!"Wie lange wird sich das arbeitende Volk noch solch' nichtswürdigeProvokationen gefallen laffen muffen? Pfui der Schande über die bübi-sehen Veranstalter dieses feigen Ueberfalls!— Wie tief die sogenannt«„deutsche Demokratie" gesunkenist, erhellt aus einem Leitartikel der„Frankfurter Zettung" über dieErnennung Bennigsen'S zum Regierungk Präsidenten von Hannover.Das Organ des Herrn Sonnemann erblickt in dieser„Rangerhöhung"des nationalliberalen Kautschukmanns die Vorstufe zu einem M i n i st e r-Posten, und knüpft daran die Hoffnung auf ein« kommende liberaleAera! Wir lasen den Arttkel zweimal durch, wett wir an solche gestnnungs«lose Naivetät kaum glauben konnten und deshalb dachten, der Artikelmüsse ironisch gemeint sein. Dem ist aber nicht so; der Schreiber istvollkommen im Ernst. So wäre denn Herr Sonnemann mit seiner»Volkspartei" glücklich auf den Bennigsen gekommen!— In gerechter Entrüstung frägt der„Schweizer Sozial-demokrat" betreffs einer Nachricht der offiziösen„Augsburzer Abendzeitung",daß die D e n u n z i a t i o n, infolge welcher in Lindau eine Sendungsozialdemokratischer Schriften, sowie der neuesten Nummer des„Sozial-demokrat" aufgefangen und dabei drei Schweizer verhaftet wurden,von der schweizerischen Zollbehörde in Rorschach ausging:„Wird der Vorsteher des eidgenössischen Zoll-departements die Sache untersuchen, eventuell dieseSpitzelei eidgenössischer Beamten abstellen odernicht? Oder soll man es ihm ins Ohr schreien, daßseine Untergebenen ihn zum Spitzeloberhaupt machen?Wir wiederholen: weder schweizerische Zollbeamte, noch schweizerischePolizeibeamte haben die Pflicht oder auch nur das Recht, aus bei unsnicht verbotene Schriften zu fahnden und eine bezügliche Mittheilung anfremde Polizeibehörden zu machen.Oder ist das vielleicht die vielgerühmte nationale Politik unsererBehörden, daß sie für ausländische Interessen die Büttel machen?"Auch andere Blätter— in besonders entschiedener Form der„BaSlerArbeiterfreund"— stellen dieselbe Frage, und wir wollen vorerstdie Antwort d«S Bundesrath es abwarten, ehe wir dieses Themaweiterspinnen, auf das wir demnächst zurückkommen werden. Eineroptimistischen Täuschung braucht man sich freilich nicht hinzugeben. DerBundesrath, welcher 20.000 Fr. für die innere Spionage unter demTttel„Fremden Polizei" fordert, wird den Schritt zur„gemeinsamen"Operation mit einer„befreundeten Regierung" gegen den„gemeinsamenFeind" wohl im Rahmen der nationalen Politik finden— bekannt-lich ist ja nur der Anfang schwer— und die Ausweisung unserer vierGenossen war schon ein recht hübscher, vielversprechender Anfang.— Sin Eingestündniß. Die nationalliberal«„KölnischeZeitung" rechnet die Stimmen, die der Antisemit Förster im sechstenBerliner Wahlkreis erhalten, mit auf Konto der von ihr vertretenenSache. Das ist zwar richtig, aber wir hätten dem Weltblatt den Muth,«S einzugestehen, doch nicht zugetraut. Bisher hielt man eS wenigstensin ihrer Partei auS verschiedenen Gründen für geboten, sich den un-geberdigen antisemitischen BundeSbruder offiziell vom Leibe zu halten,unV nur hinter der Wand mit ihm zu mogeln. So wehrte man dieReputatton und behielt dl« Möglichkeit, bei Bleichröder, Oppenheim undähnlichen gerechten, d. h. reichen Juden Hausiren zu können. Aberdie Roth bricht nicht nur Eisen, sondern auch die Zunge, und so wirdplötzlich, um den schmählichm Bankrott zu verdecken, der illegitime Bruderfür legitim erklärt. Was verschlägt's? Wenn es darauf ankomm»,giebt man auch eines Tages dem„jüdischen Mitbürger" wieder eingutes Wort.Sin erbauliches Schauspiel. Und lehrreich obendrein.-- Bot» der freche« Willkür, mit der die Polizei in Deutschlandheute gegen die Arbeiter vorgeht, hätten wir jeden Tag zu erzählen,wollten wir alle Fäll« registriren. DaS Ausnahmegesetz ist auf Polizei-Willkür berechnet und gebaut worden— kein Wunder also, daß diePolizisten, entsprechend ihrem Charakter und ihrer Bildung, diese in ihreHand gelegte Willkür ausnützen. Hat ihnen doch ihr Oberster das präch-ttgste Beispiel gegeben durch die Art und Weise, wie Er für sein« Zwecke«die Klink« der Gesetzgebung" handhabt. Ein besonders markanter Fallfür die Gewissenlosigkeit und Brutalität, mit welcher deutsche Polizei-beamt« ihre Gewalt zur Befriedigung ihrer Privattach« mißbrauchen,wird au« Aachen gemeldet. Am 22. August wurde dort unser Ge-»off« Krewinkel zum Polizelkommissar der politischen Abtheilung zttirt.Dort angekommen, wurde derselbe um sei« Nationale befragt und dannohne Weiteres auf den Hof des PoltzeigebäudeS geführt, um von Polizei-wegen photographirt zu werden! Krewinkel weigerte sich und ver-suchte, sich au» dem Hofe zu entfernen, wurde jedoch mit Anwendungv o n S e w a l t vor den Photograxhie-Apparat geführt und, zwar nicht„von Rechtswegen", so doch. waS ja schließlich heut« gleichbedeutend ist.von Polizeiwegen photographirt. Krewinkel wird natürlich denWeg der Beschwerde ergreifen, mit welchem Erfolge, ist heute schon ab-zusehen. Selbst den Fall angenommen, er erhalt« Recht und der Polizei-kommiffar Unrecht— wäre damit waS geändert? Oder wäre KrewinkelSgen fernere Chikanen geschützt? Nicht im Geringsten! Sett Jahrenlon wird Krewinkel von der Aachener Polizei mit ollen Wtttel« zuruiniren gesucht! Gegen ihn wurden meineidige Zeuge« in'» Feld ge.führt, vollendete Gauner, wie der„Gentleman" K u h n, der heute dasZuchthaus ziert, wurden engaglrt, ihn in's Garn zu locken und zu ver-derbe«-- der Rährvater aller dieser Hallunken aber, Polizei-ko mmissar M öhlig, sitzt fest in Amt und Würden, ihm geht keinStaatsanwalt zu Leibe, er hat keine Untersuchung wegen Stöcker-Eidezu fürchten, er darf Gesetz und Recht mit Füßen treten— seine Schandewird mit Orden bedeckt und mit B-sörderung bezahtt!Dazu ist ja da« Sozialistengesetz geschaffen worden! Und weil ohneSozialistengesetz solch« Willkürlichkeiten nicht möglich, deshalb bleibtda« Sozialistengesetz! Regierung und Bourgeoisie fühle» sich ohne diesenFreibrief für alle Schändlichkeiten nicht mehr sicher!— Die Hungerpeitsche soll Wunder thun, wenn bei den polizei-lichen Verfolgungen der Spürsinn der Staatsanwaltschaft Schiffbrucherleidet. Sett Monate» und Monaten sucht die Slberselder Staatsanwalt-schaft Material für einen Geheimbundsprozeß on xros. Monate langwurden Dutzende von Genossen in Untersuchungshaft geworfen, einzelneverfielen in schwere Krankheiten, andere mußten wegen völliger Zer-rüttung des Nervensystems in Folge der Torturen der Untersuchungshaft in Heilanstalten verbracht werden- da« Alles genügt nicht. Jetzthat die Elberfelder Oberpolizeibehörde einen UkaS erlassen,„daß aufGrund des Z 18(§ 11?) des Sozialistengesetze» das Einsammelnvon Beiträgen zur Unterstützung der wegen Geheimbündelei hier»selbst verhastet gewesenen oder noch verhafteten Personen und derenFamilien(!) sowie die öffentlrche Aufforderung zur Leistung solcherBeiträge für den Umfang der Stadtgemeinde Elberfeld verboten ist.Zuwiderhandlungen werden nach z 10(§ lö?) a. a. O. mit Geldstraf«biS zu SS0 M. oder mit Gefängnißstrafe bis zu 3 Monaten geahndet."Ob die Elberfelder Oberpolizeibehörde die Paragraphen falsch zittrtoder ob ein Druckfehler vorliegt, können wir nicht entscheiden. Bei der„Schwuppizität", mit welcher in Deutschland auf Grund des Sozialisten-gesetzes VersammlungS-Verbote und-Auflösungen erfolgen, ist ja Alle«möglich. Absolute„Wurstigkeit" nach Unten ist oberstes Regierungs-prinzip. Und ob dai Verbot gesetzlich begründet ist oder nicht, das bleibtsich auch Wurst— wenn nur der Hunger und das Glend oder die Sorg«um die Familie die Opfer der staatsanwaltlichen Jagd gesügiger macht!Und daS System, das solche Prakttken zeitigt, das soll man nichtinfam nennen, die Handlanger solcher Willkür soll man als ehren-werthe, gewissenhafte Beamte respektirenlDie deutschen Arbeiter verdienten die Knute, wenn sie zu solcherCharakterlosigkeit und Feigheit sich herabdrücken ließen! Aber da» brau-chen sich die Herren nicht einzubilden! Die Arbeiter werden auch dieSkorpionen erwürgen, mit denen Rehabeam sie zu züchtigen gedenkt!— Nicht ganz««recht. Die„Kreuzzettung" schreibt über die Fort«schrittspartei:„Der Deutschfreisinn zerfällt in zwei grundverschieden« Elemente. Aufder einen Seite sehen wir die mammonistisch-kapitalistische Richtung undauf der andern Seite einen der Sozialdemokratie zuneigenden Radika«lismus. Diese beiden Bestandtheile werden sich auf die Dauer so wenigoertragen, wie Waffer und Feuer. Daher auch die auffällige Erscheinung,daß, obwohl die süddeutsche Volkspartei nach der parlamentarischen Geo-Metrie bisher noch weiter links stand als die freisinnige Partei, sichdoch die„Frankfurter Zeitung" plötzlich„gemäßigter" erweist als die„Volkszeitung". Die„Frankfurter Zeitung" mag mit der rothestenDemokratie in der schärfsten Weise gegen Reaktion, Feudalismus,Mucker- und Stöckerthum zusammengehen— es gibt einen gewissenPunkt, wo die Geister sich scheiden. Das triviale Sprüchwort:„InGeldsachen hört die Gemüthlichkeit auf" enthält eine tiefe Wahrheit.Die Bourgeoisdemokratie kann noch so radikal sein, sie mag vielleichtgeradezu die Abschaffung des Königthum» und die Einführung derRepublik erstreben, so wird sie doch der Sozialdemokratie entgegentteten,wenn die Interessen der goldmen Internationale bedroht sind. Die„VolkS-Ztg." und die„Berl. Ztg." werden zwar meist von Juden ge«schrieben, aber sie sind nicht, wie die„Frankfurter Ztg.", alS Organedes internationalen Großjudenthums auszufassen, denn sie kokettiren stetsmit der sozialdemokratischen Arbeiterschaft. Sollte die soziale Krists sichzuspitzen— wir wünschen eS beileibe nicht, aber wir fürchten eS sehr—dann wird man sehen, wie der Freisinn auseinanderklafft. Die Zeitwird noch kommen, wo die liberale und radikale Bourgeosie sich zitterndhinter das Militär verkriech t."Mit Ausnahme des Passus gegen die„Volkszeitung", die sich derFortschrittspartei gegenüber eine unabhängige Stellung verschafft hat,können wir im Wesentlichen der„Kreuzzeitung" nur beipflichten.— Wie da» deutsche Volk belogen«nd verhetzt wird.Vor einigen Tagen tischt« der nationalliberale„Hannoversche Kourier"und mit oder nach ihm die gesammte„nationale" Hetzpresse dem deutschenLesepublikum folgenden, von„glaubwürdiger Seite" berichtetenFall von„Deutschenhetz« in der Schweiz" auf:„Ein hochgestellter Beamter eines(der Schweiz benachbarten) Land-chens bereffte vor Kurzem die Schweiz. In einem Gasthof in Basel an-gelangt, erkundigte sich der Herr, ob irgendwo am Abend Konzert oderdergleichen stattfände. Ihm wird mitgetheilt, daß in einer nahegelegenenWirthschast ein größeres Konzert sein würde. Der Herr geht mit seinerGattin hin, löst Eintrittskarten und setzt sich an einen der Tische. Nachkurzer Zeit wird er von einigen Herren beobachtet, schließlich gefragt, ober ein Prussien wäre. Als diese Frage mit einem gewissen Stolz bejahtwurde, entstand eine Unruhe im Saale, so daß der Wirth den Herrndurch verschiedene Zimmer, welche stets hinter ihnen abgeschloffen wur-den, hinausführte und in Sicherheit brachte, da die Lage allerdings be-denklich hätte werden können. Nachher stellte sich heraus, daß die feineWirthschast an dem Abend an eine ausschließlich französische oder fran-zosenfreundliche Gesellschaft zu einer musikalischen Soiree vermiethet war.Unbegreiflich ist eS, daß den Fremden Einlaßkarten gewährt worden sind."Ganz abgesehen davon, daß, selbst wenn der Fall sich so zugetragen,wie er hier geschildert wird, die„Deutschenhetze" noch nicht entfernt andie berühmte Fce iburger Bahnhofsszene heranreicht, da dem„Hochgestell-ten Herrn" absolut kein Haar gekrümmt, er vielmehr, wie das überallvorkommt, nur auS einer Gesellschaft ausgewiesen wurde, in der er nichtszu suchen hatte, daß also selbst dann derselbe keine Ursache hatte, dasWort„Hetze" zu gebrauchen, stellt sich jetzt heraus, daß der Bericht durchund durch verlogen ist, die Vorgänge sich ganz anders abgespielthaben. Wie die„Schweizerische Morgenzeitung" auf Grund einer ihrvon sehr gut unterrichteter Seite zugehenden Berichtigung feststellt, ver-hielt sich die Sache so:„Der Regierungsrath K. auS B.(nicht Berlin) weilt« gelegentlicheiner Vergnügungsreis« mit seiner Gattin am Tage de» französischenNationalsestes in Basel; zu letzterem, welche» bekanntlich im Sommer«Kasino abgehalten wurde, begab sich der„hochgestellte deutsche Beamteund Pruffien" nebst Gemahlin und erhielt, wie jeder Andere, gegen denObolus von 50 Rp. Eintritt in den Garten. Niemand bekümmerte sichum das Paar, bis bei einer Sammlung, die eine junge mit den FarbenFrankreichs ausgezeichnete Dame mit einem Teller vornahm, der betref-sende Herr seine Betheiligung an dieser Sammlung ablehnte. Hieraufallerdings machte man dem Herrn begreiflich, daß er nicht dorthin gehöreund bekomplimentirte ihn entsprechend hinaus."Dies der thatsächliche Vorgang. Nun vergegenwärtige man sich, einfranzösischer Präfekt oder Unterpräftkt hätte sich in gleicher Weise inein- von D e u t s ch- n inszenirte Nationalfeier eingedrängt und ähnlichbenommen, würde er wohl ebenso glimpflich davon gekommen sei»?Wer den Geist der Sippschaft kennt, die bei den nattonalen Festen inDeutschland das groß« Wort führt, wird das— leider— unbedingtverneinen müssen. Aber doch geht der Herr Regierungsrath K. aus B.— da es„nicht Berlin" heißt, wird eS wohl Baden heißen müssen—hin. schlägt nicht nur in der Press» Lärm, sondern beschwert sich auchbei den deutschen Behörden über die ih« ,u Theil gewordene Beletdi.gung, dt« nach seiner Ansicht wahrscheinlich blutig« Sühne verlangte.Nun, bei Letzterer kam er übel an, denn die Sache war zu plump an-gelegt, statt der Genugthuung erhielt er, wie das Basler Blatt feststellt,vom auswärtigen Amt in Berlin einen tüchtigen Rüffel für seineTölpelei, aber die Hetznvtiz ist durch die Press« gegangen, hat ihre Wir«kung beim deutschen Spießer erfüllt, und an Berichtigung denkt die Pressezu allerletzt, die von„deutscher Wahrhettslieie und Biederkeit" nichtRühmens genug zu machen weiß.— Eine« drastischen Kommentar zu dem, was wir in der Notiz„Naiv" in Nr. 35 unseres Blattes über die Begriffsverwirrungausgeführt, die in Preußen-Deutschland in Bezug auf die Aufgaben derPolizei und die Rechte der Staatsbürger bestehen, liefert eine Gericht«-Verhandlung, die sich in diesen Tagen vor einem der Londoner Polizei.Gerichtshöfe abgespielt. Dort stand ein Gastwirth vor Gericht unter derAnklage des thätlichen Angriffs gegen einen Schutzmann. Er hatte aneinem Laternenpsahl gelehnt gestanden, als der Schutzmann an ihn her-antrat und ihn sragte, ob er auf einen Freund warte. Daraus soll er,nach der Anklage, erwidert haben:„Was geht das Sie an?" und denSchutzmann zweimal gestoßen und einen Faustschlag auf die Brust ver«setzt haben. Er selbst bestritt das und erklärte, er habe gegenüber seinemWirthshauS gestanden und mit der Hand auf das Schild gewiesen:„Dort steht mein Name." Obwohl nun ein zweiter Schutzmann die Aus-jagen des Ersterwähnten bestätigte, wurde der Gastwirth doch freigespro-chen. indem der Richter sich der Ansicht des Anwalts anschloß, daß„einMann daS Recht hat, auf der Straße zu stehen, ohne daß ihn, so langeer keine öffentlich« Handlung begeht, ein Schutzmann katechistren darf."Der liberalen„Pall Mall Gazette" ist die Freisprechung noch nicht ein-mal genug, sie rügt, daß der Schutzmann,„der s e i n e P f l i ch t s ogröblich überschritte n," unbestraft ausgegangen ist.Preußisch-deuisch« Blätter, selbst die allerradikalsten, werden nicht nurda», sondern auch die Auffassung de« Richters„naiv" finden. O, b&Polizeistaat versteht sich auf die Pädagogik.— Fiskus, schnapp z«l„Die Wähler und Verehrer des Abgeord«neten," lesen wir irgendwo,„bezeugten demselben ihr« Werthschätznngseines politischen Wirkens, indem sie ihm gestern eine Dankadresse üb«»reichten, begleitet von einem Eheque über 17,600 Mark."Fiskus d«S berühmten Staates, der„Jedem das Seine"— raubt,wie wird Dir? Da gibt eS etwas zu schnappen. Reiß' Dein nimmer«sattes Maul auf, Fiskus, und schnapp' zu, so unsittliche Geschenke komme»nur Dir und Deinem theuren Eisenstirnigen zu. Wie, Du zauderst,Fiskus? Ach so, Du weißt nicht, wo der Bissen zu finden.Run, so wende Dich<m Herrn W. I. Lann, Ritglied des— eng«tischen Parlaments.Armer FiskuS!— Die grauenhafte Gehser-Thingvalla-Zusammenstob-Katck»stroph« auf dem atlantischen Ozean, bei der über 1S0 Menschen ausentsetzliche Weise zu Grunde gegangen sind, muß noch weit mehr allder strafsälligen Sorglosigkeit der betreffenden Schiffsangestellten unsererherrlichen kapitalistischen Gesellschaftsordnung, bei derder Profit das entscheidende Wort führt, auf's Schuldbuch geschriebenwerden. Denn die Katastrophe hätte nie so enorme Ausdehnung an«nehmen können, wenn die Eigenthümer der beiden Schiffe alle diejenige«Borsichtsmaßregeln gettoffen hätten, welche der heutige Stand der wissen«schastlichen Erkenntniß und deS technischen Könnens ihnen an die Handgibt. Aber es ist nicht geschehen, und warum nicht? GS bezahlt«sich nicht.„In Ihrem Bericht über den Zusammenstoß des„Geyser" und de»„Thingvalla", schreibt der Londoner„Pall Mall Gazette" einer ihre»Leser, erklären Sie, daß die Lehre, die ein jeder aus der Katastrophezieht, die ist, daß die bei der Hin- und Rückfahrt einzuschlagenden Route»genau vorgeschrieben werden sollten. DaS ist, soviel wir wissen, vielfachgeschehen oder im Werke; aber stets werden zusällige Umstände diebesten Vorschriften für Dampferkurse zu durchkreuzen im Stand« sei».Daher scheint eS nothwendig, daß, wenn der Schutz von Leben undEigenthum als das erste Ersordernih in Bettacht kommt, gewisse mecha»nische Borrichtungen am Schiff angebracht werden sollten, die eS gegendie Wirkung von Zusammenstößen schützen, und eS müßte merkwürdigzugehen, wenn der technische Erfindungsgeist unserer Zeit nicht geeignet«Mittel hiefür sollte ersinnen können. Bor einigen Jahren wurde eineErfindung eine» gewissen Stanley patentirt, ein hydraulischer, an de»Schnabel(Bug?) deS Schiffes anzubringender Puffer konstruirt, de»grade die hier in Frage kommenden und viele andreSchiffe sicherlich gerettet hätte. Seine Leistungsfähigkeitwar von einem hervorragenden schweizerischen Mathematiker genau Utrechnet worden. Aber er ist, soviel ich weiß, nie probirt worden, da,wie man mir sagte, die Schiffbauer kein Interesse daran haben,Schiffe vor dem Untergang zu hüten, und die Versicherungsagente«gleichgültig dagegen sind, daß das Risiko ein geringeres wird, weil danndie Schiffseigenthümer niedrigere Prämien zahlen würden. Wir müsse«daher annehmen, daß die Sache solange schlafen wird, bis sie nicht durchVerlangen des Publikums erzwungen wird, das Publikum sollte abereinsehen, daß die moderne Wissenschaft genügt, Zusammenstöße zur Sc«in hohem Grade weniger gesährlich zu machen als sie heute sind."So der Einsender des liberalen Blattes. Gewiß kann die mobern»Wissenschaft das leisten» was er sagt, wäre doch, auch von der Erfindung,auf die er verweist, abgesehen, der Zusammenstoß entweder ganz ver-mieden worden oder ohne die grauenhasten Folgen abgelaufen, wenn,worauf amerikanische Blätter aufmerksam machen, beide Schiffe elektti-sche Signallichter gehabt hätten und wenigstens der„Geyser" mit wasser«dichten Abtheilungen versehen gewesen wäre. Warum ist es unterblieben?Es r e n t i r t e nicht, der Profit erlaubte es nicht.Und weil er eS ist, der entscheidet, darum wird auch daS Verlangendes Publikums sehr wenig helfen. DaS Publikum, um daS es sich hierhandelt, ist eine viel zu große, verstreute Maffe, als daß seinem Ver-langen so leicht Gehör verschafft würde. Vielleicht, daß einig« Schiffe,die nur für die Auserwählten der oberen Zehntausend bestimmt sind,solche Vorrichtungen erhalten» aber die Masse— wer bekümmert sichum die Masse l Die mag zum Teufel gehen, wie jener bekannte amen«kanische Eisenbahnkönig in seinem Protzenhochinuth ausrief.„O," hören wir hier einen der manchesterlichen christlich-sozialen oderkatheder-sozialistischen Bewunderer der kapitalistischen Eigenthumsordnungeinwenden,„wartet nur ab, die Konkurrenz wird die Herren mit derZeit schon zwingen, die nöthigen Vorsichtsmaßregeln zu treffen. So«bald nur erst eine Linie den Anfang gemacht, und daS kann nicht ausbleiben, werden und müssen ihr die andern schon folgen."Die Konkurrenz, ach, die Konkurrenz! Was soll sie nicht all«?, wasthut sie nicht alles, und was— läßt sie nicht alles auf dem alten Fleck.Ein Blick in daS WirthschastSleben unserer Zeit zeigt neben einem aufdie Spitze getriebenen Raffinement den verrottetsten Schlendrian, dieKonkurrenz hat ihm sein kostbares Leben erhalten, weil er so vor«theil Haft ist.Aber selbst wenn die Konkurrenz hier die wohlthätigen Folgen haben wird,die sie in so vielen Fällen nicht hat, wie lange wird«S dauern, wieviel Wasser wird noch in'S Reer fließen, oder, waS hier— leider—mehr zutrifft, wie viel Menschen werden noch im Meer ihrenTod finden müssen, ehe sie daS vollbringt, wa« in kürzester Zetteingeführt sein würde, wenn nicht dai Interesse der Einzelnen, sonder»das Wohl und Wehe der Gesammtheit bestimmend sei»würde.Aber das erlaubt ja— der Profit nicht.— Bäter u«d Söhne. Deutsche Blätter berichten auS O eyn»Hausen in Westfalen:„Eine Blutthat, welche gestern Abend hier auf der Chaussee nebe»der zweiten Saline von zwei Knaben verübt worden, hat in der ganzenUmgegend die größte Aufregung hervorgerufen. Die beiden etwa lS bis14 Jahre alten Burschen, welche aus einem benachbarten Dorfe stammen(der eine ist der S o h n e i n e S P f a r r e r S, der andere der eine«Kaufmanns), sind Schüler eines Gymnasiums. Sie geriethen, nachdemsich dieselben zuvor beim Bier etwas zu gute gethan hatten,'.auf derStraße mit einem hiesigen Malerlehrling, Sohn einer hier wohnhafte»Wittwe, in Stteit. Hierbei zog, angeblich der Sohn des Pfarrer«,sein Messer und gab eS dann dem Gefährten, welcher damit dem«n->glücklichen Lehrling die Hauptadern am Halse durchschnitt. Der schwerGetroffene war kurz darauf«ine Leiche."Vor einiger Zett wurde in Ostpreußen ein Pfarrer von seiner sorge-setzten Behörde zur Abdankung gezwungen, mos deshalb, well seineSöhne auf der Universität zu Sozialdemokraten geworden. Dadurchhabe sich gezeigt, wie wenig„christlich" er sie erzogen, lautete ungefährdie Motivirung der Maßregel. Nun, die„mißrathenen" Söhne sindsämmtlich Mediziner, das heißt haben sich einem Berus gewidmet, dessenAufgabe darin besteht, Menschenleben zu erhalten. Hier sehen wir da-gegen einen PfarrerSsohn, und zwar im Alter, wo er noch der Zuchtdes Vaters untersteht, als Messerhelden, der im Uebermuth ein Menschen.leben vernichten hilft. Was wird da wohl daS hohe Konsistorium thun?Wird es auch hier den Vater für den Sohn verantwortlich machen undsein« Absetzung versügen? Behüte, eS wird ihm höchstens sein Bedauernausdrücken über die schwere Prüfung» die der HErr über ihn verhängt.WaS ist auch ein Refferheld gegen einm Sozialdemokraten!— Der im Vergleich zu dm europäischen Löhnen sehr hohe Stanvder Arbeitslöhne i« de« Bereinigten Staate« hat schon Man«chem Amerika alS daS gelobte Land der Arbeiter erscheinen laffen, weiler über dem relativ hoch erscheinenden Kaufpreis der Arbett die theurereLebenshaltung und die stärkere Jntensivität der Arbeit übersehen hat.Wie sehr dieser relativ hohe Preis der Lohnarbeit zu Trugschlüssen ver-leitet und für den, der sich dadurch verlocken läßt, Enttäuschungen imGefolge hat, ist schon oft klargelegt worden. Beh-rzigenSwerth sind daherauch folgende Bemerkungen, welche das„St. Louis Tageblatt" unterder Spitzmarke:„Der Zensus lügt", über dieses Thema verliert:„Der soeben erschienene 20. Band deS Zensus bringt«ine tabellarischeUebersicht der Löhne, welche in den verschiedenen Geschäftszweigen inden Vereinigten Staaten und in England gezahlt werden. Aus jenerUebersicht geht hervor, daß der Unterschied zwischen den amerikanischenund den englischen Löhnen in manchen Fällen mehr alS 60 Prozentbeträgt.