Nr.?5
Mittwoch, 30. Jänner 1835
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Das nichtarische Kleinod In Nr. 1. derK u n st l a m m e r", dem amt­lichen Organ der.Reichskammer der bildenden Künste  " nennt Philipp Harth   im Leitaufsatz M a- r e es einen der groben Künstler, die.abseits von der offiziellen Auftragserteilung" gearbeitet haben. Harth bezeichnet Marees Werke als.Kleinode shm- bolhaftdrutscher, unangekränkel­ter Gestaltung". Soweit gut. Rur   ist dem repräsentativen Organ nazideutscher.Kunst"politik ein kleiner, belustigender Irrtum unterlaufen. Vlaziti ist nämlich.Nicht, art er", seine Mutt«.r t-»r die Jüdin strederikeSustmann aus Hallerstadt. Kann der nationalsozialistische Rasse-Unfug geistrei­cher ad absurdum geführt werden als es hier durch die Braunen selbst geschieht?l
Eine Schülerzeitschrift. Unter dem Titel Iouth an School" erscheint in New Aork eine Wochenzeitung, die ausschließlich für Schüler be­stimmt ist und eine Auflage von über einer Mil­lion hat. Sämtliche Redakteure sind Schüler. Die Zeitung wird wegen ihres ausgezeichneten In­halts auch von Tausenden von. Erwachsenen ge­lesen. Außerdem benutzen zahlreiche Geschäftsleute die Schülerzeitung als Jnsertionsorgan. Schlägerei zwischen Gefangene«. In einer Zelle des Gerichtsgefängnisses in Jaworzno   bei Bendzin  (Polen  ) kam es zwischen mehreren Gefäng­nisinsassen zu einer blutigenSchlägerei, in deren Verlauf sieben Gefangene schwer verletzt wurden. In der Gemeinschaftszelle waren insgesamt neun Gefangene untergebracht, di« mehrere Tag« Gefängnis wegen widerrechtlichen KoH- lenförderns aus Notschächten zu verbüßen hatten. Da der Raum verhältnismäßig klein ist, kam es des öfteren zu Streitigkeiten. Im Verlaufe einer sol­chen Auseinandersetzung geriet der Gefangen« Jubel in eine derartige Erregung, daß er ein Rasiermes­ser zog und auf seine Widersacher blindlings ein­stach. Es entwickelte sich daraufhin eine furchtbar« Schlägerei. Ehe die Gefängniswache zur Stelle war, hatte Jubel bereits sieben Männer schwer ver­letzt. Die Verletzten mußten sofort dem Kranken­hause zugeführt werden, wo zwei von ihnen in ge­fährlichem Zustand darniederliegen. Musikalisch« Schlange«. In dem Orte Synum, 80 Meilen von Melbourne  , wimmelt es in einem Stadtteil von Schlangen. Es sind sogenannte Tiger» schlangen, schwarz und braun gestreift mit kupfer­farbenen Köpfen. 600 dieser, unerwünschten Einwoh- ver hat man in einer'Woche getötet. Während eines Konzertes in einem öffentlichen Garten, erschienen Kätzlich, wahrscheinlich von der Musik angelockt, wigeheure Mengen dieser Schlangen. Das Publikum, m» diese ungebetenen Gäste gewöhnt, begann sofort Jagd auf die Schlange« zu machen. Mit Stocke« und Steinen richtete man ein Gemetzel unter dem Schlangengezücht an. Ei« Museum der italienische« Niederlage«. In dem geräumigen Innern des Denkmals d«S Königs Viktor Emanuel II., in dem auch das Grab deS Unbekannten Soldaten untergebracht ist, wurde mit den Arbeiten begonnen, durch die das Denkmal zu einem zentralen Museum der nationalen Wiedergeburt, das am 24. Mai feierlich eröffnet werden soll, ausgeftaltet werden wird. Das »Vittoriano  " wird demnach alle Gegenstände und Dokumente enthalten, die sichauf die heldenhaften Kämpf« der Italiener gegen das Ausland" beziehen, welch« im letzten Jahrhundert zurWiedergeburt des Landes"(und zu seiner Versklavung durch den 8asciSmus) führten.
Die fortschreitende Konzentration des Geldwesens in der Slowakei   und in Karpathorußland äußert sich in der kleineren Zahl der Aktienbanken, 62(78) mit einem Aktienkapital von 258(294) Mill. XJ. Ferner gab es 15(16) Bankgeschäfte betreibende Gesellschaften m. b. H. mit Betriebsgrundfonds von 16(17) Mill. KC. Insgesamt weist also unser Bank­wesen 108(120) Anstalten mit einem Aktien-, be­ziehungsweise Grundkapital von 1618(1651) Mil­lionen Xi, Reserve- und sonstigen Fonds 1671 Mill. , Einlagen auf Einlagebücher und Kassenanwei­sungen 12.416 Mill. Xd, Kreditoren(darunter lau­fende Rechnungen) 16.429 Mill. XL und Gesamt­emission von Teilschuldverschreibungen 5924 Mil­lionen auf.
Rettet die Wiener   Schutzbündler Bon Otto Bauer  .
Die österreichische Regierung bereitet einen Justizmord vor. Sie hat die Mitglieder des Parteivorstandes der österreichischen Sozialdemo­kratie unter dem Druck der öffentlichen Meinung Europas   aus ihren Gefängnissen entlassen; aber sie will das Rachebedürfnis, das sie an Männern, deren Namen ganz Europa   kennt, nicht befriedigen konnte» an zwei Dutzend schlichten Arbeitern be­friedigen, deren Namen der Welt nicht bekannt sind Kn Feber sollen zwei Dutzend Wiener   Ar­beiter, die die Führer der Bezirksgruppen des Republikanischen Schutzbundes   in Wien   gewesen sind, alsHochverräter" vor Gericht gestellt werden. Wessen werden diese Arbeiter angeklagt? Der Teilnahme an dem Aufstande im Feber 1934? Keineswegs. Alle diese Männer sind schon vor dem 12. Feber 1934, dem Tage des Beginns des österreichischen Aufstandes, verhaftet worden. Sie saßen während des Aufstandes im Gefängnis und sitzen dort noch heute. Sie hatten an dem A u f* stand daherkeinen Anteil. Man erinnere sich der Lage, in der diese Arbeiter verhaftet worden sindl In den ersten Febertagen 1934. marschierte die Heimwehr   in allen österreichischen Landeshauptstädten bewaffnet auf und forderte, auf ihren bewaffneten Aufmarsch gestützt, die Absetzung der verfassungsmäßigen Landesregierungen und die llebergabe der Ber» waltung an die Vertreter der fafcistifchen Wehr- formatiynen. In demselben Zeitpunkte ließ der Minister Fey die Gruppenführer des Schutz­bundes verhaften, damit sie nicht in der Lage seien, den Schutzbund zur Verteidigung der Verfassung gegen die bewaffneten Rebellen, die die gewaltsame Absetzung der verfassungsmäßigen Landesregie­rungen forderten, aufzubieten. Man erkennt nun das Groteske der gegen­wärtigen Situation. Hochverrat begeht nach öster­reichischem Recht, wer die Verfassung gewaltsam umzustürzen versucht. Des Hochverrates angeklagt werden aber nicht diejenigen, die die Verfassung wirklich gewaltsam«mgestürzt haben, sondern die­jenigen, die eben deshalb verhaftet worden sind, damit sie nicht in der Lage seien, die Verteidiger der Verfassung gegen die bewaffneten Fascisten aufzubieten! Die 24 Arbeiter werden angeklagt, weil sie den bewaffneten Kampf vorbereitet, die Schutz­bundmänner geschult, Waffenlager und Lager von Sprengstoffen angelegt hätten. Man erinnere sich auch hier der Situation: Bis zum März 1933 warm sowohl die Heimwehren als auch der Schutz­bund private Formationen. Beide rüsteten, die Heimwehr zum Umsturz der republikanischen. Pep» fassung, der-Schutzbund g» ihrer Verteidigung.
Volkswirtschaft und Sozialpolitik Das tschechoslowakische Bankwesen im Jahre 1933 Die in diesen Tagen erschienene Doppelnmmner 199200 derMitteilungen des Statistischen Staatsamtes"(Jahrgang XV1984) bringt eine Uebersicht unseres Bankwesens für das Jahr 1988, der wir folgende Dat«n entnehmen: Im Jahr« 1933 waren bei uns in voller Tätigkeit insgesamt 22(im Jahre 1982 ebenfalls 22) Aktienbanken mit einem Aktienkapital von 1283 Millionen Xi(1284 Mill. Xi), 9(9) Banken ohne Aktienkapital mit Betriebs­grundfonds in der Höhe von 56(56) Mill. Xi.
Wenn die Schuhbundfuhrer Waffen und Spreng­stofflager angelegt haben, so haben die Heimwehr- führer, die Starhemberg und Fey, dasselbe getan. Aber diejenigen, die Waffen und Sprengstofflager zumSchutzeder Verfassung angelegt haben, werden jetzt des Hochverrates angeklagt; diejenigen, die ganz ebenso Waffen und Sprengstofflager angelegt, aber sie zum Kampfgegen, di«republi­kanische Verfassun g angelegt haben, bilden die Regierung, die diese Anklage erheben läßt! Mit dm Arbeitem, die die Bezirksführer des Schutzbundes gewesen sind, sollen auch zwei Offi­ziere angeklagt werden: der Major Eifler und der Hauptmann Löw. Beide hochverdiente Offi­ziere der österreichischen   Armee, die sich dem Schutzbund angeschloffm und seinem Stabe ange­hört haben. Auch sie wurden s chonvor dem 12. Feber verhaftet. Auch sie hatten also an den Feberkämpfen keinen Anteil. Auch sie werden angeklagt, weil sie die bewaffnete Ver­teidigung der republikanischen Verfassung gegen die bewaffneten Fascisten vorbereitet haben. Sie wer­den angeklagt, weil sie zum Schutz derVer- fassung dasselbe getan haben, was die Starhemberg und Fe y gegen die Verfassung taten. Sie anzuklagen, hat die fascistische Regierung allerdings ein besonderes Motiv. Vor wenigen Monaten hat die fascistische Regierung dem Major Eifler unb(einen Genos­sen Straflosigkeit anbieten lassen, wenn sie sich in den Dien st d e r F a s cistenregierung stellen, unter dm Schutzbündlem für den Fascismus werben. Eifler und sein« Genossen haben aller­dings den Hochverrat begangen, diese Zumutung ehrlosen Verrates an ihrer Gesinnung stolz abzu­lehnen. Die öffentliche Meinung Europas   hat die Mitglieder des Parteivorstandes, Männer wie Seitz, Renn er, Ellenbogen, Weber, Danneberg aus dm Gefängnissen der österrrichischm Klrrikofasristm befreit. Wird die öffentliche Meinung Europas   duldm, daß schlichte Arbeiter und republikanische Ofsiziere nur deshalb in dm Kerkem des österrrichischm FascismuS be­graben werden, weil ihre Namm in der Welt nicht so bekannt sind, wir die der Parteiführer? Die österreichische Arbeiterklasse erwartet, daß die sozialistischen   Parteien der Welt gegen die zynische Justizkomödie, die die Wiener   Regierung vor­bereitet, die öffentliche Meinung der Weü mobili­sieren...«.-W'' .. Rettet Hw Wie»«« Schutzbündlosj, vm
Ubier Mundgeruch
wirkt abstoßend; mißfarbige Zähne entstelle« das schönste Antlitz. Beide Schönheitsfehler wer­den oft schon durch einmaliges Putzen mit der herrlich erfrischend schmeckenden Chlorodont- Zahnpaste beseitigt. Chlorodont gibt den Zähnen schimmernden Eltenbeinglanz, ohne den Zahn* schmelzzubeschädigen.TubeKö4**.lnl. Erzeugnis.
Was wird ans der saarländischen Industrie?
Saarbrücken.(AP.) Nach der Rückgliederung werden zahlreiche saarländische Industrien ihrer Existenzmöglichkeiten beraubt sein. Nach der Zoll­abschnürung hat sich im Saargebiet eine eigene Bekleidungsindustrie entwickeü, di? auch den französischen   Markt belieferte. Die Wäschefabrikation verdrängte durch den Zollschutz die Berliner   und Bielefelder Konkurrmz vom Markt. Die Herren» und Knaben-Kleiderfabrika- tion lieferte nach Glsaß-Lothringen  . Die Wirk- und Strickwarmindustrie, früher im Saargebiet überhaupt nicht vertreten, hatte sich entwickelt. Ebenso hatte sich eine Strumpfwarenindüstrie (Werke in St. Ingbert   und Quierschied  ) und Krawattenfabrikation gebildet. Natürlich wird jetzt die reichsdeutsche Konkurrenz, die leistungs­fähiger ist, allen diesen Betrieben den Garaus machen. Die Industrie von Berlin  , Frankfurt  , Bielefeld   und Aschaffenburg  , die Chemnitzer  Strumpffabriken warten nur darauf, den saar­ländischen Markt zu erobem. Mit der Errichtung von Zollgrenzen nach Frankreich   geht gleichzeitig der französische   Markt verloren. Der Zusammen­bruch der gesamten saarländischen Bekleidungs- ittbustrie mit 5000 Arbeitem ist gewiß. Äehnlich ist es mit der S ch u h i n d u st r i e. die auch nach 1919 neu entstand(Fabrikm in Blieskastel  und Homburg  ). 30 Fabriken beliefem den saarlän­dischen Markt, aber auch Elsaß-Lothringen  . Hier lauert die Industrie von Pirmasens   auf die sich jetzt bietenden Möglichkeiten. Auch das ergibt 3000 Arbeitslose. Die weiterverarbeitende Eisenindustrie(7000 Arbeiter) wird von der Drosselung der Rohstoffeinfuhr und den teueren inländischen Rohstoffen betroffen werden. Die Steigerung der Produktionskosten aber muß ihre Konkurrenzfähigkeit drosseln. Das gilt vor allem für die Maschinen-, Apparate- und Fahrs zeugbau-Branche. Das gleiche gilt für die neu entstandenen Blechwaren- und E m a i Ile- Fabriken in Fraulautem, die nur auf Frankreich  angewiesen sind(Export 1933: 14.000 Tonnen). Bei Saarlouis   waren Herdfabriken ent­standen, die auch auf den elsaß  -lothringischen Markt angewiesen waren. Die Beispiele könnte man noch beliebig fortsetzen. Hier wird es überall bald ein grausames Erwachen geben.
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Deutsche Revolrtttons-Anekdoten Die königliche Unterhose Der letzte Bayemludwig war im Gegensatz -um bayerischen König seines Namens ein geiziger Knicker. Das pfiffen in Münchm die Spatzen von den Dächem. Und zuweilen trieb der königliche Geiz höchst unkönigliche Blüten. Am 7. November 1918 war Ludwig Hl der Auw Hals über Kopf aus München   abgereist. Gr konnte ja nicht wissen, daß die Revolution den Fürsten   kein Haar krümmen würde. Wenige Tage nachher wurde im Borzimmer des neuen bayerischen   Ministerpräsidenteneine Dame aus der Umgebung Seiner Majestät" ange­weidet, die den Ministerpräsidenten zu sprechen tvünschte. Man ließ sie eintreten. Sic war kaum über zwanzig Jahre alt, hatte ein hübsches Gesichtchen und war gut gekleidet Vor Angst zitterte sie am ganzen Körper. Ihre Aufgeregtheit ließ sie kaum ein Wort hervorbrin- gen. Es kostete einige Mühe, die königliche Ab­gesandte zu beruhigen. Nachdem sie endlich zag­haft Platz genommen hatte, begann sie stockend mft leiser Stimme ihr Anliegen vorzutragen. ES ist doch bekannt, daß Seine Majestät dor einigen Tagen gezwungen waren, München   in aller Eile zu verlassen. Das war so plötzlich ge­kommen, daß sich nicht einmal Zeit fand, auch nur die allernötigste Leibwäsche mitzunehmen. Ich möchte deshalb ftagen, ob es gestattet ist, für Seine Majestät etwas Leibwäsche aus dem Wit- telsbacher Palais abholen zu lassen." Fechenbach, der als Sekretär des Minister­präsidenten diese Unterhaltung führte, biß die Zähne aufeinander, um nicht in heftiges Lachen KMzubrechen. Jetzt, da«S um den Thron der
Wittelsbacher   ging, wurde dieser König von der Sorge um seine Unterhosen beunruhigt!. unkönigliche Verlangen wurde dem Ministerpräsi­denten vorgetragen und der abgesetzte Wittelsbacher bekam die Erlaubnis, sich seine Leibwäsche aus München   abholen zu lassen. Während die Abgesandte des Königs ihr Ver­langen Fechenbach vorgetragen hatte, war ein Ministerialbote gekommen, der Akten überbrachte. Er hatte gehört, um was sich das Gespräch drehte- AIS   nun das Mädchen zum Ministerpräsidenten ging, gab der im bayerischen Dienst ergraute Bote seinem Mitgefühl mit folgender Bemettung Aus­druck: Ja mei, unser König, der alt Mann, der hat eine Angst ausstehen müssen. Da glaub ich schon, daß der eine neue Unterhose braucht!" -Er kennt feine Landsleute Am 9. November 1918 hatte Karl Liebknecht  das Berliner   Schloß unter den Schutz des Ar beiter- und Soldatenrates gestellt und die Wache dem Telegraphenbataillon übergeben. Wo sonst die Kaiserstandarte auf dem Schloßdach wehte, flatterte jetzt eine riesige rote Fahne. Der Wachhabende im Schloß war ein Unter­offizier des Telegraphenbataillons. Er stellte kurz nach der Besetzung fest, daß im Schloßkeller eins Anzahl Soldaten sich daran machten, Wilhelms Weine zu probieren. Da gabs ein heiliges Don­nerwetter. Der Gute war weniger um den Wein besorgt, als vielmehr um die Kampstrast seiner Truppe. Kurz enffchlossen ließ er um di« Keller­eingänge gewöhnlichen Kupferdraht spannen, Pla. katr daneben aufhängen, auf denen zu lesen stand: Vorsicht! Hochspannung! Lebensgefahr!" Am Abend kommt der Wachhabende zum Ar­beiter- und Soldatenrat und gibt seinen Tages­rapport ab. Dabei erzählt er auch den Trick mit dem Kupferdraht. Karl Liebknecht   meint dazu: Das ist ja ganz schön, war aber höchst über ­
flüssig. Wir sind doch in Deutschland  . Den Draht konnten Sie sich schenken, wenn Sie an die Türe ein Plakat angeschlagen hätten: Eintritt verboten!" Der revolutionäre Schauspieler In Berlin   tobten Straßenkämpfe. Es war im November 1918. Trotz der aufregenden Er­eignisse spielten abends die Theater, wie sonst auch. Kurz vor Beginn der Aufführung im Staats­theater stürmt der Darsteller des jugendlichen Hel­den in die Garderobe, um sich rasch umzukleiden. Dabei erzählte er atemlos: Dreimal habe ich heute auf den Barrikaden mitgestürmt.. Jetzt eben setzten sie zum vierten Sturm an, aber da mußte ich weg, um rechtzeitig ins Theater zu koaunen" Der St«rm auf den Franst. Auf zum Franzl!" schallte es durch die Menge, als am 7. November 1918 in München  schon alle Kasernen in der Hand der Arbeiter und Soldaten waren/ DerFranzl", das war die Militärartest- anstalt. Und wie ein Lauffeuer gings durch die aufgeregten Massen: Zum Franzl, zum Franzl!" Da gabs kein Halten. In breitem Strom, die ganze Straße einnehmend, wälzte sichs zur Leon- rodstraße. Der leichte Lattenzaun vor dem Haus mit den vergitterten Fenstern hielt dem Ansturm Nicht stand. Aber die schwere Eingangtür war ver­riegelt. Die Menge tobte, die Gefangenen sollten frei­gelassen werden! Die hinten standen, drängten nach vorne. Die in der vordersten Reihe wurden gegen die Tür gepreßt. Aufgeregte Rufe schallten über die Köpfe. Da ein Schuß Er kam von drinnen durchs Fenster. Ein einziger, wuterfiillter Schrei gellt aus
der andrängenden Menge. Gewehrkolben werden von schwieligen Fäusten gegen die schwere Tür geschwungen. Rach wenig Schlägen gibt sie nach. Die Vordersten dringen ein. Ein Feldwebel, den Revolver in der Hand, steht hinter der aufgebrochenen Tür. Er wird nie­dergeschlagen. , Besonnenere springen herzu, tragen den Ver­wundeten ins Wachzimmer. Dann beginnt ein auf­geregtes Suchen nach den Zellenschlüffeln. Sie sind nirgends zu finden. Auch die Aufseher sind verschwunden. An ihnen hatte so mancher sein Mütchen kühlen wol­len. Aber nicht ein einziger Aufseher' läßt sich blicken. Die haben sich verzogen," meint einer der Suchenden. Wie nun die Gefangenen aus den Zellen bringen? Rasch ist Hilfe geschaffen. Die Gewehrkolben, die im Felde so manche Tür geöffnet haben, müssen als Zellenschlüssel dienen. Schwere Schläge wuchten gegen die, Zellen­türen und bringen den Häftlingen die Freiheit. Keiner wird gefraat, wer er ist, warum er hier unfreiwillige Gastfreundschaft genießt. Alle, die in den Zellen sind, werden befreit. Zwei Tage nach dem Sturm auf den Franzl" wurde es offenbar» wo die Aufseher an jenem kritischen Tag waren. Sie hatten vermutet, daß man sie nicht allzu fteundlich behandeln werde und zu ihrer Rettung folgenden Plan durchgeführt: Alle legten ihre Dienstmützen, Leibriemen und. Seitengewehre ab, so daß sie sich in nichts von den Militärhäftlingen unterschieden. Der Feldwebel sperrte jeden einzelnen in eine Zelle und verschloß sie wieder. Dann waren die Stürmenden gekommen, hatten die Zellen aufgeschlagen, die Häftlinge be- frett und damit auch die Aufseher.