Wahl nahm er eine Kandidatur nicht mehr an. Sein Wirkungskreisschriuikte sich mehr nnd mehr ein auf die Vereinsorganisationen zumSchutze der Goldwähnnig, zur Forderung der Handelsverträge nndanf eine ziemlich lebhaste Mitarbeit an der freisinnigen Wochenschrist:«Die Nation". Ein ausgebreitetes Wissen anf den verschiedensten Ge«bieten, eine geistreiche Dialektik, ein nicht gewöbnlicher Formensinnhebt seine schriststellenscheii Arbeiten weit über das Niveau der ge>wohnlichen Zeitschriften- Literatur empor, diele find daher auch gesomnielt in Buchform erschienen nnd dürften einen bleibenden Werthfür die Geschichte unserer Tage beanspruchen.Alles in Allem kann man sagen, daß in Bamberger einer derbesten Vertreter des alten polltischen und wirthschaftlichen Libe-raliomns aus dem Leben geschieden ist. Ueber den jungen Nachwuchs,der sich heute besonders ini RatioilalliberalismuS breit macht, ragteer durch Bildrmg und Charakter thurmhoch empor.—**Nachstehend geben wir einige biographische Datenaus dem Leben des Verstorbenen:Bamberg er wurde am 22. Juli 1823 zu Mainz geboren,studirte in Gießen, Güttingen und Heidelberg die Rechte und nahmals Redakteur der„Maillzer Ztg." an der Bewegung des Jahres 1848und später am Aufstande in Baden lebhaften Antheil. Zum Tode der«lirtheilt floh Bamberger nach dem Ausland und ivar längere Zeit alsBankier in Paris thätig. Räch der Amnestie von 188« kehrte er jedoch nachDeutschland zurück, machte 1870 den Feldzug im Hauptquartier alsPublizist mit und trat 1873 als Abgeordneter für Llzey-Bingen dernationalliberalen Fraktion des Reichstages bei. Hier widmete er sichvor allem handelspolitischen und finanziellen Fragen und bekämpftenanlentlich die Schutzzollpolitik deS Fürsten Bismarck, weshalb er1879 die Reihen der Natioualliberalen verließ und die sezessionistischePartei bildete, die sich 1884 mit der Fortschrittspartei als deutsch-freisinnige Partei aufthat. Nach der Spaltung dieser letzteren Parteihielt er fich zur freisinnigen Vereinigung, ohne jedoch am politischenLeben noch weiter aktiv lheilznnehmen. Seine Muße benutzte er zurHerausgabe seiner„Gesammelten Schriften".—Preußische» Abgeordnetenhans..Das Abgeordnetenhaus nahm heute debattelos in erster undzweiter Lesung den Gesetzentwurf betreffend die E r w e i t e-rung der Stadtgemeinde und deS StadtkreisesKassel, und in dritter Lesung den Gesetzentwurs betreffend denAnkauf der Bern st ein werke der Firma Stantienu» d B e ck e r an und setzte sodann die Berathung deS Kultusetatsfort. Von demselben wurde das Kapitel„Höhere Lehr-a n st a 1 t e n" erledigt und das Kapitel„Elementarschul-w e s e n" in Angriff genommen. Wie alljährlich, so beklagten sichauch diesmal die Junker bei der Berathung dieses Kapitels über eineangeblich zu große Belastung der kleineren Gemeinden durch dasneue LehrerbesoldungS-Gesetz, während das Zentrum wieder einmaldre Auslieferung der Schule an dre Kirche verlangte.Am Mittwoch wird die Berathung fortgesetzt.—Zur AbrüstlingSkonfereuz haben, wie aus dem Haag gemeldet wird, nun auch Deutschland und Frankreich ihreDelegirten bezeichnet. Au« Berlin wird der Staatssekretär des Aus-wärtrgen Herr v. B ü l o lo erscheinen und Frankreich wird durchHerrn R i b o t vertreten sein.*•#Deutsches Acich.Der Oberbefehl über die Marine.DaS Marine-VerordnungSblatt veröffentlicht folgende Kabinetsordre von, 14. März:Nachdem ich mich entschlossen habe, den Oberbefehl über«eine Marine ebenso wie Über meine Armee selbst zuführe«, nachte ich es nicht für zweckmäßig, wenn zwischen mirund den einzelnen Befehlshabern eine zentrale Koinmandobehvrdesteht, die lediglich meine Befehle zu übermitteln habe» würde.Ich bestimme daher: 1. Die Behörde„Ober-Koinniando derMarine" kommt in Fortfall. 2. Die bisherige Admiralstabs-Aüthei-lnng deS Ober-Kommandos wird selbständig mit der Bezeichnung„Adniirnlstab der Marine", mit dein„Chef des Admiralstabe« derMarine" an der Spitz« und den, Sitz in Berlin. Der Chef desAdmiralstabe» wird mir umnittelbar unterstellt. Ich verleihe ihn,die Diszivlinar- und Urlaubsbefugniffe, wi« sie bisher dem kom-mandirenden Admiral znstanden. Im Admirnlstavc werden außerden Admiralstabsgeschästen die militärpolitischen Angelegenheitender im Auslande befindlichen Schiffe Gearbeitet. Alle übrigenAbtheilungeii und Dezernate des Oberkommandos werden aufCduard Bernsteines„Boranssetzungen des Sozialismus nnddie Aufgaben der Sozialdemokratie".(Schluß.)Im folgenden Abschnitt o führt B. aus. wie die D e m o k r a t i-s i r u n g eine nöthige Vorbedingung der Sozialisirung sei. Zunächstgilt es va, die G e>v e r k s ch a f t e n fördeni, nicht mit dem Ziele,daß fie Beherrscher eines ganzen GewerbSzwelgcS iverden, denn indiesem Falle gcräthen sie als monopoltsttsche Produktiv-getwssenschaft in Widerspruch mit Demokratie und Sozia-lismu», sondern mit dem Ziele, fie zur Arbeits-Theilhaber-schast zu machen, die der Gesamntthcit untergeordnet bleibt,Demokratie vertrage sich darum auch n i ch t mit„D i k t a t u r desProletariats"; dieser Begriff sei überlebt,„gehe doch dieganze praktische Thätigkeit der Sozialdemokratie darauf hinaus, Zu-stände und Vorbedingungen zu schaffen, die eine an komnilsivischeiiAusbrüchen freie Ueberführung der modernen Gesellschafts-ordming in eine sichere ermöglichen nnd verbürgen sollen".Auch der„Liberalismus" sei deshalb zu rchabilittren.Nicht der heutige Bourgeoisliberalismus, sondern der Liberalismusals allgemeine« GefellschastSprinzip. Der Sozialismus will keineneue Gebundenheit irgend welcher Art schaffen; da« Individuumsoll frei sein, nicht von Pflichten gegen die Gesammtheit, abervom ökonomischen Zwange in seiner Beweauiig und Berufswahl.Diese Freiheit ist nur möglich durch das Mittel der Organisation.„Wenn der Staat auf der einen Seite alle gesetzlichen Hinder-nisse der Orgamsatton der Produzenten aufhebt und de» Berufs-verbäiiden unter bestimmten Bedingungen, welche deren AliSartungin monopolistische Korporationen vorbeugen, gewiffe Vollmachtenhinsichtlich der Kontrolle der Industrie überträgt, so daß alleGarantien gegen Lohndrückerei und Heb er arbeit gegeben sind, undwenn anf der anderen Seite durch die früher skizzirten Einrichtungendafür gesorgt wird, daß niemand durch äußerste Roth gezimingenwird, seine Arbeit zu unwürdigen Bedingiingen zu veräußern, dannkann es der Gesellschaft gleichgilttg sein, ob neben den öffentlichenund genoffenschaftlichen Betrieben noch Unternehmungen exiftiren,welche von den Privaten für den eigenen Gewinn betrieben werden.Sie werben ganz von selbst mit der Zeit genoffenschaftlichen Charakterannehmeii."Ist also Schulung der Arbeiterklaffe in der demokratischen Selbst»verwaltniig Vorbedingung der sozialen Emanzipation, so ist der Ein-wand nicht auf die Dauer berechtigt, baß die Aussichten in Deutsch-land, die Demokratie auszubilden, sehr gering seien, weil daS deutscheBürgerthum immer reaktionärer werde. Denn je mehr die Sozialdemokratie fich von der diktatorischen Revolution, von der all-gemeinen, gleichzeitigen und gewaltthättgen Erpropriation lossagtnnd die allmälige Ablösung durch Oraanisatton und Gesetzbetont, um so eher wird die einheitliche Furcht der bürgerlichen Weltlveichen, die gern vereint mit der Arbeiterklasie gegen den Feudalismusstreiten würde.Abschnitt ck„Die nächsten Aufgaben der Sozialdemokratie' trägtdas Motto:„Und was fi« i st. das wage fie zu scheinen'.Lernstein will nicht Abänderungen der nächsten Forderungen desDie weiteren Bestimmungen ergeben die Beziehungen der ver-schiedenen Abtheilungschefs, der Schiffskommandeure u. s. w. zu demobersten Chef.ES ist weiter nicht erstaunlich, daß der Kaiser, der gleich beiseinein Regierungsantritt damit begann, sein„eigener Reichs-kanzler" zu sein, nun auch neben den, Oberbefehl über die Armeeden über die Marine übernimmt.—Die Furcht vor der Aufklärnng. Die neuen Organe deSJnvaliden-Verficherungswesens, die in der Novelle zu dem Gesetzevorgeschlagen werden, die örtlichen Rentenstellen, machen der„Konser-vativen Korrespondenz' schwere Sorge; sie steht darin schon wieder„Einfallthore für die Sozialdemokratie" und sie macht deshalb ineinem längeren Artikel dagegen mobil.„Die Reutettstellen werdengar bald neue Agitattonsherde werden und Einfallsthore in dieKreise der ländlichen Arbeiter für die Sozialdemokratie bilden."Das ist bitter für Herrn v. Posadowskh, denn er meinte eSwirklich gut mit diesem neuen Vorschlage. Werden doch in denMotiven die Rentenstellen geradezu als ein Mittel bezeichnet, denEinfluß der Arbeitersekretariate und ähnlicher Einrichtungen anf dieArbeiter zu Paralysiren. Daß sie diesen Zweck nicht erreichen werden,darauf ist schon in der Arbeiterprefie hingewiesen worden, aberdaß sie sogar im Gegentheil eine neue Stütze für unsere Agitationwerden könnten, daran haben wir bisher ebenso wenig gedacht, wieHerr v. Posadowsky.Zwei Nrthetle! Im September 1898 betrat der 70 Jahrealte herzoglich sachsen-altenburgische Kammerherr undfrühere Rittergutsbesitzer auf Gnandstein, Baron Juliusvon Einsiedel, jetzt in Dresden wohnhast, einen Restaurations-garten an der Friedrichs-Allee in Dresden und erledigte dort innngenirter Weise ein menschliches Bedürfniß, obgleich es Heller Tagwar und in einiger Entfernung Gäste saßen. Der Inhaber desRestaurants stellte den Baron im Gatten zur Rede, worauf derBaron grob änßette, daß ihn der Restauratenr nicht behelligen solleund daß er(der Baron) sich da« Lokal merken und in seinenKreisen bekannt machen würde. Da der Herr den, Witthnickt bekannt war, so ließ dieser die Persönlichkeit polizeilich fest-stellen. Der Baron erhielt ein Strafmandat über drei Mark.Die„Säsische Arbeiterzeitung" brachte eine Notiz über diesenVorgang unter der Marke: Unser gesitteter Adel; in dieser Notizwar unter Anderem gesagt:„Der Kammerherr soll seinen Titel ineinem der kleinen fürstlichen Staaten erhalten haben. Der Staat,der ihn in seiner Hof- und Rangliste führt, kann stolz auf solchenKammerherrn sein." Das in Altenburg erscheinende Arbeiterblatt„DerWähler" druckte diese Notiz nach und fügte noch hinzu:„In unsererHofliste figurirt ein Kammerherr von Einsiedel auf Rittergut Wolftitz;ob dieser'in Beziehung zu dem Vorgange steht, entzieht fich unsererKenntuitz."Dadurch fühlte sich der Kammerherr H o r st v. Einsiedel aufWolftitz beleidigt und beantragte bei der Staatsanwaltschaft zu Alten-bürg die Erhebung der öffentlichen Klage(die bekanntlich beiBeleidigung von Privatpersonen nur dann erhoben wird, wenn diesin, öffentlichen Interesse liegt). Die Staatsanwaltschaft nahmdieses öffentliche Interesse an und erhob öffentliche Klagegegen de» Rcdatteur des„Wähler", mit der Begründung, daß derRedakteur den Artikel gebracht habe, um die Kammerherren derThüringischen Staaten, insbesondere den an dem geschilderten Vorfallganz unbetheiligten Kammerhcrrn von Einsiedel auf Wolstitz ver-ächtlich zu machen und in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.Die Hanptverhandlung endete mit der Venittheilung des Angeklagtenzu drei Monaten Gcfängniß.Beide Urtheile ergingenVon Recht» wegen.Kinderarbeit. Der Ausschuß deSDentschenLehrer«Vereins hat an die Lehrerschaft einen Aufruf gerichtet, in demalle Stellen, die noch über brauchbares Material betreffend die ge-werbliche und landwirthschaftliche Kinderarbeit verfügen, gebetenlverden, dasselbe der Zentralstelle zur weiteren Verarbeitung undpassenden Ausnutzung zu übermitteln. Keine der Forderungen desVereins betreffend cincii zeitgemäßen und ausreichenden Kinder-schlitz sei durchgesetzt nnd es bedürfe angesichts der jüngstenDebatten im Abgeordnetenhause weiterer energischer Arbeit.—Ter Bund drr Handel- und Gewerbetreibende» hat ge-meinsam niit bei, Zcntralvereineil selbständiger Gewerbetreibenderdem Reichstage eine Eingabe zugehen lassen, in welcher er bittet,dem Gesetzentwürfe über Aendmmg von Bestimmungen im Post-Wesen seine Zustimmung nur zu ertheilen, wenn die Reichs-Post-verivaltniig sich verpflichtet, das Potto für geschlossene Brieseim Ortsverkehr auf drei Pfennige herabzusetzen, sowieferner de» Ange st eilten der Privat- Postanstaltcn dendreijährigen Betrag ihrer Gehälter und denErfurter Programms vorschlagen, wenn er mich nicht alle Punktefür gleich lvichtig oder zweckmäßig halte. Ausführlicherspricht er über die Frage„SrehendeS Heer oder Miliz'Er verlangt Volksbeer'statt Regiernngsheer und 83erkürzung der Dienstzeit. Er verneint aber_ die Behauptung:Der Proletarier hat kein Vaterland". Die Sozialdemokratie dürfenationalen Fragen gegenüber nicht rein kritisch verbleiben. Wahrungnationaler Interessen widerstreite keineswegs der Wahrung derKlaffenintereisen.„Wo wichtige nationale Interessen auf dem Spielestehen, kann die Internat! onalität kein Grund schwächlicher Nach-giebigkeit gegenüber den Prätensionen ausländischer Jnterefientenfein." Z. 0. sei die Pachtung der Kiautschoubucht nicht prinzipiellabzuwelsen. Auch Kolonialpolitik sei nichts von vornhereu,Verwerfliches, sondern Kolonieu seien auf ihren Werth und ihr«Aussichten zu prüfen. Diese Anschauungen, meint B., würdenin der Praxis keine nennenswetthen Aenderungen in den Ab«stimmlingeu der Pattei herbeiführen, aber es komme auch daraufan, wie die Abstimmungen begründet werden.Weiterhin hält B. eine Ergänzung de» Patteiprogramm«für nöthig hinsichtlich der Agrarfrage, der Fragen derKommunalpolitik, der Genossenschaftsfrage. Aufallen diesen Gebieten solle die Sozialdemokratie positiv mitarbeiten,Gewerbetreibenden, die bisher einen Nevenverdlenstans dem Verkauf der Freimarken für diese Unter-nehmen bezogen, den dreifachen Betrag deffelben alsEntschädigung zu zahlen.— Die Eingabe weist nach, daß die Er-Mäßigung des StadtportoS für geschlossene Briefe auf 5 Pfennigelediglich den wohlhabenden Klassen der Bevölkerung zu gute komme,während die weniger Bemittelten, darunter gerade die kleinen undmittleren Gewerbetreibenden, die sich der Berliner Packetfahtt ftirihre Korrespondenz, ihren Rechnungsbersandt und namentlich fürReklamezwecke bedient haben, gezwungen werden, das Briefportostatt mit 3 Ps. mit S Pf., also um 66*/3 pCt. theurer zu bezahlen.Die 47 Millionen geschlossener, von dieser Gesellschaft be-fördertet Briefe würden ein Mehrporto von 940 000 Markerfordern. Ferner würden die bisher von der Packetfahtt 4 10 Pf.beförderten 647 000 Einschreibebriefe je 2S Pf. Porto kosten, wasein abermaliges PluS von 97 000 M. ergiebt. Diesen Betrag vonüber 1 Million Mark würden die weniger begüterten Klassen auf-bringen, während den wohlhabenderen ungefähr der gleiche Betraggeschenkt werden würde.Auch die Aeltesten der Berliner Kaufmannschafthaben an den Reichstag eine Eingabe um Ablehnung des Postgesetz-Entwurfes, so weit er' eine Ausdehnung des Postregals enthält, ge-richtet. Die Eingabe tritt, namentlich im J n t e r e s se d e s M i t t e l»stände« und der kleineren Gewerbetreibenden, so-wie der gemeinnützigen nnd wohlthätigen Vereine, für die Erhaltungder Privatposten ein, weist die gegen die Berliner Packetfahtt-gesellschaft erhobenen Vorwürfe zurück, hebt hervor, daß die BerlinerReichspostanstalten schon beim letzten Jahreswechsel dem Verkehrnicht entfernt gewachsen gewesen seien, und betont zum Schluß, daßdie Ausdehnung, die der Begriff des Regals in der Vorlage wie inder Rechtsprechung erfahren hat, Unsicherheit darüber hervorruft,in wie weit bewährte Einrichtungen in Zukunft beibehalten werdenkönnen.—RuS Elsaß-Lothringen wird uns geschrieben. In Hagenau(Elsaß) wurde der ehemalige französische Sprachlehrer JosesR a v e n n e, ein französischer Untetthan, wegen BannbruckS undMajestätsbeleidigung verhaftet und ins Amtsgefängniß ein-geliefert.Bei der Rekrutenaushebung in demVogesenstädtchenMarkirchwurde ein gestellungspflichtiger Schlossergeselle wegen angeblicherBeleidigung des deutschen Kaisers in Haft genommen.—Chronik der Gewaltthätigkeiten.(Vergleiche zum Dresdener Zuchthaus- Kurs.)Aus Straßburg i. E. wird uns unterm 11. März geschtteben:Eine Gettchtsvcrhnndlung, die lebhaft zu Vergleichen mit demDresdener Uttheil gegen die Löbtauer Bauarbeiter anregt, fand heutevor der Strafkammer des hiesigen Landgerichts statt. Angeklagtwaren zwei im Alter von etwa 25 Jahren stehende Studenten derMedizin an der hiesigen Universität, Barth und Dürr»Hammel, elfterer wegen schwerer, mittels gefähr»lichen Werkzeuges verübter, letzterer wegen ein»fachet Körperverletzung. Beide sind Mitglieder der katholischenStudentenverbindung„B a d e n i a". an deren Stammttsch in einemder besuchtesten bayerischen Bierlokale der Stadt sie am Abend des26. Jaimar d. I. verschiedentlichen Ulk trieben, infolge dessen sie mitzwei in der Nähe sitzenden Herren, dem Swdenten Rosenthalnnd dem Geschäftsagenten Lauer, in einen Wortwechsel gerietben.Barth provozirte den Rosenthal, der sich ursprünglich ruhig verhielt,nnd kehrte, nachdem er bereits das Lokal Verlasien, in Begleitungseiner Freunde nach kurzer Zeit dahin zurück, um den R. neuerdingsmit den schwersten Beleidigungen zu regaliren. Rosenthal erwidertedie Beleidigungen,»vorauf eS zu derben Handgreiflichkeiten kam.Im Verlauf derselben holte Barth mittel» seine»schweren, mit einem mächtigen HirfchhornAriffversehenen Spazierstockes, den er mit beiden Händenan der Zwinge gefaßt hatte, zu einem wuchtige«H i e b gegen Rosenthal aus, der, an der linken Kopfseitegetroffen, sofort bewußtlos und blutüberströmtzusammenbrach, während der Griff des Barth'schen Stockesinfolge der Wucht des Schlages absprang. Der so daliegendeRosenthal erhielt von den Freunden Batth's noch eine AnzahlFußtritte, und auch sein Begleiter Lauer, der den Streit hatteschlichten wollen, trug eine mehrere Zentimeter lange, anscheinendmit einem Schlüssel oder einem geschlossenen Messer versetzte Kops»wunde davon, infolge deren er etwa zwei Wochen arbeitsunfähigwar. Roseuthal mußte noch in derselben Nacht ins Bürgerspttalüberführt nnd einer gefährlichen Operation unterzogen werden.Der ärztliche Beftmd ergab einen komplizirten Bruch derS ch ä d e l d e ck e, die an der linken Kopffeite in erheblicher Aus»der Meinung.' daß die Partei im Fahrwasser des BlanquiSmuS segle.Die Thaten der Partei stimmten uberein mit feinen Anschauungen.„Je mehr die Sozialdemokratie sich entschließt, das scheinen zu wollen,waS sie ist, um so mehr werden auch ihre Aussichten wachsen, polt«ttsche Reformen durchzusetzen. Die Furcht ist gewiß«in großerFaktor in der Politik, aber man täuscht sich, wenn manstaubt, daß Erregung von Furcht Alles vermag. Nicht alsne Chartistenbewegung sich am revolutionärsten geberdete.erlangte» die englischen Arbeiter das Sttmmrecht, sondernals die revolutionären Schlagworte verhallt waren und sie sich mitdem radikalen Bnrgerthum für die Erkämpfting von Reformen ver-bündeten. Und wer mir entgegenhält, daß LehnlickieS in Deutschland unmöglich sei, den ersuche ich nachzulesen, wie noch vor fünfzehnund zwanzig Jahren dt« liberale Presie über Gew erlschastskämpfeund Arbeitergesetzgebung schrieb, und die Vertreter dieser Parteienim Reichstag sprachen und stimmten, wo darauf bezüglich« Fragenzu entscheiden waren. Er wird dann vielleicht»ugeben, daß diepolitisch« Reaktion durchaus nicht die bezeichnendste Erscheinung imbürgerlichen Deutschland ist."Da» Schlußkapitel„Endziel und Bewegung' will zuerst dielegen Bernstein wegen seines Ausspruchs.da», wa» man gemeiichintnvziel des Sozialismus nennt, ist mir nicht», die Bewegung alles",�richteten Polemiken, besonder» diejenige Plechanow'».szurückweis«n.V. hat schon früher die Form dieses Satze» vom Endziel, soweitsie die Auslegung zulasse, daß jede» al» Prinzipormulirte allgemeine Ziel der Arbeiterbewegungür werthlos erklärt werden solle, preiSgeaebeu. Nichts wissenwolle er von einem„eingehender fixirten Endziel' von vorgefaßtenTheorien über den Ausgang der Bewegimg, die über ein allgemeingefaßtes Ziel hinausgehen, da» die prinzipielle Richtung und denroktee der Bewegung bestimmt; solche Theorien verliefe« in>Utopisterei und hinderten den theoretischen und prakttschen Fortschrittder Bewegung. Auf die Bewegung lege er einen besonderenTon, weil die Anschauung von der Hoffnungslosigkeit derArbeitertlasse unter dem kapitalistischen System unrichtig und längst,auch von Marx und Engels, aufgegeben sei. Allerdings in demKapitel über die geschichtliche Tendenz der kapitalistischen Akkumulation am Schlüsse des ersten Bandes des„Kapital" sei eine andereAnschauung niedergelegt; hier tritt eine Zwiespälttgkeit in derMarx'schen Theorie hervor, die daher rührt,„daß daS Werk wiffen»schaftltche Untersuchung sei und doch eine, lang« vor seinerKonzipirung fertige These beweisen will, daß ihr ein Schema zuGrunde liegt, in dem da» Resultat, zu dem sie die Entwickelungführen sollt«, schon von vornhinein feststand". Hinge der Sieg de«Sozialismus von dem unausgesetzten Zusammenschrumpfen derZahl der Kapitalmagnaten ab, so müßte die Sozialdemokratiemindestens alle« Unterlasten, was dieses Zusammenschrumpfen auf«halten könnte, so wäre ein großer Theil ihrer praktischenThätigkeit Penelopenarbeit. Der Fortschritt hänge nicht von derVerschlechterung der Lage der Arbeiter und der Konzenttatton derKapitalien ab.Im Znsammenhang mit diesem theoretischen Jrrthum hängendie Widersprüche des Marxismus hinsichtlich der Abschätzungdes Verhältnisses von Oekonomie und GewaltBald wird gesagt, daß die Arbeiterklasse noch nicht reif sei und daßdie ökonomischen Vorbedingungen des Sozialismus noch nicht erfülltseien, bald scheint e», als ob alle Kultur, Intelligenz, Tugend nurin der Arbeiterklaffe zu finden sei und daß nur eme Revolutionnöthig sei, um den Sozialismus herbeizuführen, so daß diegesetzliche Thättgkeit mir als eine zeitweilige Auskunftgelte. ES fehle ein prinzipielle? Eingehen auf die Frage,was von der gesetzlichen und was von der revoln-tionären Aktion erwartet werden könne. Der Weg derRevolutionsgewalt braucht schnellere Arbeit, wo nur Hinder-nisse hinwegzuräumen sind, wo eine privilegirte Minderheit demsozialen Forftchritt im Wege steht. Die verfassungsn, äßigeGesetzgebung arbeitet langsamer, durch Kompromisse, aber sieist stärker al« die Revolution, wo das Borurtheil, der beschränkteHorizont der Masse dem sozialen Fortschritt in den Weg tritt, und'ie bietet größere Borzüge, wo eS sich um Schaffung dauernd lebens».ähigrr ökonomischer Einrichtungen handelt. Es sei offen aus-zusprechen, daß die Arbeiterklasse auch heute noch nicht entwickeltgenug sei, die polittsche Herrschaft zu übernehmen. Man soll« nichtin die ganze Klaffe des Proletariats das von vornherein hineinlegen,was zu werben ihr geschichtlicher Beruf ist.Auch die Frage, ob wir die zur Abschaffung der Klaffen erforder-liche Höhe der EntWickelung der Produktionskträste schon erreichthaben, sei nicht zu bejahen. ES ist nicht möglich, die ganze arbeitendeKlasse im Laufe von ein paar Jahren in Berhälmifse zu bringen,die sich sehr wesentlich von denen unterscheiden, in denen sieheute lebt.AuS alledem ergiebt sich Bernstein'» Anschauung, daß nicht auseine Katastrophe, aus einen»großen Tag. wo Alles anders nfird.zu spekuliren sei, sondern baß tue Ausgabe der Sozialdemokratiedarin bestehe, durch praktische, andauernde, vom Idealismus be-flüaelt« Thätigkeit demokratische und soziale Reformen zur allmäligenErhebung der unteren BolkSmaffen durchzuführen,