Samstag, 28. Juli 1927.

Beite 2.

Eine Studienreise durch Thüringen  .

Von Leopold Pölzl  .

II.

Wohnungsfürsorge

und Gesundheitspflege.

auf Grünflächen. Die herrlichsten Parkanlagen und späteren berühmten Physilers und Gründers Die Dum- Dum- Geschoffe der Seipel­

mi: hundertjährigen Baumriesen, Teichen, Wie- der weltbekannten Zeißwerfe: Ernst Abbè.  ſen und Blumenanlagen kann man bewundern Unser Führer erklärt und macht in feiner aber Polizei haben die Zahl der Todes­opfer verfünffacht! Die Arbeiter Beitung" vom Freis

und wer aus einer deutschböhmischen Industrie- verständiger Art auf die Geschmadlosigkeiten auf­stadt kommt, wird beim Durchwandern von vie- merkjam. Im Sigungssaal des Senats, der für lerlei Gedanken bestürmt. Gera   besitzt ein präch neunzig jigungsberechtigte Herren nicht mehr ge tig gebautes, modern eingerichtetes und vorzüglich nügend Raum gibt, befindet sich eine Statue tag wendet sich in ihrem Leitartikel persönlich verivaltetes Strankenhaus mit 370 Betten und Goethes und ein großes Wandgemälde Die an den Polizeipräsidenten Schober   und ver daneben ein eigenes Gebände für Lungenkranke. neuen Musen", das, wie unser Führer mit Recht langt von ihm Aufklärung über die Verwen Die Anlage befindet sich in leicht erreichbarer Nähe meinte, nicht recht zu den Dingen paßt, die in dung von Dum Dum Patronen, de diciem Raum vorgehen. Im Laubengang des nicht ungestraft bleiben dürfe. Sie schweibt: Die Wohnungsnot macht auch den Gemein der Stadt auf einer Anhöhe mitten im Walde. Schon am Freitag ist Männern, die im Sen Thüringens   viel zu schaffen. Es gibt ur Jede Stadt hat ihre Wasserleitung, Kanali- architektonisch schönen Hofes sehen wir auf Mar­einzelne nennenswerte Gemeinden, die nicht fation und strenge Marftordnung. Um die Städte mortafeln die Namen der im Weltkrieg gefallenen Weltkrieg Jahre im Schäißengraben verbracht wohnungslose Parteien in verhältnismäßig gro- Erfurt  , Weimar  , Apolda  , Jena   und Gotha  , die Studenten. Rund 500 an der Zahl. Einige haben, aufgefallen, welch außerordentlich großer zer Zahl aufzuweiſen haben. Die Zahl der Grundwasser benützen müſſen, mit gutem Quell Goldbuchstaben sind der Rest von ungezählten Teil der Wunden tödlich gewesen ist. Niemais wohnungslosen Familien beträgt gegenwärtig Trinkwasser zu versorgen, ist der Bau einer Tal- Hoffnungen, Qualen und Tränen. Die Universi haben wir im Kriege ein solches Verhältnis vis 3. B. in Weimar   1630, Gera   1800, Gotha   1600, sperre im Sterngrund bei Schwarzwald   in Thürin- tät bevölkern gegenwärtig 140 Dozenten und 2300 fchen der Zahl der Tofen und der Zahl der Ber wundeten gesehen, wenn die Truppe nur unter Eisenach   1197, Sonneberg   600, Saalfeld 559, gen mit einem Rostenaufwand von 10 Millionen Studenten. Jena   390. Jn Greiz   wo 1070 Familien auf eine RM. geplant. Die Rohrleitung wird 131 Kilo Die Theater machen so wie bei uns dem Gewehrfeuer, nicht unter der Einwirkung von Wohnung warten, wohnen in Stube und Ram meter lang sein. Aus einer an der Sperrmauer Staat und den Städten geldliche Sorgen; doch Artillerie und Gasen stand. Der gräßliche Ver­mer 82 Familien mit 5 Köpfen, 32 Familien zu errichtenden Kraftzentrale werden die Wasser- entledigt man sich ihrer nicht durch die Verpach dacht, den diese Beobachtung erweckte, wurde mit 6 und 10 Familien mit 7 bis 8 Röpfen. Die fraftbesitzer entschädigt. In Jena   liegt die Milch- tung der Theater. Nach der Vereinbarung, die durch Beobachtungen der Aerzte in den Stadt Apolda   hat keine Wohnungslosen. Im Ge- versorgung in den Händen einer Milchverfor beim Zusammenschluß der acht Länder: Sachsen   Spitälern verstärkt; sie erzählten immer wieder gensatz zu unseren bürgerlichen Gemeindepolitigungs G. m. b..", in der die Stadt die Mehr- Weimar   Eisenach  , Sachsen- Meiningen  , Reuß von entsetzlich großen Ausschußöffnungen, wie fern erkennen ihre Kollegen in Thüringen   an, heit hat. Zella Mehlis   plant den Bau eines ältere und jüngere Linie, Sachsen- Altenburg, sie niemals Infanteriegeschosse hervorrufen. Der daß die Wohnungsbeschaffung eine Aufgabe der Krankenhauſes, eines Altenheimes und eines Zen- Sachsen- Gotha, Schwarzburg- Rudolstadt   und Verdacht, den die Beobachtungen erfahrener öffentlichen Verwaltung ist. Das Reichswohtralfriedhofes. Die kommunale Totenbestattung Schwarzburg- Sondershausen   getroffen wurde, Kriegssoldaten und erfahrener Militärärzte ge nungs. und Heimstättengesez und die Bestimist in Weimar  , Gera  , Greiz  , Saalfeld  , Sonneberg   müssen die sieben ehemaligen Landestheater erweckt hat, ist nunmehr durch das Gutachten von nungen über die Bauförderung vom 12. März und Pößnek bereits eingeführt, in anderen Städten halten werden. Für den thüringischen Staat, der Sachverständigen im Schießfach bestätigt. 1927 sind die Grundlagen. Der Staat gewährt steht die Einführung bevor. Krematorien befin- ganz andere Aufgaben zu erfüllen hat als die alten Vor uns liegt eine Menge von Darleben bis zu 5000 Mart für eine Wohnung den sich in Weimar  , Jena  , Erfurt  , Gotha   und Kleinstaaten, deren Fürsten   und Herzoge Land Patronen, die die Sicherheitswache am Frei und Volk aussegen, sind die Millionenzuschüsse tag und Samstag verwendet hat. Es sind drei bei 1 Prozent Tilgung und 3 Prozent Verzin Sonneberg. eine große Last und die Regierung ist bestrebt, verschiedene Sorten von Patronen. sung, sowie Holzverbilligungs darlehen an Ge­einen Teil auf die Theaterſtädte abzuwälzen. Wei- Erſtens normale Infanteriegeschosse. Zweitens mar leister zu dem rund 160.000 R.-W. jährlich Scheibenschußmunition, wie sie auf der Wiener  Mit dem Schulerhaltungsgesetz vom 8. Juli betragenden Zuschuß für das in allen drei Spiel Schießstätte verwendet wird. Diese Munition 1922 wurden sämtliche Schulen verstaatlicht, vor nattungen sehr gute Theater 50.000 R.-M. Die ist daran kenntlich, daß der Stahlmantel an der handene Vorrechte aufgehoben und der ganze Stadt Coburg   mit 24.500 Einwohnern hat im Spitze des Geſchofſes weggenommen, das Blei Schulgeldertrag zur Unterstützung bedürftiger Gemeindehaushaltsplan für 1927/28 für das Lan­fähiger Schüler beſtimmt. Nach heftigen Stämp destheater einen Zuschuß von 218.000 R.-M. vor freigelegt ist. Drittens aber wurden Jagd­fen drückte die bürgerliche Regierungsmehrheit gesehen, während für die gesamte Wohlfahrts patuonen mit Metallhülfen verwendet, wie man ſie bei der Jagd auf Hochwild zu verwenden am 8. Juni 1926 das neue Schulerhaltungsgesetz pflege durch die Stadt nur rund 240.000 R.-M. durch. Unter anderem erhielten die Gemeinden ausgegeben werden. Das Theater mit drei Spiel- pflegt. Sie sind reichsdeutsches Fabritat, in das Recht zur Errichtung höherer Schulen und geitungen ist gut, der Besuch schlecht. Nur an Nürnberg   erzeugt. Es sind Bleigeschosse mit ab. ein Viertel des Schulgeldes wurde ihnen zugefechs Tagen der Woche finden Vorstellungen statt. geplatteter Spitze. Diese beiden letzteren Sorten, sprochen. Seither ist auch die Bevorzugung rechts- Besser steht es in Erfurt   und Gera  , wo die die verwendet worden sind, die Scheibenschuß­fiehender Bewerber bei Besetzung der Profefforen- Theater einen guten Besuch aufweisen. Um eine munition und die Jagdmunition, find als Ge­und Leiterstellen wieder möglich. Die örtliche Entlastung herbeizuführen, werden Gastspiele ein- schosse mit Dum- Dum- Wirkung bekannt. Schulverwaltung, etwa zu vergleichen mit unserem gerichtet. In Jena   und Apolda   finden Gastspiele Ortsschulrat, besteht aus vier bis zwanzig wit- des Landestheaters von Weimar   statt, Rudolstadt  gliedern. Die Hälfte der Mitglieder wählt die gibt in Caalfeld, Gera   in Greiz  , Coburg  ( gehört Gemeinde und je ein Mitglied die Lehrerschaft politisch zu Bavern) in Sonneberg   und Sildburg und die Elternräte nach dem Verhältniswahtrecht. hausen wöchentlich zwei bis vier Vorstellungen. Diese Schulverwaltungsbehörde besorgt alle ihr Die von der sozialdemokratischen Partei im Schloß durch das Gesetz zugewiesene Aufgaben. Neben Ting bei Gera   ausgezeichnet eingerichtete Volks der Volksschule hat jede Stadt ihre Mittelschulen. hochschule gibt im Landestheater eigene Vorstel­Eine große Schulgebäudeanlage baut Weimar  . lungen.

meinden, Genoffenschaften und Bedürftige, die

durch die Erträgnisse der Wohnungssteuer und die 40prozentige Mieteraufwertungssteuer ihre finanzielle Dedung finden. Außerdem fördern die Gemeinden und Landkreise den Wohnungs bau mit Eigenmitteln. Die Kosten einer mit öffentlichen Mitteln hergestellten Wohnung in einem Sochhause, deren Wohnfläche 70 bis 80 Quadratmeter betragen darf, betragen 6000 bis 6200 R.-M. Ein Kleinwohnhaus mit Rüche ( 16.5 Quadrameter), 2 Zimmer( 15 und 17 Quadratmeter), Flur, Balkon usw., Gesamt­wohnfläche 56 Quadratmeter, erfordert in Gera  eine Bauſumme von 6200 R.-M., eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, bestehend aus flei­ner Küche, Wohnzimmer, wei Schlafzimmern, Flur usw. erfordert einen Stapitalsaufwand von rund 6500 R. M. oder 22 26 R.-M. für den Rubifmeter. verbauten Raum. Jede Stadt, die wir besuchten, hat in den letzten Jahren nicht nur mit staatlichen, sondern auch mit eigenen Mitteln eine größere Anzahl Wohnungen gebaut. In Gera  wurden in den Jahren 1919 bis 1926 aus staat­lichen Mitteln 1809, aus Gemeindemitteln 350 Wohnungen gebaut. Aus eigenen Mitteln wur­

den in Weimar   495, Greiz   400, in Jena   450,

Saalfeld 220, Zella Mehlis   131 Wohnungen gebaut.

Schulwefen, Bildungs- und Kunst­

stätten.

Jedermann weiß, daß diese Geschosse unver gleichlich schrecklichere Wunden erzeugen als normale Infanteriepatronen. Stößt das ge­wöhnliche Infanteriegeschoß auf einen Stnochen, Jo durchbohrt es ihn; stößt das Bleigeschoß auf denselben Knochen, so zermalmt es ihn. Durch diese Geschosse wird der menschliche Körper geradezu zerfetzt. Ein Lungenschuß zum Beispiel ruft, wenn gewöhnliche Infanteriemunition verwendet wird, eine Wunde hervor, die in der Regel in wenigen Wochen heilt; werden Gefchofſe mit Dum- Dum- Wirkung verwendet, so ist der Schuß an derselben Körperstelle tödlich. Zudem ist die Infektionsgefahr bei dieser Munition ungleich größer. Ruhig urteilende Sachverständige glauben, daß wir, wenn die Polizei normale Infanteriemunition verwendet hätte, bei gleicher Zahl der Verwundungen nicht hundert, sondern höchstens zehn bis zwanzig Tote zu beklagen hätten. Der Mann, der die Polizei mit diesen Patronen beteilt hat, hat also mindestens achtzig bis neunzig Tote auf dem Gewissen!"

Die Grundschulklaffen werden in zwei Seiten Jede Stadt hat ihr Museum, in dem sich nicht flügeln, die Klaffen für das 5. und 8. Schuljahr, nur die geologische Lage, sondern auch Leben und Turn- und Zeichenfäle im Hauptgebäude unter­gebracht. Nach Besichtigung der alten, heute noch Wirtschaft widerspiegelt. Weimar   hat die Goethe Von den rund 500 großen Badeanstalten des bewohnten Burg Ranis  , zu der uns der Besitzer sammlung und das Museum für Urgeschichte, Landes find 60 Prozent im Besitze und in der mit seiner Familie einladen, fonnten wir in Zie- Sonneberg Spielwaren, Zella Mehlis   Waffen, Verwaltung der Gemeinden. In den letzten Jah- genrück, im herrlichen Tale der oberen Saale   eine Gotha   Porzellan und Kupferstiche, Gera   Kolonial­ren errichteten die Städte große Freibäder und neu eingerichtete Jugendherberge besichtigen. wir konnten je eine Musteranſtalt in Gera   und in Das gern gezeigte und altbekannte Prunk- sammlung, Greiz   Kupferſtiche und Malereien. Erfurt   sehen. Das Schwimmbassin in Erfurt   ist stück ist die Universitat in Jena  . Im Jahre 1548 Saalfeld   hat ein ehemaliges Kloſter in ein Mu­mit 100 × 55 Meter das größte in Deutschland  . für Wittenberg   zur Festigung von Luthers Lehre feum umgewandelt. In den pruntvollen Fürsten­2400 Personen fönnen zu gleicher Zeit baden. Die gegen die gehaßten katholischen Zwingherren des schlössern zeigt man alte Waffen, Rüstungen und ganze Anlage mit Schwimmbaffin, Kinderplansch- Geistes geschaffen, fonnte sie sich erst seit Ende ähnlichen Stram. Naumburg  , das politisch zu foftete 480.000 RM. Weimar beginnt mit dem In der Vorhalle vorbei, famen wir in die Aula. Preußen gehört, hat zwei große Kirchen, davon Kommunisten ausweichend und mit der haltlosen Bau einer einen Kilometer langen großen Sport-, I'm Raume lange Banfreihen, vorne amphi- eine mit wertvollen, schönen Bildhauerarbeiten. Beschuldigung, die Demonstranten bätten vie Spiel und Schwimmanlage mit großer Salle. theaterartig aufgebaut, die Lederpolſterſite für das Katholische Mönche haben einſt den Gläubigen Dum- Dum- Geschosse verwendet. Dem ſteht Natürlich sind die Kur- und Badeorte auch Min- Dozenten- und Professorenkollegium. Von der Geld und Gut abgenommen und in ihren festen gegenüber, daß die Wunden der verletzten derbemittelten, vor allem versicherten Arbeitern rechten Wand blicken vier gemalte Fürstengestal Sirchen und Klostersißen zur höheren Ehre Gottes Polizisten durchwegs glatte Durchs zugänglich. So das an der Saale   liegende schöne ten aus proßigem Rahmen. Links in einer Geilbad Kösen, das früher nur den Angehörigen Wianernische, die von Hildebrand geschaffene fünft verwahrt. Dann ist das katholische Volt lutherisch schüsse oder Steckschüsse sind, die der Demon­stranten aber fast durchwegs schwere Zerreißungen fürstlicher Familien, oder Bank und Industrie- lerisch hochwertige Statue des eigentlichen För geworden und damit auch Kirche und Inhalt. mit großem Ausschuß. herren zugänglich war. Die Städte legen Wert derers der Universität, des einstigen Webersohnes ( Fortsetzung folgt.)

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Frau Giselas Che.

Roman von Carl Otto Windecker. Erstes Kapitel.

Der Oftobersturm trieb den Regen an die beschlagenen, trüben Fensterscheiben der Sinter häuser. Auf dem schlecht gepflasterten Hof lief das Wasser zu füßen zusammen. Der Hund des Sausmeisters feßte darüber hinweg in furzen, drol ligen Sprüngen, und schüttelte sein ruppiges Fell, als er das Trockene des Hauseinganges erreichte. Eintönig flang das Rauschen des Regens in die düstere Hinterhauswohnung, die Hanns Brunner mit seiner Familie in einem entlegenen Viertel Frankfurt  - Sachsenhausens gemietet hatte. Das fahle Licht des frühen Herbstabends machte die zwei schmalen dürftigen Räume noch dunk Ier, noch trifter, als sie von Natur schon waren. In tiefste Finsternis war schon jetzt das Innere gehüllt und die Konturen der wenigen armseligen Möbel waren kaum noch zu erkennen.

danken, die, wie sie wußte, ihm auch den letzten Lebenswillen nahmen, zu zerstreuen. Vielleicht war sie auch selbst innerlich zu müde geworden

Ich bleibe ja gerne bei dirnur- das Kind" zögerte sie, aber sie brach ab, als schwere Schritte von der Türe her flangen."

Der Hausmeister," flüsterte sie erschrocken. Hanns Brunner war zu seiner Frau getreten und hatte ihr den Arm um die Schultern gelegt, als die Türe mit einem heftigen Ruck geöffnet wurde. Hanns Brunner griff zu den Streichhölzern, mit einem fleinen Stnall sprang die Flamme an den Glühstrumzf des Gaslichtes.

Sie wünschen?" bat er ruhig. Alechzend schob der Hausmeister seinen dicken, aufgedunsenen Körper bis zum Tisch heran. Trunksucht und Brutalität sprachen aus seinem aufgeschwemmten faltigen Gesicht.

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Die Polizeidirektion antwortet in einem

der bleichen jungen Frau hinüber. Die Hochnä- zu, und war doch froh, als ihm der andere zum figkeit von Ihne und Ihrer Frau paßt mer net Abschied eine billige Zigarette aus einer kleinen mehr. Zu alle Schulde noch die Vornehmtuerei, Pappschachtel anbot. Froher gestimmt durch den -schaffe Se was anständiges, dann brauche Se langentbehrten Genuß des Tabaks setzte er seinen net auf andere Leut ihr Roste zu lebe...!" Er Weg fort." drehte sich schwankend und ging hinaus. Krachend flog die Türe hinter ihm zu, so daß der Kalt hin­ter der verschlissenen Tapete niederrieselte.

Hanns Brunner war auf einen Stuhl ge­funken und hatte den Kopf auf die Arme gelegt. Buckend suchten seine Hände auf der leeren Tisch platte nach Unsichtbarem

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Erst an einer der breiten, vornehmen Seiten­straßen, die in der Umgebung des Palmengartens von der Bockenheimer Landstraße abzweigen, ver­langsamte er seine Schritte, um schließlich un schlüssig stehen zu bleiben. Aber wieder befann er sich und schlich, scheu an die andere Straßenseite geduckt, an einem der weißen Häuser vorüber. 3weis, dreimal ging er auf und ab, bis er den Mut fand, an jenem Haus den Schellenknopf zum ersten Stockwerk zu berühren.-

An der Haustür summte bereits der elektrische Deffner. Er stieß die Türe auf und stieg mit Klopfendem Herzen die breite, teppichbelegte Treppe hinauf. Ein Zimmermädchen in peinlich sauberer Schürze, ein weißes Häubchen über dem frech sinnlichen Gefichtchen, stand an der Türe und überflog den Ankommenden mit einem rüfenden Blick.

,, Sie wünschen...?"

Als der Morgen graute und das erste Licht durch die Scheiben der Fenster fiel, erhob sich Hanns Brunner von seinem Lager. Er war müde und wie zerschlagen. Die halbe Nacht hatte er wach gelegen und mit einem Entschluß gekämpft. Ich möcht' emal hörn, wie's mit mei'm Mühsam hatte er sich durchgerungen, und war Geld steht!" Er schützte die kleinen, unruhigen dann, zufriedener, eingeschlafen. Und doch jetzt, Augen gegen die plötzliche Helle, feit drei Mo da die Finsternis aus dem Zimmer zu weichen nat' hawe Se mer fei' Licht mehr bezahlt begann und die Umgebung in ihrer furchtbaren und jetzt alumienier'n Se Ihr Schäferstündche Armseligkeit entblößte, fiel diese Tatsache auf ihn schon um sechse abend...!"" und ließ ihn die Durchführung seines Vorhabens Ich verlange, daß Sie in auständigem Tone noch nicht begonnen schon unmöglich er- ,, Melden Sie mich bitte sofort der gnädigen mit mir verhandeln!" schrie Hanns Brunner scheinen. Frau!" sagte Hanns Brunner furz. Der schnip­grundlos aufgebracht. Seine Ueberreizung nahm Nachdenklich stand er am Bett seiner Frau pische Ton des Mädchens gab ihm einen Teil ihm jede Beherrschung. und sah auf ihr im Schlafe kindlich verzogenes feines Selbstbewußtseins zurück. Dr. Brunner!" " Was?" Der Betrunkene pflanzte sich mit Gesicht. Sekundenlang quälte ihn der Wunsch, setzte er hinzu, als die Bofe zögerte, seinem Ver­ausgespreizten Beinen vor dem Erregten auf. fie zu weden, sie um ein aufmunterndes Wort zu langen nachzukommen. ,, Es liegt soviel Bitterfeit in diesem Gedau Was? Sie wolle wohl noch frech wer'n? Ich bitten. Dann schämte er sich seiner Schwachheit, len, daß du nun meine Armut teilen mußt!" sagte werd' Ihne helfe'. Wenn Se noch einmal den zärtlich strich er leise über ihre Wange und nahm Hanns Brunner in das Schweigen hinein. Ver- Ton riskieren, fliege Se schon morje früh raus! But und Mantel vom Kleiderhaken neben fliege Se schon morje früh raus! But und Mantel vom Kleiderhaken neben der veiflung flang in seinen Worten. Manchmal Dann könne Se wege mir uffs Wohnungs- Türe- und ging. erbrückt mich fast diese Verantwortung, die ich auf amt laufe'," setzte er noch brummend hinzu. mich nehme, daß ich dich an mich fessele, dich nicht gehen lasse...! Aber ich könnte auch nicht ohne dich sein, ohne dich und das Kind. Jetzt nicht

Hanns Brunner stand am Fenster, den Rüden an die. Scheiben gelehnt. Nachdenklich sah er zu seiner kleinen, blonden Frau hinüber, die mit müder, resignierter Geste den Kopf über ihren kaum dreijährigen Jungen gebeugt hielt, der auf ihrem Schoße eingeschlafen war.

Frau Gisela fannte diese Selbstquälerei thres Mannes und fand doch kein Mittel, ihm solche Ge­

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Hanns Brunner war blaß geworden. Ver­zeihen Sie, Herr Huth, sind Sie nicht böse..." Die Stimme versagte ihm vor Scham bin so nervös. Natürlich werde ich Ihnen Miete und Licht bezahlen bald sogar-"

ich

,, So natürlich is mer des net!" Er grinste zu

Endlos zog sich der Weg bis zum Zentrum der Stadt. An der Hauptwache traf er einen alten Journalisten, der ihm lange und schwerfällig von den bitteren Zeiten erzählte die auch er durchzu­machen habe.

Man baut ab-, man baut ab..." sagte er immer wieder. Hans Brunner   hörte unwillig|

Brunner erregte Stimmen aus einem der Zim­Erst nach einer Weile, während Hanns mer vernahm, kehrte sie zurück. Sie wird mich nicht empfangen," dachte er, und war erstaunt, als das Mädchen, mit neugierigen Augen, auf eine Türe wies, vor der in Kübeln hohe Zimmer palmen standen.

Gnädige Frau lassen bitten!" ( Fortsetzung folgt.)

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