Seite 8„Sozialdemokrat"Sonntag, 12. Ma! 1935. Nr. 111später Nacht verschafft sie sich Kenntnis von der 1Stellungnahme der Sudetendeutschen Partei zu diesen Vorfällen bei der Versammlung: Die Sudetendeutsche Partei erklärt, dlltz die Störer mit der Partei nichts zu tun haben, daß sie„unkontrollierbareElemente" seien, die„sowohl Rufe ausgestoßen alsauch Propagandamaterial abgeworfen haben, dasmir für die Provinz bestimmt ist."(Wo haben die,'.unverantwortlichen Elemente" das Wahlmaterialeigentlich her?)Man Hat einen solchen politischen LapsuS seltengelesen: Tas Material, erklärt die Henlein-Partei,ist echtes Material, aber in Prag ist es zu gefährlich,Braune Häuser, Volksentscheide und Totalitätsansprüche zu propagieren. In der Provinz bedientman sich dieses Materials, in Prag aber„wird derausdrückliche Befehl ausgegeben, daß die Versammlung der DAWG nicht gestört werde", weil manderen demokratische Betätigung für gänzlich ungefährlich hält. Und die„Bohcmia", das Organ derDeutsch-demokratischen Freiheitspartei, gibt derEudetendeutschen Partei Raum für die ausdrücklicheBestätigung, daß Henlein die Herren Bacher«ndKotrba nicht als Gegner betrachtet.ES wird sich kaum ein Parallelfall in der politischen Geschichte zu solcher Gewandtheit und Anpassungsfähigkeit finden lassen.Die Bereitschaft der„Bohemia", gleichzeitig vorden Wahlen das heilige Feuer der Demokratie zuhüten und vor Herrn Henlein Kratzfüße zu machen,ihre Fähigkeit, sowohl den altbewährten Traditionendes deutschen Freisinns als auch den modernen Bedürfnissen der Henleinschen Volksgemeinschaft Rechnung, zu tragen, stellt wohl die Gipfelleistung journalistischer Geschmeidigkeit dar. Die Führung derDAWG, die das Blatt finanziell in der Hand hat,die in ihm auch personell vertreten ist, und die solcheExhibitionen nicht abstellt, dokumentiert ihrerseitseinen Grad von politischer Vielseitigkeit und dabei— wie die Tinge liegen— politischem Unverstand,die ihresgleichen suchen.Hitler als Kronzeugetschechischer Fascisten!In einem Automaten der Prager Innenstadtkam es dieser Tage mittags zu einem hitzigenDisput zwischen Anhängern der„Nationalen Vereinigung", offenbar Funktionären, und tschechischenArbeitern.Die Fascisten argumentierten mit den alten,inhaltslosen„antimarxistischen" Schlagworten, zudenen man immer zu greifen pflegt, wenn die Argumente fehlen; die Arbeiter schenkten ihnen jedochnichts und trieben ihre Gegner immer mehr in dieEnge.Die Diskussion erregte allgemeine Aufmerksamkeit, die* Gäste des Lokals sammelten sich zahlreichum den Tisch, an dem diese Wahlschlacht im Kleinenausgefochten wurde.•Als die Fascisten gar nicht mehr weiter wußten, beriefen sie sich auf— Hitler und seinenKonrad Henlein!Dieses seltsame„Argument" kehrte zur allgemeinen Erheiterung um so häufiger wieder, jemehr sich die Fascisten sachlich geschlagen gebenmußten.Am Ende der Diskussion waren die Stribrnh-Fascisten k. o. geschlagen und zogen, von einemironischen„Heil H i t l e r" der Hörerbegleitet, ab...Ein kleines, aber charakteristisches Beispieldafür, wie das Prager Volk denkt!Ist Goebbels der PropagandachefStkibrny-Kramärs?Ein Naziplakat an Prags Anschlagtafeln!Tie„N ationale Vereinigung"lies; am Samstag früh Plakate anschlagen, dievielfach Empörung hervorriefen und von den Pragern erregt diskutiert wurden. Sie zeigten in bekannter Demagogie im. Vordergrund die verzweifelte Familie eines Arbeitslosen und im Hintergrund verödete Fabriken, um die eine„roteSpinn e" ihre Netze zieht. Im Text liest manin Fettdruck„15 Jahre sozialistisches Regime!"Tic Erbärmlichkeit und Verlogenheit einer solchenArgumentation bedarf keiner polemischen Kennzeichnung; sie charakterisiert sich selbst.Aber etwas anderes ist weit interessanter. Wie uns Mitgeteilt wird,hat die R e i ch s p r o p a g a nl» a l e i t u n gder reichsdeutschen„N ationalsoziali-stis chen deutschenArbeiter-Par-t e i" lvährend der deutschen Wahlkämpfe desJahres 1932 ein antim arxi st ischesH e tz p l a k a t herausgebracht, tdas nicht nurim Motiv dem Plakat, der chauvinistisch-tschechischen„Nationalen Vereinigung" der HerrenKramäk und Stkibrnh ähnelte wie ein faules Eidem anderen, sondern auch in der Ausführung fast hundertprozentig dem am Samstagangeschlagenen Werbeplakat der.„Nationalen Vereinigung" glich. Handelt es sich vielleicht um eineK o p i e des Goebbels-Plakats?Haben sich die Herren der„Nationalen Vereinigung", die ja auch finanziell das Ausland inAnspruch zu nehmen pflegen, die Propagandavorlagen vom ReichZpropaganda»niinister des„Dritten Reiches", Herrn Goebbels, liefern lassen?! Dje baldige. Antwort aufdiese Frage dürfte sehr notwendig und aufschlußreich sein!Die landwirtschaftliche Ausstellung, seit dem.Bestandes deS Staates die fünfzehnte, ist' mmSamstage auf dem Alten Ausstellunggelände imBaumgarten eröffnet worden.Der Echloßtzartcn. auf der Prager Burg wirdder breijeren Oeffentllchkeit vom 18. bi» 19/ MailrJ7oon 8 ms 18 Uhr zrjganglich fern: EintrittKö 1.—, Kinder Hie-Hälft«.. Zugana in den Schiqß»garten vom PxaSich most.(Staub-Brücke.)Das Friedrich Smetana-M«sr"m in Prag alsselbständiges öffentliches Institut geht nun raschseiner Verwirklichung entgegen. Nach dem Beschlußder Prager Zentralvertretung wegen leihwefferUeberlassung des ehemaligen Alfftädter Wasserwerkes auf der Novütueho lävka für Zwecke des Museums hat am Freitag die Generalversammlung derSmetana-Gesellschaft Maßnahmen getroffen, um diefinanziellen Mittel zur Adaptierung des Gebäudesund der inneren Einrichtung des Museums sicherzustellen.Kunst und WissenWochenspielplan des Neuen Deutschen Theaters.Heute Sonntag, halb 8 Uhr: Die Fledermaus, A 2.'■— Montag 8: Tanzabend TrudiS ch o o p.— Dienstag halb 8: DantonsT o b, neuinszeniert, A 1.— Mittwoch halb 8:M a d a m.e B u t t e r f. l y, B 2.— Donnerstag halb 8: G r ä f i n Mariza, C 1.— Freitag halb 8: F a l st a f f, D 2,— Samstag halb 8:Serv u sl Servus!, C 2.—Wochenspirlplan der Kleinen Bühne. Sonntag3 ilhr: Ping-P o n g, 8: M e i n e Cousineaus Warschau.— Montag 8: Rezitationsabend Lilli Freud- M a r l i.—Dienstag 8:VorträgeVortrag über französische Plastik. Der.vorbereitende Ausschuß der Ausstellung, für französische moderne Bildhauerkunst und die Alliance Francaise veranstalten gemeinsam am Donnerstag, den 16. Maium. 20. Uhr im Großen Saale des FranzösischenJustitutL- in Präget-, Stipänsta 37 einen Vortragdes Kunstkritikers Claude-Poger-Marx über mo-deine französische Plastik. Der Vortrag wird- durch"Lichtbilder'ergänzt, die Pxöben von Werken fran-zösischer Bildhauer'darbieten.'Oer FilmBosamboEs ist wenig bekannt,' daß der verstorbene Edgar Wallace nicht nur Kriminalistisches, sondernauch Patriotisches geschrieben hat, Die Erzählung,der dieser englische Film seine Handlung entnimmt,beweist es: sie.Heißt,(wie auch der Film im Original)„Sanders of the viver" und verherrlicht einenenglischen Distrifts-Kommissar in Inner-Afrika,einen treuen Diener' des britischen Königs aufeinem der äußersten Vorposten des Welt- und Kolonialreiches, auf dem dieser Kommissar Sandersmit Weisheit, Kühnheit und Gerechtigkeit. für dasWohl der Eingeborenen und das Ansehen seinesKönigs wirft. Die Regerhäuptlinge respektieren ihn,einer von' ihnen, Bosambo mit Namen, liebt den„Lord Sandy" sogar wie einen Vater, und als während des Hochzeitsurlaubs des Kommissars Sandersdie Krieger des grausamen„alten Königs"(von verbrecherischen europäischen Kaufleuten betrunken undwild gemacht) den mühsam errichteten Frieden zerstören und Bosambo nebst Frau am Marterpfahlfür ihr« Treue zu England büßen lgffen wollen, rettet der gerade zurückgekehrte Sanders seinen schwarzen Freund im Augenblick höchster Gefahr und machtihn zum Negerkönig von Englands Gnaden.Diese Handlung(die wie ein Plagiat an KarlMay wirft) läßt erkennen, wie es um die Realistikdioses Afrika-Films bestellt ist. Der Regisseur Z o l-tan Korda(der.Bruder, des bekannten Alexander Korda) hat offensichtlich auch nicht den Ehrgeiz gehabt, durch Wirklichkeitstreue zu wirken: dienaiven Witze, die er eiüstreut, das wahllose Durch-' einander von Englisch und Eingeborenendialeft,CharleysTante.— Mittwoch 8: M ä d-chen für all e s.— Donnerstag 8: MeineC o u sine aus War sch a u.— Freitag 8:C h a r l e y s T a n t e, Kulturverbandsfreundeund freier Verkauf.— Samstag 8: MeineCousine aus Warschau.das er sprechen, und die herziunigen Gesänge, dieer anstiuunen läßt, reinigen ihn von dem Verdacht,mehr als einen Unterhalrungsfilm nut patriotischemAusklang beabsichtigt zu haben,— wobei freilich dieTatsache, daß die englisch« Kolonisation nicht nurmit Güte, und Gerechtigkeit, sondern im kritischenMoment mit Maschinengewehren siegt, schließlichdoch noch zum Vorschein kommt.Die bewußt betonten Höhepunkte des Filmssind die malerischen Massenszenen kriegstanzender-und'festefeiernden-Kongo-Neger, die immer wiederfesseln,. auch wenn, sie noch so arrangiert find, weilUns hier im Rhythmus Her Bewegungen und Melo-dien, in der Exotik der Masken und Gesichter immernoch Ursprüngliches und Echtes gegeiiübertritt. Einweiterer Höhepunkt des Films ist der athletischeNegersänger Paul R o b e s o n, ein schwarzerSchaljapin mit. gewaltig-schmiegsamem Baß undeinem darstellerischen Temperament, das ihm, obgleich er mehr Amerikaner als Afrikaner ist, im Ein»geborenen-Milieu hinreichend echt erscheinen läßt.Während v.on seiner'Partnerin, einer-Revue-Mulattin namens Mae MacKinney, daS gerade Degenteil gilt.-—eis—Im schwarzen WalfischUm dem.(noch immer) großarfigen Schauspieler E m i l J a nnings eine Rolle zu geben, hatdie reichsdeutsche Filmindustrie eine geistige Anleihein Frankreich machen müssen; sie hat die Handlung von Marcel PagnolS lyrisch getöfttem Volksstück„Fanny" erworben, um sie zu verfilmen. In güteHände ist sie freilich nicht geraten, sondern demplumpen Literaturverhunzer Fritz W e n d h am*sen zum Opfer gefallen, der die Geschichte vomdurchgebrannten Seemann und seiner Braut mitRührseligkeiten, Albernheiten und Unappctitlich-keiten nahezu ungenießbar gemacht— und ausMarseille in«ine norddeutsche Hafenstadt verlegt hat, in der selffamerweife alle, soweit sie überhaupt sprechen können, ein' farbloses Hochdeutschreden.So hatte Hannings die kaum lösbare Aufgabe,eine gründlich verdorbene.Sache durch seine. Dar-steltung der Baterrolle zu retten, in der er seinerobuste Gutmütigkeit, seine verhaltene Herzlichkeitund seinen bärbeißigen Humor wieder wirkungsvollzur Geltung bringt, wenn auch manches heute schonwie routinierte Selbstwiederholung wirkt. Nebenihm kann sich allenfalls die alte Margarete Kupferbehaupten, während, die krasse Anfängerin Angela,Sällo k e r(die schon den Forster-Film.„HobeSchule"-nahezu.-lächerlich machte), die'Hauptgestaltder Fanny zu einer fortgesetzten Störung des Filmsgemacht hat.—eiS—Montag, den 13. Malum 8 Uhr abends, im Messe,gebäude in Prag VH, Belskeho-(Französischer Saal)öffentliche Wähler- undWählerinnen-VersammlunsRedner: Emma Riedlund Dr. Robert WienerAns der ParteiPrager Genossinnen und Genosse«!Diejenigen Genossinnen und Genossen, diebereit sind, für die Partei in der Wahlzeit fchrist'liche Arbeiten zu leisten, ersuchen wir, sich jedenTag nach 5 Uhr nachmittag im Partriheim einz»-finden. Tue jeder seine Pflicht!Sozialistische Jugend, Kreis Proi-Diese Woche entfallendie Gruppenabende.Alle Genossen und Genossinnen beteiligen sich an der Wahlarbeit.Beachtet die Ankündigungen dekPartei!Mitteilungen der»Urania«Heute 10 Uhr:„Die unbekannte Burg". Führung: Dr. L. Kreitner. Treffpunkt: S. Burghof.„Riemanslands". Regie: Victor Trivas. ErnstBusch, Duglaß, Sokoloff in den Hauptrollen. Montag halb neuen Uhr.Arania-Kino„Ferien vom Ich. Entzückendes Lustpiel. Ausgezeichnete Besetzung: Spelamnns./f'-nkels, Schlei«tow, Steinbeck. Großer Publikumserfol^niHeute: s,6, halb S Uhr.filme in Prager LichtspielhäusernAdria:„Der Filmfanatiker". A. Harold Llopd-—Alfa:„Flucht aus dem Paradies", st-Regie: E. Lubitsch.— Beranek:„Ein Kind fälltvom Himmel"", A. M. Ehevalier.— Flora:„Barbara rast..Tsch.— Hvkzda:„M ickey-Programm".— Kinema: Journale, Groteske, Repor«tage.— Koruna:„Bezahlte Schuld". A.— Kotnn:„Bosambo". A.— Lucerna:„Bosambo". A.■"Metro:„Liebling". A. Shirley Temple.— Radio:„Ein Kind fällt vom Himmel". A.— Staut:„E-"Kind fällt vom Himmel". A.— Bajkal:„Barbararast...". Tsch.— Belvedere:„Barbara rast..Tsch.—Beseda:„Die hohe SchuleD. D. Rudolf Forster.— Carlton:„Ball im Savon". D. Älpar.—Favorit:„Die Rothschilds". A.— Li»^„C a v a l c a d e". A.— Louvre:„Barbara rastTsch.— Baldek:„Barbara rast..." Tsch.Shirley Templeist der Liebling der ganzen Welt. In Prag, stelltsich Shirley Temple mit dem Film„Liebling" vor-VERLANGEN SIEin jeder Verkaufsstelle des KonsumvereinesSELCHWARENder FirmaHEGNER& Cie., PILSENSelchwaren der Fa. HEGNER& Cie., Pilsen445 sind die allerbesten!Paul Robesonund ferne Partner Nina Mae McKinney und Leslie Banks in dem englischen Film'„Bosambo".Bezugsbedingungen: Bei Zustellung tnS Haus oDei bei Bezug durch die Poft monatlich Kä 16.-—. vierteljährig KC 48.—. halbjährig Kd 66.—. ganzjährig Kd 162—— ömerme werden lautTarif billigst berechnet. Bei öfteren Einschaltungen Preisnachlaß.— Rückstellung von Manuskripten erfolgt nur bei Einsendung der Reiourmarken— Die Zeitunasfrankatur wurde von der Post, und Tele«graphendirLktioq mit Erlaß Nr. 13,800ZVlL'i930 bewilligt.— Druckerei:„Orbis".' Druck». Verlags» und Zeituugs»L.-G., Prag.