Nr. 208
Kreit«-, S. September 1935
Seite. 8
GEDENKET bei affen Anlässen der Arbeiterfürsorge!
Die nationalsozialistischen Umtriebe in Rumänien AP. Die Erregung in Rumänien über die nationalsozialistischen Umtriebe ist groß. Um so dankbarer erkennt man in der Oeffentlichkeit an, daß die Regierung scharf zugepackt hat, ohne lange zu fackeln. Man Weitz, datz Berlin in Rumänien alle Register zieht. Und es ist auch nicht so schwer zu erkennen, warum dies geschieht. Der rumä nisch -russische Pakt, der erst den tschechoslowakischrussischen Pakt abrundet und wirksam macht, ist für die Berliner Wilhelmstratze ein unverdauer- licher Biffen. Tolle Einzelheiten sind angesichts der Ausweisung des deutschen Journalisten Friedrich Weber ans Tageslicht gekommen. Weber betrieb seine Tätigkeit unter dem schützenden Deckmantel seines Korrespondentenberufs. Die Wut der Nationalsozialisten über seine Ausweisung kommt nicht von ungefähr. Man weitz in Ber lin , wie wichtig der Mann war. Weber verfügte über bedeutende Fonds. Eine Menge politischer Gruppen und Zeitungen erschien plötzlich auf der Oberfläche. Alte Zeitungen, die kaum Leser hatten, dergrätzerten mit einem Male ihr Format. Weber beschränkte sich also nicht darauf, in seinem Blatte Rumänien zu beleidigen und zu verleumden. Er mischte sich in die innere Politik ein. Bekanntlich nahm er an einer öffentlichen Demonstration teil. Außerdem war er speziell mit der Mission betraut, eine Aktion der Ukrainer unter der Leitung des prohitlerischen Hetmans Skoropanski zu organisieren. Im übrigen soll er sich auch als deutscher Presseattache ausgegeben haben. Die„Dreptatea " berichtet über seine Vergangenheit, datz er, als Rumänien noch neutral war, während des Weltkrieges schon in Rumänien als Spion tätig war. Dann ging er 1918 nach der Ukraine , um dort seine Agententätigkeit auszuüben. Die Dimineata schreibt, die Regierung dürfe keine Schwäche zeigen. Die Interessen des Landes stehen auf dem Spiel. Die Regierung müsse die Untersuchung ausdehnen und alle Komplizen dieses„Auge des Führers in Rumänien " ausforschen und bestrafen. Der„Viitorul" hebt hervor, datz Weber in einer unqualifizierbaren Art die Gastfreundschaft Rumäniens mitzbraucht habe. Die„Patria" fordert die Einleitung einer offiziellen Untersuchung und die Auflösung aller ungesetzlichen Organisationen. Wenn die Regierung gegen alle Linksgerichteten strenge Maßnahmen treffe, müsse sie mit der gleichen Energie auch gegen die Wühlarbeit der Rechtsradikalen vorgehen.
blutiger Araberrtreik In Palästina Haifa . In der hiesigen Tabakfabril Karman traten die arabischen Arbeiter wegen Lohnforderungen in den A u s st a n d. Die Fabriksleitung versuchte den Betrieb durch Streikbrecher aufrecht zu erhalten, die aber Sonntag und Montag von einer großen Menge heftig angegriffen wurden. Bei diesen Zusammenstößen wurden bisher zehn Personen, darunter einer der Mitinhaber der Tabakfabrik, verletzt, einige davon so schwer, datz sie ins Krankenhaus gebracht werden Mutzten.
Propheten der Krise Bon Gerhart Seger . (Sopade.) In der„Zeitschrift für Sozialismus"(Berlagsanstält Karlsbad) veröffentlicht Gerhart Seger einen interessanten Artikel Mer„Amerikanische Eindrücke". Wir entnehmen ihm die folgenden Abschnitte: „Während die wirtschaftliche Krise auf den Politischen Umschwung der amerikanischen Arbeiterschaft im Sinne der politisch-sozialistischen Radikalisierung noch keine sehr grohe Wirkung Seübt hat, ist eine andere Folge der Krise festzu- uellen: Es tauchen Propheten der Krise auf, die ihrer Meinung nach die überall spürbaren Wirkungen der Krise zu beheben und die Prosperität bieder zu bringen vermögen. In der Reihe dieser Bestrebungen sei an erster Stelle eine Bewegung genannt, die in Ka- ufornien entstanden ist: die„Utopian b o c i e t y ". Utopische Gesellschaft. Für einen Europäer ist es ein« sehr merkwürdige Beobachtung, datz auf der Grundlage eines bei uns halb vergessenen Buches eine Bewegung entstehen kann, die es bis auf 960.000 eingeschriebene Mitglieder, allein im Staate Kalifornien — bei rund ® Millionen Einwohnern— gebracht hat; das Ruch ist BellamyS„Rückblick aus dem Jahre «000". Die Utopian Society hat eine Parallelorganisation, zum Teil dieselben Personen, die kkptonSinclairsich schuf, als er die Sozialistische Partei verließ, um bei der GouverneurS- bahl im vorigen Jahre zu kandidieren. Upton «inclair gelang eS nicht nur, von den Demokraten Ausgestellt zu werden, sondern er bekam auch die Unterstützung aller einigermaßen fortschrittlichen Menschen. Seine Organisation nannte er, eine RbkLzung feine- Wahlschlagworte-, EPJC—
Volkswirtsdiait und Sozialpolitik Aufstieg im Welthandel
Nach der vom Völkerbund und dem Reichsamt für Statistik in Berlin bei der Berechnung der WelthandelSumsätze angewandten Methode — es werden die Außenhandelswerte in Golddollar bezw. in Reichsmark umgerechnet— hat sich bis in die letzte Zeit hinein ein andauerndes Sinken der Welthandelswerte ergeben. Diese Feststellung steht, worauf das Ber liner Institut für Konjunkturforschung in seinem letzten Wochenbericht hinweist, zu der tatsächlichen Entwicklung in offenem Widerspruch. Um die Fehlerquellen bei der Berechnung auszuschalten, wurde aus den AußenhandelSwer- ten(in der Landeswährung) von 28 der wichtigsten Welthandelsländer, die im Jahre 1929 mit einem Anteil von 84 Prozent am gesamten Welthandelsumsatz beteiligt waren, ejn Gesamt- index errechnet. Dabei wurden die Reihen der einzelnen Länder nach dem Anteil an der Welt- Ein-, bzw.-Ausfuhr gewogen. Für die Welthandelsumsätze(Einfuhr und Ausfuhr) ergab sich dabei folgender Index:
1. Halbjahr 1929 100.0 1. Halbjahr 1930 90.4 1. Halbjahr 1931 S3.8 Land».»awi. 1930 Industriestaaten: Bereinigte Staate von Nordamerika 79.4 Großbritannien 88.0 Deutschland 96.8 Frankreich •■■■■■■■ 91.7 Japan ■■■■■■••'■ 72.0 Italien . 86.8 Tschechoslowakei ,,,, 91.3 Belgien -Luxemburg •■■■■ 86.4 Niederlande ■»,.,,, 91.6 Norwegen / 98.8 Oesterreich«•■■■■•• 90.4 M'M. M M ,M M MM- 96.3 Schweiz ........ 91.1 Europäische Agrarstaaten: ,•...... 97.6 Irischer Freifwat<■■■■• 106.2 Polen -Danzig «*■■■■■ 100.9 Spanien 138.0 Rußland 114.8 Ueberseeische Agrarstaaten: Aegypten 66.2 Südafrikanische Union■■■■ 77.8 Kanada •••..,,,. 75.7 Australischer Bund.■.,. 64.4 Neuseeland ....■ 79.6 Britisch-Jndien 88.8 Britisch»Malaya 80.3 Argentinien ,,,,,,, 68.3 Brasilien ,,,,,,,, 88.6 Ehile 84.9
Tesamtindex(28 Länder)'
88.7
1. Halbjahr 1932
48.2
1. Halbjahr 1933
43.4
1. Halbjahr 1934
48.7
1. Halbjahr 1935
52.6
Es wird dazu bemerkt, datz trotz einiger Mängel, die diesem neuen Berechnungsverfahren anhaften, der Index im grotzen und ganzen ein zuverlässiges Bild von der Welthandelsentwicklung gibt; zuverlässiger jedenfalls als die übliche Berechnung in Gold oder in Papierpfund. Danach haben also die WelthandelSumsätze im 1. Halbjahr 1935 diejenigen der drei vorhergehenden Jahre überschritten. Der Welthandel befindet sich somit seit dem 1. Halbjahr 1933 wieder im Anstieg. Diese Entwicllung geht allerdings langsam, denn im 1. Halbjahr 1935 betragen die Wellhandelsumsätze nur um ein geringes mehr als die Hälfte auS der gleichen Zeit des Jahres 1929. Die Ausfuhrw erte der wichtigsten 28 Wclthandelsländer haben Nach dieser Berechnung im ersten Halbjahr der letzten sechs Jahre diese Entwicklung.(Der AutzenhandelSwert im ersten Halbjahr 1929 ist gleich 100.) 1. Halbt. 1. Halbj. 1. Halb«. 1. Hakbj. 1. Halb!.
1931
1932
1933
1934
1935
50.0
31.8
25.5
39.5
38.7
55,5
52.1
48.9
52.9
57.6
74.2
46.5
37.0
32.4
81.0
65.7
40.8
36.3
35.6
32.1
58.6
54.1
81.6
98.6
115.3
67.4
45.8
41.4
35.1
82.2
67.9
39.9
28.4
34.0
35.4
73.8
48.7
43.7
42.6
43.1
70.5
43.5
37.0
85.3
33.2
64.5
75.0
73.8
78.5
79.1
65.2
37.1
33.7
40.0
41.3
64.1
54.9
56.0
74.4
74.8
70.0
41.1
35.9
34.6
35.3
82.5
67.6
71.5
70.6
74.8
83.8
71.5
43.7
43.2
45.6
77.6
44.0
35.6
38.6
36.2
150.2
145.0
117.3
111.4
102.8
90.2
67.9
52.7
44.6
36.7
45.9
49.5
47.3
58.5
59.8
53.3
42.1
48.9
59.2
64.5
50.6
38.6
35.7
50.2
53.6
61.4
67.7.;
69.0
70.1
70.3
57.7
57.4
62.5
84.5
71.5
81.1
88.8
41.3
44.9
47.7
69.2
35.3
35.4
54.1
73.2
61.7
62.1
47.6
58.8
67.7
89.8
78.4
72.2
88.6
95.3
41.1
21.5
28.6
42.0
72.1
63.1
47.2
43.1
48.8
50.6
Diese Uebersicht über die Entwicklung des Ausfuhrwertes der einzelnen Länder zeigt, datz — von einigen Ausnahmen abgesehen— die Ausfuhr der Industriestaaten und der europäi schen Agrarstaaten auch im 1. Halbjahr 1936 noch den stärksten Rückgang gegenüber dem 1. Halbjahr 1929 aufweist. Zu den Industrie« bezw. europäischen Agrarländern, deren Ausfuhr nicht einen so starken Rückschlag erfuhr oder die bereits|
wieder stark aufholen konnten, gehören Japan , die skandinavischen Staaten und Spanien . AM tiefsten von allen 28 Ländern ist der Ausfuhrwert Deutschlands abgesunken; es steht im ersten Halbjahr 1935 an letzter Stelle. Im ersten Halbjahr 1932— als die Hitlerdiktatur noch nicht aufgerichtet war— kamen nach Deutschland noch dreizehn Länder mit einem geringere« Ausfuhrwert!
Der Ausfuhrwert der.T s ch e ch o sl o w a k e i ist in den ersten Halbjahren 1934 und 1935 gegenüber dem gleichen Zeitraum 1933 gestiegen. Er ist 1935 um rund ein Viertel höher als 1933! Am günstigsten ist die Entwicklung des Ausfuhrwertes bei Japan , und Spanien . Bei der Mehrzahl der außereuropäischen Agrarstaaten beträgt der Ausfuhrwert wieder mehr als zwei Drittel von 1929; er liegt damit wesentlich höher als der Gesamtindex. Im ganzen also steigt die Weltausfuhr und auch die Welteinfuhr zeigt, sogar noch etwas stärker, die gleiche Entwicklung.
Der tschechoslowakische Schuhexport Im Schuhexport steht die Tschechoslowakei in der Welt an erster Stelle. Nur in Gummischuhen wird sie von Japan überflügelt. In den ersten sieben Monaten sind 5,700.000 Paar Schuhe im Werte von 86,667.000 Kronen exportiert worden. Interessant ist, datz sich der Export von Lederschuhen um 9.4 Millionen Kronen gesteigert hat. während der Export von Gummischuhen um 2.8 Millionen Kronen oder 25.9 Prozent zurückgegangen ist. In der letzten Zeit haben die tschechoslowakischen Schuhfabriken größere Aufträge für Qualitätsrahmenschuhe erhalten. Da nach befriedigender Erledigung dieser Aufträge in kur«, zen Fristen weitere Bestellungen erfolgen sollen, ist auch für die weiteren Monate des laufenden Jahres mit einer Steigerung des Schuhexports zu rechnen.
Bon Diktaturen und Diktatoren Diktaturen sind üble Zeugnisse— für die betroffenen Völler. Nur der dumme Diktator glaubt wirllich an sich und feine alles überragend« Klugheit. Die andern glauben mit mehr Recht an die Dummheit der Be-. herrschten. Es kann einer intelligenter fein als ich und du, Aber daß einer gescheiter, als alle andern sein soll — dar redet mir das größte Maul nicht ein. .Unser Reich währt 1000 Jahre." Warum? Weil es mit drei Nullen begann? Der Diktatur ist alles verhaßt, was nach Geist, Denken, Kulturgefühl, Humanität, echter Menschlichkeit aussieht. Wit Recht: es sind ihre Todfeinds und— sie sind unsterblich. Sie halten Brutalität für Kraft. Es ist chre Schwäche. .Treue Gefolgschaft." Da muß ich immer an die Hunde denken, die chre eigene Peitsche im Maul« tragen. Am schwersten begreiflich: wenn noch in Freiheft lebende Menschen nach der Knute des Diktators schreien. Sie müssen sadistisch veranlagt sein. Wie «wisse Dirnen:„Schätz, prüle Diktatur und Sklaverei, Diktator und Sklave 7 — diese ursächliche Zusammengehörigkeit wird kein« Macht der Welt aufheben. »Die Demokratie hat sich nicht bewährt." Ihr größter Mangel war der eines Propagandaministeriums. Diktatur. ist Karikatur— der menschlichen' Ordnung. „Es gibt keine Gerechtigkeit mehr." Es gibt so viel oder so wenig. wie immer. Wir müssen ihr nur auf den Weg helfen. Manche lächeln über. Kohlhaas, der nach Gerechtigkeit schrie. Und das ist zum Weinen. Auch der Henker verringert die Anzahl der Arbeitslosen. „Heil.,,!" Ihr vergeßt eine Keine Vorsilbe: Un. Peter Labor.
End Poverty In California— beendet die Armut in Kalifornien . Seine Gegner übersetzten die Buchstaben EPJC mit Empty Promises in California, leere Versprechungen in Kalifornien . Auch die Upton Sinclair -Bewegung, zusammen mit der Utopian Society, übte eine gewallige Anziehungskraft auf die Massen aus. Roch lange nach der Niederlage vermochte Upton Sinclair , wenn er sür die beiden Bewegungen sprach, eine grohe, 25.000 Menschen fassende Arena mühelos zu füllen. Sein Programm, und das der EPJC- Bewegung ist ein lokales, etwas primitives Arbeitsbeschaffung-- und Besitzsteuerprogramm, aber von allen Krisenbewegungen ist diese die politisch ernsthafteste mnd ehrlichste. Ein Mann, auf den der Ausdruck„Prophet der Krise" in seinem spöttischen Sinne zutrifft, ist der Arzt Dr. T o w n s e n d. Es wird in Ame rika behauptet, datz 25 Millionen Amerllaner Eingaben an den Kongreß unterzeichnet hätten, seinen Plan zum Gesetz zu erheben. Ob diese Zahl stimmt oder nicht, gewiß ist, daß kaum ein Plan je populärer war als der dieses Arztes. Dreitausend Klubs, nach seinem Namen benannt und seinen Plan propagierend, sind in einem halben Jahr entstanden. Sein Plan Ningt unendlich einfach: er will, daß der Staat allen alten. Leuten eine monatliche Rente von 200 Dollar zahle, mit der Verpflichtung, diesen Betrag im laufenden Monat bis zum letzten Cent auszugeben. Dr. Townsend und seine zahllosen Anhänger versprechen sich davon eine ungeheuere Belebung der Wirtschaft, womit sie die Höhe der vom Staat« auszugebenden Summe rechtfertigen. Dr. Townsend hat vorgeschlagen, daß die erforderlichen, jeden Monat in viele Millionen Dollar gehenden Summen durch eine Umsatzsteuer von 15 Prozent aufgebracht werden, später trat an die Stelle dieses Vorschlages der einer Steuer von 2 Prozent auf jede geschäftliche Transaktion, alle- vage
Vorschläge ohne die Vorstellung ihrer Durchführbarkeit, ihres möglichen Ertrages, ihrer volkswirtschaftlichen Wirkungen. Aber bei allen unter der Krise Leidenden und volkswirtschaftlich wenig Geschulten hat der Tomnsendplan viel Anhänger gefunden. In der kleinen Gemeinde Royal Oak bei Detroit , einer Stadt von 52 Prozent katholischer Bevölkerung, lebt ein katholischer Pfarrer namens Father Coughlin . Er begann vor Jahren Sonntagnachmittag an einer Rundfunkstation einer Detroiter Zeitung, der„Freien Presse" zu sprechen; vier Jahre lang verliefen diese Radio- Predigten ohne besondere Beachtung, bis er auf eine geschickte Weise religiöse Betrachtungen immer mehr mit politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ausführungen mischte. Er erhielt viele Briefe, viele Hörer sandten ihm Geld, um seine Rundfunktätigkeit ausbreiten zu können, und zuletzt konnte er aus den ihm freiwillig eingesandten Beiträgen nicht nur eine neue schöne Kirche bauen, sondern er vermochte sich ein eigenes Netz von Rundfunkstationen zu mieten, und war imstande, wöchentlich 14.000 Dollar Miete für seine Radiopredigten zu zahlen. Er gründete dann eine .League for social justice", Liga für soziale Gerechtigkeit, und sein Zulauf, ausgedrückt in der Zahl seiner Rundfunkhörer und der Zahl der Mitglieder der Liga, ging rasch in die Millionen. Ursprünglich unterstützte er den Präsidenten Roosevelt und seine planwirtschastlichen Ideen; dann war eine zeitlang sein Schlagwort der„ehrliche Dollar", unter dem er gegen die Abwertungstendenzen focht, in den letzten Monaten aber ist er zu offenen Angriffen gegen die Regierung Lbergegangen. Auch seine Demagogie ist auf pri-- mitive wirtschaftliche Vorstellungen gegründet; substanzlos wie in den ersten Tiraden Hillers: MittelstandS -„Philosophie", wenn man daS kostbare Wort für ein bestimmtes System von Unsinn verwenden darf.
Ganz anders steht es um die Diktaturanwartschaft bei einem letzten Krisenpropheten« der hier betrachtet werden soll. Wir sprechen von dem Senator aus dem Südstaat Louisiana , Huey L o n g. Seines Zeichens Rechtsanwalt, ein guter, geschickter, aber völlig gewissenloser Redner, ist Huey Lang ein smarter amerikanischer Politiker im berufsmäßigen, nicht allzu erfreulichen Sinne. Er hat über den Staat Louisiana eine in ihren Auswirkungen zweifellos verfassungswidrige Diktatur aufgerichtet und beherrscht seinen Staat vollkommen. Huey Lang gründet« eine Bewegung, die sich rasch ausbreitete und heute weit über seinen Staat Louisiana hinausreicht, mit dem Schlagwort des„Share ouv wealth"—„teilt unseren Reichtum!" Er ist genau so skrupellos im Versprechen wie Hitler . Er verspricht jedem Amerikaner ein jährliches Einkommen von 5000 Dollar und Universitätserziehung für jedes Kind. Er will den in der-Nation vorhandenen Reichtum austeilen, aber nur von ungefähr 10—15 Millionen an aufwärts. Datz dieser Reichtum in kapitalisllscher Form, das heißt, in Investitionen. festgelegt ist und nicht austeilungsbereit in den Banksafes liegt, macht ihm nichts aus. Aber Huey Lang ist von alle« Krisenpropheten weitaus der gefährlich st«, weil er sich nicht auf Rundfunkreden oder Plan- Propaganda beschränkt, sondern als Mitglied des Senats, als Beherrscher eines der Bundesstaaten und genauer Kenner des amerikanischen , politischen Apparats eine außerordentlich aktive Rolle spielt. Wie weit seine Demagogie dadurch zu« fascistischen Gefahr werden könnte, daß sich die amerikanische Kapitalistenklasse seiner bedient,— bis jetzt ist die einzige Gruppe, die ihn in größerem Ausmaße stnanziert hat, die Standard Oil Company— bleibt abzuwarten; gegen eine absolute Parallelität der Entwicklung zu einem FasciSmuS wie in Italien oder Deutschland spricht in Amerika vieles.