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ZENTRALORGAN
DER DEUTSCHEN SOZIALDEMOKRATISCHEN ARBEITERPARTEI
IN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
ERSCHEINT MIT AUSNAHME DES MONTAG TAGLICH FRUH. REDAKTION UND VERWALTUNG PRAG XII., FOCHOVA 62. TELEFON 53077. ADMINISTRATION TELEFON 53076. HERAUSGEBER: SIEGFRIED TAUB. CHEFREDAKTEUR : WILHELM NIESSNER. VERANTWORTLICHER REDAKTEUR: DR. EMIL STRAUSS, PRAG .
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Samstag, 17. Feber 1934
Nr. 40
Kindermörder
Drei neue Hinrichtungen Galgen- Christen
Auf Betreiben der Heimwehr - Sadisten
Wien , 16. Feber. In den schwergeprüften Auch die Schutzbündler Josef Fidra, AnStädten Desterreichs beginnt allmählich wieder ton Přibyl, Josef Dankl und Ludwig die Ruhe einzukehren. Der heldenhafte Wider- Thu ma, die bei den Kämpfen um das Ottakrin stand der Arbeiterschaft ist gebrochen und nur ger Arbeiterheim gefangen wurden, wurden zum an der Wiener Peripherie wurden heute die letzTode verurteilt, und es besteht wenig Hoffnung, daß sie dem Henter entrissen werden. ten Hänslein der Unentwegten anfgerieben.
In den Nachmittagsstunden fanden Haus inchungen in den Gemeindehänsern statt, die wohl noch morgen andauern werden, da noch 50 Objekte zu durchsuchen sind. Bisher wurden 150 Maschinengewehre, 1400 Gewehre und 3000 Revolver aufgefunden. Auch eine Menge Handgranaten wurde beschlagnahmt. 2500 Schutzbündler wurden in die Gefängnisse abge führt, die um zwei große Privatgebäude ver mehrt werden mußten, da die öffentlichen Ge bände die Zahl der Verhafteten, die vor das Standgericht kommen sollen, nicht aufnehmen können.
Im ganzen Lande arbeiten die Standgerichte mit Volldampf. In Wien tagen deren sieben, in der Provinz acht. Vom Justizministerium ist heute eine Weifung an die Standgerichte erlassen worden, derzufolge einige Führer der So= sialdemokratie noch leute abgeurteilt werden sollen. In Wien wurden bereits der Schutzbündler Emil Svoboda, in St. Pölten die beiden Sozialdemokraten Viktor Rauchen= berger und Johann Hois zum Tode verurteilt.
Gestern herrschte noch die Annahme vor, daß man von der Hinrichtung der Aufständischen Abstand nehmen werde, da sich dagegen sogar der Erzbischof von Wien und zahlreiche einflußreiche
Christlichsoziale, sowie die Gesandten Englands und Frankreichs eingeſcht hatten. Heute hingegen liefen die Heimwehren bei Dollfus wieder Sturm und verlangten blutige Rache an den Aufständischen.
Die Heimwehr hat auch diesmal die Ober' hand behalten. Die zwei Todesurteile in St. Pölten sind nachts vollzogen worden. Johann Hvis und Vittor Rauchenberger wurden um 20 Uhr 20 und 20 Uhr 35 gchenkt.
Zur belben Zeit wurde auch in Wien Emil Svoboda dem Henter überliefert.
Inzwischen hatten schon in Wien die Stand gerichte gemäß der Weisung weitere Todes
Die Heimwehr verlangt ihre Opfer; fic verlangt den blutigen Lohn für die von Militär und Polizei durchgeführte! ,, Niederwerfung des Austrobolschewismus“.
Morgen kommt ein sozialdemokratischer Abgeordneter aus der Steiermark vor das Standgericht. Er hat an den Kämpfen um Eggenburg teilgenommen. Der Name wird geheim gehalten.
jedoch kaum lange dauern, da sich bereits fich t Die Brüderschaft der blutigen Hand dürfte bare Sprünge in der Freundschaft zeigen. Wenn Europa nicht bald der Henfers arbeit in Desterreich ein Ende bereitet, werden die Nazi feine allzu schwere Arbeit mehr haben, um über die sich gegenseitig bekämpfenden Sieger die Oberhand zu behalten!
Zwei tschechische Genossen ebenfalls verhaftet!
Unter den von den christkatholischen Doll. fuß- Fascisten Getöteten sollen aud) 85 in. der im Alter unter 14 Jahren sein. Männer und Frauen, Mütter und Väter, welcher Parteirichtung sie auch immer angehören mögen, wenn nur ihr menschliches Fühlen durch die infaine Der tschechische sozialdemokratische Landtags- antimarristische Hetze der fapitalistischen Söld abgeordnete und Gemeinderat Alois Vavroulinge noch nicht vollständig ausgetilgt ist, mögen cf wurde gestern in seinem Büro in der Admi- sich das Grauen, das Entseyen, das Furchtbare, haftet. Heute früh wurde auch der zweite tschechische und sich vorzustellen fuchen, daß es ihre eigenen nistration der eingestellten„ Dělnické Lism" verdas sich in dieser Zahl ausdrückt, ausmalen sozialdemokratische Landtagsabgeordnete und Ge- Kinder sind, die in der langen Reihe der von meinderat Anton W a chát verhaftet. Beide wurden in die Polizeidirektion auf der Rossenerlände den Gewehrkugeln durchfiebten, von Granaten gebracht. zerfekten oder von den einstürzenden Mauern zerquetschten Menschenleiber tot und starr da liegen. Grausam ist schon das Hinschlachten der Männer, nur weil sie sich dagegen wehrten, in den Pferch der fascistischen Stnechtschaft von den eidbrüchigen Usurpatoren der Macht hineingestoßen zu werden, doch an gigantischer Bestialität alles übertreffend ist das reihenweise Hinschlachten der Kleinen, die faum ins Leben getreten, Freude und Stolz ihrer Eltern gewesen sind. Die menschliche Sprache hat keinen Ausdruck dafür, um das Verbrechen, das hier begangen wurde, zu brandmarken.
Straflosigkeit
bei Abfuhr von Waffen
Die Sicherheitsbehörde verlauftbart spät nachts, daß derjenige, der bis zum 25. d. M. Ges wehre abliefert, zwei Schilling Prämie pro Stück erhält, für jedes Maschinengewehr 50 Schilling. Außerdem wird Straflosigkeit und Geheimhaltung des Namens verbürgt.
Ein Orden für den Bluthund Fey
vom christlichen Bundespräsidenten Miklas
( Amtlich.) Bundespräsident Miklas empfing gestern nachmittags den Bizetanzler Major a. D. Emil Fey , um deſſen abschließen den Bericht über die Beendigung der Unruhen der letzten Tage entgegenzunehmen. Als äußereszeichen des Dankes und der Anerkennung überreichte Bundespräsident Miklas dem Vizefanzler Fey die Infignien des ihm verliehenen Großen Ehrenzeichens am Bande.
Nach guten Informationen von Heimwehr
seite soll in der nächsten Zeit eine kleine Re- heitswache die Zahl der gefundenen Waffen für Daraus tann man schließen, daß die Sicher gierungsum bildung vollzogen werden. unvollständig hält und meint, daß große Mengen Der derzeitige Regierungskommiffär für Wien , von Waffen noch verborgen sein müssen. Schmit, foll sein Amt als Sozialminister zu rücklegen und an seine Stelle soll der Heimwehrführer Neustädter- Stürmer treten.
Landeshauptmann Dr. Schlegel in Ungnade
Unter dem Einfluß der Heimwehren wurde heute der christlichsoziale Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Schlegel nach Wien zur Berichterstattung berufen. Starhemberg hatte Dr.
Wie jetzt durch Meldungen der Heimwehrpresse bekannt wird, haben in die Wiener Kämpfe auch Flugzeuge attiv eingegriffen. Zwei Polizei und vier Heimwehrflugzeuge sollen in die Stämpfe um den Karl- Marr- Hof und um den Goethe- Hof aktiv mit Maschinengewehren und Bomben eingegriffen und einige Maschinengewehrnester unschädlich gemacht" haben. Ein Flugzeug wurde dabei durch Maschinengewehrfeuer der Eingeschlossenen tamp funfähig gemacht.
85 Kinder! Die Zahl mag vielleicht nicht genau stimmen. Es können mehr oder etwas weniger sein; fest steht, daß von den Kartätschen. welche die Feys und Dollfuß in die von der sozialistischen Gemeinde Wien errichteten Wohn gebäude hineinschießen ließen, zahlreiche Stinder getötet wurden. Die genaue Zahl wird man nic erfahren, wie überhaupt die Regierung der christkatholischen Mörder sich ängstlich davor hütet, bekanntzugeben, wie viele der Opfer der strieren sind. Die Welt würde sonst erschauern grauenvollen österreichischen Bluttage zu regi
unter den Anblick des Bildes, auf welchem Sumpf von Blut und Tränen das neue Gebäude des„ christlichen“ und„ autoritären" Staates er richtet werden soll.
Lasset die Kleinen zu mir fommen! So sprach jener, dem die nicht auf Grund irgend cines Rechtes, nicht auf Grund ihrer zahlenmäßigen Ueberzahl, sondern nur mit Hilfe des Besitzes der staatlichen Wachtmittel, des Besitzes von mehr Munition, von Artillerie, Giftgajen und Minenwerfern heute in Desterreich zur un
Unmenschliche Brutalitäten ſchränkten Herrschaft Gelangten angeblich fol
nrteile gesprochen. Bon zehn Gefangenen vom Schlegel in einer Rede beschuldigt, daß er am Unmenschliche Brutalitäten
Reumannhof wurden zwei, und zwar Emanuel Seiler und Johann Kastinger zum Tode verurteilt, während der Angeklagte Mosto, der noch nicht 18 Jahre ist, zu sieben Jahre Kerker verurteilt wurde.
Ausbruch der revolutionären Erhebung in Ober österreich schuld sei, weil Schlegel ständig seine schüßende an d" über die sozialdemokra tische Partei gehalten und dieser so die Vorberei tung des Bürgerkrieges ermöglicht habe.
Die Sieger richten sich ein
Besuche bei Seitz untersagt!
In Wien beginnen sich die Sieger einzurich-| lügenhaft zu verkleinern und so erzählen sie, der ten. Alles, was an die Revolution von 1918 cr- Berlust an Toten betrage beim Zivil 105 Tote, innert, wird radital entfernt. So war es eine bei der Staatsexekutive 102 Tote. Das sind nichts Sorge der neuen Machthaber, heute schon die als frei erdachte Zahlen. Straßentafeln am Ring des 12. November zu beseitigen. Auch die Armeebefehle des heutigen Tages erinnern an die Kaiserzeit. BundespräsiHeute fand im Bundeskanzleramt ein infordent Miklas hat einen Aufruf an die Trup mativer Empfang der Auslandjournalisten statt. pen erlassen, in dem er ihnen für den Kampf ge- Siebei wurden einige Fragen betreffend den ver= gen die Schutzbündler dankt. In dem Aufruf heißt es, daß die Soldaten ,, getreu der ruhm ein amerikanischer Journalist, ob es wahr sei, daß hafteten Bürgermeister Seit gestellt. So fragte reichen Tradition der alten Armee gekämpft und Seik im Gefängnis geprügelt worden sei. Der auch im Kampfgeist dieser Armee nicht nachge= Leiter der Preffeabteilung, Minister Ludwig, be= standen haben." Ein Tagesbefehl des Ministers Fe y an die Stritt dies entschieden, untersagte aber BeExekutive dankt dieser, daß sie den Aufstand der suche bei dem verhafteten Bürgermeister mit der
Bratislava , 16. Feber. Dr. Otto Bauer und Julius Deutsch , legter mit einer schweren Verlegung am linten Auge, jind in Bratislava augekommen. Ueber ihre Erlebnisse während der Wiener Stampftage erklärte Deutsch einem bürgerlichen Journalisten gegenüber u. a.:
Die Regierungsorgane haben sich Brutalitäten zuschulden kommen lassen, die in der Geschichte der Welt einzig dastehen. Mit Kanonen wurde nach Objekten geschossen, in denen nur Frauen und Kinder waren. Das Urteil über dieses Vorgehen wird nicht heute und nicht mor= gen gefällt werden. Auf welcher Seite das Recht und auf welcher das Unrecht war, wird die Weltgeschichte entscheiden. Als Führer des republikanischen Schutzbundes lege ich mit ruhigem Gewissen mein Schicksal in die Hände des Weltgewissens.
Ohne Auto
in der Uebermacht befindlichen Austrobolfchewi- Begründung, daß man dem alten Manne Ruhe watei gekommen sei, erwiderte er:
fien" niedergeschlagen haben.
Gelogen wie gedruckt
gönnen müffe."
Auf die Frage, warum Seit und andere Füh
Ich bin mit keinem Auto über die Grenze digen Marsche, bei dem mich meine Verlegung am Auge stark behindert hatte. Ich hatte kei nen franzöfifchen Reisepaß und infolgedessen auch nicht, wie manche Blätter behaupteten, ein tschechoslowakisches Visum. Ich war völlig ohne Papiere."
rere der Partei verhaftet worden seien, die sich angekommen, sondern zu Fuß nach einem vierstünden Kämpfen nicht beteiligt hatten, und unter fann man über die Verlustziffern sagen, welche der chelcher Anklage sie stünden, wurde erwidert, daß öſterreichische Bundespressechef Ludwig gestern die sozialdemokratische Partei des Verbrechens einer Wiener Preffekonferenz mitteilte. Natürlich der Rebellion gegen die Staatsmacht" angeklagt suchen die regierenden Mörder die Zahl der Opfer und daß dies ein ausreichender Grund zur Bermit Rücksicht auf die Empörung des Auslandes haftung der Führer sci.
gen und dessen Lehren angeblich die von ihnen befolgten sind.
O, mit den Lippen beten sie zu den Goft. der von heißer Liebe zu den zarten Kinderseelen erfüllt war, sie nehmen an Prozessionen teil und Knieen auf Betstühlen, auf denen sie sich mit ihrer Andacht kokettierend, wie es der Herr Dollfuß mit Vorliebe tut, für die illustrierten Zeitungen photographieren lassen, aber all ihr zur Schau getragenes Christentum hat sie an dem neuen bethlehemischen Kindermord nicht zu hindern vermocht. Es ist nicht Dollfuß allein, der es verstanden hat, Christentum und Mord arbeit an Kindern und Frauen zu einer Syn these zu vereinen. Sicher gibt es noch Christen, die entsetzt sind von so viel Roheit und Unmenschlichkeit, wie sie in diesen Tagen von den Repräsentanten des katholischen Klerikalismus bewiesen wurde, aber seht, wie auch die Zeitungen dieser Sorte auch anderwärts, auch bei uns, dem arrangierten Blutbade jubelnd Beifall zollen und ihr werdet erkennen, was diesen ver meintlichen Streitern für die menschlichen Ideen des Begründers der Lehre von der Nächstenund der Kinderliebe diese Lehre noch) gilt!„ Höch stes Lob gebürt der Pflichttreue der Männer, die in diesen schweren Tagen treu zur Regierung und zum Kanzler standen" so und ähnlich beloben die von katholischen Priestern geleiteten christlichsozialen Zeitungen bei uns die Henkers Enechte des österreichischen Fascismus, so under