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10. Jahrgang.

Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republit.

Freitag, 7. November 1930.

Bergebliches Bemühen! Zur Verteidigung Tirols

Die fruchtlose Waffensuche geht

weiter.

Wien  , 6. November.  ( Eigenbericht.) Heute wurde in Wien   in den Räumen des Arbeiter­Jagd- und Sportvereins, ferner in drei Kon­

war der Schutzbund gut!

ſumvereinen Hausdurchſuchungen abgehalten, die Herr Vaugoin   hat selbst die Waffen geliefert,

den sein.

Gendarmerie vertrieben wurde.

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halbjährig ganzjährig..

16.­

48.­96.­

192.­

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Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich frith.

Nr. 261.

Die Zeit ist reif...

Erzbischof Kordač über den Kapitalismus.

Einem Vertreter der vom Völkerbund­institut herausgegebenen Internationalen Lehrfilmschau" hat der Prager   Erzbischof Kordač

Sorba einen Aufſay" Film und Religion"

aber außer einigen Totschlägern, dann Beilpicken und Holzkeulen sowie einigen Rollen Draht nichts die er nun in Tirol beschlagnahmen ließ. zur Verfügung gestellt, in dem er sich für die ergaben. In Wöllersdorf   wurde in einer Fabrik, die aus den Beständen der Sachdemo- Wien, 6. November  .( Eigenbericht.) In von Offizieren des Bundesheeres gegen die Benützung des Films als Propagandamittel bilisierung einige tausend leere Munitionstiften einer großen Versammlung machte heute abends Fascisten zu kämpfen. der religiösen Ideen ausspricht und meint, lagernd hatte, eine Hausdurchsuchung vorgenom der Obmann des Republikanischen Schußbundes Nun war es notwendig, auch mit den wenn der heilige Paulus heute lebte, so würde men; es sollen dabei 15 Revolver gefunden wor- Nationalrat Dr. Deutsch aufsehenerregende pflegen und es fanden solche Verhandlungen benützen, sowie auch alle anderen technischen Zentralstellen in   Wien Verhandlungen zu er zur Verkürzung des Evangeliums den Film In Steiermark   wurden auch heute noch Mitteilungen über die Vorgeschichte der Waffen- zwischen dem Heeresminister Baugo in, dem Einrichtungen in Anspruch nehmen. Darüber immer in einer Anzahl von Orten sehr gründ- funde in Tirol. Er erzählte darüber: jeßigen Bundeskanzler, und Dr. Deutsch statt. liche Durchsuchungen vorgenommen, die nichts Als im Frühjahr 1926 Mussolini   Weitere Berhandlungen mit den Generalen des hinaus enthält der Aufsatz des Erzbischofs Wesentliches ergaben. In Kindberg   erbrachen Defterreich drohte, daß die italienischen Fascisten Bundesheeres fanden dann in den Räumen des Betrachtungen über unsere Zeitverhältnisse, Heimwehrleute bei Nacht das Lokal des Konjum die Prikolore über den Brenner tragen würden, Schußbundes im sozialdemokratischen Parteihaus denen eine gewisse Bedeutung nicht abgespro­vereins und durchsuchten die Räume, allerdings lud die Tiroler Landesregierung alle Selbstschuß in der Wienzeile statt, zu denen einige Offiziere chen werden kann, weil sie sich in manchent ohne etwas zu finden. Der sozialdemokratische formationen, auch den Republikanischen Schuß der Operationsabteilung des Heeresministeriums, von sonstigen Aeußerungen und Handlungen Bürgermeister protestierte bei der Bezirkshaupt bund, zu einer Besprechung über die Möglich geführt vom General Eleß, erschienen. Diese der Repräsentanten der katholischen Kirche  mannschaft, worauf die Heimwehr durch die keiten einer Berteidigung ein. Dr. Deutsch selbst Beratungen beschäftigten sich vor allem damit, unterscheiden. als Obmann des Schußbundes fuhr nach Juns daß außer den Tiroler Schutzbündlern, welche Erzbischof Kordač sagt darin, daß wir bruck und hatte dort mit dem Landeshauptmann sofort am Kampf teilnehmen sollten, eine Ab­Grüße für Oesterreich. in deffen Amtsräumen eine längere Unterredung, teilung von 1000 Wiener   Schutzbünd- vor der Gefahr stehen, in kulturloje Finster­wobei eine Vereinbarung über die Art der Mitlern auf den ersten Alarm hin nach Tirol nis zurückzusinken. Er findet, daß unter den  Wien, 6. November. Die heutige Arbeiter- wirkung des Schußbundes zustande kam. Zum gehen sollte. Ueber die weitere Mitwirkung des Einwirkungen des Kriegs- und Nachkriegs­zeitung" beröffentlicht die Glückwünsche des Schluß der Unterredung dankte der Landes- Schutzbundes sollte verhandelt werden, wenn die materialismus der Geist vernichtet wurde und Auslandes an die österreichische Arbeiterschaft hauptmann den Vertretern des Schußbundes für Gefahr noch größer werden sollte. die Menschheit gesunken ist. Das heutige Zeit­zu den sonntägigen Wahlen. Unter anderem ihre Bereitwilligkeit, an der Verteidigung des Damals, jagte Dr. Deutsch, erhielt alter bezeichnet er als ein solches des Egois­veröffentlicht das Blatt einen Gruß des che Landes gegen fascistische Bandeneinbrüche mit selbstverständlich der Tiroler Schuß mus und des Niedergangs, der eine Folge maligen deutschen Reichskanzlers Dr. Müller zuwirken. bund Waffen und diese Waffen hat jetzt die des unmoralischen Kapitals, des unproduk­Franken, weiters des dänischen Ministerpräsi­Regierung des Herrn Baugoin dem Schußbund zum Teil wieder weggenommen und brüstet sich tiven Sapitals ist, das von Ausbeutern und noch damit! Soll ich, fragte Dr. Deutsch, viel- Spekulanten, von Einzelnen und von ganzen leicht jetzt die Alten über die Mitwirkung des Rorporationen, gleichviel ob von Banken oder Schußbundes an der Berteidigung Tirols ver- Trusts, aufgehäuft wird. Anstatt dem Fort­öffentlichen? Soll ich auch, ich frage öffentlich schritt zu dienen, liege dieses Kapital brach den Bundeskanzler, auch die Briefe veröffent- und werde so zur Grundursache der allgemei lichen, die er persönlich in dieser Angelegenheit nen Armut und Dekadenz. Er, der Erzbischof an mich gerichtet hat?

denten Stauding, des französischen   Abgeordne

ten Léon   Blum u. a.

Auch der tschechoslowakische Weinister für soziale Fürsorge, Dr. Czech, begrüßt die öfter reichische Arbeiterschaft. Der tschechoslowakische stellvertretende Ministerpräsident Bechyně rich tete folgende Worte an die österreichische Arbei­terschaft:

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Im Gegensaß zum Schutzbund machte aber die Tiroler Heimwehr   Schwierigkeiten. Der militärische Kommandant der Heimwehr   war ein gewisser Feldmarschall- Leutnant Pichler, der sich weigerte, unter dem Kommando des rang­jüngeren( 1) Kommandanten der Tiroler Brigade, des Generalmajors Suttner  , zu dienen. Der Republikanische Schußbund hat sich aber vor behaltlos bereit erklärt, unter dem Kommando

Der Wahlfieg der Demokraten.

nissen, wonach die Republikaner 215, dazu einen Farmer- und Arbeitervertreter und einen unab­hängigen, insgesamt also 217 Sige haben. Die Demokraten erhielten bis jetzt 210 Size. Acht Sige stehen noch aus. Der Sprecher des Reprä­sentantenhauses Longworth ist in   Ohio mit start verringerter Mehrheit wieder gewählt worden.

sei feinesfalls gegen das Kapital voreinge nommen, doch müsse dieses die Arbeit befruch­ten. Heute herrsche nicht Ordnung, sondern Chaos. Die gesamte Intelligenz des Men­schen diene bloß dem Kapital, der Materie. Im Aufblühen der Industrie und der Tech­nik sieht er er keinen Fortschritt, solange der Mensch, der der Herr der Materie sein sollte, ihr Sklave ist, solange nicht ihm die Maschine dient, sondern er ihr Stlave ist. Es sei erste Pflicht der Gesetzgeber und des Staates, das Volk zur verständigen Demokratie zu erziehen und sein physisches, psychisches und intellek­tuelles Niveau zu heben. Mary bejahe den Egoismus, aber er habe zugleich den beach­tenswerten Gedanken geäußert: Geld fann

Die tschechoslotvalische Arbeiterschaft münscht der österreichischen Arbeiterschaft aus ganzem Herzen einen vollen Erfolg in diesem Kampfe. Der Sieg der österreichischen Sozialdemokratie wird die poli­tischen und geistigen Vorbedingungen jener inter­nationalen schöpferischen Arbeit des Sozialismus mir verfielfältigen, welcher eine neue Welt Um die Mehrheit im Repräsentantenhaus. schaffen bestrebt ist, in der die Menschheit nicht ausgebeutet werden wird und in der die Nationen New   York, 6. November  .( Reuter.) In nebeneinander ohne Krieg leben können." 32 Staaten, in welchen gemeinsam mit den Wah­Genosse Dr. Ludwig Czech   schreibt: len in die Repräsentantenkammer und in den Die Blide des Proletariats der ganzen Welt Senat auch die Gouverneurswahlen abgehalten find in dieser Stunde auf Desterreich gerichtet. wurden, fiegten die Republikaner   in elf Staaten Denn der Kampf, den die österreichische Arbeiter- und die Demokraten in sechzehn Staaten. In klasse diesmal zu bestehen hat, ist nicht nur ein fünf Staaten ist die detaillierte Stimmenzählung Schicksalstampf für das österreichische Proletariat noch nicht beendet. Was die Senatswahlen an und das österreichische Bolt überhaupt, sondern in betrifft, können Demokraten noch mit einem Zu­Wirklichkeit einer der größten Teißdämpfe im gewachs von zwei Mandaten, die Republikaner   mit New Yort, 6. November. Nach der von feine Jungen haben". Auch der Elendeste waltigen Ringen des internationalen Proletariats einem Zuwachs von einem Mandat rechnen, so der Associadet Brek zusammengestellten Uebersicht habe ein Recht auf Leben, Brot, Kleidung unt seine Machtstellung, um seine Zukunft. daß aller Wahrscheinlichkeit nach die Republikaner   über die bis Mittag hiesiger Zeit vorliegenden und Familie. Heute aber könne niemand dem In diesem Kampfe geht es um 3 48 und die Demokraten 47 Senatsmitglieder Wahlergebnisse sind bisher 217 Republikaner  , und Familie. Heute aber könne niemand dem Ganze. Das fühlt alle Welt. Es geht nicht zählen werden. 213 Demokraten und ein Mitglied der Farmer- Armen versichern, daß seine Kinder einmal nur um die Geltung des österreichischen   Proleta Arbeiterpartei ins Repräsentantenhaus gewählt etwas zu essen haben werden. Der Erzbischof worden. Aus vier Wahlkreisen liegt das end sieht am Horizonte furchtbare Gefahren auf­gültige Ergebnis noch nicht vor, doch steht schon steigen, Ereignisse wie die Völkerwanderung, soviel fest, daß mit einer demokratischen Mehrheit die die griechisch- römische Epoche zerstörte. Ge­im Unterhans nicht gerechnet werden kannt. genwärtig seien die Voraussetzungen zu einem großen Blutvergießen in der menschlichen Gesellschaft gegeben. Die Zeit sei reif für eine Weltrevolution. Wehe den Nationen," so ruft Kordač

riats in Staate, sondern möglicherweise um den New   York, 6. November. Die Aussichten Staat felbst. Es geht' vielleicht um noch mehr. Es der Republifaner, eine tnappe Mehrheit im Re­geht um die Freiheit und den Frieden. Sier aber präsentantenhaus zu behaupten, besserten sich mit ist der Punkt, bei dem das Interesse des gesom den um Mitternacht bekannt gewordenen Ergeb­ten internationalen Proletariats einsetzt, das wach­fomen Auges und mit angehaltenem Atem die weitere Entwidlung der Berhältnisse verfolgt und in jeber Stunde zu jedem Beweis profesorischer Solidarität bereit ist.

Unsere ganze Hoffnung dabei ist die österreichische Arbeiterflasje felbst. Sie ist start genug, um all ihren Gegnern die Stirn zu bieten, alle Anschläge der kapitalistischen  Reaktion abzuwehren, mit der wahnwißigen Kata strophenpolitik ihrer Feinde aufzuräumen und dem so schwer heimgesuchten österreichischen Bolte wie­der die langerjehnte Ruhe, den Frieden und die

Freiheit zu geben.

Und darum sind wir ob des Wahlausganges guten Weutes.

1

Das österreichische Bolt ist in seinem Kern viel zu gesund, um sich wie es einst Tacitus  fagte freiwillig in die Knechtschaft stürzen" zu pollen. Es wird sich um das Banner der sozial bemokratischen Arbeiterklasse scharen und mit ihr

flegen.

Das ist unsere Hoffnung. Das ist unsere Zu bersicht."

Bertrauen zu Sebering. Berlin  

, 6. November. Der preußische Land­tag hat heute die deutschnationalen und die fom munistischen Mißtrauensanträge gegen den preu kischen Minister des Innern Severing mit 229

gegen 196 Stimmen abgelehnt.

Wüste Raufereien in der französischen   Kammer ut Storba zum Schluſſe aus, deren Sloats­

Ein nationalistischer Provokateur fliegt zum Fenster hinaus.

schwunden, als der Krawall seinen Höhepunkt erreichte. Aymard hatte die Frechheit, einen Ochsenziemer aus der Tasche zu ziehen und seine sozialistischen Gegner damit zu bedrohen.

Er hatte aber keine Zeit, sich seiner Waffe zu bedienen, denn im gleichen Augenblick flog er, von einem träftigen Faustschlag be­fördert, rücklings durch das geschlossene Fenster in den Garten hinaus.

männer diese Katastrophe nicht voraussehen!" Was vor allem in die Augen fällt, das ist, daß sich diese Darlegungen nicht unwesent­gebung unterscheiden, wir meinen den Wahl­hirtenbrief der österreichischen Bischöfe. Erz­bischof Kordač erkennt im Kapitalismus  , im Mammonismus, im Egoismus und in der

" 1 Paris  

, 6. November.( Eigenbericht.) Sehr mit präsentiertem Gewehr stehenden Gardisten lebhaft ging es heute in den Wandelgängen der in dem Gefümmel um gestoßen wurden. lich von einer anderen bischöflichen Kund­Kammer zu, wo die fortgesetzten Provokationen Kaum aber war Bouisson im Saal ver­des Chefredakteurs der nationalistischen ,, Liberté", Camil Aymard, ungewöhnlich heftige 3wi schenfälle im Gefolge hatten. Aymard, der täglich in seinen Hezartikeln Leon   Blum des offenen Massenarmut die Hauptgefahr, vom Hirten­Vaterlandsverrates beschuldigt und ihn mit brief der Bischöfe Oesterreichs   aber kann man standrechtlicher Erschießung bedroht, hatte heurte neuerdings in einem wüsten Schmähartikel Leon mit Lucas jagen: Mein Haus ist ein Bet­Blum aufgefordert, sich ihm für 10 Minuten vor haus; ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle Beginn der Kammerfizung in den Wandelgän­gemacht!" Kordač klagt die Besitzenden an, gen persönlich zur Verfügung zu stellen. Blum Er wurde dabei leicht durch einen Glassplitter eigentlich das unmoralische, unproduktive Ka­hatte sich selbstverständlich um den nationalisti am Sals verlegt und flagte über empfindliche pital, daß es die Menschheit einer furchtbaren schen Schreier nicht gefümmert. Aymard erschien Schmerzen in der Verlängerung des Rückgrats. Katastrophe entgegentreibe; die österreichischen nun in Begleitung einer Leibmache von Ge- In der darauffolgenden allgemeinen Schlägerei Bischöfe dagegen indentifizieren sich mit den treuen in der Kammer und geriet hier sofort wurde ein sozialistischer Abgeordneter im Gesicht Mord- und Blutbanden des Heimwehrfascis­mit einem sozialistischen   Abgeordneten in einen und am rechten Auge nicht unbedenklich verletzt. mus, stellen sich als Wall vor den ausbeuteri­scharfen Wortwechsel. Zahlreiche Abgeordnete Der Quäftor der Kammer, der Ordnung und Journalisten mischten sich in den Streit ein, schaffen wollte, mußte einem wahren Hagel von schen Kapitalismus, vor die schäbigsten Be­der schließlich so heftig wurde, daß die republi- Fausthieben weichen. Auch die herbeigerufenen fißinteressen und gegen jente, welche durch fanische Garde nur mit sanfter Gewalt Plaz Saaldiener erwiesen sich zu schwach, so daß Arbeitslosenversicherung, soziale Fürsorge, für den Einzug des Kammerpräsidenten Bouiffchließlich die Parlamentswache eingreifen mußte, Mieterschutz und Mitbestimmungsrecht der Ar­son schaffen fonnte, wobei allerdings einige der die Avmard abführte.

beiter in den Betrieben das Los der Arbeiten­