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9. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Trogli fapituliert!

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Berlin  , 12. Oftober. Nach einer Meldung haben Trosky und Rakowsky um die Wie deraufnahme in die Kommunistische Partei   ange. fucht. Gleichzeitig mit diesen letzten Führern der troplistischen Opposition haben vierhundert ihrer noch heute in onzentrationslagern befindlichen Anhänger die Wiederaufnahme in die Partei, beantragt.

Trotty begründet seinen Unfall mit der Be­hauptung, daß Stalin   eine entscheidende Wendung nach links vorgenommen habe. Viele Jdeen, Lo­fungen und Forderungen der linkskommunistischen Opposition feien von der jeßigen Führung der Rommunistischen Partei übernommen worden, so dag tein Grund mehr vorliege, diese Opposition einzufperren und zu verbannen. Obwohl Trophy eine solche Uebereinstimmung in praktisch- politi schen Fragen und auch in theoretischen Fragen für gegeben hält, ift er zunächst in bezug auf den Ex­folg feines Wiederaufnahmegesuches noch steptisch. Die deutschen Anhänger Trostys, die sich im Le ninbund zusammengefunden haben, lassen durch ihr Organ erklären, daß sie die Stapitultion Troß­tys nicht mitmachen und sie für zwedklos halten.

Dafür geht Bucharin   in die Berbannung.

gegeben.

.

Sonntag, 13. Oktober 1929.

Panait Istrati   über Russland  :

Bezugs Bebingungen Bel Zustellung ins Haus oder bei Bezug durch die Post:

monatlich... 16.­

viertelfährlich

halbjährig

ganzjährig

48.­

96.­

192.­

Radftellung von Manu tripten erfolgt nur bei Ein­fendung der Retourmarken.

Erigheint mit Ausnahme Des Montag täglich Irih.

Nr. 240.

Unter der Knute des fascistischen Kommunismus.'

-

Vom

66

Wie ein proletarischer Dichter das ,, Vaterland der Arbeiter" sieht. glühenden Kommunisten zum Ankläger der bolschewistischen Schande.

...

das findet man nirgends in der Welt, nicht einmal bei Mussolini  

Panait Istrati  , ein rumänischer Proletarier, in dem fein geringerer als Romain Rolland  den Dichter entdeckte, galt bis vor kurzem als einer der fanatischesten, glühendsten, unverföhn lichsten Kommunisten. Er ging nach Rußland   und wurde bekehrt. Er weilte im Lande seiner Sehnsucht nicht nur Monate, sondern Jahre; er hatte Zeit, hinter die Kulissen zu sehen, Gesinnung genug, sich nicht zu verlaufen, und er hat den Mut, seinen tragischen Irrtum zu gestehen.

Was ihn aufrüttelte, Der Fall Ruffalow", ist nichts außergewöhnliches und nichts nenes für den, der über Rußland   objektiv unterrichtet ist. Es ist aber typisch und der ganze Verlauj der Abfägung und Exekution Ruffalowe zeigt sehr deutlich die Technit der terroristischen Machthaber. Die Belehrung Panait Iftratis, dem zwar dieselben Lumpen, die ihn bisher, weil jie ihn zur Reflame ausnüßen konnten, ber herrlichten, nun maßlos beschimpfen werden, wird dennoch denkenden und aufrechten Proletariern und Sozialisten die Augen öffnen.

dann den, der eines Tages hiergegen aufschreit, nur schreit, ein wenig mehr als gewöhnlich schreit, erschießen lassen: das findet man nirgends auf der Welt, nicht einmal bei Mussolini  ..."

Justiz! Proletariat! Ein richtiger Pro­

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... Russakows wohnte, wollte dessen Wohnung ha ben. Von der Familie Ruffakows nach ihrem Ausweis als Wohnungsinspettorin befragt, ant­wortete die einstige Dragonerin Swiertificiva, daß sie Spekulanten und Stontrarevolutionären" ihren Ausweis nicht zu zeigen brauche. Als eine Tochter Russafows zu bemerken wagte: Aber, Kameradin, wie können Sie derart meinen Va­ter beschimpfen, der ein alter Revolutionär und Arbeiter der Samoilowa Fabrik ist",

crhielt sie die Faust der Genoffin ins Auge. Die stramme Reiterin Swier tificwa wurde daraufhin allerdings an die Luft gesetzt. Am nächsten Tag, am 31. Jänner, ein Artikel in der Leningrader Prawda, der Leningrad staia Prawda": Ruffakow wurde darin denunziert, als Konterrevolu= tionär bezeichnet, seiner Familie wurde vorgeworfen, versucht zu haben, der Genoffin Swiertificwa den Orden der Roten   Fahne abzureißen; die ſofor: tige Verhaftung Ruffatows und un­verblümt auch deffen Erschichung wurden gefordert.

Und nun setzte sich von selbst, durch den Mo­

A. B. Paris  , den 3. Oktober 1929. Berlin  , 12. Ottober. Zu den Meldungen Wer Panait Istrati   ist? Eigentlich über eine Kapitulation der russischen Linkstom- follte man es nicht nötig haben, einem einzigen munisten teilt die Boffische Zeitung" mit, der europäischen   Proletarier zu diesem Namen eine Erflärung abgeben zu müssen. Den Gorki Ru einzige nun verbleibende Gegner des Regimes mäniens nennen ihn die einen, den Romain Stalin sei der frühere Vorsitzende der Dritten Rolland   des Balkans die andern; er wurde. Internationale Bucharin, nach Lenin   der auch schon als der Upton Sinclair Europas Tetarier, ein Mann, der Mensch blieb, nachdem größte Theoretiker des Bolschewismus. Bucharin   bezeichnet. Vierzig Jahre barter Arbeit, erzählter die Stufenleiter des Lebens burchtlettert hatte, sei nunmehr als Beamier der Genossenschafts  - er von fich selbst, hat er hinter fich. Arbeit in ein alter Bruder, der euer Bruder geblieben ist, den verschiedensten Fabriken und Betrieben. Denn verflucht euch aus ganzem Herzen heraus und einkaufsgesellschaft nach Neufibirien, eigentlich er lam von unten herauf, aus der ärmisten verflucht euch aus ganzem Herzen heraus und ruft euch zu: die Affären Ruffakow", die tau also in die Berbannung geschickt worden. Waffe des rumänischen Proletariats. Er sah deffenden, die bekannt sind, und die hunderttausen­Damit sei die Rechtsopposition erledigt und die fen Elend und Stämpfe. Er lernte die Welt fen- den, von denen man niemals etwas erfahren Bedingungen für die Rückkehr der Linksoppositionnen und fah das gleiche Elend und die selben wird, werden euch Unglüd bringen, werden euch for der steten Angst vor den Inhabern der difta. Stnut Hamsun griff er zur Feder und schrich auf der ganezn Welt dem Los ausliefern, das ihr torialen Macht getrieben, cin Apparat in Tropfi habe sich der Stapitulation anderer was er fah und wie er es fab. Seine Bücher sind selbst dem armseligen Menschenleben im Land Bewegung, der dem Zuschauer Panait Istrati  Linksoppofitioneller, die unter der Führung der Aufruhr eines von Gerechtigkeitssinn und der Gerechtigkeit und der Diliatur des Proleta- Enifeßen einflößte. Auf den Artikel der Prawda hin wurde Ruffalow am folgenden Tag aus sei­Ratowostis standen, allerdings mit drei Vorbehal- Wahrheitswille beseffenen Menschen gegen alle riats bereitet." Während mehr als einem Jahr hielt Panait ner Gewerkschaft ausgeschlossen; ten, angeschloffent. Der erste fordert ein schar- Greuel, alle Unterdrückungen, alle Entseßen, die fes Borgehen gegen die Rechts­fes Vorgehen gegen die Rechtsoppo- der Balkan   bis heute sah, von der türkischen trati mit der Bekanntgabe dieses Falles Rus­sition und sei durch die Beseitigung Bucha  - Herrschaft bis zu der des großen Rumänien  ". jalow zurüd. Nun, da er sich vorbereitet, Ende dieses Jahres seine drei Bücher über seinen rins erfüllt worden. Der zweite Vorbehalt Troß- Panait Istrati  : ein Proletarier, der Aufenthalt in Rußland   herauszugeben, hat er die die gleichzeitig erfolgte; hierauf und auf den Ar­lis geht dahin, daß die Sowjets troß dem Kon- während eines leidenvollen Lebens für das Pro- Aften dieser Affäre Ruffakow in der Zeitschrift tikel gestüßt, nahm am gleichen Tag eine Fabril­flikt in der Frage der Ostchinesischen Eisenbahn letariat kämpfte, der sich immer wieder als An La Nouvelle Revue Francaise"( 1. versammlung eine Resolution gegen ihn an; auf die Zusammenarbeit mit dem nationalistischen fläger vor die Bourgeoisie hinstellt, der sich nach Oktober 1929) der Oeffentlichkeit unterbreitet. China   auf dem Boden der Revolution aufrecht- dem Strieg auf die Seite der bolschewiſtiſchen erhalten. Der dritte Vorbehalt lehnticgliche Revolution schlug, der neben Henri Barbusse   bis Versöhnung der Bolschewifen mit vor kurzem der englischen   Labour Party   ab. Besonders der letzte Vorbehalt habe wenig Aus­ficht auf Annahme in einen Augenblid, wo die Sowjetregierung die Abmachungen Dowgalewstis mit Henderson genehmigt habe.

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Die Geschichte einer Wohnungs­

eifersüchtelei,

dieser Ausschluß bedeutet automatisch auch die Entlassung aus der Fabril,

diese gestützt verweigerte die Prawda jeden Ver­teidigungsartifel; auf alles zusammen gestützt, marsicherte das Gericht, ohne daß überhaupt nur die geringste Untersuchung eingeleitet worden eines der geistigen Prunkstüde Mostaus war. wie wir sie auch bei uns zu hunderten kennen, wäre. Istrati   kannte den alten Arbeiter und Re­Dieser große Schriftsteller denn er ist dies hinter der sich aber in Rußland  , wo alles tragische volutionär Russakow. Er überzeugt sich von des reiste 1926 auf Einladung der Mostauer Formen anzunehmen scheint, das ganze Sowjet- en völliger Unschuld, an der er von vornherein Machthaber nach Rußland  , das er vorher bereits, regime mit seiner inneren moralischen Zersetzung feinen Augenblid gezweifelt hatte. Und er, der ohne es zu fennen, in seinen Schriften begeistert aufrichtet. Russakow, Jude, Vater von neun gestern noch in Rußland   überall gefeiert worden verteidigt hatte, begeistert im Glauben, daß dort Kindern, Schwiegervater des bei ihm wohnen- war, sendet Protest telegramme an Stali Die Chinesen foltern weiter. der Sozialismus verwirklicht würde. Zwei Jahre den französischen   Schriftstellers Victor- Serge  , der nin, den Präsidenten, und an die Prawda- Redal­Moskau, 12. Oftober.( Taß.) Sowjetflüch:- blieb er dort, veröffentlichte genau wie Henri die Werte Lenins   ins Französische   überjebi; ein tion; schreibt dieser, als sie nicht glauben wollte, linge, die aus Charbin   in Chabarowit cinge Barbuffe der ebenfalls seit einiger Zeit nun alter Sozialist, ein alter Revolutionär, ein Sand- daß ein solcher Protest der Feder des Genossen troffen sind, teilten neue Einzelheiten über hinauffallend schweigsam geworden ist Artikel, die arbeiter feit mehr als vierzig Jahren. Heute strati entstamme, am Telephon eines Mosfaner richtungen ohne Gerichtsverfahren, Folterungen voller Bewunderung für das waren, was er dort wohnt er in Leningrad  ; 1905 half er während Hotels in die Ohren: und Mißhandlungen an Sowjetbürgern mit. Der jah. In der ersten Zeit fah, als er noch nicht hin- der Revolutionstage das Judenviertel von Ro­Angestellte der Ostchinesischen Bahn, Jwachno, ter die Seulissen geschaut hatte. Er blidte aber stow, wo er Färbereiarbeiter war, verteidigen; bestätigte, daß in der Station Kuatschentei der hinter diefe Reklame- Stuliffent. Als er am 1.

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Sowjetbürger Petuschlow zu Tode mißhandelt bruar 1928

und in das Eisenbahnhospital mit nach hin­ten gebogenem Stopfe eingeliefert wurde. Von dem Arzte, der Petuschkow untersuchte, er­

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,, entmutigt, besiegt von allezubiclen Enttäu­schungen"

zwang die Polizei eine Bestätigung, derzufolge sein Gepäck zur Abreise bereit mache, brach

in Wirklichkeit

die Affäre Ruffatow

" Das erscheint euch ein wenig start? So, Rudel Schweinehunde und Ar­beitermörder! mußte nach dem Ausland flüchten, lam nach Jawohl, gegen die Frankreich   und wurde 1919, da er nicht aufge­Schändlichkeiten, die ihr begeht, werde hört hatte, überall, wo er sich aufhielt, revolutio näre Propaganda zu betreiben, in ein Konzen  - ich hier und im Ausland protestieren!" trationslager gestedt und schließlich mit Andern Alles setzte Istrati   in Bewegung, er lief zu gegen französische   Offiziere ausgetauscht. Begei- Stalinin, und drohte, öffentliche Versammlungen ftert fam er nach Rußland  , zeigte sich als uner in Leningrad   einzuberufen, da er wohl wußte, Be: uschkow an Meningitis gestorben sein soll. müdlicher Arbeiter; schuf eine Wäscherei,( erhielt welchen Slang sein Name bei der Arbeiterschaft Der Sowjetbürger Usterstij, der nach dem Bes richte der chinesischen Behörden sich erhängt hat aus. Ein für Rußland   Kleiner unscheinbarer Fall, vor Gericht vorgehalten, in dieser Wäscherei genau hatte. Man muß diese vierzig Seiten der No und später im Walde in der Nähe einer Station ein Alltagsfall des dortigen Regimes. Sie. 30g wie ein Arbeiter gearbeitet zu haben, statt die velle Revue Francaise" gelesen haben, um der Ostchinesischen Bahn aufgefunden würde, ist ihn mit sich in ihren Strudel, und der nun Ent- Funktionen eines Direktors auszuüben), gründete wissen, in welcher Weise diese letzten' Tage in täuschte tehrte entfest, als gleicher Ankläger, wie zwei Kinderhäuſer", arbeitete schließlich wieder Rußland alles in ihm über den Haufen warfen. er dies bisher der bürgerlichen Gesellschaft gegen als Arbeiter in einer der großen Sowjetfabriken, Der Prozeß fam; unter dem Beifallslärm zu Tode gefoltert und dann gehentt über war, nach dem Westen, nach Frankreich   zu- peil seine Stinder ebenso wenig Schuhe trugen, worden. Nach Eintreffen der Leiche Usterstijs in rid, wo er seit langem lebt. um folch bittere, aus als er Direktor war, wie nun, da er Arbeiter ist". der anwesenden Arbeiterschaft wurde Russatow, er Charbin   fanden sich der deu sche Konsul und der bem völligen Zusammenbruch eines begeisterten Russakow: cin russischer Proletarier, ein Revolut Bertreter des japanischen Konsulates auf dent( Glaubens entsprungenen Worte in die Welt zu Bahnhofe in Begleitung des Polizeiarates ein. fchreien: Die Leiche trug Spuren furchtbarer Torturen. Der Angestellte der Ostchinesischen Bahn Dasch- Ich verlaffe die Sowjetunion   clender low erklärt, er habe in Charbin   photographische als in den Zeiten, da ich selbst noch Aufnahmen von außerhalb der Stadt aufgefun- einer dieser Arbeiter war, der unter denen enthaupteten Leichnamen sowie von Brie allen Regimen zertreten wird. fen gefangener Sovjetbürger, die über erlittene foltern flagen, gesehen. Die Sowjetbürger   Mur fatow, Suclow, Tretjat, Melnikow, Ussow und Borowinftij find spurlos verschwunden.

Menschen ausbeuten. fie mit einem schwarzen Stüd Brot leben lassen, ihnen fogar noch das ärmliche Recht nehmen, aufmuden zu dürfen, und

tionär, cin Sozialist, wie tausend andere.

Da begann sein Drama. Ende Januar 1928 inspizierte die Genoffin Swiertificwa Mitglied des Leningrader Sowjets,

der seit Monaten als Arbeitsloser am Hunger­tuch genagt hatte, freigesprochen. Istrati   reiste von Rußland   ab; sofort wurde eine Revision des Prozesses eingeleitet. Urteil: drei Monate Strafarbeit in einem Gefängnis für Rus­jakow, vei Monate für seine Frau, einen Monat für seine Tochter. Jitrati aber telegraphierte an den Leningrader Oberstaatsanwalt, daß, wenn die Familie Russakow schuldig sei, er verlange, die Wohnung Ruffalows. Geheimer Grund die mit ihr verurteilt zu werden, er verlange, mit ser Inspektion: ihre Freundin Roitman, eine ihr ins Gefängnis gesteckt zu werden; den hall junge bessarabische Kommunistin, die im Hause faber, hieß es zum Schluß des Telegramms,

"

cinstige Soldatin" der Roten Kavallerie, für ihre militärischen Verdienste mit dem Orden der Roten   Fahnen ausgezeichnet