Freitag, 38. Dezember 1036 VI Sonberbeilage Spanien Largo Caballero , der sozialistische Ministerpräsident immer wieder versucht worden, aber immer wie­der hat die Reaktion die Oberhand gewonnen und all.'s blieb beim alte». Das Agrarrcformgesetz dec Republik fand in ihrer reaktionären Periode vom August 1083 bis Feber 1986 nur An­wendung auf 160.000 Hektar; dafür wurde die bis dahin durchgcfiihrtc Bauernbefreiung wieder zunichte gemacht. Mit dem Wahlsieg der Volks­front geriet auch die Agrarreform in neue Bewe­gung: Mehr als 700.000 Hektar wurden In den fünf Monaten bis zum Ausbruch des Bürger­krieges enteignet und etwa 70 Millionen Pesetas für Neusiedlungen, Meliorationen und Pacht­sanierungen aufgeivandt. An den ersten beiden Monaten des Bürger­krieges fetzte das Agrarreform-Institut feine Arbeit in noch schnellerem Rhythmus fort: Aller faschistischer Besitz siel entschädigungslos nach dem bereits erwähnten Grundsatz der Volks­gemeinschaft zu. Beträchtlich mehr aber wurde durch direkte Aktionen geschaffen: Besonders in den im Kampf eroberten Randgebieten in Aragon , Granada und Cordoba schritt man zu einer völli­gen Umformung der Agrarverfassung, was die Betvohner dieser Regionen zu enthusiastischen Kämpfern sür die Freiheitsbewegung wachte. Da­für ist in den Kcrngebietcn der Republik mit ihrer anders gearteten Agrarstrukturder Unxhai; auf manche Hindernisse gestößdn, wäS seinen Ausdruck in jenem Vorschlag einer Kompromißlösung fand, die das Eigentum an Grund und Boden kommu­nalisiert, aber dann die Entscheidung über kollek­tive oder Individuelle Bewirtschaftung dem Belie­ben der Einzelnen überläßt. Auch in der seincr- zcitigen Regierungserklärung des kommunistischen LandwirtschastSminislcrS am Tage seiner Amts­übernahme:Alles Land, das bisher AuSbeu- tungöobjekt jener war, die zu Unrecht Herren darüber gewesen sind, wird in Zukunft Arbeits­objekt aller Bauern und landwirtschaftlicher Arbeiter sein", umgeht eine Festlegung auf die Art der neuen Agrarordnung. Nebeneinander be­stehen zurzeit in Spanien Riesenkolchosen und Klcinfamilienbesih, Kollektivgiiter und Bauern­land. ES gibt Dörfer, wo die Revolution vor allem den Verkauf der Ernteerzeugnisse ersaßt' hat, die Produktion selbst jedoch noch nicht; ebenso gibt cs Gemeinden, wo vom ArbeitS» bis zu.n Verteilungsprozcß alles völlig kommunistisch organisiert ist, das Geld abgeschafft wurde und ArbeitSgutscheinc an seiner Stelle kursieren. Alles in allem gilt für die Vorgänge aus dem Lande der Satz:Das spanische Volk macht seine eigene Revolution, eine, die seinem Temperament und seiner Oekononiie entspricht.", sSolidnridad Obrer» vom 1. Dezember.i Formeln jvie:Alles Land den Bauern" oderVlllcr Boden Kollektiv­eigentum" müßten heute, da sie nicht den Bedin­gungen in jeder Region entsprechen, nur zer­setzend wirken. Die Koordinierung der Bauern und Arbeiter aber ist Vorbedingung des Sieges über den Faschismus, der nichts anderes ist als die politische..Kampfform der Latifundienherren: Kazike», Großgrundbesitzer, Kirche und Militär. Generale und Priester In Spanien , Nach dem Militärjahrbuch gab es in Spanien bis zum Aufstand 850 Generale. 14 davon standen in der ersten, 411 in der zweiten Reserve. Da die Effektivstärke des Heeres 150.000 Mann betrug, entfiel also auf je 175 Mann ein General. Selbst­verständlich bezogen alle entweder Gehalt oder Pen­sion. Im Jahre 1027 gab es in Spanien 070 Män- ncrklöster mit über 12.00(1 Brüdern, 8728 Frauen­klöster mit über 62.000 Nonnen, 62.000 Pfarrer und über 10.000 Seminaristen(angehende Prie­ster). I» Madrid bestanden 808,1» Barcelona 877 Klöster. I» der Stadt.Lärida (In Katalonien ) gab es aus 887 Einwohner et« Kloster und aus 88 Ein­wohner einen Geistlichen. Auf der Flacht vor Franco* Bomben Atahuallpas Ende Azana, Spaniens Präsident .. s?A's'ttfcutgnjitt-die choldncn-chntz, silü«ryen-GegenstAiide «J in die Hand nahiiten, sie hinander zdigten.siö'be- ibm der Soldat Miguel de Estete die königliche Borla vom Haupte riß, bemächtigten Perrallu und ich uns des Thrones, er auf der einen, ich auf der ander» Seite, und zehn schreckliche Sekun­den lang stierten wir uns mit blutunterlaufenen Augen an wie Todfeinde. Atahuallpa wurde als Gefangener in da» nächstgelegene Gebäude geführt, und zwölf Mann wurden damit betraut, ihn zu bewachen. Eine geisterhafte Ruhe hatte sich über den Platz und Straßen auSgebreitet. Aber von einer gewissen Stunde der Nacht an tönten weit von den Bergen herüber die Klagegesänge der ihres Gott» königs beraubten Peruaner, anschwellend, ab­schwellend, immer schmerzlicher uni wilder bis zum Grauen des Tage». Die Soldaten erhielten Erlaubnis, auf Beute auszuziehen, und sie brachten aus dem Lagerndes Inka viel goldenes und silbernes Ge­räte mit und viele Ballen Stoffes, so fein im Ge­webe und so vollendet in der Kunst der Farben­verschmelzung, wie wir noch keine vorher gesehen hatten. Alles entwendete Gut wurde in ein hiefür bestimmtes Hau» geschasst, um zur bestimmten Zeit, nach Abzug des Fünftels für die kastilische Krone, verteilt zu werden. Tristoval Perralta und ich hatten aber den Thron 8eS Inka mit Hilfe einiger Leute in' einem Versteck untergebracht, einer' davon verriet uns an den Pedro Pizarro, , worauf uns der General kommen ließ und uns mit unheilvoller Miene aufforderte, den Thron auszuliefern. Das geschah alsbald, denn wir zit­terten vor seiner drohenden Stirn. Um mich schadlos zu halten, durchsuchte Ich mit den Soldaten die Häuser der Stadt, und was irgend von Wert war, raubten wir. Die Ein­geborenen wurden festgenommen, und wir rissen ihnen Schmuck und Zieraten vom Leib. Einzeln oder, in Gruppen zogen,.unsere Leute durch das Gelände und steckten die Wohnungen in Brand, nachdem sie sie ausgeplündert. Sie brachen in die Tempel, erschlugen oder vertrieben die Priester und schleppten fort, wa» sie tragen konnten an bünten Stoffen und schönen Gesäßen, Aber alles war ihnen nickt genug; sie lechzten nach mehr. Und auch mir war nichts genug; ich lechzte nach mehr. Eines Abends, als ein« Abteilung von Ihrem Raubzug, der besonders erfolgreich gewesen war, in die Stadt zurückkehrte, trat der gefangene Inka aus. den Inneren Gemächern feines Haufe» in die Säulenhalle und schaute zu, wie die Soldaten sich ihrer Beute, entledigten und wie arwre hin­einen Abschnitt au» der Eroberung Peru » durch die Spanier . Der folgende Auszug au» dieser Novelle behandelt«aS Ge­metzel um den Inka Atahuallpa und dessen Gcfangenahme. Al» di« vordersten Reihen de» Zuges den Platz betraten, öffneten sie sich nach beiden Sei­ten für daS königliche Gefolge. Unter lautlosem Schweigen seiner Leute schaute Atahuallpa suchend rundum, denn von den Unfern war nie­mand zu sehen, indes wir jede» Gesicht und jede Bewegung von ihnen wahrnehmen konnten. Da trat, wie es beschlossen war, Pater Val­verde, unser Feldpriester, auS einer der Hallen. Die Bibel in der Rechten, da» Kruzifix in der Linken, näherte er sich dem Inka und redete ihn an. Felipillo, der wie sein Schatten hinter ihm huschte, so verhängnisvoll wie unentbehrlich, übersetzte seine Wort« Satz für Satz, so gut oder so schlecht er eS vermochte. Der Dominikaner forderte Atahuallpa auf, sich dem Kaiser zu unterwerfen, der der mäch­tigste Herrscher der Welt sei und seinem Diener Pizarro den Befehl erteilt habe, von den Län­dern der Heiden Besitz zu ergreifen. Der Inka rührte sich nicht. Pater Valverde forderte ihn zum zweiten­mal auf und fügte hinzu, wenn er sich dem Kai­ser zinspflichtig bekenne, werde ihn dieser als treuen Vasallen beschützen und ihm in jeder Not beistehen. ES erfolgte das nämllche Schweigen. Da erhob der Mönch zum drittenmal feine Stimme und richtete im Namen unseres Herrn und Heilands die bewegliche Mahnung an ihn, sich zu unserm heiligen Glauben zu bekehren, durch den allein er hoffen dürfe, selig zu werden und der Verdammnis und höllischen Hast zu ent­gehen. ES hätte da anderer Worte bedurft und anderer Vorstellungen als sie dem Pater zu Ge­bote standen. Er war ein einfacher Mann von geringer Erziehung und hatte die Zunge nicht und hatte die Flamme nicht, um das Herz des Götzen­dieners zu rühren und es für die Lehre Christi empfänglich zu machen, der wir alle in Demut gehorchen. Der Inka antwortete auch dieses Mal nicht. Ein starres Bild sah er auf seinem Thron und schaute den Mönch halb verwundert, halb unwillig an. Dieser blickte ratlos zu Boden, sein Gesicht erblaßte, vergeblich suchte er Erleuchtung und neuen Anruf,' und plötzlich wandte er sich um und hob das Kruzifix in seiner Hand wie eine. Fahne. _Da sah: dec General, Saß dix.Mts«kor" men'war unt^daß er i' j------- Er wehte mit einer weißen Binde, das Geschütz wurde abgefeuert, der Schlachtruf San Jago er­tönte, aus dem Hinterhalt brach wie.«in gestauter Strom die Reiterei hervor, und von Ueberraschung gelähmt, vom Geschrei und Knallen der Musketen und Donnern der beiden Feldschlangen betäubt, vom Rauch, der sich in schwefligen Wolken über den Platz verbreitete, erstickt und geblendet, wuß­ten die Leute des Inka nicht, was sie tun, wohin sie fliehen sollten. Vornehme und Geringe wur­den unter dem ungestümen Anprall der Reiterei miteinander niedergetreten, und ich sah nur einen Knäuel von roten, blauen und gelben Farben vor mir. Keiner leistete Widerstand, und sie besaßen auch nicht die Waffen, die dazu ausgereicht hät­ten. Nach einer Viertelstunde waren alle Auswege zum Entkommen mit Leichen geradezu verstopft, und so groß war die Todesangst der Ueberfalle- nen, daß viele in ihrer krampfhaften Bemühung die Mauern aus gebranntem Lehm, die den Platz umzäunten, mit den bloßen Händen durchbrachen. Ach kann mich nicht mehr entsinnen, wie lange das schauerliche Gemetzel dauerte. Mein Geist war verwirrt durch den Anblick des goldenen Thronsessels, auf dem der Anka noch immer saß. Den wollte ich um jeden Preis gewinnen, mit Zaubergewalt zog es mich in den Kreis seiner Strahlen, und ich hieb alles nieder, was sich mir entgcgenstellte. Die Getreuen, des Inka' warfen^ sich mir und den anderen Reitern in den Weg, rissen einige.von den Sätteln oder boten die eigene Brust dar, um den geliebten Gebieter- zu schützen. Am letzten Zucken des Lebens noch. Nam«- merten sie sich an die Pferde, ich schleifte immer drei oder vier mit mir, und. wenn einer.tot hin­fiel, trat ein anderer an seinen Platz. Der Thron, von den acht Edelleuten getragen, schwankte wie ein Boot auf bewegter See', bald vorwärts, bald, zurück, je nachdem der furchtbare Andrang zu-' nahm oder nachließ. Atahuallpa starrte regungslos in das blutige Verderben, feiner Ohnmacht, es abzuwenden, mit schicksalsvoller Düsterkeit gewiß. Das kurze Zwie­licht der Wendekreise verging,. der Abend sank, von unserer Mordarbeit ermüdet, fürchteten wir nur eines, daß der Anka entfliehen könne. Andrea della Torre und Tristoval de Perralta stürmten auf ihn Io», um ihm da» Schwert in die Brust zu stoßen. Da raste der General wie der leibhaftige Sturmwind dazwischen; am Leben des Fürsten Ivar ihm alles gelegen, und indem er den Arm zu.seinem.Schutz auSstreckte. erhielt er von Cristo- val de Perralta eine ziemlich schwere Wunde am Handgelenk. Zugleich fielen vier von den Trägern des Thrones aus einmal; den'übrigen wurde die Last zu schwer;, vor einem Berg von Erschlagenen 'brachen sie in die Knie; der Anka wäre zu Boden tasteten, sie geradezu liebkosten und durch Ihr ganze» Gebaren das trunkene Entzücken, die un­stillbare Begehrlichkeit und wesenlos neidhaste Angst verrieten, die in ihnen tobten. Ach stand in der Mitte deS Platzes und hatte allmählich mein Augenmerk nur ai^f den Anka ge­richtet. Er schien nicht recht zu begreifen, was sich vor seinen Blicken abspielte. Andem er angestrengt nachdachte, näherte sich ihm Felipillo. und sagte mit leiser Stimme und heuchlerisch demütigem Gebaren einige Worte zu ihm. Wie ich später von Hernando de Soto erfuhr, der es von Atahuallpa selbst wußte, war Felipillos Rede so:Sie wol­len Gold. Sie winseln um Gold, sie schreien um Gold, sie zerfleischen einander um Gold. Frag sie um den Preis deiner Freiheit, und du wirst sie mit Gold kaufen können. ES gibt nichts in der Welt, was die dir nicht für Gold geben würden, ihre Weiber, ihre Kinder, ihre Seele und sogar die Seelen ihrer Freunde.7 An jener Stunde ahnte ich nur den Sinn der wahren und furchtbaren Wort«. Was mich bis ins Annerste bewegte, war der Ausdruck de» Grauens und Grübelns im Gesicht Atahuallpa». E» ist sicher, daß- er von da ab unablässig über dies eine nachdachte, denn er vermochte nicht daran zu glauben, daß man für ein so nichtige» Ding, wie es das Gold in seinen Augen war, ein so wichtige» wie die Freiheit gewinnen, ja daß man überhaupt etwas damit erkaufen, etwa» da­für haben könne. Etwas haben: das war in fei­nen Augen ein ganz anderer Begriff als in unfern. Der Gedanke, etwas mit Gold zu erkau­fen, mußte ihn im tiefsten Gemüt erstaunen und beunruhigen. In jener Stunde, beim Anblick meiner vom Gold berauschten Gefährten auf der einen Seite und der stummen Gestalt und stau­nenden Miene des Inka auf der andern, wurde mir zum erstenmal deutlich, wie fremd wir ihm waren, unfaßbar und schaurig fremd, nicht wie Menschen aus einer Welt, die er nicht kannte, sondern wie Wesen von einer ganz und gar un« erklärlichen Beschaffenheit. ES kamen aber nun seine Diener und Die­nerinnen nach Caxamalca , seine Höflinge und seine Frauen und flehten mit emporgehobenen Händen, daß man sie zu ihrem Herrn lasse. Sie sagten, ihr Leben sei dem Anka zugeschworen seit ibrer Geburt und aus seiner Nähe verstoßen müß­ten sie nach dem Gesetz des Landes den Tod er­leiden. Der General wählte ungefähr zwanzig von Ihnen aus, darunter den Prinzen Turaca». den Halbbruder des Anka, den dieser besonder» liebte. ES war ein schöner und sanfter Aüngling, dem Fürsten ähnlich an Gesicht und Gestalt. Die übri­gen schickte der General wieder ihre» Wegs, und lyie wir kurz hernach vernahmen, begingen.' sie «..< Es kämen aber auch Tausende von ändern Bewohnern des Landes und der Städte, die ihren Herrn nur zu sehen verlangten. Sie wurden exst nach Caxamalca gelassen, wenn man sich verge­wissert hatte, daß sie keine Waffen bei sich tru­gen. Es hätte dessen nicht bedurft. Sie waren in einem Zustand äußerster Verstörtheit. Sie konn­ten nicht glauben und nicht, begreifen, daß. der Sohn der Sonne ein Gefangener war.. Boll schmerzlicher Verwunderung schauten sie un» an, und wenn einer der Unfern zu ihnen redete. Kb« ten sie in abergläubischer.Furcht. Eine übernatür­liche Mächt schien sie vor den Mauern sestzuhal« ten, die den Anka umschlossen; manche weinten, manche seufzten bloß still, manche lagen auf den Knien, das Haupt zwischen den Armen,.und in der Nacht sah ich ihre Augen au» der Dunkelheit leuchten, indes von den Bergen herüber die kla­genden Gesänge schallten. Da» ganze Reich war in Trauer und Ber- zweiflung. Von Jakob Wassermann In der MeisternovelleDa» Gold von gestürzt, wenn ihn nicht Pizarro und della Torre Casamalca schildert Jakob Wassermann jn ihre» Armen aufgefangen hätten. Während