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Sozialdemokrat

Jentralorgan d. Deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei i.d.Tschechoslowakischen Republik

12 Jahrgang.

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früb.

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Dienstag, 6. Dezember 1932

Hakenkreuzniederlage in Thüringen  .

Rückgang um 23,5 Prozent. Auch die Kommunisten zurückgegangen. Sozialdemokraten behaupten ihren perzentuellen Stimmenanteil.

Berlin  , 5. Dezember.  ( Eigenbericht.) Die gestrigen Gemeinde- und Kreisratswahlen in Thüringen   zeigen einen weiteren schweren Rückgang der Hakenkreuzler. Die Sozialdemo­Icaten haben bei der schwächeren Wahlbeteiligung faft überall ihren perzentuellen Anteil an den abgegebenen Stimmen behaupten tönnen, die Kommunisten sind etwas stärker zurückgegangen.

Ein annäherndes Gesamtergebnis bietet folgendes Bild:

Sozialdemokraten

Kommunisten

Hafenkreuzler

·

.

.

.

4

4

190.000 Stimmen( lezte Reichstagswahl: 212.000) 143.000 Stimmen( 165.000) 252.000 Stimmen( 329.000)

Während der Stimmenrüdgang bei den Sozialdemokraten nur 10,5 Prozent ausmacht, was in dem Rückgang der Wahlbeteiligung begründet erscheint, sind die Kommunisten um 13.3, die Hakenkreuzier aber um nicht weniger als 23.5 Prozent gegenüber den Wahlen vom 6. November zurückgegangen.

In manchen Wahlkreisen sind die Verluste der Nationalsozialisten geradezu kata­itrophal. Se verloren fie in Eisenach   40 Prozent ihrer Stimmen, in Sondershausen  , an 30, in Gera   28 Prozent. In gar feinem Orte fonnten die Nazis den Anieil an den abgege benen Stimmen gegenüber den Reichstagswahlen auch nur annähernd halten.

Die Sozialdemokraten dagegen haben in einer Reihe von Landkreisen sogar ihre abso= Tute Stimmenzahl gegenüber dem 6. November zu steigern vermocht; in dem politischen Kreis Singenberg gewannen sie fünf Prozent, in Hildburghausen  , wo Hitler   zum Gendarmen ernannt werden sollte, troß dem allgemeinen Rüdgang der Wahlbeteiligung zwei Prozent.

Heute Reichstagscröffnung.

Sozialdemokratisches Mißtrauensvotum vorbereitet.

Nr. 287.

Gegen politische Falschmünzerei.

Verlogene Staatsangestellten- Freunde.

Die deutschen   Oppositionsparteien über- 1,, Rache" nehmen zu müssen durch die Be­bieten einander in den Beteuerungen, daß sie günstigung jener Politiker, die ihnen jetzt die einzigen und wahren Freunde der Staats- nach dem Munde reden, seien doch an die angestellten seien. Die Christlichsozialen spie Schuld erinnert, die z. B. die Christlich­len in diesem Konzert die erste Geige und die sozialen an den jetzigen Zuständen, im Hafenkreuzler haben sich das Dirigentenamt| Staatshaushalt haben.

zugelegt. Und wenn man die Blätter dieser Der Bürgerblock, dem sie angehörten, hat Parteien liest, so findet man, daß sich ihr den Besitzenden durch seine Steuerreform ,, Kampf gegen den Abbau der Staatsbeam reiche Geschenke dargebracht. Er war an der tengehälter nur gegen die Sozialde- Macht in den sogenannten fetten Jah­mofratie richtet; fast niemals wird der ren, zu einer Zeit also, in der es der Indu­Tatsache Erwähnung getan, daß bürgerliche strie und dem Handel gut ging. Er hätte die Parteien die Hauptverantwortung Möglichkeit gehabt, vorzusorgen für schlech­für ihn tragen. ,, Sozialistische Mißwirtschaft", tere Zeiten. Das hätte jedoch bedeutet, daß ,, Betrugsmanöver der Sozialdemokraten an die Besitzenden einen, wenn auch nur winzi­den Staatsangestellten" das ist so unge- gen Teil ihrer Konjunkturgewinne, dem fähr der Ton, auf den die Aeußerungen die- Staat in der Gestalt von Ertragsteuern und jer merkwürdigen Staatsangestelltenfreunde anderen Abgaben zur Verfügung stellen. Der abgestimmt sind. Bürgerblock hat jedoch den Staat gewijser­

Ein Teil der Staatsangestellten läßt sich maßen von der Hand in den Mund leben laf­von den Lockpfeifen dieser politischen Gaufler sen und durch seine Steuerreform dafür ge­einfangen. Und wenn wir auch die Erregung sorgt, daß den Besitzenden Lasten a b gebürdet der vom Gehaltsabbau Betroffenen verstehen, und ihre Gewinne dadurch vergrößert wur­wenn wir auch begreifen, daß sie sich gegen den. Sie wurden zum großen Teil verwen­die Verschlechterung ihrer Lebenslage wehren, det zu einer völlig planlosen Rationalisie so können wir doch nicht schweigen dazu, daß rung, deren Folgen die allgemeine Wirt­sie in dieser Erregung eine Stellung beziehen, schaftskrise noch verschärften. Die Entlastung die ihren Existenzkampf auf das schwerste zu der Besitzenden wurde aber auch durch das gefährden geeignet ist. Auch die Staatsan Gemeindefinanzgesetz durchgeführt, gestellten dürfen über dem Heute nicht das, vom Bürgerblock beschlossen, den Gemein das Morgen vergessen. Und sie dürfen sich den jegliche Möglichkeit nimmt, joziale Für­nicht von jenen eigennützigen politischen Kräf- jorge auf Kosten der Besitzenden zu treiben. ten und Parteien mißbrauchen lassen, denen Der Bürgerblock hat auch auf dem Ge­an verantwortlicher Arbeit viel weniger liegt biete der Sozialpolitik nicht vorgesorgt: als an dem gewissenlosen Zusammentrommeln die farge Sozialgesetzgebung, die er nicht mur von Wählerstimmen. nicht erweitert, sondern verschlechtert hat in

an

Zentrum mit längerer Vertagung einverstanden. baushalt von nicht weniger als zwei eingehälter überflüssig machten. Leute, die Die Nazis zögern noch.

Dagegen bemüht sich der Reichslarzler dringend, den Reichstag jojort nach seiner Ronstituierung zu einer längeren Bertagung zu bewegen und, selbst die Berlejung man spricht sogar von Anfang oder Mitte der Regierungserklärung möglichst lange Jänner hinauszuschieben.

Berlin  , 5. Dezember.  ( Eigenbericht.) In der ersten Sihung des am 6. November nen gewählten Reichstages, die morgen nachmittags stattfinden wird, werden die Sozialdemo fraten sofort ein Mitrauensvotum gegen die Regierung Schleicher mit der Be­gründung einbringen, daß die Zusammensehung des neuen Kabinetts teine, Gewähr dafür biete, daß sich dessen Politik wesentlich von der des früheren Kabinetts unterscheiden wird. Die Fraktion wird weiters verlangen, daß der Reichstag   sofort nach seiner Konsti­tuierung die Erklärung der neuen Regierung entgegennimmt und daß sich daran eine Aus Die Kürzung der Staatsangestellten einer Zeit, da die finanziellen Vorausjeßun­sprache über die wichtigsten politischen, wirtschaftlichen und sozialpolitischen Fragen anschließt. bezüge ist eine der vielen Maßnahmen zur gen für ihren Ausbau in reichstent Maße vor­Als besonders dringlich wird die Sozialde liner Verkehrsstreit fallen. Ferner ver- Ausgleichung des Staatsbudgets. Von der handen waren, erwies sich schon zu Beginn mokratie die schnellste Erledigung einer Reihe langt die Fraktion die Aufhebung der Angleichung der Staatsausgaben die der Krise als völlig unzulänglich. Der Bür von ihr eingebrachter Anträge und Gesetzent Terror Notverordnung und der Staatseinnahmen hängt für die Staatsange- gerblock hat aber auch die Steuern, auf die würfe fordern. Dazu gehören die Gewährung Sondergerichte  , die Wiedererhöstellten viel mehr ab, als es die oberflächliche der Staat Anspruch hatte, nicht eingetrieben, einer zusäßlichen Winterhilfe für alle unhung der sozialpolitischen Leistun Agitation der Oppositionsparteien und jene einige Milliarden betragen die Steuerrüd terstübungsempfänger und Hilfsbedürftigen so gen auf den Stand vor Erlaz der Notverord: Staatsangestellte wahrhaben wollen, die ob stände, die unter seiner Herrschaft aufliesen. wie der Erlaz einer Amnestie für poli- nung vom 14. Juni 1932, die Beschader Kürzung ihrer Bezüge den Blick für die Er hat sie nicht gebraucht; würden sie jedoch tische Vergehen und Vergehen aus fung von Arbeit und eine großzügige großen Gefahren verloren, die jedem einzel- eingetrieben worden sein, so wären jest sozialer Not. Unter diese Amnestie würden Durchführung des Siedlungswertes. nen unter ihnen bei einer anderen Lösung zusätzliche Mittel vorhanden, die auch die Verfahren im Anschluß an den Berl drohen. Es gilt, einen Abgang im Staats- u. a. auch die Kürzung der Staatsbeamten halb Milliarden zu beseitigen. Das so schwere Verantwortung auf dem Gewissen fann entweder dadurch geschehen, daß die haben wie die Christlichsozialen, sind sehr ver­Staatsausgaben gesenkt oder die Staatsein- dächtige Staatsangestellten freunde; das nahmen erhöht werden. Eine Maßnahme ist Schweigen stünde ihnen besser als das An­so unpopulär wie die andere. Wie sollte es llagen. nicht Unzufriedene geben, wenn die Staats- So ist es gekommen, daß die Krije Maß­Heute hat eine Unterredung zwischen dem führung gezwungen ist, beide Maßnahmen nahmen notwendig machte und macht, die dem Reichstagspräsidenten zugleich anzuwenden und zwar in einer Weise, nicht allein den Zweck verfolgen, dem Staat, Reichstanzler und Göring   stattgefunden. Die Besprechung betraf die in das Leben jedes einzelnen tief ein- der durch die Schuld des Bürgerblocks feiner angeblich nur die reibungslose technische Durch greift? Wer verübelt es den Staatsangestell- lei finanzielle Reserven hat, das zu geben, führung der Konstituierung, die nach der Erklä- ten, die bei uns ohnehin nicht gut bezahlt was er zum Ausgleich seines Haushalts benö rung Görings gesichert erscheint. sind, daß sie sich gegen den Abbau ihrer Be- tigt, sondern auch den Arbeitslosen, den Politische Kombinationen, die an dieje Auszüge wehren? Krisenopfern, die Erhaltung ihres nadien sprache geknüpft wurden, werden von den Nazis Aber sehen sie nicht, daß in der Staats- Lebens zu ermöglichen. In einem Kommuniquee über die heutige in Abrede gestellt. Die Nazis find jedoch nach verwaltung, besonders aber bei den sozial- Die Krise hat eine Senfung der Staats­Fraktionssitzung des Zentrums wird feſtgeſtellt, ihrer gestrigen schweren Niederlage bei den demokratischen Parteien, der ernste Wille vor- einnahmen zur Folge. Aber für die Er daß die Fraktion einer Vertagung des Reichs- Wahlen in Thüringen   offensichtlich nicht tages auf längere Zeit zustimmte, doch stehe darauf erpicht, mit der neuen Regierung sofort handen ist, alle zur Budgetausgleichung werbslosen muß trotzdem gesorgt wer noch nicht fest, wie lange diese Bertagung in einen Konflikt zu kommen. Es liegen sichere notwendigen und möglichen Vorkehrun- den. Ihre Zahl ist noch immer im Steigen währen soll. Die Fraktion stehe auf dem Stand. Anzeichen vor, daß sie deshalb der von der jgen zu treffen? Erst vor wenigen Tagen mel- begriffen. Nicht viel weniger als 600.000 punkt, daß der Regierung unter allen Umständen Regierung verlangten Vertagung des Reichs- deten die Blätter, daß eine endgültige Ent Männer, Frauen und Jugendliche sind auf Gelegenheit zur prattischen Artages bis Mitte oder sogar Ende Jänner scheidung über die Staatsbeamtengehälter eine übrigens unzulängliche Hilfe an­schließlich doch zustimmen werden. beit gegeben werden müsse. erst fallen werde, wenn das Budget in sei- gewiesen, die durch die Schuld der früheren nen Grundzügen fertiggestellt sein wird. Das Regierungen ausschließlich auf Ro­Amtlich wurde keine Mitteilung über das in besagt nichts anderes, als daß alle an- sten des Staates geht und aus dem den bereits gemeldeten Verhandlungen erzielte deren Ausgleichs Maßnahmen laufenden Staatsbudget bezahlt werden muß. lebereinkommen zwischen den beiden Ministern den Vorrang haben und daß das Die Gemeinden sind als Faktoren der sozia ausgegeben, auf deffen Grundlage sie erst in ihren Aemtern bestätigt wurden. Aus qut infor- Opfer, das von den Staatsangestellten ver- len Fürsorge zur Freude der Besitzenden aus­ihren Aemtern bestätigt wurden. Aus gut infor langt wird, nicht einmal das Kernst i of geschaltet. Das Loch im Staatshaushalt iſt mierten Stellen wird jedoch mitgeteilt, bei dem Bemühen darstellt, den Staatshaus nun nicht allein durch die Senfung der Ein daß der Landwirtschaftsminister von seiner halt in Ordnung zu bringen. Die Spartom- nahmen und durch die schwere Krise unsere Forderung einer Kontingentierung des Im- mission hat allein in der Staatsverwaltung Eisenbahnen entstanden, sondern vor ports landwirtschaftlicher Erzeugnisse, in der einen Betrag von fast einer Milliarde gestri- allem durch die Ausgaben für die die detusche Industrie eine große Gefahr er blidt, Abit and genommen und sich mit chen, eine Summe also, die weit mehr aus Erwerbslojen fürsorge, die im kom em Versprechen zufrieden gegeben habe, daß macht als die Gehaltskürzungen in ihrer menden Winter noch viel höber sein werde als in den früheren Monaten. ie Interessen der deutschen   Landwirtschaft Gesamtheit betragen. durch zollpolitische Maßnahmen gewahrt Diejenigen Staatsangestellten, die da Das Bürgertum ist bestrebt, das Lock in glauben, an den sozialdemokratischen Parteien Staatshaushalt auch dadurch zu stopfen, daß

Der Reichskanzler hat heute über diesen Bertagungsplan auch mit dem Zentrum vers handelt. Das Zentrum hat seinen Wünschen zugestimmt und hat sich darüber hinaus bereit erklärt, zwischen Schleicher und den Natio nalsozialisten in dieser Frage zu vermitteln.

Die Agrarkontingente gefallen.

Konilist Warmbold- Braun dadurch belgelegt.

neuen Re­

Berlin, 4. Dezember.  ( Wolff.) Ueber die endgültige Zusammenseßung der gierung wird amtlich mitgeteilt:

Der Reichspräsident hat auf Vorschlag des Reichstanzlers die Reichsminister Dr. Warm­bold und Freiherrn von Braun in ihren Aemtern als Reichswirtschaftsminister, beziehungsweise Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft bestätigt.

werden sollen.

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