1. Jahrgang. Nr. 44.
Freitag, 21. Oktober 1921.
Sozialdemokrat
Bentralorgan der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republik.
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Ein Ratschlag.
angenehm
nationale Recht zum Ziele führen muß.
for thehung der Programmdebatte.
Gigung des Abgeordnetenhauses.
nomie, die möglichste Abgrenzung der Sied millen, zur„ natürlichen Heimat" zu machen. Professor Radl hält übrigens selber nicht lungsgebiete die Deutschen zu schlechteren Er meint weiters, etwas anderes als das die Befolgung seines Ratschlages in abseh Der tschechische Universitätsprofessor Dr. Bürgern des Staates machen müßte; sicher Schlagwort" vom Selbstbestimmungsrecht barer Zeit für möglich, allerdings sucht er Radl steht im Rufe eines vom Nationalis- würde die den Siedlungsverhältnissen ent- wären die Rechte auf Schulen, die Spra- die Schuld dafür bei den Deutschen . Gewis; mus freien, fortschrittlich denkenden Man- Staates beiser gesinnte Bürger hervorbrin- der Unterrichtsanstalten. Radi spricht aber den Deutschen Leute gibt, denen die ewige sprechende geographische Gliederung des chenfrage bei Gericht und die Autonomic soll nicht geleugnet werden, daß es auch bei nes. Er hat sich nun in der volkswirtschaft- gen, als es die heutige Verfassung vermag, auch hier nur für sich und gibt damit keines- Feindschaft beider Nationen lichen Wochenschrift„ Die Wirtschaft" über die nur ein slawisches Staatswesen tenut falls den Willen der tschechischen Parteien wäre, aber so liegt die Sache gewiß nicht, das nationale Problem im tschechoslowa- und an der die Tschechen, obwohl die Ber- fund. Er unternehme doch einmal den Ver- daß erit, wie Radl glaubt, ein junger rischen Staate geäußert, indem er dort unter fassung bei den anderen Nationen alles cher fuch, auf diesen Grundlagen Unterhandlun Deutscher ", ein„ klarer und kühner Kopf" dem sonderlichen Titel:„ Mechanische und als dem Staate anhängliche Bürger schafft, gen herbeizuführen, an unserer Geneigtheit, fommen müßte, um über die deutschen Fana organische Republikaner" einen Artikel ver- dennoch derart festhalten, daß sie bis nun darüber zu verhandein, wird es nicht fehlen, titer hinweg das Werf der Einigung zu voll öffentlicht, der in einen Rat an die Deut- auch nicht den geringsten Versuch unter- aber wir fürchten, daß seinem Berjuch Wi- bringen. Die Durchsetzung unserer Rechic schen ausklingt. Einen Rat allerdings, der nahmen, durch irgend einen Vergleichsvor- lingen bescheert wäre, da die übergroße auf eine solche Hoffnung einzustellen brau recht bedenklich aussieht, wie überhaupt die schlag die beiden Nationen auf einer ge- Mehrheit seiner Nationsgenossen noch immer chen wir wahrlich nicht, wir glauben vielBoraussetzungen, aus denen Radil zu ihm meinsamen Bajis zusammenzubringen. von der Machtideologic beherrscht ist und mehr, daß die harten Tatsachen, die ge gelangt, nicht ohne Widerspruch bleiben Unfaßbar geradezu ist es, wie Radl zu die Eristenz einer nationalen Frage nicht zu schichtliche Entwicklung schon ungleich früifönnen. Mechanische" Republikaner sind der Auffassung tommt, dic practische Folge geben will. So fommt denn seinem Rather, als es das Wirten des ersehnten jungen für Radl die Deutschen , weil sie ein geo- der territorialen Autonomie wäre die Auf- fchlag laum mehr als eine theoretische Be- Messiases vermöchte, unseren Kampf um das graphisch abgegrenztes Sudetenland fordern gebung aller deutschen Minoritäten. Es steht deutung zu. und er gibt ihnen den Rat- da nach sei- doch wohl außer Frage, daß für den Schuz ner Meinung diese Forderung eine Reihe offer Minoritäten, auch für jene der Tschechen von Gefahren für sie selber berge und er im deutschen Gebiet, in entsprechender Weise: diese Forderung offenbar für unrealisierbar gesorgt werden müßte. Das Beispiel, das hält sich doch lieber dafür zu entscheiden, er zur Begründung dafür anführt, daß die das territoriale Prinzip zu verlassen, sich Schaffung eigener autonomer Gebietsför-) als„ organischer Teil der Republik " zu er- perschaften für die Deutschen schädlich wäre, Gestern wurde die Debatte zur Regie- Präsident Tomaschet eröffnet die Sigung un flären und aus dieser Quelle ihre Bürger- geht daneben. Er meint, die Verlegung der rungsertfärung fortgesetzt. Die haßerfüllte 11 Uhr 20 Minuten. Die Debatte über die rechte zu schöpfen. Die Weigerung der Fordeutschen Universität von Prag nach Deutsch Rede Raiwins gab den Auitati des Tages. Regierungserklärung wird fortgesetzt. derung nach territorialer Autonomie zu ent- böhmen als einfache consequenz des Pro- Der typische Vertreter des nationalistischen Abgeordneter Dr. Raschin( Nat. Dem.) be fprechen, wird von den tschechischen Natio- grammes er Deutschen , wäre die Schädi Finanzlapitals, dem unfeligen Angebendens grüßt die Regierungserklärung deshalb, weit nalisten gemeinhin dadurch unterstützt, daß gung der Universität, wie die Schwierigkei- der Yegte Sporniennia tausender Witwen er eine Aenderung gegenüber sonstigen Erflä fie sie als eine Art Popanz hinstellen und ten der tschechischen Universität in Brünn und Waisen anvertraut war, sprach von der rungen in ihr erblidt. unter den Tschechen von ihr ganz falsche beweisen. Aber diese Schwierigkeiten lie Stabilisierung des Kronenkurses. Die Opfer tif der Arbeit für das nächste Ziel gegeben. nur für spätere Zeit versprochen, sondern Kri Borstellungen meden. Professor Rad! ist gen in den unzureichenden Vorbereitungen dieser für die Volkswirtschaft nötigen Sta- von seinem längst gegebenen Motto: Arbei ein feingebildeter Mensch und er drückt sich für die Errichtung der Brünner Universität, bilisierung haben in erster Linie die Arbeiter ten und Sparen" beginne wenigstens der zweite gemessen und freundlich aus, aber unter der in dem durch die Wohnungsnot bebingten zu tragen. Die Fabrilanten fördert Raschin Teil verwirklicht zu werden; weil wir nicht liebenswürdigen Form verbirgt sich doch Mangel an ausreichenden Räumen und in nur auf, mit gutem Beispiel voranzugehen; mehr weiter fönnten. Die Finanzträfic des die gleiche Kurzsichtigteit, die feine minder dem Fehlen geeigneter Lehrkräfte, alles die Arbeiterschaft aber möge teine Lohner- Boltes, erschöpft durch die bisherige Wirthöflichen Sonnationalen auszeichnet und Dinge, die vielleicht zum geringen Teile höhungen verlangen. Sehr trästige Worte schaft, veriragen keine Ausschreibung neuer auch er sicht innerhalb der Grenzen des tsche- auch bei der Verlegung der deutschen Uni- fand err Raschin gegen das Mieterschutz- Steuern. In den Kreisen der Beamten könne choslowakischen Staates nur tschechisches versität sich geltend machen könnten, aber gejet. Seine nationale Engstirnigteit trat gespart werden, indem besondere Qualificatio Gebiet, versprengte Bruchteile des Deutsch das alles hat mit dem Problem nicht viel aber in seinem internationalen Währungs- nen seine Leiſtung und Sparjähigkeit geben. tums" und will nicht sehen, daß es auch zu tun. Wichtiger ist die Frage, ob die Be- fonfolidierungsplan zu Tage: wohl gehen Die Unternehmer müßten die Produktion er deutsches Gebiet gibt. Radi bekundet damit lassung der deutschen Universität im tsche- die Tschechoslowakei die Währungen von der Bodenreform könne nur höhen. Die Löhne müßten finfen. Die Frage im Grunde genommen, eine Auffassung, die chischen Prag angesichts der geübten Un- Bulgarien , Rumänien und SHS. an punkte der Produktionserhöhung gelöst wer von Gejichten wohl verbindlicher eingekleidet, doch nur duldsamkeit überhaupt möglich ist. und mit diesen Staaten soll an einer Sen. Scharf, unter Gegenfundgebung der jener entspricht, die einstmals in dem be= Die Bemühungen Dr. Rabls um eine Währungsstabilisierung gearbeitet werden, tschechischen Sozialdemokraten, wendet er sich konnten Wort von den„ Skolonisten und Verständigung seien gerne anerkannt. Sein aber auf Deutschland und Deutschösterreich, gegen das Mieterschuhgeset. Er Emigranten" ihren Ausdruck fand. guter Wille fällt umso mehr in die Wag- mit den wir doch auch sozusagen wirtschaft- verweist auf die Unhaltbarkeit des Zustandes, Durch seinen Ratschlag will Rabl den schale, als er sich nahezu als einziger liche Beziehungen haben, vergißt Herr daß im alten Haus ein Zins von 300 Stronent Deutschen den Weg zeigen, auf dem sie das Tscheche bemüht, eine Formel für die Ver- Raschin geflissentlich. Den Höhepunkt der und gleichzeitig im neuen 3300 Stronen gezahlt natürliche Verhältnis zur Republit fin- ständigung zu finden, unter sonzessionen Einsichtslosigkeit erreichten Naschins Aus- werden. Ausführlich behandelt er die Frage ben". Der gute Wille in allen Ehren, den von beiden Seiten die Streitteile auf einem führungen in seinem Bannfluch gegen die der Banknoteninflation von Seiten der umlie noch ist das, was er zur Begründung feines Kompromiß zu einigen. Leider wird auch striegsanleihebesiner, die unversöhnlichen genden Staaten. Dabei vergißt er nicht. Deutschlands Situation damit zu erklären, daß; Ratschlages anführt, höchst anfechtbar. Er er nach dem Schweigen der tschechischen po-„ inneren Feinde", deren Geraunze man er die unverschämte Behauptung aufftefft, findet, daß sich auf die Deutschen das litischen Parteien und nach der Programm- nicht nachgeben darf.
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Deutschland wollte bewußt Unordnung im Selbstbestimmungsrecht nicht so ohnewei- erklärung der Regierung, welche der natio- Von den nachfolgenden Reden, die mehr Staat erzeugen, um sich seinen Berpflichtungen ters" anwenden ließe, da ihre Lage von der- nalen Frage vollständig ausweicht, erken- oder minder interessiert angehört wurden, zu entziehen. Bolens finanzielle Weißwirtschaft jenigen der Tschechen in Oesterreich- Ungarn nen müssen, daß bei den Tschechen wenig find die Ausführungen des Pfarrers Hlinka fei auf die Verteidigung gegen das bolichemi urinzipiell verschieden sei. Er sucht dies ge- Geneigtheit besteht, eine Einigung selbst auf und des tschechischen Sozialdemokraten B iftische Rußland zurückzuführen. Wir müssen schichtlich dadurch zu begründen, daß er die der von Radl angestrebten Mittellinie zu no vec nicht ohne Bedeutung. Gegen die Ausfuhr erhöhen, die Einfuhr herabjezen. angeblich verschiedenartige Entwicklung der suchen. Wenn er sagt, daß die Schlagwör- 6 Uhr abends fam Abg. Schmeral zu Die Rauffraft der Strone im Inland könne beiden Nationen schildert und zu dem ter Nationalstaat"," Nationalitätenstaat", Wort. Er befaßte sich vorerst mit der Außen- nur steigen, wenn nicht bei jeder Preisände Schlusse tommt, daß die Deutschen in der Selbstbestimmungsrecht der Völker"," Los politik Beneschs, die vollends im Banne von rung durch die Erhöhung der Löhne die Er tichechoslowakischen Republik teine besondere trennung der Deutschen von den Tschechen" Paris ſtehe. Der Beweis hiefür sei die jeugungskosten erhöht werden. Sierauf befaßt sich der Redner mit einer internationalen Ration darstellen, sondern nur einen Bruch nichts praktisches besagen, so sei er befragt, staatliche Hungeraktion für Rußland . Währungsverbesserungsaktion. Die National teil der Deutschen schlechtweg". Es würde wo denn auf tschechischer Seite ein prakti- Warme, ja geradezu heiße Worte fand demokraten werden die Regierung unterſtüßen, zu weit führen, wollten wir auf die Einzel- fches, greifbares, nationales Programm, ja, Schmeral für die Autonomie der 1½ Millio- nur empfehlen sie dieser sich nicht von Schlag heiten dieser geschichtlichen Seite der Be- auch nur der Wille und die Erkenntnis der nen Slowaken. Man hätte wohl erwarten worten und Theorien blenden zu lassen. gründung, die wir für höchst nebensächlich Notwendigkeit besteht, eine Berständigung können, daß sich der Führer der verei= Der ganze Sah Raschins gegen die Deutschen halten, näher eingehen. Nur soviel sei ge- zu suchen. Radi gibt zu, daß die Geieße nigten Sommunisten auch der 3% Millio- liegt in seinen Schlußworten: Die Liebe un1sagt, daß kein objektiv Dentender ein- auch das Staatsgrundgesetz die er als nen Deutschen in einem Nebensatz erinnern ferer Feinde im Inland werden wir durch kein zusehen vermögen wird, das Selbstbe- Parteicnwerk" bezeichnet, vielfach unter werde. Doch dies war nicht der Fall. Offen- Entgegenkommen erwerben. Wir stehen nach stimmungsrecht könnten nur Nationen in dem Gesichtswinkel der Furcht vor der bar ist die revolutionäre Erkenntnis wie vor auf dem Standpunkt der Nichteinihrer Geschlossenheit geltend machen und Illoyalität der Deutschen gemacht wurden Schmerals vom Selbstbestimmungsrecht lösung der Kriegsanleihe und lassen nicht auch so große Bruchteile" einer Na- und er glaubt, vieles könnte wohl vernünfti- aller Völler noch nicht ganz ausgereift. uns durch kein wie immer geartetes Raunzen tion, wie es die Deutschen in der Tschecho- ger gestaltet merden im Angesicht einer Vorläufig langt sie nur so weit bei einsich- bon dieser Taktik abbringen. Brodecky( Tsch. Sozd. linke) teilt nicht dem flowakei sind. Die Deutschen , Italiener und deutschen Partei, die in dieser Republif ihre tigen Tichechen, bei allen anderen Parteien, Franzosen in der Schweiz stellen doch auch natürliche Heimat erbliden würde, aber er die für die Autonomie der Slowakei .- Optimismus der Regierungserklärung und nur Bruchteile ihrer Nation dar, was wird uns faum einen Versuch anführen Nach einer regierungstreuen Rede des flo- nach ihrent bisherigen Auftreten im Staate nicht hinderte, dem nationalen Selbstbestim- können, der von tschechischer Seite je unter- wakischen Sozialdemokraten Markovic ſieht er, daß die Regierungserklärung nicht wird so durchgeführt werden, wie sie protin mungsrecht durch die Kantonale Augren- nommen worden wäre, den Deutschen die wurde die Sizung nach der Ergänzungs- miert wurde. Die Eisenbahnangestellten in zung tunlichst Rechnung zu tragen. Es iſt Republik wenn schon nicht durch die Tat, wahl in den ständigen Ausschuß und einigen der Slowakei sind in Massen entlassen worden. auch nicht richtig, daß die territoriale Auto so doch durch einen ernsten Verständigungs anderen Formalitäten geschlossen.
Was die Außenpolitik anlangt, fann die ische