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Unglüdsweihnacht in Frankreich  :

Donnerstag, 28. Dezember 1983

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Seite 3.

2. E

203 Tote bei einer Eisenbahntatastrophe

Schnellzug fährt mit rafender 105- Stundentilometer- Geschwindigkeit auf einen Expreßzug. 3wölf Waggons in Trümmern.

Am Vorabend des Weihnachtsfestes war das Städtchen 2 a guy bei Paris  Der Schauplah der furchtbarsten Eisenbahnkatastrophe, die sich in den letzten Jahrzehnten ereignet hat. Der Paris  - Straßburger   Schnellzug braufte mit rasender Höchstgeschwindigkeit in einen vor ihm fahrenden Expreßzug Paris  - Nancy  , der wegen des Feiertagsandranges aus alten Holzwaggons zusammengestellt war. Die Stahlwaggons des Schnellzuges bohrten sich, da int Rebel das Saltzeichen überfahren worden war, mit entsetzlicher Wucht in dic jermalmt, ihre dichtgedrängten Infaffen wurden größtenteils in Stude jerrissen. Die letzten amtlichen Berichte melden 203 Todesopfer und vor läufig 300 Verwundete.

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300 Berlette

shofs wurden etwa 50 Leichen aufgebahrt, die bis zur Untenntlichkeit verstümmelt sind und deren Identität bisher nicht festgestellt werden konnte. hierher werden die entsekten Verwandten ge­führt, die sich überzeugen sollen, ob sich nicht unter den Opfern einer ihrer Teueren befindet.

Wer ist schuld?

Holzkonstruktion der Expreßgarnitur. Zwölf Waggons wurden einfach zwei Tschecho lowaten unter den gen und durch Wagen mit Eisenkonstruktion er

Toten

Die gesamte französische   Presse spricht etn mütig die Anficht aus, daß die Eisenbahnverval­ung schleunigt eine Reihe von Reform- Maznah­men treffen müsse. Insbesondere wird gefordert, daß die hölzernen Waggons aus dem Verkehr ge­jetzt werden. Weiter wird eine Berbesserung der Warnungssignale gefordert, nament lich in der Nacht und bei schlechter Sicht. Biele Der Schnellzug Baris Straßburg, der die Fachleute schlagen vor, die Fahrt der Eisenbahn­Ratastrophe hervorries, hatte direkte Prager   Waszüge durch Radiocinrichtungen zu dir gen 3. Klaffe. Mit ihm reisten mehrere tchecho gieren, so wie dies bei den Flugzeugen der Fall and slowakische Staatsbürger. Von ihnen erlitten die ft. Einige Blätter beschuldigen die Eisenbahnver­Arbeiter Jan Balel und Jan Hulit, der waltung als den eigentlichen Schuldigen an dem Anton Andrlit aus Unglüid. Der Lokomotivführer des Straßburger  

Das Unglüd hat ganz Frankreich   in Trauer versetzt und im Auslande größ­ten Widerhall gefunden. Nachstehend die Detailmeldungen.pd

Der ungeheure Weihnachtsandrang auf begab sich unverzüglich nach Bekanntwerden der Tschecho- Amerikaner fämtlichen französischen Bahnstreden hatte es mit Katastrophe mit einigen Regierungsmitgliedern Chicago  ( ein gebürtiger Mährer, der zur Weih Schnellzuges, der dere fatastrophalen Anprall bet fich gebracht, daß am Samstag auch auf dem an die Unfallstelle. Dort weilte bereits der Min- nachtsfeier in die Tschechoslowakei   reiste) und das fchuldet hat, erklärte nämlich auf die Frage with. Barijer Oftbahnhof eine große Anzahl Züge nur iter   für öffentliche Arbeiten, der persönlich die fünfjährige Töchterchen eines unverlegt geblierend des Berhörs, warum er mit einer so unge­mit Berspätung abgefertigt werden konnte. Dar ersten Bemühungen leitete, die zum Schuße der benen Ehepaares Jenbrier Berlegungen heuren Schnelligkeit( 105 Stundentilometer) ge­unter befand sich auch der Schnellzug Verletzten unternommen wurden. Sonntag vor- meift leichter Ratur. 3wei Tschechoslowa fahren fei, der Zug habe eineinhalb Stunden Paris Strazburg, der direkte Wagen nach mittags fand sich der Präsident der Französischen   ten wurden getötet: ber aus der Slowa Verspätung gehabt und die Eisenbahnverwaltung Brag führt. Kurz vor ihm, nur vier Minuten Republik   am Barijer Ostbahnhof ein, wo de tei gebürtige, in Frankreich   lebende Arbeiter sprede den Lolomotivführern für die Einholung Michael Ezorba und sein siebenjähriger Sohn folcher Verspätung Sonderprämien zn. Unterschied, hatte der fahrplanmäßige Expreß Opfer der Katastrophe aufgebahrt liegen. nach Ranch die Halle verlassen. Er war unge Peter. Ciorba, ein Vater bon fünf Kindern, war auf der Heimreise aus Paris  , wo er in ärzt wöhnlich überfüllt mit Weihnachtsreisenden, Stue licher Behandlung gewesen war. Er erlitt bei der denten, Geschäftsleuten und vielen Familien mit Ratastrophe schwere Berlekungen, denen er nach Aindern, die am Weihnachtsabend zu Hause sein wenigen Stunden erlag. Sein Sohn Peter, der ihn auf der Meife begleitet hatte, wurde Mon.

wollten.

Das Belleid des Auslandes Auf der ganzen Welt trafen in Paris   Dei­leidslundgebungen aus Anlaß der Katastrophe von Lagny ein. Außenminister Paul Boncour   ist u. a. Außenministers Dr. Beneš zugegangen. Außer dem erhielt Minister Paul Boncour   den Besuch des Apostolischen Runtius in Paris   Maglione, des Sowjetbotschafters Dowgalewskij und des holländischen Gesandten London  , die ihr Beileid zum Ausdrud brachten.

Der Bahnhof ais Leichenhaus Am Ostbahnhof von Paris   spielten sich un­jäglich traurige und erschütternde Szenen ab. Schon gleich beim Ausfahren hatte dieser Massenweise trafen hier die Vertvandten jener 8ng einen Maschinendefekt, der aber rajch Personen ein, die in den verunglüdten Zügen ab tag unter den verstümmelten Leichen im Barifer ein Beileidstelegramm des tschechoslowakischen behoben werden konnte. Unglüdlicherweise aber gereift waren. In den Kellerräumen des Bahn- Ostbahnhof identifiziert. wiederholte fich dieser Maschinenschaden auf freier Strede, so daß der Zug in der Nähe ber Station Lagny halten mußte. Es herrschte dichter Rebel Rugs und Lokomo tibführer legten, da die Schlußlichter nur mühsam die brauenden Schwaden durchdrangen, Signal Sprengkörper auf die Geleise, um ein Unglüd zu berhüten.

Zusammenprall im Rebel

Aber sie vermochten es nicht. Eine halbe Stunde nach Abgang des Nancy  - Expreß wurde bom Pariser Ostbahnhof der Schnellzug Paris  - Straßburg  ( mit direllen Waggons 3. Klasse bis Prag  ) abgefertigt, der eineinhalb Stunden Verspätung hatte. Der Lokomotivführer des Zuges wollte um jeden Preis die Verspätung einholen. Er gab, taum hatte er Paris   verlassen, Bolldampf und der Zug, eine moderne Garnitur mit neuen Gangstahlwaggons, erreichte eine Geschwindigkeit von 105 Stunden. filometern. In dieser Schnelligkeit raste er dem Nanch- Expreß nach. Als der Lokomotivführer in dem dichten Nebel 50 Meter vor sich plötzlich bie roten Schlußlichter des auf der Strede fichent

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Lokomotivpersonal schuldlos.

Signale haben schlecht funktioniert.

Unter dem ersten Eindruck der Katastrophe waren der Lokomotivführer und der Heizer bes Paris  - Straßburger   Schnellzuges verhaftet worden, was zu Protesten in der sozia liftifchen Breffe führte. Der Untersuchungsrichter hat jedoch Dienstag abends ihre Frei­laffung angeordnet.

Nach Zeitungsmeldungen hat die Probefahrt eines besonders zusammengestellten Zuges mit Eisenbahnfachverständigen zu der Feststellung geführt, daß die Signale auf der Strede tatsächlich schlecht funktioniert haben.

piane

In der öffentlichen Meinung wurde die Haftentlassung mit Befriedigung zur Kenntuis genommen. Die Presse, insbesondere die Linkspresse und die Arbeiterpresse, fordert dringend die Untersuchung der wirklichen Ursachen der Ratastrophe und die Bestrafung der feftge stellten wirklichen Schuldigen. Gleichzeitig prangert die Preffe den Umstand an, daß die Rata­strophe, die kurz vor 8 Uhr eintrat, von den Beamten des Ostbahnhofes in Paris   bis Mitternacht verheimlicht wurde. Den Redaktionen wurde nach wiederholten Aus fragen nach längerer Zeit mitgeteilt, daß es sich um einen einen Unfall mit einigen Ver­legten handle.

Die Blätter entschuldigen schließlich diese Verheimlichung des Unglüdes, entschuldigen aber nicht den Umstand, daß selbst der Pariser   Polizeipräfekt von der großen Ratastrophe auch erst nach drei Stunden und dann noch nicht von dem riefigen Umfange der Rata­

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den Expreß sah, zog er sofort die Bremstrophe verständigt wurde. So geschah es, daß die Pariser Polizeipräfektur an die Unfallstelle

fen, aber zu spät. Mit donnerndem Krachen fuhr der heranbrausende Schnellzug in die Holz­waggons des Nancy- Expreß hinein, zer­

maimte dieleßten Waggons mit ihren In­faffen und legte auch die folgenden zwölf Wagsons in Trümmer. Die Wirkung war granenhaft. Bon den hölzernen Waggons war nichts übrig geblie ben. Die Holz und Eisenteile flogen zur Seite und fielen auf der Böschung länas der Geleise nieder. Rechts und links von den Geleisen lagen atvei­hundert Meter weit die Toten und Schtver berleßten.

Beim Straßburger Schnellzng wurde nur die Lokomotive, der Bostwagen und zwei Perio. nenwaggons stärker beschädiat. Die übrigen Waggons blieben auf dem Geleise stehen und die Reifenden erlitten nur leichte Verlegungen durch die Erschütterung bei dem Zusammenprall.

Unter den Toten befinden sich der Bürger­meister der Stadt Verdun  . Deputierter Schlei ter, ein befannter Freund der Tschechoslowakei  , der radikale Deputierte Rolin aus dem Depar­temen: Haute- Marne   und der ehemalige Unter­ftaatssekretär für die befreiten Gebiete Paul Morel.

Nach dem Zusammenstoß entstand auf der Strede eine unbeschreibliche Panit. So­fort wurden Re tungsarbeiten in Angriff- nommen, zunächst von Freiwilligen, die bei dem Unglüd mit dem Leben davongekommen waren, und später von Rettungsabteilungen aus den um­liegenden Gemeinden. Die Toten wurden nach Paris   überführt, die Verwundeten teilweise ins Barijer Stranfenhaus, teilweise in das Kranken­haus der Stadt Lagny.

Der Eindruck in Baris

nur eine fleine Anzahl von Rettungsautomobilen und Hilfskräften sandte.

Ein Arzt erklärte heute dem Berichterstatter des L'Oeuvre", daß infolge der uns

zulänglichen und verspäteten sile viele Berleßte durch den stren­gen Frost zugrunde gingen.

Die Ratastrophe von Lagny wird den Gegenstand zahlreicher Juterpellationen in der Kammer bilden.

insicandadulf

biri mo

Die ersten Meldungen über die Eisenbahn­fa'astrophe bei Lagny trafen in Paris   furz nach dem Beitpunkt ein, als die Kammer ihre vor­weihnachtlichen Arbeiten erledigt hatte und die Deputierten in ihre Wohnorte abreisten. Die Nachricht rief in Paris   ungeheure Bestür­zung hervor. Miniſterpräsident Chau temps Aufräumungsarbeiten an der Trümmerſtätte bei Logny, 20 km von Paris  jod and stand og

Prag  , 27. Dezember. Der Borsitzende der Regierung Jan Malypetr   hat aus Anlag des Eisenbahatunglüdes bei Bagnh dem Minister­präsidenten Camille Chantemps folgendes Telegramm gesandt:

Sr. Exzellenz Canville Choattemps, Bor­sitzender der Regierung, Paris  . Unter dem Ein­brud der schredlichen Ratastrophe bei Lagnh, bitte ich Ew. Exzellenz, den Ausdrud des auf­richtigen Beileids der tschechoslowakischen Regie­rung und meines persönlichen Beileides ent­gegeimchmen und der Regierung der französischen Republik verdolmetschen zu wollen: Gez. Maly­petr, Vorsitzender der tschechoslowakischen Regie­rung."

Eine Regierungserklärung bei der

Einfeguung.

Paris  , 27. Dezember.( Havas.) Am Ost­bahnhof fanden heute vormittags die Einseg nungen der Opfer der Efienbahnfatastrophe bri Lagny statt. Anwesend waren der Präsident der Republit Lebrun, der Vorsißende der Regie­rung Chau temps, die Mitglieder der Regie­rung, zahlreiche Deputierte und Senatoren, Eisenbahnerbelegationen usw. Ansprachen hielten der Vorsitzende des Verwaltungsrates der Eisen­bahngesellschaft Renaudin und der Minister für öffentliche Arbeiten Pagagon, der die tragi­fchen Umstände der schrecklichen Ratastrophe er­wähnte und im Namen des ganzen Volkes den Opfern die letzte Ehre erwies. Der Minister be­tonte, daß eine gründliche und unpar teiische Untersuchung durchgeführt werden wird, um die Ursachen zu beseitigen, die diese furchtbare Ratastrophe herbeiführten. Ge­beugt von so großer Trauer, wünsche das fran­ zösische   Volt, daß sämtliche wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften in den Dienst der Sicherheit gestellt werden. Die Signale, das Ma­terial, die Bremsen und die Strecken müssen die notwendigen Verbesserungen erfahren. Alle Be­mühungen werden der Sicherheit des mensch­lichen Lebens zugewendet werden. Zum Schluß betonte der Minister, daß die Regierung diese Aufgabe mit ihrem ganzen Willen und aus vollem Herzen verfolgen werde.

Kommunistische Strelkaktion

dem

auf dem Rohinoor- Schacht.

Brüg, 27. Dezember.  ( Tfch. P.-B.) Auf dem der Brucher Stohlenwerks- A.- G. gehörenden Kohinoorschacht in Bruch bei Brüg haben gestern die Bergarbeiter zum Zeichen des Pro­bestes gegen die auf Grund des Prager Abfom­mens in der Sohlenindustrie verfügten Kün­bigungen von zwölf Bengarbeitern bes genannten Schachtes die Arbeit eingestellt. Der Ausstand dauert heute noch an. Nure die Sicherheitsmann schaft ist eingefahren.

Die Streilleitung liegt in den Händen der Rommunisten, die übrigen Gewerbschafts­organisationen wollen mit dem Streit nichts gemein haben. Die Stoeilagitatoren erzielten bei ben Bert Belegschaften bec Radbefche Lein Radbadeleinen

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