Ginzelpreis 70 Heller.

Sozialdemokrat

Zentralorgan d. Deutſchen ſozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

11. Jahrgang.

Chinesen und Japaner tämpfen um eine Eisenbahnbrücke.

Tokio  , 5. November. Nach amtlichen Mits teilungen an das Kriegsministerium sind bei dem gestrigen Gefecht zwischen chinesischen und japani­schen Truppen am Nonnifluß 15 Japaner getötet worden. Seitens des Kriegsmini­steriums wird erklärt, daß die Japaner von dem chinesischen General Ma Tschaugschen in einen Hinterhalt gelodi wurden. Infolgedessen würden die Japaner die Besehung auf das Nordufer des Flusses ausdehnen, um die mit der Ausbesserung der Brüde beschäf­tigten Soldaten zu schüßen.

Shanghai  , 5. November.  ( Reuter.) Einige Meilen füblich von Anganischi hat zwischen 5000 chinesischen Soldaten unter General Ma Tschangschen und zwei Bataillonen Japanern ein ernster Kampf um den Besiß der Eisenbahnbrüde, die über den Nonnifluß führt, begonnen.

Tolio, 5. November. Aus Muf den trifft die Nachricht ein, daß die japanischen Truppen bei dem Kampf am Ufer des Nonni mehr als

40 Tote und Verwundete gehabt haben sollen. Ein Telegramm aus Charbin   besagt, daß die Chinesen in voller Auflösung sich auf Tsitsi­

lar zurückziehen.

Amerifanische Zemarche. Washington, 5. November.  ( Reuter.) Auf Grund der eingegangenen Meldungen über neue Kämpfe zwischen Chinesen und Japanern in der Nordmandschurei gab die Regierung der Ber­einigten Staaten, wie verlautet, ihren Ber tretern im Fernen Often Instruktionen, in Ranking und Tokio   gegen diese neuen militä­rischen Operationen, die imftande find, die Situation zu verschlechtern, eine Demarche zu unternehmen.

Das neue Kabinett Macdonald.

London  , 5. November.  ( Reuter.) Soeben wurde die Ernennungen der Minister der briti schen Nationalen Regierung bekanntgegeben:

Macdonald, Premierminister, Neville Chamberlain  , Schaktanzler, Runciman  , Handelsminister, Sir John Simon  , Staatssekretär des Aeußern,

Thomas, Dominien, Cunliffe Lister, Kolonien,

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh.

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Freitag, 6. November 1931

Keine Zentrumstoalition mit Hitler  .

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Klare Absage auf der Reichstagung des Zentrums.

Sicherlich werde gerade dieser Winter dem deutschen   Volk die schwerste Nervenprobe auferlegen.

Nr. 258.

Aus Nebelheim,

hölle, sollte aber füglich nicht nur Dantes Spruch stehen ,, Lasset alle Hoffnung fahren, die ihr hier eintretet!", sondern auch: as­set Verstand und Bildung, Den ten und sittliches Bewußtsein fahren, die ihr hier eintretet!" Denn wahr­

dem Vorhof des Dritten Reichs. Wer ins Dritte Reich will, der muß wie Berlin  , 5. November. Die heutige Sigung der Wirtschaft, Industrie und Handwerk aufzu- Siegfried durch die wabernde Lohe so durch des Ausschusses der Zentrumspartei   in Berlin   halten. Außerdem müßte eine Lösung des das Nebelreich der nationalsozialistischen Gei­brachte ungewöhnlich rasch Klarheit über die Reparationsproblems erfolgen, die für stigkeit" dringen. Ueber der Pforte zu diesem Unmöglichkeit einer Koalition Brü das deutsche   Volk erträglich sei und der ganzen Vorhof des Dritten Reichs, dieser Vor­ning Hitler  . Der Zentrumsführer Prälat Welt das Vertrauen wiedergibt. Kaas sprach sich diesbezüglich ganz deutlich aus, in dem er erklärte, daß das Zentrum jest wich tigere Arbeiten habe; er verwies dabei auf den leßtmonatigen Zentrumsbeschluß, worin die Par­tei ankündigte, daß sie gegen jedwede Rechts- Aber das deutsche   Volk darf nicht im letzten regierung sei. Seit dieser Zeit sei ihm keine Tat- Augenblick die Nerven verlieren. sache bekannt, die eine Aenderung diesbezüglich Zu den Gerüchten über eine Heranziehung haftig, an dem Ungeist des Nationalsozialis­bedeuten würde. Wir haben, sagt der Redner, geradezu gigantische außenpolitische Aufgaben vor der NSDAP   zur Regierungsmitarbeit erklärte mus hat sich nichts geändert, seit er eine uns und eine Aenderung des Regierungssystems später der Reichsarbeitsminister Stegerwald, große Partei geworden ist. So unglaublich es würde nur eine Erschwerung der Situation und die nationalsozialistische Partei sei tein homo- flingen mag, daß eine Bewegung, die in eine Berringerung der Aktionsmöglichkeit des gen gewachsenes Gebilde, wontit die Deutschland   ihre acht Millionen Anhänger, ihre Biertelmillion Wähler Kabinetts sowie der Aussicht auf Erfolge beden- schwierigen Aufgaben der Regierung in dem bevor- hierzulande ten, wofür die Verantwortung nicht übernom- stehenden Winter überwunden werden können. mustert, noch von denselben Phrasen und Die Gruppen, die in der gegenwärtigen Stunde Dummheiten, Vorurteilen und Wahnborstel­men werden kann. In der Sigung gab auch Reichskanzler eine Heranziehung der Rechten zur Regierung lungen umnebelt sein soll wie einst die Schar Dr. Brüning einen ausführlichen Ueberblick wünschen, tun es meist nicht aus staatspolitischen Unentwegter, die unmittelbar aus dem germa­Gründen, sondern aus der Hoffnung heraus, daß über die politischen und wirtschaftlichen Ereig- dabei die Gruppen der Rechtsopposition ausein- nischen Urwald in das 20. Jahrhundert tvat, ausein- nischen nisse der letzten Monate und setzte sich mit dem anderfallen und abwirtschaften würden, so so unwahrscheinlich dieses Verharren in der Verhalten der einzelnen Parteien auseinander. bak nach dem Zusammenbruch der bürgerlichen flachtöpfigen Borniertheit und engstirnigen Er beabsichtige nicht, das Parlament dau- Mitte durch ein solches Experiment neue Zu- Dreistigkeit des Unwissens heute ist, so ist es ernd oder auf längere Zeit auszuschalten, die funftsmöglichkeiten für die bürgerlichen Mittel- doch wahr. Alles ist im Nebel, wie im ,, Nifel­Regierung brauche lediglich Zeit zur Arbeit. Er parteien sich ergeben würden. In einer Stunde heim", der Unterwelt der teutonischen Altvor würde sich aber, wo es um Kopf und Kragen eines 60 bis zum letzten dagegen behren, irgend eine Millionen- Voltes geht, fönne man nicht tattisch inflatorische Maßnahme zu treffen. operieren, sondern müsse die Politik nach ia ch Nötig sei unbedingt, den Schrumpfungsprozeß in lichen Gesichtspunkten machen.

Das Krisenprogramm der belgischen

Sozialisten.

Die Sozialisten aller Länder haben die Of fensive gegen Arbeitslosigkeit und Wirtschafts­trise längst eröffnet. Wo immer ein Kongreß einer sozialistischen   Partei oder einer nationalen Set­tion des internationalen Gewerkschaftsbundes stattfindet, dort werden im Interesse des arbei­tenden Volkes Forderungen erhoben, deren Durch­führung geeignet wäre, Hilfe in einer Zeit furcht­barsten Elends zu bringen. Alle diese Forderun gen und Programme atmen den Geist einer Internationale, mag es sich um die Confédera­tion géneral du travail, den französischen   Ge­Bolton Eyres Monsell, Erster Lord werkschaftsbund, mag es sich um die Labour Party   oder um die reichsdeutsche Sozialdemo­fratie handeln, überall hat sich die Erkenntnis Durchbruch verschafft, daß nur die Beseitigung der kapitalistischen   Wirtschaftsordnung die end­gültige Verhinderung aller Wirtschaftskrisen brin­gen kann. Klar und deutlich wurde das vor einigen Tagen in einem gemeinsamen Manifest der belgischen Arbeiterpartei, der belgischen Ge werkschaften und des belgischen Genossenschafts­bundes ausgesprochen:

Samuel Hoare  , Indien  ,

der Admiralität,

Lord Hailsham, Krieg, Marquis Londonderry, Flugwesen, Sir Herbert Samuel, Inneres, Baldwin, Lordpräsident des Geheimen

Rates.

Snowden, Lord  - Gehe: msiegelbewahrer, Donald Maclean  , Unterricht, Lord Sankey, Lordlanzler, Archibald Sinclair  , Statssekretär für Schottland  ,

Hilton Young, Oeffentliches Gesund­heitswesen,

John Gilmore  , Landwirtschaft und Fischerei,

Henry Betterton, Arbeit, Ormesby Gore, Erster Kommissär für öffentliche Arbeiten.

Das neue Kabinett setzt sich aus elf Konser­bativen, fünf Liberalen und vier Anhängern der Macdonald- Nichtung zusammen. Lord Reading ist, wie bereits bekannt, nicht Mitglied des

Es gibt keinen andern Ausweg als: Die Beseitigung der Diftatur des Kapita­ lismus  

.

Durch die Sozialisierung der Schlüsselindu­strien, der wichtigen Verkehrsmittel des Handels und der Banten  .

Durch eine Wirtschaft, deren Grundsatz die Befriedigung der Allgemeinheit ist und nicht die Erlangung individuellen Profits.

die wirtschaftlichen Lasten auf den Rüden anderer Voltsteile abzuwälzen, vor allem durch

dern, und durch die laute Phrasenmusit schallt nicht so sehr das Wagnersche Siegfried- Motiv, als das Nibelungenmotiv, die tumbe und ein­tönige, düster drohende Weise der hinkender Dunkelmänner.

Harzburger Exportkäs.

Spätestens am Montag war es den Beob­achtern der politischen Bühne Deutschlands  flar geworden, daß Harzburg  ", also die tal­tische Einheitsfront von Hugenberg zu Hitler  , von der Schwerindustrie über die Junker zu den Nazi, eine erledigte Sache ist. Die Herr­den systematischen Abbau der Löhne, lichkeit hat nur ein vaar Wochen gedauert. die Herabseßung der Arbeitslosenunterstüßung, Der nibelungentreue Adolf hat seinen Freun die Sabotage der Sozialgesetzgebung. den die Treue nicht gehalten. Er sah sich nach Die Arbeiterklasse ist entschlossen, der Politit einer besseren Bundesgenossenschaft um/ und der kapitalistischen   Provokationen den unbeug setzte, faum war das Harzburger Feit ver­samen Widerstand des geeinten Proletariats ent- rauscht und der Geruch des berühmten Harz­gegenzusetzen. Das Minimum dessen, was die burger Käses wieder dem der bayerischest Arbeiter aller Kategorien im gegenwärtigen Zeit- Landesprodukte gewichen, mit einem entschie­punkt fordern müssen, unt sich das Recht auf ihr denen Liebeswerben um Brüning ein. Mag Leben und auf Arbeit zu garantieren, umfaßt im auch die Lage für das Bündnis von Zentrum wesentlichen folgende Punkte:

1. Festseßung eines Lohnminimums. 2. Dekretierung der vierzigstündigen Arbeits­

woche.

3. Ausbau der Arbeitsinspektorate. 4. Große öffentliche Arbeiten im kommu­nalen, provinziellen und nationalen Maßstab.

5. Bereitstellung öffentlicher Mittel an die

und Sitler noch nicht reif sein, so ist die große Kombination von morgen doch die Alanz bon Kreuz und Satenkreuz. Die dus strie, die gesamte kapitalistische Reaktion, die auf Sarzburg gesetzt hat, beginnt sich umzu­stellen.

Nur bei den Nazi selbst weiß man davon Gemeinden und Provinzen zur Auszahlung der nichts. Während alles über Sarzburg lacht und Arbeitslosennuterſtügung. merkt, daß der Harzburger Käse nach wenigen

trolle.

2P

6. Schaffung eines Krisenfonds für die Land- Wochen schon vom Wurmerfraß ungenießbar wirtschaft. wird, meldet der Tag" des Herrn Krebs 7. Einsegung einer Bank- und Börsenton- voll Stolz ,, Ein zweites Harzburg  in Oesterreich  ". Das hieße also, daß Hitler   den faulen Räs nach seiner alten Hei Mit diesem Programm des allgemeinen Wohls" haben sich Belgiens   Sozialisten eine mat exportiert, und tatsächlich fängt es dort große Aufgabe gestellt, sie haben damit den ver- auch an zu stinken. Mit Seipel ins Dritte Reichh! schärften Kampf gegen eine Regierung aufge­nommen, die, wie es im Manifest heißt, nur durch ihre Untätigkeit auf die Not der Wirt- Nicht ahnend, wie lächerlich er sich macht, fchaftstrife reagiert. In Belgien   gibt es teine wenn er Harzburg   noch ernst nimmt, meldet Nationalsozialisten und keine starte fommu- also der ,, Tag", daß auch Desterreich jetzt sein nistische Partei, das arbeitende Volt des Landes Harzburg   habe. Nazi und Heimwehren steht geschlossen hinter der Sozialdemokratie. Diese haben sich auf ein gemeinsames Vorgehen unverminderte Schlagkraft des belgischen Brole- geeinigt. Und damit der Wit noch eine zweite Die Kapitalisten verharren weiter in ihrem tariats wird es wesentlich erleichtern. der Reali- Pointe erhalte, heißt es weiter: Klassenegoismus, sie finden kein anderes Mittel fierung dieses Planes, an dessen Abschluß die gegen die Strife, als die Verminderung ihrer Sozialisierung des Produktionsapparates steht, Gegen Auftromarrismus und Klerikale eigenen finanziellen Verpflichtungen, sie versuchen' näher zu kommen. wpf. Bestrebungen auf Wiedereinsetzung der Habsburger  . Da könnte man schon eher den Teufel durch

Durch die Demokratisierung des Produktions­apparates, deren erste Etappe die Arbeiterkon­trolle ist.

neuen Kabinetts, was auf seinen eigenen Wunsch Weiter heißt es in der Entschließung: zurückzuführen ist.

Politischer Mord in Berlin  . Berlin  , 5. November. Jm Stadtteil Treptow  wurde heute furz nach Mitternacht   vor den Augeneiner Polizeistreife der 21 Jahre

alte Angehörige der NSDAP   Erwin Moris von Vor einem Generalftreit im galizischen

zwei anderen jungen Burschen niedergeschossen und schwer verletzt; die Polizeistreife forgte für seine joforrige Ueberführung in das Krankenhaus, wo er furz nach seiner Einlieferung starb. Die Gründe der Tat und Näheres über die Täter, die unerkannt zu flüchten vermochten, konnten nicht

ermittelt werden.

Betroleumrevier.

on her absetzungen und der Einführung Beelzebub austreiben, als die Habsburger durch der Sechsstundenschicht am 20. November die Heimwehren. Und wieder taucht die Frage in den Generalstreit zu treten. Dieser Beschluß auf, die so alt ist wie der Nationalsozialismus: Lemberg  , 5. November, In Borislau   fand ist dem Arbeitgeberverband mitgeteilt worden. Sind sie wirklich so dumm, zu glauben, eine Zusammenkunft der Arbeitervertreter des Die technischen Vorbereitungen für die Durch was sie sagen, oder sind sie so verlogen, gesamten galizischen Petroleumreviers statt, in führung des Streits sind in Angriff genommen ohne jede Hemmung schwarz für weiß aus­zugeben? der beschlossen wurde, angesichts der weiteren worden.