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Wir Sozialdemokraten haben das immer gesagt. Dank den Kieler Universitätsmandarinen, daß sie es so hübsch bekräftigen.

Der imposante Verlauf der Becker- Feier, schreibt man uns, hat in der Schweiz   einen sehr günstigen Eindruck hervorgebracht und den Angstbürgern, die da glaubten, es werde Mord und Todtschlag geben und zum Mindesten die Kommune proklamirt werden, eine arge Beschämung, verursacht. Die Zahl der Theilnehmer am Zug wird auf 4000, die der Begleiter auf die gleiche Zahl, und die der auf dem Kirchhof Anwesenden auf 8-9000 geschäzt. Stein Mißton störte die wahrhaft erhebende Festlichkeit.

Am Grabe Becker's sprachen Liebknecht, Nationalrath Favon von Genf  , die Genossen Schrag aus Bern   und Héritier von Genf  , sowie der Schwiegersohn Becker's, Delafontaine. Ferner trug Genosse Viehweg ein von ihm verfaßtes Gedicht Am Grabe Johann Philipp Becker's  " vor. Das Denkmal unseres braven alten Freundes ist vortrefflich gelungen.

Die San Franzisko- Arbeiter- Zeitung" hat eine Reihe sehr interessanter Mittheilungen über die Arbeiterverbindungen in China  , bezw. unter den Chinesen gebracht, von denen allerdings schon früher mancherlei in die Oeffentlichkeit gedrungen war. Wir wollen auf die Einzelheiten, welche unser Bruderorgan veröffentlicht, hier nicht eingehen, das Meiste davon ist bereits in die Tagespresse übergegangen, nur sein Schlußresume mag hier folgen:

Alle von den konservativen Gewerkschaftsführern erstrebten Ziele sind in China   längst verwirklicht: die Arbeit­geber berathen mit ihren Arbeitern über Festsetzung des Lohnes und der Arbeitszeit und über alle sonstigen Regulationen, und zwar geschieht dies noch dazu in recht gemüthlicher Weise bei einer theatralischen Unter­haltung; Prinzipale, welche die vereinbarten Regeln und Beschlüsse nicht beachten, werden schwer bestraft, sogar mit entsetzlich qualvollem Tode, so daß Unternehmer, die Scabs" beschäftigen, gar nicht vorkommen; alle Arbeiter gehören zu ihrer resp. Union  , Scabs gibt es nicht, weil diese ebenfalls mit barbarischen Strafen belegt werden; die so vielgepriesene Harmonie zwischen Kapital und Arbeit" ist dort wirklich vorhanden- kurz, das Gewerkschaftswesen ist in China   bis zu seiner höchst mög= lichen Vollendung entwickelt!

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Wir sehen also in China   die höchst bemerkenswerthe Erscheinung, daß durch das vollendete Gewerkschaftswesen die Befreiung des arbeiten­den Volkes von aller Ausbeutung unmöglich gemacht ist, daß die Versklavung der chinesischen Arbeiterklasse dadurch verewigt zu werden droht. Nur die Einführung des Maschinenwesens kann in diesen Zuständen eine Aenderung herbeiführen und eine fortschrittliche Ent­wickelung ermöglichen.

" Daß die konservativen Gewerkschaftler zugleich die bittersten Feinde der Chinesen sind, ist nur dadurch zu erklären, daß sie von deren Organi­sationen absolut keine Ahnung haben. Wüßten sie etwas davon, so würden sie zugeben müssen, daß sie gegenüber den Chinesen in der Gewerkschafts­Bewegung wahre Stümper sind, und sie würden hoffentlich dann auch einsehen, daß das Ziel der Gewerkschaften nicht das Ziel der Arbeiter= bewegung überhaupt sein kann. Für die Arbeiter der zivilisirten Länder unter der kapitalistischen   Produktionsweise ist die gewerkschaftliche Organisation allerdings ein nothwendiges und bis zu einem gewissen Grade wirksames Kampfmittel gegen ihre Ausbeuter und als solches in jeder Weise zu unterstüßen, aber es wäre ein verhängnißvoller Fehler, die gewerkschaftliche Organisation als das Ziel der Arbeiterbewegung zu betrachten. Von den Chinesen können wir lernen, wie wir es nicht machen müssen.

Wieder ein Opfer des Schandgesetzes. Ein alter Aus­gewiesener", lesen wir im Berliner   Bolksblatt", wurde Dienstag unter großer Betheiligung zu Grabe getragen. Am Sonnabend starb nach schwerem Krankenlager der Zigarrenarbeiter Hermann Drucker im Alter von 60 Jahren. D. wurde im Jahre 1881 aus Berlin   aus­gewiesen und von seiner Familie, Frau und sechs Kinder, gerissen. Seit dieser Zeit irrte er ruhelos umher. In Hannover  , Braunschweig  , Gera  , überall, wohin er kam, wurde er verfolgt, nirgends fand er Arbeit. Im August 1886 kam die Krankheit zum Durchbruch, zu der der Keim in Hannover   gelegt wurde, als er gezwungen war, über drei Stunden auf dem kalten Steinboden des Gefängnisses- er war bei einer Flugblattvertheilung sistirt worden auszuharren. Die Krankheit( Schwindsucht) wurde immer schlimmer, und so entschloß sich denn der alte gebrochene Mann, troß des Verbots wieder nach Berlin  zurückzukehren. Er wohnte von dieser Zeit bis zum Tode Wilhelm I.  heimlich bei seiner Familie. Beim Regierungsantritt Kaiser Friedrich III. wurde ihm wieder die Erlaubniß ertheilt, bei seiner Familie zu bleiben. Er veriveilte dort bis zu seinem Tode, der ihn von seinen qualvollen Leiden erlöste. Die älteren Genossen kannten ihn als einen besonnenen und überlegten Mann, der stets für seine Ideen eintrat. Sein Andenken wird immer in Ehren gehalten werden." Ewige Schande aber den brutalen Schergen der Gewalt, die seinen Tod auf dem Gewissen haben.

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Von der deutsch   schweizerischen Grenze. Wie allerorts sich unsere Genossen auf die nächste Reichstagswahl rüsten, so wollten es auch die Genossen in Lörrach  , nachdem der jüngste Sozialistenprozeß, sowie die, bei den in letzter Zeit vorgenommenen Haussuchungen entfaltete Brutalität Vielen die Augen über die heutigen Zustände geöffnet hatten. Zu diesem Behufe wurde auf den 17. ds. Mts. eine Versammlung an= beraumt mit der Tagesordnung: Gründung eines Wahlvereins. Wie die Leser des Sozialdemokrat" wissen, bestehen solche bereits an vielen Orten unangefochten. Aber was anderwärts geschieht, ohne daß der Himmel auf die Erde stürzt, erschien dem Lörracher   Ordnungshüter der wahrscheinlich im Hinblick auf seine aufreibende Unthätigkeit den Namen Sonntag führt als höchst gemeingefährlich und so wurde die Versammlung unter der lächerlichsten Motivirung verboten. Wir lassen das bezeichnende Schriftstück hiermit folgen:

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Großherzogliches Bezirksamt.

Gesuch des Wilh. Friedr. Nees dahier um Erlaubniß zur Abhaltung einer Arbeiter- Wählerversammlung betr.

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1) In Erwägung, daß sowohl der Veranstalter der in Aussicht ge­nommenen Versammlung, Fabrikarbeiter. Wilh. Friedr. Nees sich als Anhänger der sozialdemokratischen Partei bekannt hat, als auch der als Referent für die Versammlung bestimmte Joh. Meise  , Fabritarbeiter in St. Ludwig, als ein Agitator dieser Partei bekannt ist, und als solcher im Jahre 1887 aus Frankfurt   a./M. und Umgebung ausgewiesen worden ist.

In Erwägung, daß durch diese Thatsachen die Annahme ge­rechtfertigt ist, daß die beabsichtigte Versammlung zur Förderung sozialdemokratischer, auf den Umsturz der bestehenden Staats­oder Gesellschaftsordnung gerichtete Bestrebungen bestimmt ist und daß der in Aussicht genommene Arbeiterwählerverein die gleichen Bestrebungen sich zur Aufgabe machen würde, wird auf Grund der§§ 1 und 9 des Gesezes gegen die gemeingefährlichen Be­strebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 verfügt:

Die von Fabrikarbeiter Wilh. Friedr. Nees beabsichtigte Arbeiterwählerversammlung, welche am Sonntag, den 17. ds. Mrs. im Gasthaus zum Storchen" dahier abgehalten werden sollte, wird verboten.

2) Vorstehende Ausfertigung erhält Fabritarbeiter Wilhelm Friedrich Nees hier zur Nachricht. Lörrach  , 12. März 1889.

Sonntag. Aber nicht nur dem Einberufer, sondern sogar dem Wirthe, der das Lokal zur Versammlung hergegeben, stellte der biedere Staatsretter das Verbot zu, wahrscheinlich um denselben für alle Zeiten von der Her­gabe des Lokals abzuschrecken. Nun, der Herr Staatsretter sollte seinen Zweck doch nicht erreichen. Es wurde eine Versammlung in dem nahe gelegenen schweizerischen Orte Riehen   abgehalten, welche auch von Lörrach   und Umgegend zahlreich besucht war und in der ein Genosse die Lage der Arbeiter in Deutschland   schilderte, ihre Unterdrückung geißelte und die Kurpfuscherei, genannt Sozialreform, unter großem Beifall einer scharfen Kritik unterzog. Gegen das Verbot wird Beschwerde geführt werden, wie dies aber auch ausfällt, die Lörracher   Genoffen

werden nicht nachlassen, sondern fest agitiren, tros den Chikanen des Bezirksamtmannes und seines Helfershelfers, dem Wachtmeister Herold. Es wird diesem traurigen Helden gezeigt werden, daß die Sozialdemokraten auch ohne Versammlung zu agitiren wissen,

Aus Frankreich  . Der Pariser Gemeinderath hat wieder ein­mal die Wuth aller kapitalistischen   Ordnungsmannen auf sich beschworen. Er hat nämlich mit einer starken Majorität beschlossen, fünf Arbeits­Inspektoren zu ernennen, welche die Arbeiten und Arbeitspläge der Gemeinde zu überwachen und ihre besondere Aufmerksamkeit auf die Beobachtung der seinerzeit von der Stadt beschlossenen Arbeitsbe= dingungen zu lenken haben. Der Gemeinderath ernennt die Arbeits­Inspektoren auf Grund einer ihm von den Gewerkschaften und Fach­gruppen präsentirten Liste. Die Inspektoren erhalten ein jährliches Gehalt von 3650 Franken und müssen jede Woche einen Bericht an die Arbeitskommission des Gemeinderaths einreichen, alle Vierteljahre wird in dem offiziellen städtischen Anzeiger ein Gesammtbericht veröffentlicht. Die opportunistischen Blätter sind vor Zorn über den Beschluß ganz blaugrün angelaufen, natürlich wieder aus reiner Liebe für die Ar­beiter und Steuerzahler, welche durch die Arbeitsinspektoren bedroht sein sollen. Die Thätigkeit der Inspektoren wird als eine Eindrängung" bezeichnet, welche die ordentliche Funktion der städtischen Betriebe schä­digen müsse. Das schwärzeste Verbrechen besteht jedoch darin, daß die Gewerkschaften bei Ernennung der neuen Beamten zu Rathe gezogen werden, Gewerkschaften obendrein, die nicht einmal gesetzlich bestehen", da sie sich den Vorschriften des Vereinsgefeßes von 1884 nicht ange= paßt haben"( fie haben nämlich grundsäglich abgelehnt, sich bei der Be­hörde anzumelden).

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Der Gemeinderath hat mit seinem Beschluß von Neuem gezeigt, wie weit überlegen er der Kammer und dem Senat ist, welche sich höchstens im Drange der äußersten Furcht herbeilassen, Etwas zu thun, was nach Schutz der Arbeit riecht, sonst aber keine Gelegenheit verabsäumen, ihre Fürsorge für das Ausbeuterthum zu bethätigen. Der vor Jahr und Tag von Basly in der Kammer eingebrachte Antrag auf Am= nestie aller wegen politischer und im Zusammenhang mit Streifs begangener Vergehen verurtheilten Personen hat es noch nie bis zur Dringlichkeitserklärung bringen fönnen, unter allerlei Vorwänden wird. er von einer Kommission der andern überwiesen, wahrscheinlich bis zum Sankt Nimmerleinstag. Dem Antrag des Sozialisten Ferroul, die Kammer möge eine Kommission ernennen, welche alle von den Gewerk­schaften und Fachgruppen vorgebrachten Beschwerden sammeln und prü­fen solle, wurde zwar wie ein Almoſen die Dringlichkeitserklärung zu Theil, dafür wurde er aber auch von der Kommission mit allen gegen nur Eine Stimme verworfen, und die Kammer trat diesem Verdikt mit Vergnügen bei.

Im höchsten Grade und ohne Rekurs hat sich auch die Kammer durch ihr Verhalten gegenüber der Interpellation Laur gerichtet. Mag Laur zehnmal Boulangist sein, so waren doch die Thatsachen, die er über das infame Treiben des Kupferrings und des Comptoir d'Eskompte vorbrachte, im Großen und Ganzen durchaus richtig, seine Forderung auf behördliche Untersuchung der Operationen dieser Spekulantenbande durchaus gerechtfertigt. Laur bewies durch Vorlegung von Verträgen, auf 2 und mehr, bis auf 10 Jahre lautend, mit Inhabern von Kupfer= minen, daß die vom§ 419 des Strafgefezbuches verbotene Preistreiber­Koalition thatsächlich bestanden habe, daß noch andere Ringe bestehen, wie z. B. der Ring für Aufkauf chemischer Produkte, demzufolge die Tonne Soda in Frankreich   um 50 Franken theurer ist als im Auslande. Er konnte indeß die Kammer nicht dazu bewegen, einmal Maßregeln gegen den kapitalistischen   Unfug zu beschließen. Umgekehrt aber äußerte dieselbe lärmendes Mißfallen, als Laur die Rothschilds in die Debatte zog und erklärte, dieselben hätten den Kupferring nicht nur behufs Steigerung der Kupferpreise inszenirt, sondern auch in der Absicht, das Comptoir d'Eskompte zu Falle zu bringen, da ihnen dasselbe wegen vielfacher Anleihen an das Ausland und seiner Rolle auf dem morgen­ländischen Geldmarkte ein Dorn im Auge war. Herr Nouvier protestirte mit dem Brustton der moralischen Entrüstung gegen das Hereinziehen von Personen in die Debatte, welche in der Kammer nicht vertreten, eine Behauptung, zu der die ganze Unverfrorenheit eines Rouvier ge= hört. Als ob nicht gerade in seiner Partei die Lakaien der Rothschilds und der sonstigen Magnaten des Großkapitals das große Wort führten. Millerand, von der äußersten Linken, forderte schließlich die Regierung ebenfalls zur gerichtlichen Enquete und zur Ergreifung energischer Maßregeln gegen die Koalitionen von Spekulanten auf, allein mit feinem besseren Erfolg. Die Regierung erhielt eine Art Vertrauens­votum zusammengeflickt, und die kapitalistischen   Strauchdiebe können den kleinen Mann ungestört weiter plündern.

In dem industriell so entwickelten Norden, in Lille  , Armen­tieres 2c. ist ein großer Streik der in den Textilfabriken beschäftigten Arbeiter ausgebrochen. Die Zahl der Streifenden beträgt gegen 10,000. Ursache der Arbeitseinstellung sind die niedrigen und in lezter Zeit noch tiefer gedrückten Löhne, denen gegenüber die Arbeiter einen einheitlichen Lohnfaz fordern. Die Haltung der Streifenden ist im Allgemeinen ruhig, nur hier und da lassen sich Einzelne durch polizeiliche Brutalität oder auf die Anregung von Lockspitzeln hin zu Steinwürfen 2c. verleiten. Wie stets ist die Polizei und das Militär aufgeboten, erstere hat ihren Eifer durch Verhaftungen bethätigt, das Militär ist bis dato noch nicht eingeschritten, obgleich es nicht an Lust und Liebe, wohl aber an einem passenden Vorwand fehlte. Die Bourgeoisblätter fabeln natürlich wieder von sozialistischen   und boulangistischen Rädelsführern, aber der alte bekannte Gaunerwig will nicht mehr recht ziehen.

Korrespondenzen.

München  , 17. März. Wieder ist ein braver Genosse von uns ge= schieden. Gottfried Wachtel, Schuhmacher, ist im blühenden Alter von 32 Jahren an der Proletarier- Strankheit gestorben. Wachtel  war ein stiller, aber um so eifrigerer Förderer der Arbeiterbewegung. Wären alle Schuhmacher wie er, es müßten sich doch auch für diesen ärmsten aller Berufszweige Mittel und Wege finden lassen, seinen An­gehörigen ein einigermaßen menschenwürdiges Dasein zu erkämpfen. In allerlei extravagante Richtungen sind sie aber gespalten, die armen Schuhmacher. Wohl ist ein großer Theil von ihnen durchdrungen vom Klassenbewußtsein und der Erkenntniß, wo das einzige Mittel zu ihrer Befreiung, aber erst wenn alle, alle an Einem Strange ziehen, Schulter an Schulter fämpfen, zur Fahne stehen, wie Wachtel   es gethan, dann wird, dann muß auch für die Schuhmacher eine bessere Zeit kommen. Heute kann man ohne Uebertreibung sagen, daß von den Angehörigen dieses so wichtigen Berufs thatsächlich eilf Zwölftel verhungern.

Die Polizei war bei dein Begräbniß unseres Genossen nicht anwesend, infolge dessen wurde auch unser schöner Kranz mit der rothen Schleife nicht beanstandet. Erfreulicherweise waren die Kollegen Wachtels in großer Anzahl erschienen, ihm das letzte Geleite zu geben.

Rother Stundenzeiger.

Elberfeld  - Barmen, 20. März 1889. Weber allen Wipfeln ist Ruh, so könnte man angesichts des hier schwebenden Geheimbund= prozesses ausrufen, denn nachdem schon ein volles Jahr seit der Inszenirung desselben verflossen ist, bricht noch kein Lichtstrahl in das geheimnißvolle Dunkel". Am 20. März vorigen Jahres wurde die Untersuchung eröffnet, am 3. April erfolgten die Massenhaussuchungen und Verhaftung von 15 der bekanntesten Sozialdemokraten, und seit diesem Tage ist die Untersuchung ununterbrochen geführt worden. Tag­täglich folgten Vernehmungen mit den dazit beliebten Haussuchungen, bis endlich am 21. November vorigen Jahres die Betheiligten die Mit­theilung erhielten, daß die Untersuchung geschlossen sei. Ja, fie war geschlossen, aber nur auf ein paar Wochen; dann fingen die Ver­nehmungen und Haussuchungen von Neuem wieder an, und den Be­troffenen wurde jedesmal die Mittheilung gemacht, daß die Untersuchung wieder eröffnet sei und nach der Vernehmung geschlossen werde, und so ging es in einem fort.

Darnach trat eine zeitlang Friedhofsruhe ein, bis am 2. ds. Mts. die offiziöse Nh.- Westf. Zeitung" folgende hübsche Mittheilung brachte, welche auch hier Play finden möge:

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" Der hier seit Jahresfrist schwebende Sozialistenprozeß nähert sich, wenn auch langsam, so doch immer mehr seinem Ende. Es dürfte dieses der bedeutendste der bisher verhandelten der= artigen Prozesse sein, da die Zahl der Angeklagten sich auf etwa Einhundert beläuft und mehrere Hundert Personen, darunter fast alle Mitglieder der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion, als Zeugen erscheinen werden. Nachdem die Untersuchung geschlossen, hat der Dezer­nent des Prozesses, Herr Staatsanwalt Pinoff, fezt die Anklage ent­worfen und wird solche augenblicklich im Landgerichtsgebäude auf einem von der Stadt entlichenen Vervielfältigungsapparat hergestellt, um dem­nächst den Angeklagten ausgehändigt zu werden. Zum Referenten des Prozesses ist Herr Landgerichtsrath Roeren ernannt, welcher später der Nathskammer der Strafkammer Vortrag zu halten hat. Herrn Noeren sind zum Studium der Akken zwei Monate Zeit gegeben und derselbe während dieser Zeit von allen übrigen Amtsverrichtungen dis= pensirt. Um sich ungefähr einen Begriff von dem Umfang des Aften= materials zu machen, mag nur furz erwähnt sein, daß dasselbe gerade 1,800 Seiten umfaßt. Auf den Ausgang des Sensations prozesses darf man allgemein gespannt sein."

Ja, das meinen wir auch, daß man darauf gespannt sein kann, was während der langen Untersuchung Polizei und Staatsanwalt sich zurecht gebraut haben. Denn, wenn man nun bereits über ein Jahr an der Arbeit ist und noch immer nicht recht weiß, was anfangen, so muß es wirklich famos bestellt sein. Trotz der obigen Notiz der Nh.- Westf. Zeitung" fanden nämlich abermals Vernehmungen statt.

Nun, möge die herrschende Klique nur so fortfahren, uns soll es recht sein, der Tag wird doch kommen, wo die Sache des arbeitenden Volkes trotz aller Geheimbundsprozesse zum Ziele gelangt. Mit sozialdemokratischen Gruß!

is no sidqinda

Die Wupperwacht. 110

Sprechsaal.

Forst i./L. Wir sehen uns heute veranlaßt, eine Reihe unsauberer Individuen vor der Oeffentlichkeit an den Pranger zu stellen. Es sind dies:

1) Der Tuchmacher Oswald Jüttner, wohnhaft Frankfurterstr. 67. Jüttner hat schon vor Jahren Kollegen gegenüber erzählt, er habe in Guben  ( wo er früher gearbeitet hat) im Solde der Polizei gestanden. Später hatte er Forst auf einige Zeit verlassen und tauchte erst bei der legten Reichstagswahl hier wieder auf, logirte im Hotel zum goldenen Stern" und schwindelte den dortigen, nicht der Arbeiterklasse angehörigen Gästen vor, er sei Mitglied des sozialdemo fratischen Zentral- Wahlkomite's und habe die Aufgabe, die Wahl in Forst zu leiten. Merkwürdigerweise wurde am Abend des Wahltages grade aus einem Fenster des bezeichneten Hotels mit Bierflaschen auf Vorübergehende geworfen und nur der Gunst des Zufalls ist es zuzu= schreiben, daß die damit Bedrohten einer gefährlichen Verlegung ent= gingen. Der Verdacht, daß Jüttner der Attentäter war, erscheint um= somehr begründet, als derselbe es offenbar hauptsächlich auf Mitglieder der besseren" Klassen abgesehen hatte ziveifelsohne um den Arbei­tern einen sogenannten Wahlkrawall in die Schuhe schieben zu fönnen.

Der letzte Zweifel an der schmutzigen Natur des Jüttner ist aber in letzter Zeit dadurch beseitigt worden, daß der Bursche bei Gelegen­heit des gesellschaftlichen Vergnügens eines hiesigen Vereins Nacht= wächter und Polizeibeamte aufforderte, in jenes Lokal zu gehen, da dort Sozialdemokraten versammelt seien.

2) Der Schankwirth Robert Budack. Dieser Ehrenmann hat aus schmußigem Konkurrenzneid einen Arbeiter der Polizei denunzirt, vorgebend, derselbe sei Stassirer der Partei und habe an geheimen Versammlungen wiederholt theilgenommen.

3) der Walter Moriz Sand und dessen Sohn Gustav Sand, wohnhaft in Berge Nr. 88. Die beiden Letteren sind die Urheber der im vorigen Jahre stattgehabten Verurtheilung zweier Arbeiter zu schweren Strafen. Auch die zu dieser Verhandlung geladenen Entlast­ungszeugen wurden von M. Sand als Mitglieder einer sozialdemokra= tischen Geheimverbindung" bezichtigt. Auf die näheren Umstände dieser daß Verurtheilungen wollen wir hier nicht eingehen; bemerkt sei nur, eine zum Andenken des zehnjährigen Bestehens des Sozialistengesetzes aufgehiẞte rothe Fahne die Veranlassung gegeben hatte. Also, Genossen, sorgt überall für gebührende Aufnahme dieser Nicht gentlemen. Die Genossen in Forst und Berge.

Briefkasten

der Redaktion: Briefe und Einsendungen eingetroffen aus: Aachen  , Berlin  , Gent  , Jzehoe( Gedicht), Paris  , London  ( Broad- Street), Stuttgart  .

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der Expedition: Der Alte vom Berge": Fr. 2.35 Ab. 2. Qu. erh. Hansen: Mt. 4. 80 26. 1. Qu. per Gegrg. erh. Ab. Ja, ja, Prügel wär's beste Rezept! F. Hzi. Bil.: Fr. 2. 2. Qu. erh., foftet aber Fr. 2. 25. C. Wuflr. Brun.: Fr. 7. 27 Ab. 2. Qu. u. Rest erh. M. Byzu.: Mt. 4.40 Ab. 2. Qu. it. 40 Pfg. f. Schrft. erh. Adr. gelöscht.=

Veilchenstein: Mittheilung vom 23. März erhalten und besorgt Basel  : Desgleich. Denkschrift wird rechtzeitig annoncirt werden. Th. Notke. San Franzisko: Adr. geord. Senden jezt Beide zusammen.. Wozu dopp. Porto  ? Tschech  : Mt. 6. 80 a Cto. Ab. 2. Qu. 2c. erh. 1871r: Mt. 9.-Ab. D. 11. D. erh. Hoffen 12 in Ihrer Hand.

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D. B. a. d. Sp.: Mt. 30.- a Gto. Ab. 2c. erh. A. Stmstr. Edbgh.: Sh. 2. Ab. 2. Qu. erh. Dtsch. sozd. Leseclub Paris  : Fr. 25. f. d. Familien der inhaftirten Aachener dkd. erh. u. besorgt. Panzer­schiff: Mt. 200.- a Gto. Ab. 2c. erh. Ldkr. C. a. Nh.: Mt. 150. a Cto. Ab. 2c. erh. Johann: Mt. 1000.- a Cto. Ab. 2c. erh. Weiteres nach Zusage erwartet u. bfl. mehr. Pharao  : Selbstver= ständl. Laffe: Mt. 90.50 baar ut. Mt. 9.50 in Ggrchng. a Cto. Nother Voigtländer: Mk. Ab. 2c. erh. Bstllg. notirt. Bfl. Weiteres.

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50. baar u. Mt. 7. pr. Ggr. a Gto. Ab. 2c. erh. Beilage be= sorgt. Adr. notirt. Manfred: Mt. 50. baar ut. Mr. 10. 75 i. Ggr.. a Gto. Ab. 2c. erh. Bstllg. notirt. Bfl. am 26/3 mehr. Chr. P. Pdsn. Aarhus  : Str. 6. 20 f. Schft. erh. Sdg. amt 26/3 abgg.-Beelze­bub:+ bd. v. 24/3 dkd. erh. Gent  : Beſten Dank für Zufdg. der Acte d'Accusation. 2. M. Paris  : Nr. 12 ist am 21/3 Abds. ab= N. N. A.: Sh. 4. 6 Ab. geg. Wahrscheinlich unterwegs verzögert.

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2. Qu. erh. Heinrich: Mt. 30- a Cto. Ab. 2c. erh. Adr. geord. Weiteres vorgemerkt. Quien sabe: Mf. 25. pr. Ulfds. dkd. erh. Rothbart III.: Nachr. vom Grüße erwidert. Schl. ist in Amerika  . 22. u. 25/3 ant 26. bfl. erwidert. Adr. geordnet. Bstllg. notirt. 25 Pfd.. St. a Gto. erh. Im Weiteren folgen Ihrem unerschrockenen Beispiel con humore. Claudius: Adr. geord. u. Weiteres erwartet. Kilian: P. R. v. 24/3 hier u. Adr. geordn. Rother Eisenwurm: F. P.- Adr. v. 24/3 erh. Bestllg. notirt. Rother Cerberus: Adr. notirt u. bfl. am 26/3 Weiteres berichtet. Gewünschtes folgt.Clara: Alles besorgt. Bstllg. notirt. Dante: Adr. It. Vorlage v. 25/3 geord. -Philou: Bestlig. 2c. notirt. Selbstverst. geschieht unsererseits stets das Möglichste. Sie vergessen scheints ganz, daß zwischen hier und dort noch manche Hand im Spiele iſt. B. W. E. in London  : Kreuzband  mit Dank empfangen.

Auf Wunsch quittiren wir Mark 24.50. Ende Januar von der rothen Lampenfabrik für lokale Zwecke am Ort der Spende ve blieben.

Printed for the proprietors by the German Cooperative Publishing Co. 114 Kentish Town Road London N. W.

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