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3. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der tschechoslowakischen Republit.

Mittwoch, 15. August 1923.

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monatlich.. 16.­vierteljährlich 48.­halbjährig ganzjährig 192.­

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Nr. 189.

Vor der Entscheidung. Der kommunistische Generalstreit abgeblasen. Der lebende Leichnam.

Zur morgigen Reichskonferenz der

Bergarbeiter.

Erft zusammengebrochen, dann abgebrochen. Berlin  

, 14. August.( Wolff.) Heute Vormittag hielten die Betriebsräte der kommunisti­fchen Partei eine Versammlung ab, in der be schlossen wurde, den Streit abzubrechen und morgen die Arbeit wiederaufzunehmen.

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,, Sie dürfen dabei auch auf die Unter­stützung der nationalökonomischen Wissen. schaft zählen, die heute die Erhaltung der Grundlagen der privatwirtschaftlichen Pro­duktionsweise mit größerer Entschiedenheit als zu früheren Zeiten bejaht."

Die für morgen einberufene Reichskon­ferenz der Bergarbeiter steht vor einer folgen­schweren Entscheidung. Nach der Lage der Dinge ist nicht anzunehmen, daß irgend ein Prof. Hertner auf der Tagung des Verhandlungsergebnis den Kampf verhindern deutschen   Hauptverbandes der Industrie in Reichenberg   am 13. August 1923. fönnte, einen Rampf, den die Bergarbeiter Berlin  , 14. August. Die Kommunisten| stand zu treten, glatt ab. In der Privatindu­wahrlich nicht wollen und der vermeidbar haben troß ihrer Anstrengungen, den General strie ist ebenfalls eine Besserung zu verzeichnen. Klasse war und gegen die verknöcherten Vorrechte Als das Bürgertum noch eine revolutionäre wäre, wenn die Bergwerksbesiber als streit gegen den Willen des überwiegenden Teiles Jn einzelnen Werken sind die Belegschaften wie- des Feudalismus Sturm   lief, da war auch die die Preisfechter des Verbandes der Industriel- der Berliner   Arbeiterschaft und der Gewerkschaf- der eingerückt. Die kommunistische Zentralstreik bürgerliche Wissenschaft revolutionär. Die len wirklich eine fachliche Lösung des Kohlen- ten auszudehnen, keinen Erfolg gehabt. Noch im leitung sandte Sprengtrupps in die Fabriken, die Philosophie der französischen   Aufklärer hat die problems wollten. Nächst ihnen schuldtragend Laufe des gestrigen Abends fonnte die Berliner   die Arbeitswilligen herausholen sollten. Bei althergebrachten Vorurteile des Glaubens zer­ist die Regierung, welche, wenn nicht Sochbahn ihren Verkehr wiederaufnehmen. Die einzelnen Werfen wurden die Feuer unter den stört, die Lehre vom Naturrecht hat die innere

und bedt.

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E. Hauptquartier der Hitler  - Banditen eine Reihe von Männern, welche ihren Blid vor ausgehoben.

fommunistischen Sprengtrupps hatten auf ver- Kesseln von den Sprengtrupps gelöscht. In die politische Dekonomie von Smith und Ricardo Die Unternehmer und die Regierung er- schiedenen Bahnhöfen der Hochbahn versucht, die vielen Fällen gelang es den Werkleitungen, recht hat die wirtschaftlichen Banden, durch welche die flären: Die Kohle ist zu teuer, sie muß Arbeitswilligen zum Streik zu zwingen. Dabei zeitig polizeiliche Hilfe herbeizuholen. In den feudale Gesellschaft die Entfesselung der Produk billiger werden und zwar um so viel, daß es tam es zu wüsten Auftritten. Streifende Kom- späten Abendstunden kam es in verschiedenen tivkräfte hemmte, theoretisch gesprengt. Aber kaum der heimische und der Auslandsabnehmer munisten verprügelten nicht nur die Bahnan Gegenden Berlins   zu Zusammenrottungen, die Staatsgewalt erkämpft, da wandte sie ihre Front hatte sich die Bourgeoisie einen Anteil an der spüren." Diese Behauptung wird sicher von gestellten, sondern auch das Publikum. In vie- aber bald von der Schutzpolizei auseinander- gegen das anstürmende Proletariat, das schon in niemandem bestritten werden, ja, die Kohle len Fällen zogen bei diesen Prügeleien jedoch die getrieben wurden. Die gefährdeten Gegenden der bürgerlichen Revolution von 1848 dem Bür fönnte längst viel billiger sein, wenn Unter- Angreifer den Kürzeren. nehmer und Staat soviel geopfert hätten, wie die Reichsdruckerei lahmzulegen, haben die Kom- leuchtet. Nach einer Meldung der Vossischen holen, daß es die politische Revolution des Bür Bei dem Versuche, werden von der Polizei mit Scheinwerfern be- gertum gezeigt hatte, daß es nicht geneigt sei, für seine Ausbeuter die Kastanien aus dem Feuer zu etwa die Bergarbeiter. Die Ostrauer Un munisten gleichfalls ein Fiasko erlitten. Die Ar- Zeitung" wird die Arbeit auf den größeren Sam- gertums weitertreiben wolle zur sozialen Re­ternehmer im besonderen sagen, daß zur Ver­billigung der Sohle alle Faktoren zu gleichen beiter der Reichsdruckerei lehnten das Ansinnen burger Werften heute wieder aufgenommen wer- volution des Proletariats. Teilen beitragen müssen: die Arbeiter durch der kommunistischen   Abgesandten, in den Aus den. Aber noch während der gewaltigen Entfal­30prozentige Lohnreduzierung, die Unterneh­tung des Stapitalismus in Deutschland   und Dester­mer und der Staat durch entsprechenden Ver­reich in den Siebzigerjahren, als der Milliarden­segen der französischen   Kriegsentschädigung dic zicht bei Profit und Steuer. Die Regierung, Biutopfer der Berzweiflung. 30 Personen, darunter zahlreiche Polizeibeamte. wirtschaftliche Entwidlung vorwärtspeitschte und deren Standpunft sich von allem Anfang an mit dem der Bergwerksbefizer deckte, schlug forderten von der Gemeinde die Verteilung n Aachen  , 13. August.( Savas.) Manifestanten wurden verwundet. Der Angriff darf als abge- die politische Einheit Deutschlands   sich wirtschaft­schlagen gelten. lich auswirkte, gab es unter den Professoren der ihrerseits eine Lohnherabseßung von 20 Pro­Nationalökonomie an den deutschen   Universitäten zent vor, während die Ostrauer Unternehmer Startoffeln und Erhöhung der Löhne. Bei einem später den Arbeitern eine besondere Gnade" Zusammenstoße mit der Polizei den menschenmordenden Wirfungen der fapitali­dadurch machen wollten, daß sie einer Lohn. Personen getötet und etwa 30 verlegt. stischen Industrie nicht verschlossen und die heran­herabseßung von 18 Prozent, das sind zwei Leipzig  , 13. August. Nach Blättermeldungen Berlin  , 14. August. Wie das Stuttgarter wachsende Generation von Intellektuellen lehr­Kronen per hundert Kilogramm, zustimmten. versuchten heute morgens Kommunisten aus Neue Tageblatt" meldet, ist eine Zentrale der ten, daß der Schuß der Arbeiter vor dem hem­mungslosen Profitgier des Kapitalisten eine wirts Daraufhin erklärte sich die Regierung bereit, Borna   und anderen Industricorten in Zeit ein- nationalsozialistischen Partei in Stuttgart   auf schaftliche Notwendigkeit, daß Deutschlands Indu die Kohlensteuer von 18 Prozent auf zehn zubringen und die Stadt zu besetzen. Es kam zu gedeckt worden, in der die gesamten Fäden der strie gegründet sei auf den Fleiß, die Arbeitskraft Prozent herabzusetzen. einem Kampfe mit der Schutzpolizei  , wobei nationalsozialistischen Organisationen des Westens und die Gesundheit seiner Arbeiterschaft. Die Be­Sowohl die Regierung als auch die neun Angreifer erschossen wurden. zufammenti: fen. strebungen dieser Männer fanden, furz nach der Unternehmer machten ihre Opfer" ab= Gründung des Deutschen Reiches 1872, einen hängig von der 18prozentigen Reduzie­Mittelpunkt in dem sogenannten Berein für rung der Bergarbeiterlöhne. Nun, nach Ab- Durch die letzten Verhandlungen ist es Die Bergwerksbesitzer und der Staat Sozialpolitik", der auf seinen Tagungen, lehnung dieſes Junktims durch die Revier der gesamten Oeffentlichkeit klar geworden. können also zur Kohlenpreisherabseßung sofort in seiner Zeitschrift und in den von ihm heraus­fonferenzen, erklären beide den Bergarbeitern: daß die Bergwerksbesitzer mit dem Stohlenpreis 3.75 Stronen beitragen, sie haben sich am heoretische Rüstzeug schuf für die sozialpolitischen gegebenen wiſſenſchaftlichen Publikationen das Jeßt fann eine Verbilligung der Kohle nicht heruntergehen können. Die Oftrauer Unter| S. Auguſt dazu bereit erklärt, aber weil die Forderungen der großen Massen des deutschen  eintreten." Gleichzeitig eröffnen die den Kapi- nehmer waren bereit und verpflichteten sich Bergarbeiter es sich nicht gefallen lassen wollen, Wolfes. Die Männer, die diese verdienstvolle Ar­talisten und der Regierung ergebenen Zeitun durch ihre Unterschrift dazu, zwei Kronen pro daß ihre Lebenshaltung noch mehr herabge beit verrichteten, erhielten vom: offiziellen Deutsch. gen gegen die Bergarbeiter ein wahres Kessel- Meterzentner von ihrem Gewinn zu opfern". drückt werde, unterbleibt die ohneweiters mög- land den Spottnamen& atheder sozialisten. treiben und bläuen den gedankenlosen Lesern Troßdem dieses Opfer gebracht wird, zweifeln liche Kohlenpreisherabseßung um den genann- der jedoch für sie in den Augen aller derjenigen, täglich ein, daß nur die Bergarbeiter daran wir nicht, daß die Berg- und Hüttenattien- ten Betrag. Wenn die Regierung und die die nicht den Interessen der Kapitalisten das schuld seien, wenn die Kohle nicht billiger gesellschaft in ihrer nächsten Bilanz wieder 20 Unternehmer der Ansicht sind, daß durch die Volkswohl opferten, ein Ehrenname war. werde. Das alles läßt darauf schließen, daß Millionen Stronen Reingewinn aufweisen Kohlenpreisherabseßung alles billiger, und daß der Kampf der Bergwerksbefizer sorgfältig und wird, denn der Wahrheitsdrang der Herren auf den Schächten voll gearbeitet wird, so ist Sozialpolitik wirften, und denen ein Teil des Ver­dienstes an der sozialpolitischen Aera der Achtzi­nicht ohne Wissen der Regierung vorbereitet hat sich durch ihr opferbereites Zugeständnis es ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit, gerjahre in Deutschland   und Desterreich zufällt, eine arge Blöße gegeben. Im Herbst 1922, die Kohlenpreise herabzuseßen. gewann bald eine führende Stellung der aus Wie verhält es sich nun in Wirklichkeit im März 1923 waren es gerade die Ostrauer Regierung und Unternehmer haben die Deutschböhmen gebürtige Professor Heinrich mit dem Junktim zwischen der Herabjeßung Unternehmer, die bei den Verhandlungen im- bedeutsame volkswirtschaftliche Frage, um die Berkner, der in einer 189) erschienenen der Kohlenpreise, beziehungsweise der Kohlen- mer wieder behauptet haben, sie hätten die es sich hier handelt, zu einer Frage des Schrift Die Sozialreform als Gebot des wirt abgabe und dem Lohnabbau? Daß der Ab Kohlenpreise soweit herabgesetzt, daß sie bei strauer Reviers machen wollen. Allein schaftlichen Fortschrittes" die Notwendigkeit sozial­bau der Bergarbeiterlöhne eine angebliche wirt einer weiteren Herabseßung drauszahlen müß es handelt sich um alle Reviere und für politischer Maßnahmen im Interesse der wirt­schaftliche Notwendigkeit ist, hat man schon ten. Im August dagegen können sie leichten diese hat die Regierung noch keinen präzisen schaftlichen und kulturellen Höherentwicklung nach bei früheren Verhandlungen gehört. Schon bei Herzens zwei Stronen für hundert Kilogramm Standpunkt eingenommen. Die Regierung wies und der wenige Jahre später in einem groß­angelegten Werk über Die Arbeiterfrage  " unter den früheren Sonflikten im Bergbau haben die nachlassen, woraus die Oeffentlichkeit erficht. wollte die Dinge revierweise regeln und zwar den Intellektuellen für" den sozialpolitischen Forts Unternehmer behauptet, daß es möglich sein mit welchem Ernst die Grubenbarone die Ver- derart, daß zuerst mit Ostrau  , dann mit Brür schritt wirken wollte, eine Schrift, aus der auch werde, bei geringeren Arbeiterlöhnen in den handlungen führen und wieweit ihren Worten und dann mit den anderen Revieren verhan- viele Sozialisten reiche Beichrung empfangen Kohlengruben voll zu arbeiten. Seit 18 Mo Glauben geschenkt werden darf. delt werde. In Nordwestböhmen aber haben haben. Von besonderer Bedeutung war, daß Sert­

wurde.

2003

Unter den Männern, die im Verein für

naten sind nun die Lohnkosten tatsächlich um Wie wenig die Lohnfosten der Bergarbei- die Bergwerksbesitzer den Lohnvertrag etwas ner seine Auffassungen in den nationalen Kämpfen 52 Prozent gesunken, die Folge davon aber ter im Ostrauer Revier an der Verteuerung zu früh gefündigt und dadurch dem Ministe- des alten Desterreich zur Geltung zu bringen ver­war weder die Vollbeschäftigung der Kolen  - der Kohle schuld sind, möge folgender Ver- rium für öffentliche Arbeiten seinen Plan zer- suchte, indem er die Meinung vertrat, daß die beste nationale Politik des industriellen werke noch der Rückgang der Preise auch nur gleich beleuchten: Im Jahre 1913 betrugen stört.

in einem annähernden Ausmaß zum Abbau die Lohnkosten 34 Prozent des Verkaufspreises Wenn also die Bergarbeiter in den Kampf und proletarisierten deutschen   Voifes in Defter reich Sozialpolitik sein müsse, daß die Er­  der Löhne. Die Lebenshaltung der Bergarbei- der Sohle, im Jahre 1923, die Kohlensteuer treten, so geschieht es nur, weil man sie dazu haltung des Lebens und der Gesundheit der Arbei­ter hält heute knapp beim Friedensstandard, cingerechnet, 23 Prozent. nicht eingerechnet. treibt. Sie bildeten im alten Desterreich eine ter des deutschen   Volkes wichtigstes Gebot sei, was steht durch die Feierschichten noch unter die- 27 Prozent. Und selbst wenn man die nicht der schlechtest bezahlten Arbeiterschichten, sie dann der Prager Professor Rauchbera in einem sem, so daß wir bei weiterem Lohnabbau zu einwandfreien Ziffern der Unternehmer als müssen den Kampf führen, um zu verhindern, umfangreichen Werf wissenschaftlich einwandfrei einer Lebenshaltung der Bergarbeiter kommen. Grundlage für einen Vergleich annimmt, er- daß man ihre Lebenshaltung noch unter nachwies. Nach dem Kriege und insbesondere seitdem wie sie im alten Desterreich im zweiten und gibt sich, daß 1923 der Lohnanteil, die Kohlen- das altösterreichische Friedensmaß hinabdrückt. dritten Kriegsjahr, unter Striegsleistungsgeseß, reuer eingerechnet, 25.7 Prozent, ohne Koh- Und weil sie das nicht freiwillig tun, schimpft das Bürgertum Mitteleuropas   sich von den schwe­unter Bajonetten und unter dem Standrecht lensteuer 30.4 Prozent beträgt. Der Lohn- man sie Feinde der Republik  ". Wenn man ren Schlägen, die ihm Krieg und Revolution ge bestand. Deshalb sprechen die Beschlüsse der auteil an den Kohlenpreisen ist also 1923 sein muß wie die Günther, Gutmann, Roth- bracht haben, erholt hat, seitdem das Bürgertum mit aller Kraft bestrebt ist, den Anteil. den sich Revierkonferenzen die Bereitwikigkeit der wesentlich niedriger als in der Vorkriegszeit. schild, Schneider, Sieghart, Scheiner und Fei- das Proletariat an der Staatsgewalt errungen Bergarbeiter aus, sich einen Lohnabbau ge- Würde der Lohnanteil der Bergarbeiter gar ferlik, um den Ehrennamen von Stüßen der hat ihm wieder zu entreißen, haben viele der ein­fallen zu lassen, wenn damit ein entsprechender von dem Preise berechnet werden, den der Republik   zu verdienen, so werden die Berg- ftigen Kämpfer des sozialpolitischen Fortschritts Preisabbau und volle Beschäftigungsmöglich: Kohlenkonsument bezahlt, so betrüge er weni- arbeiter die ihnen zuteil gewordene Bezeich- Angst vor ihrer eigenen Courage betominen. Sie, teit verbunden sind. ger als 20 Prozent. nung gern ertragen. die einst das Gewissen der deutschen   Intellektuellen