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"« ww 1. Killigt lies.FlllMs" Krl« UcksM IM. LWhesversmmlllng her sachWell Tocialhemokratie. Krimmitschau. 4. April.. Die alljährlich stattfindende Landesversammlung wurde heute bornrittag 11 Uhr hier vom Reichstags-Abgeordneten Stolle mit einer Begrüßungsansprache eröffnet. Stolle wies darauf hin. wie gerade Krimmitschau historischer Boden für alle freiheitlichen Be- strebungen seit 1848 sei. Hier habe sich auch die Arbeiterschaft früh- zeitig als Klasse gefühlt und sich organisiert. Hier haben aber auch vielmehr als anderswo die Arbeiter die Macht der Reaktion zu fühlen bekommen. Krimmitschau habe in solchem Sinne ein Recht darauf, die Delegierten empfangen zu dürfen. In das Bureau wurden hierauf Kaden- Dresden und Grenz- Leipzig als Vorsitzende, Schmidt- Krimmitschau, Sindermann- Dresden , Zeisig- Chemnitz und K l e r i s- Mylau als Schriftführer gewählt. Das später verkündete Resultat der Mandatsprüfung crgie'bt, daß alle 23 Wahlkreise durch 64 Dele- gierte vertreten sind. Außerdem sind außer Auer nnd Schippe! sämtliche sächsischen Reichstags- sowie die Landtags- Abgeordneten anwesend. Ebenso das Centraikomitee. Der Parteivorstand in Berlin hat diesmal keinen Vertreter gesandt. In einem Briefe wird das mit Unwohlsein und anderweiter Behinderung entschuldigt. Vor Eintritt in die Tagesordnung wird auf Antrag Eichhorn- Dresden beschlossen, über die diesmaligen Verhandlungen ein ge- drucktes Protokoll herauszugeben. Tie Tagesordnung ist folgende: 1. Bericht des Zentralkomitees. Berichterstatter: Eichhorn- Dresden . 2. Die Organisationsfrage. Berichterstatter: G o I d st e i n- Zwickau. 3. Agitation und Presse. Berichterstatter: Eichhorn- Dresden . 4. Die bevorstehenden Landtagswahlcn. Referent: Fräßdorf- Mickten. Korreferent: L i p i n s k i- Leipzig. S. Die Gemeinderatswahlen. Referent: H ö p p n e r- Cotta. 6. Anträge der Parteigenoffen, 7. Neuwahl des Centralkomitees. 8. Wahl des Ortes für die nächste Landesversammlung. Zum ersten Punkt verweist der Referent Eichhorn auf de» gedruckten Bericht, der auch vomVorwärts" gleich den sächsischen Parteiblättern im wesentlichen abgedruckt worden ist. Er­gänzend weist der Referent auf die Referentenfrage besonders hin, die immer noch nicht genügend geregelt sei. Ein früherer Beschluß, daß sich die Referenten nur den Agitations- komitces zur Verfügung stellen sollen, werde nicht gehalten i ebenso nicht, daß die Referenten gegenseitig von den Bezirken ausgetauscht werden sollen. Die Agitation zur Reichstagswahl sei außerordent- lich rege gewesen, in der schriftlichen habe man vielleicht gar stellen- weise des Guten etwas zu viel gethan. Das erklärt sich aber zum Teil wieder aus dem Mangel an Versammlungslokalen. Der Stimmenrückgang in einigen Kreisen sei teilweise wohl der lässigen Agitation der Genossen mit zuzuschreiben. In der Strasliste sind die verurteilten Löbtauer Bauarbeiter mit aufgeführt. Damit ist das nachgeholt, was der Parteivorstand in Berlin unterlassen hat. Es sieht fast so aus. als ob man sich dieser Arbeiter geschämt habe. Der Parteivorstand habe da wohl einmal eine Dummheit begangen; man muß dagegen protestieren, ohne in dem Verhalten gerade eine Schwenkung zum Opportunismus zu erblicken. So schlimm ist es wohl nicht. Die nun folgende Diskussion drehte sich fast ausschließlich um die Haltung des Parteivorstandes das Zuchthausurteil betreffend. Voll und ganz auf dessen Standpunkt stellte sich aber nur Genosse Kaden. Alle übrigen Redner, so Lorenz. Hof mann, B e h e r- Leipzig, Sin d e rm ann- Dresden gaben Eichham recht. Sindcrmann brachte sogar eine Protest- Resolution gegen das Verhalten des Parteivorstandes ein. Ein der- artiges Vorgehen wurde nun freilich von allen anderen Rednem als übertrieben bezeichnet. Im allgemeinen ging die Meinung dahin, daß sich über die Sache streiten lasse und das Nichtregistrieren des Urteils vielleicht ein Fehler war; daß aber das unnötige Aufbauschen in der Presse nicht notwendig gewesen sei. Jedenfalls müßte die Frage, welche Urteile zu registrieren seien, in nächster Zeit einmal erörtert werden. In dem Sinne äußerten sich noch eingehend Gradnauer und Geyer. Den Stimmen- rückgang einiger Kreise führen mehrere Redner in der Hauptsache auf sehr natürliche Ursachen, nicht auf mangelhafte Agitation zurück, das wird hauptsächlich vom Vertreter des 11. Kreises(Würzen) betont. Die Erfolge in der Oberlausitz sollen vornehmlich der Agitation in gegnerischen Versammlungen zu danken sein. Jw seinem Schlußwort weist Eichhorn unter anderen die An- ficht Kadens über das Zuchthausurteil zurück.(Dieser hatte jeden Zusammenhang desselben mit der Arbeiterbewegung bestritten.) Eine solche Ansicht«verde sich auch der Parteivorstand nicht zu eigen machen. S i n d e r m a n n zog schließlich seine Resolution zurück. Nach einigen persönlichen Bemerkungen war nunmehr der erste Punkt erledigt. Jjum zweiten Punkt erhält darauf daS Wort Gold st ein- au: Die Organisation ist das Rückgrat der Partei. Sie aus- zubauen ist deshalb eine Notwendigkeit, die Organisation war bis- her eine sehr lose in Sachsen eine Folge der gesetzlichen Zustände und des Polizeisystems. Nachdem nun die eine gesetzliche Schranke: daS VerbindunaS- verbot, aufgehoben ist, mußte die Partei in Sachsen ganz selbst- verständlich an die Organisationsfrage herantreten. Die Landtags- staktion in Gemeinschaft mit dem Centralkomitee ist an diese Auf- gäbe herangetreten. Das positive Ergebnis ist der vorliegende OrganlsationSentwurf.(Derselbe ist seinerzeit in den Parteiblättern abgedruckt worden.) Mit der Aufhebung deS BerbindungSverbots ist aber den Arbeitem zugleich eine Verschlechtcmna deS Vereinsgesctzes beschert worden der Ausschluß der Minderjährigen aus politischen Versammlungen. Die Regierung hat eS aber unterlassen, eine Definition zu geben, was politisch ist, und wnS nicht; eine solche Definition ist auch sehr schwer. Da ist nun aber das eingetreten, was bei den sächsischen Polizeimaximen vorauszusehen war und was von unserer Seite im Landtage seinerzeit als Befürchtung ausgesprochen wurde, nämlich, daß von der Polizei überhaupt alle Veriammlunaen. auch die gewerkschaftlichen, als.politische" angesehen werden. Jede Be- Hörde verfährt und entscheidet wie sie gerade Lust hat. Minister v. Metzsch hat also nach der Richtung den früheren Kurs beibehalten. Unter solchen Umständen ist cS ganz erklärlich, daß den Arbeitem die Aushebung deSVerbindllngSverboteS nicht so viel nützt, als mangeglaubt hat. Solche Erwägungen waren mitbestimmend für das Zustande- kommen deS vorliegenden Entwurfs. Derselbe bringt keinegnindsätzlichen Aenderungen gegen bisher Bestehendes. Er will nur das Vorhandene in gewisie Formen bringen und zusammenfassen; die Agitations- komiteeS sollen mehr Befugnisse bekommen, vor allem dort, wo sie bis jetzt nur als Eventualkraft wirken konnten. Sie hatten jetzt nicht die Macht, ihren Beschlüssen und Direktiven die nötige Geltung zu verschaffen. In der Diskussion über die Frage in Genossenkreiscn sind drei Richtungen vorhanden: die auf dem Boden des Entwurfs stehende, die centralistische(für einen Landesverein nach süddeutschem Muster), und die föderalistische(Kreisvereine). Redner hält die erstere Anschauung für die richtigere, weil sie nicht schablonisiert, sondern jedem einzelnen Kreise für die Art der Organisation freie Hand lasse. Als Einheit sei der Wahlkreis da; dieser muß aber in sich selbst eigenes Leben bringen. Eines schicke sich und passe da nicht für alle. Redner führt dafür eine Reihe Beispiele an. Er weist ferner ebenfalls an der Hand recht drastischer Beispiele aus die ganze gesetzliche politische Situation in Sachsen hin, die mit Süddeutschland nicht zu vergleichen sei. Er erinnert an Vorgänge unter dem Socialistengesetz. Heute sei es nicht anders. Damit solle man rechnen. So lange wir dasJuwel" haben, müssen wir an dem, was sich bewährt hat, festhalten. Es wird darauf in die Diskussion eingetreten. Außer dem Entwurf liegen noch einige Anträge, die sich auf die Organisation beziehen, vor; der 5. Kreis(Dresden-Altstadt) will Schaffung eines Landesvereins unter Beibehaltung des Vertrauensmännersystems; das Centraikomitee soll nächstes Jahr einen neuen diesbezüglichen Entwurf vorlegen; der 16. Kreis fordert einen Landesverein nach bayerischem Muster; der 6. Kreis wünscht das Kreisvereinsshstem eingeführt; der 18. Kreis möchte das bisherige Vcrtrauensmännershstem beibehalten wissen und ist für Annahme des Entwurfs. Nach einer längeren Geschäftsordnungs-Debatte werden diese Anträge von Rednern ans den betreffenden Kreisen, und zwar von D re y e r- Löbtau, L o r en z- Chemnitz, K r ü g e r- Dresden und N e i s e l- Crimmitschau begründet. Die Generaldebatte eröffnet F r ä ß d o r f- Nickten. Er ist mit dem Entwurf einverstanden. Eine andere Art der Organisation sei unter dem jetzigen Polizeisystem nicht möglich. Wir müssen uns auf den Siandpunkt stellen: Geteilt marschieren, vereint schlagen. Geher ist mit dem. was der Entwurf will, im allgemeinen auch einverstanden. Er ist aber gegen die sofortige Annähme, da man sich heute noch nicht festlegen dürfe. Die Ansichten sind noch nicht geklärt, das beweisen die vorhandenen drei Richtungen. Er sei gegen einen Landcsverein iveniger in Rücksicht auf die Polizei. sondern aus praktischen Gründen. Die Centralisation mache die Werbung von Genossen schwieriger. Die durch lokale Vereine den Genossen gegebene Selbständigkeit erhöhe den agitatorischen Trieb. In seinem Artikel über die Frage sei er mehrfach mißverstanden worden. Er wolle die Vertrauensmänner nicht beseitigen; er habe nur gesagt, daß sie in manchen Fällen überflüssig sein werden. Uebrigens brauche man auf dieses System nicht zu sehr zu pochen. Es sei seinerzeit nur als Notbehelf eingeführt worden; die Aktionsfähigkeit einer geschlossenen Organisation könne ein solches System nicht ersetzen. Lange- Niederhäslich ist für Wahlkreis-Vereine. Grenz- Leipzig weist auf die bisherige verschiedenartige Stellung der Agitationskomitees hin. Er ist für den Entwurf, da dieser den verschiedenen Meinungen Rechnung trägt. Redner exem- plifiziert weiter auf Verhältnisse und Einrichtungen im 12. und 13. Kreise. Die weitgehendste lose Form biete der Behörde sicher am wenigsten Angriffspunkte. Die Verhandlungen wurden nunmehr abends 6 Uhr abgebrochen. Die Crimmitschauer Genossen haben zu Ehren der Delegierten einen Kommers in zwei festlich und sinnreich dekorierten Lokalen arrangiert. »» m» ** Krimmitschau, 5. April. (Privat- Telegramm.) Die sächsische Londesversammlung der Socialdemokratie debattierte heute ausführlich über die Partei- Organisation. Der centralistische Landcsverein wird abgelehnt, der Vorschlag des Centralkomitees, welcher die bestehenden Organisationssormen systematisch zusammen- faßt, angenommen. Ueber die Presse referierte Eichhorn. Er stellt ihren be- bedeutenden Aufschwung fest; die Abonnentenzahl hat sich von 27 000 auf 72 000 seit Jahresfrist gehoben. In der Debatte werden besonders Bedenken geäußert wegen des niedrigen Preises des um- gestalteten Chemnitzer Blattes. DerArme Teufel für die Ober- lausitz" wird als Partei-Organ anerkannt. ES folgt die Diskussion über die Beteiligung an den Land- tagötvahlen. Der Antrag Sindermann, eS den Wahlkreisen zu überlassen, ob sie sich beteiligen wollen oder nicht. wird mit großer Majorität abgelehnt. Der Beschluß: Die Partei beteiligt sich an den LandtagSwahle», wird mit öS gegen St Stimmen angenommen. Uokktles« Eine Flugblattverteilung findet im zweiten Wahlkreise a m nächsten Sonntag statt. Die Genossen, die sich im Dienste der Partei hierfür zur Verfügung stellen wollen, sind gebeten, sich recht frühzeitig und recht zahlreich an den bekannten Stellen zur Ver- fügung zu stellen. Dann ist die Arbeit rasch und ohne allzugroße Belastung für den Einzelnen geschehen. Erster Reichstags-WahlkreiS. Heute abend 8'/» Uhr findet eine öffentliche Versammlung in Cohns Festsälen, Beuthstr. 2021 statt, in welcher der ReichStags-Abgeordnete Genosse W. L i e b k n e ch t über die Angelegenheit deSFriedens-Kongresses" spricht. Um zahl­reiches Erscheinen ersucht Der Vorstand. Zur Neuwahl im zweite« Wahlkreise. Den Parteigenossen und Genossinnen die Mitteilung, daß heute abend 31/2 Uhr in Kriegers Salon, Wasserthorstr. 68, eine Versammlung stattfindet, in der Reichstags-Abgeordneter Max S ch i p p e l über die bevor- stehende Neuwahl sprechen wird. Warum wurde die Wahl de» Herrn Abg. Kreitling kassiert? Ueber diese Frage spricht Parteigenosse Abgeordneter Otto A n t r i ck heute abend in einer bei Habel, Bergmann- straße 27 stattfindenden öffentlichen Versammlung des Wahl- Vereins für den zweiten Wahlkreis. Zahlreicher Besuch wird er- wartet. Freie Volksbühne. Die Vorstellung der 3. Abteilung (graue Karten) findet am Sonntag, den 9. April, nachmittags 2�/« Uhr, im Friedrich-Wilhelm städtischen Theater statt.Der Erbförster" von Otto Ludwig . Die Vorstellung der 6. Abteilung(grüne Karten) am Sonntag, den 9. April, im Lessing-Theater:Erziehung zur Ehe" undLiebeSträume". ES ist somit in beiden Theatern eine Vereinsvorstellung. Siehe heutiges Inserat. Der Vorstand. I. A.: G. Winkler. Mit der Denunziation droht Eugen Richter wieder einmal. Sein Haß gegen die Arbeiter und die Furcht vor dem socialdemo- kratischen Wahlsiege hat alle kapitalistischen Instinkte dieses Bourgeois­politikers zur Glühhitze entflammt. Die Einflüsterungen gewisser Wahlmacher aus der Viktoriastraße überWahlfälschungen der Social- demokratie" haben ihn sogar die Thatsache vergessen lassen, daß die Wählerlisten von dem freisinnigen Berliner Magistrat angelegt sind. Wenn also wirklich Wähler eingetragen sind, die gar nicht in der angegebenen Wohnung wohnen, so trifft die Verantwortung da« für einzig und allein den freisinnigen Magistrat, denn nach- trägliche Anmeldungen zur Wählerliste erfolgen nur gegen Vorweis der amtlichen Papiere. Trotzdem stellt Eugen Richter immer wieder die grundverlogene Behauptung auf. daßsocialdemokratische Wähler(zu Tausenden, schrieb er zuerst) 1898 im 2. Berliner Wahlkreis zur Wählerliste sich gemeldet haben, obgleich sie in dem Wahlkreis gar keine Wohnung besaßen." Zum Beweis aufgefordert. konnte er bekanntlich nur einen einzigen Wähler nennen, den Tapezierer Rademacher, den niemand kennt, und von dem Eugen Richter daher wohlfeil behaupten konnte, er sei Sozialdemokrat. Um seine Verlogenheit und seine elende Verdächtigung des politischen Gegners zu verdecken, greift er jetzt unter großer Wortkanonade zu dem edelen Mittel aller schönen Seelen: er droht mit Gericht und Polizei und thut so, als wolle er die socialdemo- kratischen Wähler einschüchtern, indem er schreibt:Die b e« treffenden socialdemokratischen Wähler, welche damals zur Neu- wähl sich angemeldet haben, werden gut thun, um später sogar unbequeme Weiterungen zu vermeiden, diesmal dem Wahllokal fernzubleiben." Wir verlangen Angabe von Name, Beruf, Wohnung oder wir erklären nach wie vor diese Eugen Richterschen Redensarten als elende Flunkereien, denn weiter sind sie nichts. Und im übrigen kann sich Richter auslachen lassen: Wer in der Wählerliste steht, hat das Recht zu wähle», gleichviel, ob er im Wahlkreise wohnt oder nicht. Und niemandem können unbequeme Weiterungen" daraus entstehen I Herr Eugen Richter braucht man auch dann nicht zu glauben, wenn er sich einmal ausnahmsweise sogar dümmer stellt, als er selber-7- sein Willi De» Dank der Konservativen sich im voraus zu sichern, ist Eugen Richter ängstlich bemüht. So druckt er heute in der Freisinnigen Zeitung" die Aufforderung des Vorstandes des konser - vativen Wahlvereins nach, worin dieser um Beiträge zum Wahlfonds ersucht und dienationalgesinnten' Mitbürger auffordert, sich zu den Wahlvorbercitungsarbeiten zur Verfügung zu stellen. Ob Eugen Richter unter den.nationalgesinnten" Männern auch die sonst von den Konservativen so verächtlich mitjüdischem Freisinn" benamsten Heimann, Perls, Ullstein, Sachse u. s. w. versteht? Kein AgitationSvieh zu erlangen. Am 30. März druckten wir eine Aufforderung ab, die vom treisinnigen Wahlausschuß de? zweiten Reichstags-Wahlkreises au die s r e i I i n n i g e n ll n t e r* nehmet gerichtet war und dahin ging, am Wahltage so und so viele H a n d el s an g est ell t e zur freisinnigen Agitation abzukommandieren. Herr Eugen Richter meinte darauf ganzj naiv in derFreis. Ztg.", an wen sich der Wahlausschuß in solchem Falle denn sonst wenden sollte, wenn nicht an die Prinzipale! Mit dem Streben auf Erlangung von Agitationsvieh scheint e9 aber seine Schwierigkeiten zu haben, denn ein parteioffiziclleS Cirknlar an das freisinnige Unternehmertum besagt folgendes.- Berlin , den 2. April 1909. Sehr geehrter Herr l Vor einiger Zeit erlaubten wir uns an Sie die ergebene Bitte zu richten, uns für den Wahltag einige Herren als Hilfskräfte zur Verfügung zu stellen. Zu unserem größten Bedauern sind wir bis heute ohne Ant« wort Ihrerseits geblieben und gestatten uns daher, unsere Bitte recht dringend zu wiederholen und Sie zugleich zu? ersuchen, uns die Namen der Herren zugleich mit Ihrer Zusage schleunig st aufgeben zu wollen. Wir sagen Ihnen im voraus besten Dank und zeichnen Hochachtungsvoll Der Vorstand des Wahlvereins der Fortschrittspartei im zweiten Berliner Reichstags-Wahlkreise. I. A.: Arnold Perls. Albert Heimann. Woran liegt es, daß der Vorstand des Wahlvereins mit Hilfe des Unternehmertums nicht genügend Agitationskräfte erlangen kann? Denken die freisinnigen Unternehmer anständiger als die freisinnige Wahlleitung? S ch ä m e n sie sich der Zumutung, ihre Angestellten, um deren politische Gesinnung sie sich nach liberaler Weltanschauung nicht kümmern sollten, wider Sitte und Recht zur freisinnigen Wahlagitation abzu» kommandieren? Fürchten sie den Protest der Handlungs- gehilfen? Oder ist ihnen in richtiger Erkenntnis die freisinnige Sache nicht so viel wert, um die gewinnbringende Arbeitskraft der Angestellten auf einen Tag preiszugeben? Kommunale Monopolbestrebungen auf dem Gebiete deS BadewesenS" wollen die Inhaber der Privat-Bade- a n st a l t e n entdeckt haben. Nachdem sie mehrere Jahre hindurch erfolglos dagegen protestiert haben, daß die Stadtgemeinde durch die Errichtung von Warm-Badeanstalten ihnen die Kundschaft entzieht, hat jetzt derVerein der Badean st alts-Jn Haber von Berlin und den Vororten" eine Denkschrift verfaßt, durch die das Publikum über die angeblichen Monopolbestrebungen der Kommune aufgeklärt werden soll. Die Denkschrift verlangt, daß in den städtischen Badean st alten der Preis für die Wannenbäder herabgesetzt und die Zahl der Brause-Badeeinrichtungen vermehrt wird. Die. Stadt verdiene noch zu viel an ihren Bädern und berücksichtige nicht iienug die Bedürfnisse der unbemittelten Bevölkerimg. DaS timmt vollkommen, aber die Inhaber der Privat-Badeanstaltcn sagen das nicht deshalb und treten nicht dämm für die unbemittelte Bevölkerung ein, weil sie uneigennützige Förderer der Volks« gesundheit sein wollen. Sie wollen die städtischen Warm- Badeanstalten durch die von ihnen vorgeschlagene Reform in den Augen desjenigen Publikums, das zwar auch nichts weiter in die Suppe zu brocken hat. das aber doch, wie man zu sagen pflegt, noch ein bischen auf sich hält, auf das Niveau von Anstalten für das niedere" Volk hcrabdrücken. In der Denkschrift wird das nicht offen als Absicht zugegeben, aber die BadeanstaltS- Besitzer können von ihre» Vorschlägen unmöglich etwas anderes als diese Wirkung erwarten. Vielleicht würde die(ans sachlichen Gründen zu empfehlende) Durchfühmng ihrer Vorschläge nur bewirken, daß der größte Teil der ihnen jetzt bereits untreu gewordenen Kundschaft nach der Preisherabsetzung erst recht in den städtischen Badean st alten bliebe. Dann könnte eS leicht geschehen, daß der Betrieb von Badeanstalten thatsächlich zu einem kommunalen Monopol würde. Der öffentlichen Wohlfahrt wäre damit nur gedient. Ueber die Bildung eines Regierungsbezirks Berlin , in den die Städte Charlottenburg , Schoneberg und Rix- dorf, sowie eine Anzahl benachbarter Gemeinden aufgenommen werden sollen, wird derKöln . Ztg." zufolge dem Landtag schon in nächster Zeit eine Gesetzesvorlage zugehen. DieKölnische Zeitung " bringt mit diesem Plan die Neuregelung der Polizei- Verwaltung in Schöneberg in Verbindung, das seit dem 1. April einen eigenen Stadtkreis bildet. Während die Orts- Polizeiverwaltung von Schöneberg bisher dem Polizeipräsidium in Berlin unterstellt war. ist jetzt für sie eine eigene königliche Polizeidireftion geschaffen und an die Spitze derselben der bisherige Landrat in Ruhrort , Hammachcr, der Sohn des ftüheren Parin- mentariers, vorläufig kommissarisch, gestellt worden. Bemerkenswert ist hierbei, daß für die neue Polizeidirektton in Schöneberg nicht, wie für die Polizeidirektion in Charlottenburg , das Polizeipräsidium in Berlin , sondern bis zu der in Aussicht genommene» anderweitigen gesetzlichen Regelung der Regierungspräsident in Potsdam als Auf- sichtsinstanz bestellt worden ist. Ueber die Berliner Tterblichkeit im Jahre lKSK liegen bereits jetzt ausführlichere Mitteilungen bezüglich des Alters der Gestorbenen und der Todesursachen vor. Von den Alters- k l a f s e n war die Klasse 01 Jahr, die Säuglinge, mit 10 290 unter insgesammt 30 274 Sterbefällen weitaus am stärksten betheiligt. Unter den 12 Monaten hatten, wie immer, die heißesten die höchste Säuglingssterblichkeit. Infolge der zunächst kühlen Temperatur des Sommers fiel aber das Maximum diesmal erst in den August und September. Allein 3233 der gestorbenen Säuglinge kamen auf die Monate August und September, wodurch sich auch die Gesannntsterblichkeit. deren Höhe ja wesentlich durch die Höhe der Säuglingssterblichkeit bcein- flußt wird, in diesen beiden Monaten bedeutend steigerte. Von den