.V T C-tR' Rlklltill Nftfe, Verwaltina: Prag   IU taalit» k»v» nint ML Telefon«786, nacht» 6797. 2elc0ramm«Kbttflt: Sozialdemokrat Prag  . Posticheckamt 87544. Bei Zustellung in» Hau  » oder bei Bezug. ! durch die Post J monatlich... 16*K^; '!- vlerteliährllch 48', halblährlg.. 86, ganziährig. 188*. ssrtUFSjs Zkntralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei «Jfefig- in der Tschechoslowakischen Reoublik. KS3KÄ t Jahrgang. Sonntag, 4. Dezember 1921. Nr. 81. Der Riß im Turm. Raschln hat eS jüngst erklärt und die tschechischnatlonale Presse hat e» begeistert kommentiert: daß eS aus allen Schwierig» ketten de« Staates, nur einen Weg gibt, den festen Zusammenhalt der tschechischen Parteien. Das heißt nicht etwa, Raschln und seine journalistische Komparserie hätten, ehe fle zu diesem Schlüsse kamen, die Gangbarkeit aller anderen Wege gewissen» hast geprüft und erprobt, sie finden es nur bequemer und ihrer machtpolitischen Denk» richtung angemessener, sich gerade für diesen Weg zu entscheiden. Die nationale EtnhcilS- front der Tschechen  : das ist die zauber» gewaltige, allmächtigevütäina", die keine Bedenken zu haben braucht, die keine Rück» sichten nehmen muß, die blindlings alle Anträge dermenäina" niederstimmen kann, die kein Eingehen in die Probleme deS Staates erforderlich macht und sogar die Leugnung der Existenz solcher Probleme zuläßt. Die tschechoslowakische Demokratie, die in ihrer Eigenart lediglich auf dem Bo- den dieses Staates zu gedeihen vermag, findet es mit der Idee der Demokratie eben- so vcreinbarlich, daß nur der Wille und das Machtgcbot der Regierungsmehrheit zu gelten habe, wie sie auch der selbstvcrständ- lichen Meinung ist, daß diese allmächtige Regierungsmehrheit von eherner Konstitu» tion ist, die alle Erörterungen über das Pro- blcm des Zusammenlebens der Völker in diesem Staate völlig entbehrlich mache. Aber das Wort Raschins war noch kaum verhallt, da begab sich ein Ereignis, das, so scheinbar unbedeutsam es ist, sie an die Per» gänglichkeit ihrer Herrlichkeit gemahnen müßte: die slowakische Aolkspartei trat aus der tschechischklerikalen Partei und, damit der RegicrungSkoalltion aus, welche dadurch von 166 Stimmenabgcbcrn im Abgeordne­tenhause auf 154 herabsank, während die Stimmen der Oppositionspartelen, oder doch wenigstens jener der nicht Vcrläßli chen von IIS auf 131 emporstieg. Hatte die Regierungsmehrheit schon vordem nicht viel Grund, ihr Gebilde als auf Erz gebaut an» zusehen. denn von einer Zweidrittel- Mehrheit war sie auch bis jetzt weit entfernt, so ist ihr: jetzige Mehrheit von 23 Stimmen alles eher denn imponierend. Müßte sie schon der Umstand, der sich in diesen Ziffern aus- drückt, daß fast die Hälfte der Bewohner des Staates zu ihm oder doch zu seinen gegenwärtigen Regierern in Gegensatz sie- hen, wehmütig stimmen, so bedeutet der Schritt der slowakischen Klerikalen für sie de» Bedenklichen noch weit mehr. Recht drollig ist es anzusehen, wie sehr sich die Mehrheit bemüht, ihre Bestürzung ob de» Abfalle  » der slowakischen Volkspar- tet hinter allerlei Dtohungen und Warnun- gen, die an die Adresse der Abtrünnigen ge- richtet war zu verbergen. Insbesondere die tschechischklerikale Partei, die durch den Aus» tritt ihrer slowakischen Gesinnungsgenossen aufgehört hat, die zweitstärkste Koalition»» Partei zu sein, ist wütend und fle möchte gegen die Apostaten am liebsten den Bann- strahl herabbeschwören. Der Herr Mon> signore und Minister Sramek hat in einer Brünner Versammlung seinem gepreßten Hirzen Luft gemacht und hat über die Slo  Waken bittere Worte gefunden, die»in ihrer kindlichen Naivität sich bisher noch nicht der fruchtbaren Arbeit anzupassen vermach, ten, welche die katholisch« Volkspartei im Parlamente ausübt." Gr wehklagte, daß die Slowaken»sich allzusehr von dem Poll» tischen Leben in der Slowakei   leiten ließen' und er spendete sich und den Seinen Trost, indem er erzählte, da» Zusammenleben mit den slowakischen Brüdern sei schon seit einem ganzen Jahre gar. nicht schön gewesen, denn trotz aller»heroischen Geduld", die man AU ihnen hatte, wollten sie sich nicht Bergarbeiterstreil iuMöhr.'Sstrau. I« 42 Betrieben wurde die Arbeit«inge- pellt, sodaß da» ganze Revier im Streik steht. Am Samstag wurde in Schlcsisch-Ostrau«ine Konferenz der Be- trieb»räte des Ostrau-Karwiner Revie­re« abgehalten, ln welcher die Dispositionen zum Kampfe getroffen wurden, der auch in der Konferenz formell verkündet worden war. Vorsitzende der Konferenz waren der Sekretär de» Bergarbeiterverbandes Beda, Houkal, Wag- ner und Lizak. von 456 Mitgliedern der Be- trlebsräte waren 417 anwesend. Der Konse- renz wohnten auch die Vertreter de» Bergar- beitersekretariateS und die Vorstände der ein- zelnen vereine, ferner Abgeordneter Brozik als Vertreter der Reichsvereinigung der Berg- arbester bei. Ueber die bisherigen Verhandlungen und den jetzigen Stand des Kampfes berichteten der Sekretär Brda in tschechischer, Wagner in deutscher   und Lizak in polnischer Sprache. Nach der Debatte, an der sich zebn Redner beteilig» ten, sprach Abgeordneter Brozik, welcher den ganzen Stand des Kampfes darlegt« und Ein- heitltckkcit und vertrauen zur Organisation empfahl. Darauf folgte die Abstimmung über «Ine Resolution, die einstimmig ange- »ommen wurde. Die Resolution: Da die Verhandlungen über ein friedliches Uebereinkommen des Lohnstreites nicht zur Verständigung geführt haben, da die U n- ternehmcr aus einer Herab- setzung der Gedinge und L'Shne beharren, sowie darauf bestehen, daß der Vertrag vom November 1920 am 2. November d. I. seine Billigkeit verliere, und daß sie an die Grundlagen dieses Vertrages nicht mehr gebunden sind, hat sich die Bergarbeiterschast entschlossen, L Verlängerung deS giltigen Vertrage» vom November 1920 bis zum Abschlüsse eines neuen Vertrages. S. Dir Aushebung der im November die- seS Jahres verkündeten Herabsetzung der Gedinge und Löhne. 3. Genügende Auszahlung der Beträge, von denen der Arbeiterschaft bei der AuS- zahlung am 2. oder 3. Dezember infolge der Erniedrigung der Gedinge weniger auSge- zahlt wurde. Wen» diese Forderungen angenommen werden, tritt die gesamte Ar- beiterschaft sofort die Arbelt au. Schließlich erklären wir, daß wir die Vereinbarung der Reichskonferenz begrüßen, daß ein einheitlicher Kollektiv- Vertrag für die gesamte Bergarbeiter- schast de» ganzen Staates abgeschlossen wird." Am Samstag Abend, eventuell im Laufe des Sonntags, werden Sitzungen der einzelnen Schächte abgehalten werden, in denen die Be- richte der Konferenz über die verkündete Streik- erNärung gegeben werden. Am Montag wird in Prag   eine Sitzung des l o alterten Verbandes der Bergarbeiter stattfinden, welche über alle weiteren Maßregeln zur Un- terstiitznng der Östrone« Bergabeitcr beraten wird. Por allem werden sie bei den Ministe- rien einschreiten, denen sie ein knrzfristi- ges Ultimatum der Forderungen der Bergarbeiter vorlegen werden. Ferner findet am Montag in Prag   eine gemeinsame Sitzung des tschechoslowakischen Gewerk- sihastSvcrbandeS und der ZentralgcwcrkschaftS- kommission des deutschen Gewerkschaftsbundes ln Rsichenberg statt. DI« Verkündigung deS Streike» wurde den Revierräten mittels gedruckter Berlautbarun- gen belanntgegeben. Im ganzen Revier von Montag,"den 5. D«zember d. wurde die Rnh« nirgends gestört und I. aninden Streikzutreten. Die Forderungen, welche die Bergarbeiter, schast stellt, lauten: die Bergarbeiter sind entschlossen, mit Ruh« und Festigkeit den Streit durchzu- führen. Klubdisziplin unterwerfen" und so bringe! sie sich zur Abschwenkung aus der Regie« ihr Austritt eigentlich eine»gewisse Er-.rungsmehrheit zur Opposition entschließen leichterung." Der agrarischeVenkov" ver-s mußten. Die RegieningSgewalten, allen sucht eS mit anderen Mitteln, die Slowaken, die sich so freventlich aus dem Regierung?- gespann abgehalftert haben, wieder an die Stange heran zu bringen. Er hält ihnen vor, daß sie sich durch Ihr Vorgehen um viele Sympathien in der Slowakei   brin- gen werden, ihre Sezession bedeute nicht nur glatten Selbstmord, sie grüben sich auch selber ihr Grab und sie würden, was das Angst« ist, einengroßen Teil ihres Nim» bus verlieren." Und durch alle Vorstellun» gen und Beschwörungen zieht sich der Vor- Wurf hindurch, daß die slowakische Volks» Partei sich zu ihrer Frontveränderung nur wegen der von ihr gefürchteten Konkurrenz der magyarischen Christlichsozialen ent- Massen habe. Die erzürnten Regierun gSmehrheitler merken in ihrer seelischen Beschwer gar nicht, daß sie mit diesem letzten Vorwurf, durch den sie da» Vorgehen der Slowaken als leichtfertig zu kennzeichnen suchen, eigentlich den Kern de» Problems, um das e» geht, berühren. Die magyarischen Christ» lichsozialen der Slowakei   haben au» ihrer trredentistischen staatsrechtlichen Opposition voran der edle Micura, suchen wohl seit Jahren diehochverräterischen" magyari schen Christlichsozialen mit allen Mitteln es sind nie die besten gewesen zu be. kämpfen, sperren deren Führer ein, lassen sie durch ihre ausgehaltene Presse nach Noten beschimpfen und verleumden, aber der Strom der Vollsmeinung will sich nicht in das Bett des Zentralismus und der Staatstreue zurückdämmen lassen. Um nicht völlig den Boden unter den Füßen zu der. lieren, müssen nun auch die opporiunisti. schen slowakischen Klerikalen der Volks stimmung Rechnung tragen und sie haben die untergeordnete Forderung nach Errich. tung einiger konfessioneller Mittelschulen, dl« nicht erfüllt werden will, zum äußeren Anlaß genommen, den Bruch mit der Fit tion der Seelenharmonie des Tschechoslo wakentums zu vollziehen. Der Riß im Turme der Regierung» Mehrheit ist, man möge die politische Moral und Verläßlichkeit der Slowakischklerikalen noch so niedrig einschätzen, für die Herr schenken im Staate ein Warnungszeichen. all« Bürgschaften für die Aufrechterhaltung zu dem Staate, in den auch die Magharen de» Bestehenden auf die heutige Regie- der Slowakei   durch den Zwang der Frie» MngSmehrheit und auf die Haltbarkeit der denSvorträge hineingezwungen wurden,^Friedensverträge zu stellen, anstatt sich zu kein Hehl gemacht. Wohl haben sie dadurch bemühen. Formen de» Nebeneinanderleben» ihren»Nimbus" eingebüßt, aber nur in j der Völker im Staate zu schaffen, die die Prag   und nicht bei ihrem Volke und im! freiwillige Einordnung dieser Völker in den Lande, wo dieser»Nlmbu»" sich sogar beim> Staat mit sich bringen. E» ist da» Verhäng» slowakischen Teile der Bevölkerung so der» ni» der Völker, die von der Machtideologie mehrt hat. daß nun den slowakischen Kleri»j befallen sind, daß ihre Erkenntnisse erst rei- kalen, die ihr« Politik auf die Gunst de» fen, wenn e» zu spät geworden. Und-» Prager ZentralismuS eingestellt hatten,«m scheint, daß keine» au» den Erfahrizugels IkSr^ die Wiederherstellung und der A«S- chr««igen» Gefolgschaft bange wutde nnd der anderen lernen will. bau de« europäischen verkehr«. Der neue KMaliMus. von E. Et. ir. Das vorausschauendste und darum treibend« Element im Wiederaufbau der Welt auf kapi- talistischer Grundlage ist die englisch  « Bourgeoisie. Seit Jahrhunderten poli­tisch geschult, hat sie es stets verstanden, sich den verschiedenen ökonomischen Erscheinungen und politische» Machtverhältnissen anzupassen und ist auch jetzt bemüht aus der Krise des Kapitalismus   einen Ausweg zu finden. Die englischen Industrielle» haben ihrer Regierung Vorschläge zur Lösung des Rcparationspro- blems erstattet, die im Wesen besage», daß Deutschland   den Alliierten Waren liefern könnte, ohne ihren Industrien ernstlichen Schaden zuzuführen. Außerdem könne der tat- sächliche Wiederaufbau der zerstörten Gebiet« und die Ausführung von Bautverlcn in den alliierten oder anderen Ländern Deutschland  überlassen werden. Als Beispiel für deutsche  Konstruktionsarbeit wird an erster Stelle die Wiederherstellung der Eisenbahnen und ande- rer Verbindungswege in Europa  (Rußland  ) genannt. Außerdem könnte Dntschland in an» deren noch nicht entwickelten Ländern der Welt, Afrika  , Südamerika   und Asien   Hafen- anlagen und Eisenbahnen bauen.Die deut« 'che Energie und Industrie müssen zur Eni- Wicklung neuer Märkte und neuer Quel- len für Rohstoffe und Lebensmittel aus die nichtentwickelten Teile der Welt abgelenkt werden." Die englische Bourgeoisie hat damit den Kern des Problems getroffen. Deutschland   kann die Reparativ- nen nur bezahlen, wenn die Grundlagen des Kapitalismus erweitert werden, wenn Deutschland  » Produktion geivaltig gehoben wird, ohne daß den alliierten Kapitalisten daraus Schaden er- wächst. Der englische   Minister Churchill   hat mutig erklärt, daß die Prosperität Deutsch- lands das einzige Mittel zur Erreichung einer «genSreichen Entwicklung Europas   ist und daß England, Frankreich   und Deutschland   sich zum finanziellen Wiederaufbau Europas   der, einigen müßten. Sieger und Besiegte gehe» also zusammen, um die Welt vor einer Ka- tastrophe zu bewahren, sie vor den Folgen von Sieg und Niederlag« zu schützen! Die Plötzli»' che Energie der englischen Kapilalisten rührt nicht a»S idealen Motiven her. Oekonomisch« Notwendigkeiten zwingen'England, Deutsch- land und Europa   wieder auszubaue».' Die' englische Zahlungsbilanz, die seit Jahrzehnten aktiv gewesen ist, nicht nur weil die englisch  « Ausfuhr einen Ueberschuß über die Einfuhr abgeworfen hat, sondern tveil England aus seinen Kapitalsanlagen im Ausland, aus fei« nen Kolonien große Gewinn« gezogen hat, well es der Frachter und Bankier, der Hau- delsvermlttler der Welt gewesen ist, dürste heuer mit etwa fünfzig Millionen Pfund Ster« ling passiv sein. Deutschland  , das im eng- schen Außenhandel die erste Stelle eingenouc- men hat, ist kaufunfähig, Rußland   ist ausgc- schaltet, Mitteleuropa   verarmt, Englands Ex­portländer sind ihm davongeschwonmmen wie dem Gerber die Felle. Englands Bourgeoisie aber will wieder ein« zahlungsfähige Kund- schast haben, und so muß es sein« ehemaligen Freunde unid Feinde wieder zu wohlhabenden Abnehmern seiner Waren, zu Kunden seiner Schiffe und seiner Banken machen. Zu diesem Ztveck« soll ein sntcrnatioe naler Finanztrust gegründet werden, dessen Vertreter in Deutschland   StinneS wäre und der den Wiederaufbau der Welt finanzir- ren soll. Dieser Welttrust soll den verarmten Ländern Hilf« bringen, indem er sie wieder zahlungsfähig macht. Bor allem soll Deutsch  » lands Produktion soweit gehoben werden, daß eS imstande ist, die Reparationen zu bezahlen. Ein« Aufgabe, die dieser europaisch« Trust zir lösen hätte inwiefern Amerika   sich daran beteiligen wird, ist noch nicht zu erkennen