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Der Sozialdemokrat

Organ der Sozialdemokratie deutscher   Zunge

Briefe an die Redaktion und Erpedition des in Deutschland   und Oesterreich   verbotenen Sozialdemokrat" wolle man unter Beobachtung äußerster Vorsicht dyabgehen lassen. In der Regel schide man uns die Briefe nicht direkt, sondern an die bekannten Deckadressen. In zweifelhaften Fällen eingeschrieben.

THE CHEC

Parteigenossen! Vergeßt der Verfolgten

und Gemaßregelten nicht!

Zum achtzehnten März.

Noch erfüllt von dem Eindruck der glänzenden Siege des sozialistischen   Deutschland  , gedenken wir heute, am Jahrestage der revolutionären Voltserhebungen des neunzehnten Jahr hunderts, am Gedenktage der Vorkämpfer des nach Eman zipation ringenden Proletariats, dankbarer als je an jene Er­hebungen, an alle Kämpfer zurück, die uns die Wege gebahnt, auf denen wir heute vorwärts streben. Wie der Schüler, der zum ersten Mal einen Preis errungen, zunächst daran denkt, wie sich wohl der Lehrer freuen wird oder freuen würde, dem er all sein Wissen und Können verdankt, so bewegt auch uns der Gedanke, daß all jenen Kämpfern, jenen Pioniren der Volksbefreiung, der Löwenantheil gebührt an den Lor beern, die ihr Schüler, die deutsche Sozialdemokratie, am 20. Februar 1890 geerntet hat, isdded thad chil qu Wir gedenken vor allen Dingen Eurer, ihr Kämpfer des Völkerfrühlingsjahres 1848. Ihr fühnen Streiter von Paris  , die ihr das Bürgerthum zwangt, Revolution wider seinen Willen zu machen.

Anrückt die Linie: Schuß auf Schuß! Und immer frisch geladen!

Doch dies ist ein Bolt wie aus Eisenguß, Stülpen Karren um und Omnibus Das find

o die Barrikaden!"

sang damals der Dichter, und

Ça ira, Ça ira, die Blouse siegt, O Vorstadt St. Antoine 1"

Ja, die Blouse siegte, denn das Julifönigthum war reif zum Verfaulen, aber bald mußte auch sie wieder in den Hintergrund treten. Sie war noch nicht reif zur Herrschaft. Sie hatte die Republik   ertroßt und als soziale Re­publik proflamirt. Aber das, was dieses Wort wirklich bedeutete, stand, wie Mary es treffend ausdrückt, in sonder barstem Widerspruch zu Allem, was mit dem vorliegenden Material, mit der erreichten Bildungsstufe der Masse, unter den gegebenen Umständen und Verhältnissen zunächst unmittel­bar ins Werk gefeßt werden konnte." Der Versuch, es der Bourgeoiste abzutroßen, endete mit der Niedermezelung der Juni- Infurrektion die Bourgeoisie war stärker als das Königthum. Vier Monate, nachdem der Dichter den obigen Jubelgesang angestimmt, mußte er in die Saiten greifen wider das Brechen jedes Stabes, bias da

" ch, über Euch, die werth ihr seid des lorbeerreichsten Grabes: Ihr von des Zukunftsdranges Sturm am weitesten Getraguen, Ihr Junifämpfer von Paris  ! Ihr siegenden Geschlag'nen!" Wir gedenken Eurer, denen er diese Worte in den Mund legt, ihr Todten des 18. März in Berlin  . An Euch und Eure Kampfgenossen, die ihr Leben einseßten, um dem verrotteten Polizei Absolutismus   in Deutschland   ein Ende zu machen. Ihr habt ihn nicht erschlagen, aber ihr habt ihm Schläge verseßt, von deren Wucht er sich nie wieder erholt hat.

Es ist gar Manches im Völkerfrühlingsjahr 1848 ge­schehen, was dem Geschichtsschreiber des Volkes Anlaß zu be­rechtigter Kritik bietet, die unerfahrenheit, Vertrauensseligkeit und, um nichts zu beschönigen, Unklarheit, verleitete die Masse zu vielen verhängnißvollen Mißgriffen. Aber das soll uns das Andenken an dieses ereignißreiche Jahr nicht trüben, uns nie vergessen machen, wie viel wir ihm verdanken.

Achtzehnhundertvierzig und acht,

Als Du geruht von der nächtlichen Schlacht, Waren es nicht Proletarierleichen, diese Die Du, Berlin  , vor den zitternden, bleichen Barhaupt grüßenden Zäsar gebracht, misio Achtzehnhundertvierzig und acht 2" dia

Er hatte alles zerschmettern lassen wollen, was sich seinen allerhöchsten Verfügungen zu widerseßen wagte, und mun mußte er, demüthig grüßend, den Hut ziehen vor den Leichen Derer, die in seinem Namen getödtet worden. Und derjenige, der am lautesten dem Zerschmettern" das Wort geredet, mußte bei Nacht und Nebel in schmählicher Verkleidung nach England entfliehen.

sid

Freilich, er konnte schon nach einigen Monaten wieder heimkehren; noch weniger als das französische   Volk war das deutsche reif, die volle Freiheit zu erringen,

,, die ungetheilte, ganze",

es blieb auf halbem Wege stehen und gab den reaktionären Elementen Zeit, sich zu sammeln und zu neuen Schlägen auszuholen. Auf den März, der trotz Regen, Schnee und alledem" den Herrschenden so heiß gemacht, folgte ein Juni, da es Blüthen schneite" und doch ein schnöder scharfer Winterwind" die Herzen der Beherrschten durchfröstelte.

Das ist der Wind der Reaktion

Mit Mehlthau, Reif und alledem! Das ist die Bourgeoisie am Thron Der annoch steht, trotz alledem!"

Nein, sie werden nicht ewig Sklaven sein. Eine neue Generation ist herangewachsen und sie hat das Erbe der Märzkämpfer voll und ganz übernommen. Sie fußt auf den Errungenschaften, für die jene gestritten und gelitten, und sie betrachtet es als ihre heilige Pflicht, das begonnene Werk fortzusetzen und nicht zu raften und zu ruhen, bis es vollendet ist. Die Formen des Kampfes sind heute andere vollendet ist. Die Formen des Kampfes sind heute andere als sie damals waren, und sie werden vielleicht morgen andre was kommt es darauf an? Das sein als sie heute sind

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Erscheint

wöchentlich einmal d

in

London  . 08

Berlag

der

German Cooperative Publishing Co. E. Bernstein& Co., London   N. W. 114 Kentish Town Road.

Poffendungen

franto gegen franko. Gewöhnliche Briefe

nach England toßen Doppelporto.

15. März 1890.

der Entrüstung durch die ganze zivilisirte Welt über die bar­barische Mißhandlung politischer Gefangener Seitens der Schergen des Zaren. Wird auch dieser Schrei wirkungslos verhallen? Soll all das edle Blut wirklich vergebens ge­flossen, sollen all die zerstörten Leben umsonst geopfert sein? Nein, auch diese Saat wird ihre Früchte bringen. Immer und immer wieder wird das Beispiel der vielen Helden der namenlos Gefallenen, wie der in aller Gedächtniß Leben­den neue Kämpfer entflammen, immer wieder wird sich der Menschengeist auflehnen gegen die empörende Knechtung Ziel und der Geist der Kämpfenden ist alles, und nicht nur der Kampf auf der Barrikade, auch der politische Kampf mit und Mißhandlung seitens der Werzeuge eines wahnsinnigen der Waffe der Koalition und des Wahlrechts hat sein Helden- Systems, und ein immer größeres Echo wird ihr Protest in der Außenwelt finden, immer mehr wird der Boden des thum. Die einundeineviertel Million sozialistischer Stimmen, Zarenregiments unterwühlt werden, bis endlich der Tag die am 20. Februar aus der Wahlurne hervorgingen, sind das Ergebniß einer Agitation, die ohne die hohe Opferfähig kommt, wo auch der Newa   Blöcke thau'n". Dann mögen feit und Unerschrockenheit unter der Masse der deutschen   Ar- fich des Dichters Worte erfüllen: Fasc beiter unmöglich gewesen wäre. Tausende und Abertausende feßten ihre ganze Existenz, alles was ihnen theuer ist, daran, um dieses große Resultat zu ermöglichen. Die Namen der Wenigsten von ihnen werden der Mit- und Nachwelt bekannt, ohne Aussicht auf Ruhm und Ehren verrichten die Braven

ihr Werk sie wissen, daß Niemand nach ihnen fragt, wie Niemand sich um die Namen der einzelnen Kämpfer auf der Barrikade kümmert. Ehre diesen Lebenden! Wäre uns die Gabe des Dichters verliehen, wir würden in ihrem Namen heut den Todten auf ihre schmerzliche Klage die fröhliche Antwort geben:

,, Wir werden frei sein, denn wir wollen frei sein!"

Wir gedenken nicht minder der Kämpfer und der Märtyrer der Pariser Kommune   des Jahres 1871. Sie, die in Frank­ reich   die Anschläge der Feinde der Republik   zunichte gemacht, haben durch ihren Opfertod der Arbeiterbewegung aller Länder einen neuen Anstoß, in den meisten auch einen neuen Inhalt gegeben. Jede große Aktion des Proletariats ist heute inter­national, auch wenn sie fich formell im nationalen Nahmen abspielt; sie ist international in ihren Wirkungen. So ist der Jahrestag der Erhebung des sozialistischen   und revo­lutionären Paris   gegen das in Versailles   vertretene kapita­listische Junkerthum ein Gedenktag der Sozialdemokratie aller Länder, wie der 20. Februar 1890 ein Freudentag ist für die klassenbewußten Arbeiter der ganzen zivilifirten Welt. Wir wissen uns, indem wir dies schreiben, von jeder nationalen Ueberhebung frei; sind wir uns doch zu gut dessen bewußt, daß die Perioden des Aufschwungs der Bewegung sich nicht in allen Ländern decken, weil die Umstände, die ihn befördern, nicht gleichzeitig zusammentreffen. Wenn wir die internationale Bedeutung des 20. Februar hervorheben, so sprechen wir da­mit nur eine Thatsache aus, die allerorts anerkannt wird, und nirgends vielleicht neidloser und rückhaltloser als bei unseren französischen Gesinnungsgenossen, bei den Landsleuten der Kommunekämpfer. Sie erblicken in ihm auch eine Art Sühne für die Racheopfer der Reaktion an dem Pariser  Proletariat. Und sie haben Recht. Ohne das furchtbare Gemetzel der Maiwoche und die internationale Hatz gegen die Sozialdemokratie wäre dieser grandiose Sieg wohl schwerlich erkämpft worden. An dem Vorbild der Mär­tyrer der Kommune hat die deutsche Sozialdemokratie sich gestählt, unter ihrem Zeichen ist sie groß geworden, und so legt sie heute dankbar einen Kranz auf ihr Grab:

Nicht umsonst hast du geblutet, wackres Bolt am Seinestrande, Das Gedächtniß deiner Thaten wandelt um durch alle Lande; Was du'test, reift zur Ernte, trop Gewalt und Blut und Eisen, Troz Berläumdung, Spott und Lüge

Triumphirend wird die Menschheit preisen dich in späten Tagen Als die Ersten, die das Banner einer neuen Zeit getragen." * pun of

Und nun zu Euch, ihr Pioniere der Freiheit im Lande der ärgsten Tyrannei, ihr unerschrockenen Unterminirer des Zaren­despotismus, ihr Helden des revolutionären Rußland  , die ihr das Schimpfwort Nihilisten", mit dem ein stupides Polizei­regiment euch zu brandmarken suchte, zu Ruhm und Ehre gebracht habt! Auch für Euch ist der März ein Monat des Gedenkens. Es war ein Märztag, an dem der mächtigste Despot der Welt, der absolute Herrscher über das größte Reich, sich unter gräßlichen Schmerzen am Boden wand, ge­troffen von der Hand derer, die seine grausame Unterdrückungs­politik zur äußersten Verzweiflung getrieben. Sie, die es über­nommen, dem Despotismus diese blutige Lehre zu ertheilen, wußten, daß sie selbst dabei zu Grunde gehen würden, und doch zögerten sie keinen Augenblick, das zu thun, was sie im Interesse der Freiheit ihres Volkes für geboten hielten. Und sie sind dabei zu Grunde gegangen. Mit einem Heroismus, der in der Geschichte aller Zeiten unübertroffen dasteht, bestiegen ein Sheljaboff, eine Sophie Perowskaja und ihre Genossen das Schaffot, wie es vor ihnen so viele ihrer Mitstreiter

klagte der Dichter und legte den Todten die feierliche Mah- gethan, und nach ihnen leider noch so viele thun sollten. Denn

mung an die Lebenden in den Mund:

O, steht gerüstet! Seid bereit! O, schaffet daß die Erde, Darin wir liegen strack und starr, ganz eine freie werde! Daß fürder der Gedanke nicht uns stören kann im Schlafen:

Sie waren frei: doch wieder jetzt und ewig!-sind sie Sklaven!"

sie hatten wohl den Einen Despoten aus der Welt schaffen können, aber der Despotismus ist troßdem geblieben. Noch heute wüthet der Zarismus in Rußland   mit unmenschlicher Tyrannei. Ertönte doch in diesen Tagen wieder ein Schrei

Abwärts durch Schnee und Schollenwerk drängt sich und macht sich Bahn der Fluß! Die letzten Spuren seiner Schmach malmt er und knirscht er kurz und flein  Und fluthet groß und ruhig dann in's ewig freie Meer hinein."

-

Den Manen unsres großen Lehrers Karl Marx  , der am 14. März 1883 die Augen für immer schloß, glauben wir heute, am Tage nach dem gewaltigen Wahlsieg unserer Partei, nicht besser gerecht werden zu können, als wenn wir einen Saz wiederholen, den er vor jett 20 Jahren, am Vor­abend der Schlacht von Sedan, an den damaligen Ausschuß der sozialdemokratischen Partei schrieb.*) Er zeigt, wie weit dieser große Denker sah, und mag uns zugleich in der Freude über unsern Sieg als ein Mahnwort dienen:

,, Dieser Sieg hat den Schwerpunkt der kontinentalen Arbeiterbewegung von Frankreich   nach Deutschland   ver­legt. Damit haftet größere Verantwortung auf der deutschen   Arbeiterklasse.".

Zum 20. Februar.

Hando

Im Nachstehenden bringen wir noch weitere Glückwunschadressen und Preßstimmen zum Wahlfieg der deutschen   Sozialdemokratie zum Abdruck:

"

Dem Zentral Wahlkomite der deutschen   Sozialdemo kratie sind noch folgende Glückwunsch- Depeschen zugegangen: Die Sozialisten von Calais  , versammelt, um den Triumph der deutschen   Sozialisten zu feiern, und um die Demonstration für den 1. Mai cr. zu organisiren, geben dem Gefühl der Solidarität an dem Siege herzlichen Ausdruck." Delcluze. Salembier. Manouvrier. Stadträthe, Delegirte zum Kongreß.

150 ga*

Die Ungarländische Arbeiterpartet entsendet den So zialdemokraten Deutschlands   ihren herzlichsten Glückwunsch zu den ohne gleichen dastehenden Wahlfiegen; nie hat die Welt ein glorreicheres Schauspiel gesehen! Wir schöpfen aus demselben neue Kräfte und frische Begeisterung für den Emanzipationskampf der Arbeiter aller Länder! Es lebe die internationale Sozialdemokratie!

*

Von der ,, Bloomsbury Socialist Society" geht uns fol gende in der Sizung vom 7. März beschlossene Resolution zu: " Die heutige Versammlung der Bloomsbury Socialist- Society"

=

sendet den deutschen   Sozialisten ihren Glückwunsch zu ihrem großartigen Erfolg bei den leßten Wahlen, insbesondere Angesichts der Bemüh ungen des Kaisers, die Zahl der sozialistischen   Stimmen zu verringern." ameinitunnis

-Einen hochinteressanten Brief des russischen Revolutionäre Stepniak   über den Einfluß der deutschen   Wahlen auf die Frete heitsbewegung in Rußland  , der uns leider für diese Num­mer zu spät zuging, bringen wir in nächster zum Abdrud.

Die ,, New- Yorker Volkszeitung" schreibt:

Trotz zehnjähriger Berfolgung, trok tausendjährigem Gefängniß,

troß Verbannung vieler Hunderte ihrer eifrigsten Vertreter steht die deutsche Sozialdemokratie als Siegerin dem Zäsarenthum gegenüber, das erbleichend den Thron erschüttert fühlt. Aufrecht und ungebengt steht sie da, die deutsche Arbeiterklasse, als Vertreterin des revolutio nären Prinzips und ruft ihren Verfolgern ein trogiges: Ich war, ich bin, ich werde sein" entgegen. Das Nieder mit dem Zäfarenthum" ist nie deutlicher vor den Thoren des Kaiserpalastes ertönt, als burch die Abgabe von 125,000 sozialdemokratischen Stimmen in der Haupt­stadt des Kaiserreichs.

Der 20. Februar 1890 ist ein Stegestag für das Proletariat nicht nur Deutschlands  , sondern für das der ganzen Welt. Voll Erwartung sahen die Arbeiter aller Länder dem Kampfe zu, den die deutschen   Sozialisten für die gemeinsame Sache führen. Der Sieg, der in Deutschland   errungen wurde, wird sie veranlassen, den deutschen   Sozialisten nachzueifern, um gleiche Erfolge für die gemein­fame Sache zu erkämpfen.

Die Sozialdemokratie auf dieser Seite des Atlantik, unter der sich so Viele befinden, die einst drüben in den vordersten Reihen mitkämpf ten, und von denen Hunderte durch die Gewalthaber aus ihrer Heimath verjagt wurden, fie fubeln laut ihren tämpfenden Genossen in der alten Heimath zu, und soweit es in Amerika   deutsche   Arbeiter gibt, schallt donnernd vieltausendstimmig der Ruf: Es lebe die deutsche Sozialdemokratie!".

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*) Der ganze Brief findet sich abgedruckt im Leipziger Hochverraths­Prozeß vom Jahre 1872, S. 317-19.