Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh

Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62

17. Jahrgang

Vor Madrid  :

Keine größeren Kämpfe

Madrid  . Der Rat für die Verteidigung der Hauptstadt veröffentlicht Dienstag mittags eine Meldung, in der es heißt: Außer heftigen Rämpfen, die heute vormittags an der Front am Jaramafluß stattfanden und die mit einem Vor­schieben der Linien der Regie rungstruppen endeten, find in den letzten 24 Stunden an den Madrider   Fronten keine be­bentenderen militärischen Operationen zu ver­zeichnen.

Das Kommando der Regierungstruppen führt dies auf den Umstand zurück, daß der Feind nach den schweren Verlust en, die er bei den letzten Angriffen erlitt, weitere Verstärkun gen abwartet, um neuerdings angreifen. zu fönnen.

Die spanische Regierung hat den General Miaja, den Verteidiger von Madrid  , mit der Durchführung der neuen Militäroperationen zum Schuße der Hauptstadt betraut. Diese Maßnahme ist infolge des neuen Versuches der Aufständischen, Madrid   einzuschließen, unerläßlich.

Italienische Granaten

gegen Barcelona Barcelona  

. Die Bombardierung Bar­ celonas   am Montag dauerte zwölf Minuten. 18 Berfonen wurden getötet, darunter sieben Frauen, etwa 50 Personen, wurden zum Teil schwer ver­leht. Die Gefchoffe trugen das Zeichen 3 Gen 35. XII, find also, wie es in der Mitteilung des Propoganda- Ministeriums heißt, italie= nischer bertunft.

Viel Lärm um nichts

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Das Flugzeug über Wien   eine völlig harmlose Angelegenheit

Wien  . Die Nachforschungen nach dem mhstes riösen Flugzeug, das Freitag und Montag in großer Höhe mit Rauchgasen geheimnisvolle Zeis chen auf den Himmel projizierte, haben zu einem vollen Erfolg geführt. Es hat sich herausgestellt. daß es sich um te inausländisches Flug­zeug handelt, sondern um eine österreichis sche Maschine, die auch von einem österreichi schen Piloten, der einen Sportflug absolvierte, gelenkt wurde; er arbeitete dabei auch mit Rauchgasen, um eine entsprechende technische Vorrichtung auszuprobieren. Das Flugzeug st am Montag völlig regulär von einem österreich  schen Flugplaß aus gestartet. Seine Provenienz und die Person des Piloten schließen im voraus den Verdacht irgendeines Propaganda- Versuches aus. Es handelt sich um einen völlig har m- Iosen Uebungsflug.  

Göring bel Rydz-   Smigly

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Telephon 53077

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Herausgeber: Siegfried   Taub- Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern,   Prag

Mittwoch, 17. Feber 1937

Einzelprets 70 Heller( einschließt. 5 Heller Porto)

Aus dem Inhalt:

Auftakt in Johannisbad

Unerquickliches

aus dem nationalen Lager Rentner zur Novellierung der Pensionsversicherung

Nr. 41

London desavouiert Herrn Rutha Parlament und Regierung

,, Erstaunen und Aerger... lächerliche Behauptungen"

Vor einigen Tagen hat unser Abgeordneten­Haus die Regierungsvorlage über die Erhöhung der Staatsgarantie für Exportkredite verabschie Herr Architekt Rutha, Henleins Botschaf- fsichtliches Vorhaben, die tschechisch-   deutschen Ver- det. Zum erstenmal seit längerer Zeit wieder ein­ter für   London, ist diesmal sehr rasch mit einer handlungen in   Prag von   London aus zu torpe- mal eine wirtschaftspolitische Vorlage von großer falten Dusche bedacht worden, die ihm augen- dieren. Es ist bekannt und in jüngster Zeit von Bedeutung, eine Gelegenheit für das Parlament, scheinlich recht überraschend kommt. englischer Seite immer wieder bestätigt worden, nicht nur das Problem der Exportförderung, das Wie aus   London berichtet wird, ergreift daß Britannien an einer Regelung in unserer Wirtschaft eine so ausschlaggebende Dienstag der diplomatische Korrespondent der der Minderheitenfrage in der Rolle spielt, in seinem ganzen Umfang zur Des Morning Post" das Wort und schreibt u. a. SR, an einer nationalen Befriedung zwischen batte zu stellen, sondern überhaupt den Stand­folgendes: Tschechen und   Deutschen das denkbar punkt des Hauses zu den großen Fragen der Die letzte Aktion des Herrn größte Interesse hätte, weil man darin Wirtschaft zum Ausdrud zu bringen. Aber das Nutha hat in   London Erstaunen einen wirksamen Schuß der Tschecho Abgeordnetenhaus hat diesen bedeutungsvollen und Aerger hervorgerufen. Herr Nutha istilo wat ei und einen ernsten Beitrag Gegenstand mit einer ganz kurzen Debatte abge­aum   Grieben in   Mitteleuropa erbliden fan, die fich überdies, dant dem Temperament bes foeben von seinem Besuch in England nach  Prag zurückgekehrt. Während seines hiesigen würde. So blickt man heute mit Erwartung nach Herrn SŠpaček, überwiegend mit Dingen beschäf Aufenthaltes ist er von verschiedenen Persön-   Prag und hofft zuversichtlich, daß die von Dot- figte, die nicht zum Gegenstand gehörten. Viel­lichkeiten rein privat empfangen worden. tor Hodža inaugurierten Verhandlungen zu leicht noch bedenklicher als diese Gleichgültigkeit Keine dieser Begegnungen war irgendwie an einem günstigen Ergebnis führen. Rutha ver- des Parlaments angesichts eines wirtschaftspoli ders aufzufaffen als inoffiziell. In der suchte, die Sympathien Englands aber für die tischen Problems von so großer Tragweite ist der Folge kündigt er jedoch an, daß die   britische SdP zu beschlagnahmen und, wie es scheint, die Umstand, daß diese Erscheinung niemandem auf­Regierung in   Deutschlands Disput mit der Verständigungsaktion der demokratischen   deutschen fiel, daß sie schon als selbstverständlich empfun­Tschechoslowakei völlig auf feiten des Reiches Parteien zu diskreditieren. Er ist damit gründ- den wird, statt daß bei einem solchen Anlaß aller stünde. Ich bin in der Lage, kategorisch zu erlich durchgefallen und wir wollen hoffen, daß diese Augen auf das Parlament gerichtet sein sollten. klären, daß diefe Behauptung voll. Schlappe nicht nur der SdP verdientermaßen Das Parlament hat gerade in dieser Gesetz­kommen unberechtigt und unbeschade, sondern auch dem Fortgang der Verhand- gebungsperiode wiederholt eine erfreuliche Atti­gründet ist. Die   britische Regierung hat an lungen in   Prag nüße, da man zur Genüge er vität und lebendigen gesetzgeberischen Willen bes den Streitigkeiten   Berlins mit   Prag keinerlei fennt, daß   Großbritannien in den   deutschen wiesen. Es sei an die Steuernovelle erinnert, die Anteil. Bestimmt war hier niemand geneigt, demokratischen Parteien durchaus vollivertige im Parlament von Grund auf umgearbeitet mit den Nazis zu sympathisieren, die feit Wo- Bartner einer nationalen Verständigung apischen wurde, es sei daran erinnert, daß auch die letzte chen eine fünstliche Haß- und Verleumbungs- Tschechoslowaken und   Sudetendeutschen erblidt. Devalvationsvorlage erst in den parlamentari­kampagne gegen die   Tschechoslowakei betrieben schen Verhandlungen ihre leßte Fassung erhielt, haben. Das einzige Ergebnis der lächerli­chen. Behauptungen des Geren Nutha lann barin bestehen, daß die Bezie­hungen swiſchen   Deutſchland und der Zimes Towalci nods pitterer und bie mögligetten

Ruthas   Londoner Reise hatte Dienstag auch und erst in den letzten Tagen hat das Abgeord­in Budgetausschuß des Abgeordnetenhauses ein netenhaus bei der Beratung ber Novelle zum Nachspiel. Als in der Debatte der SdP- Abge- Gefeß über das Verwaltungsgericht seine gefeß­ordnete Dr ordnete Dr. Peters die Wirtſchaftspolitik des tommt Staates fritiferte, entgegnete ihm bet stationals es, baß ein Barlament, bað aur to bielen& Gebie

einer Lösung, wie sie seht erwogen wird, beefn- sozialist Dr. etapta, venn gewiffe Dinge die ten, auch auf dem unmittelbar verwandten Gebiet trächtigt werden." wirtschaftliche Aktivität unserer Regierung be- der Finanzpolitik, seinen Mann zu stellen ver hindern, so sind diese Schwierigkeiten namentlich steht, in den Fragen der Wirtschaftspolitik im auch bei der SdP zu suchen. engeren Sinne sich einfach beiseite schieben läßt?

Obgleich die Pressekampagne in Deutsch­  land gerade das Gegenteil zu beweisen scheint, besteht guter Grund zu der Annahme, daf Die Regierung müsse sich der Beseitigung Es ist nicht zu verkennen, daß diese, vom Stand­Deutschland froh wäre, eine Regelung mit der der politischen Hindernisse widmen, welche die punkte der parlamentarischen Demokratie außers Tschechoslowakei zu treffen. Wie feinerzeit mit Sbp der Republit auf internationalem Boden ordentlich bedauerliche Erscheinung mit dem Er­Desterreich, kann wohl auch diesmal die deutsche verursacht. Dieser Zustand sei un mächtigungsgeseß zusammenhängt, besser gesagt, Breffekampagne nur den Zweck haben, die tragbar. Leſe man, daß in   London und in mit einer Handhabung des" Ermächtigungs­Tſchechoslowakei zu schrecken, um fo günſtigere anderen ausländischen Stäbten Vertreter biefer neſeges, die mit den ursprünglichen Absichten, Bedingungen zu erhalten. Jedes Abkommen Partei auftreten und sich das Recht von Ge- welche feine Schaffung begleitet haben, längst würde natürlich die Frage der   deutschen Min- fandten" eines bestimmten Teils der Bevölkerung nicht mehr im Einklang steht. berheit regeln, aber die Behauptung des der   Tschechoslowakei anmaßen, wobei fie dem Aus­Herrn Rutha, daß feine Partei die Unterstützung   Großbritanniens habe, kann nur bewirken, daß die tsche­choslowakische Regierung intransigent wird, wo­durch seine eigenen Intereffen am meisten geschädigt würden."

Damit wäre für diesmal die Mission Nuthas wohl erledigt und zugleich sein offen­

Diese Auffassung tommt sehr deutlich in land absolut unrichtige und verzerrte Informa- einem Artikel des Zentralorgans einer der maß­tionen über die   Tschechoslowakei erteilen, dann gebenden Stoalitionsparteien, in den Lidové habe diese Partei teine Legitimation. Listy" vom 14. d. M. zum Ausdrud. Es wird ähnliche Borwürfe gegen die Regierung zu richten dort unter anderen gesagt: Man müffe fragen, ob es irgendein Staat in der Welt bulben würde, daß seine Angehörigen im Ausland gegen ihn mit unwahrheiten und ver­serrten Darstellungen kämpfen.

Letzter Einmischungstermin: 20. Februar  

Frankreichs energische Warnung an   Rom  

Warschau. General   Göring, der Diens­tag früh mit seiner Begleitung in   Warschau ein­getroffen ist, stattete in den Mittagsstunden dem Ministerpräsidenten   Skladkowski sowie dem Vize­Die plötzliche Beschleunigung, zu der sich der 3uf chub italienischer Truppen in minister für auswärtige Angelegenheiten Grafen Szembet offizielle Besuche ab. Um 17 Uhr stattete Nicht- Interventionsausschuß, bzw. deffen Sub- Spanien zu landen, zweitens haben die Italiener General Göring dem, Marschall Nydz- Smigly fomité in feinen Arbeiten Montag aufgerafft hat, bereits in den letzten Wochen sehr starke Kräfte einen Besuch ab, der von kurzer Dauer war und wird allgemein als eine Folge des energischen dorthin gefchoben und endlich bleibt der Nicht­allgemein als reiner öflichfeit8= Eingreifens der franzöfifchen Regierung erklärt. beitritt   Portugals zu dem Abkommen beſuch dargestellt wird. In der Nacht ist Gene- Der franzöfifche Botschafter Corbin habe er ein gefährlicher Schönheitsfehler. Man wird erst klärt, daß   Frankreich einer weiteren Berfchlep- nach neuen Wegen fuchen müssen, um eine in­ral   Göring nach   Bialowieza abgereist. In   Warschauer politischen Kreisen herrscht pung nicht ruhig zusehen werde. Zugleich habe die direkte Unterstützung Francoß durch Mannschaf­allgemein die Ansicht vor, daß dem gegenwärtigen franzöfifche Regierung in Nom( Blum hatte übri- ten und Material via   Portugal su verhindern. Besuch Görings keine politische Bedeutung beizus gens den Botschafter Cerutti empfangen) bie( Das nächſtliegende Mittel wäre die Blodabe auch messen sei und daß auch keinerlei politische Be- Ertlärung abgeben laffen, daß jedes weitere der portugiesischen Häfen durch eine internatio­Vordringen italienischer Truppen in   Spanien nale Flotte). sprechungen stattfinden werden. Diese Ansicht wird auch durch den Umstand bestätigt, daß ebenso wie etwa das Auftreten   deutscher Truppen Außenminiſter Bed nicht in   Warschau ist, sondern bis Ende Fever an der   französischen Riviera weilt.

Jagoda verhaftet  

Paris. Der   Londoner Berichterstatter des Le Matin" registriert folgende Meldung aus  Warschau: Der ehemalige Kommandant der GBI Jagoda wurde verhaftet. Er wird der Mit täterschaft, an der gegenrevolutionären Berschwö­rung und des Berrates gegen   Stalin beschuldigt.

Eden kehrt Sonntag zurück  

London. Minister für auswärtige Ange­legenheiten Anthony   Eden lehrt am Sonntag von der   französischen Niviera nach   London zurück.

Außenminister Del Vayo erklärte Diens­in Marokko mit der Entfen bungs weier tag in einem Interview, bak in der   ſpaniſchen franzöfifen Divifionen nach Armee insgesamt 12.000. Ausländer als Frei­Spanien beantwortet werden würde. Die ener- willige dienen und daß unter ihnen kein ein­gifche Sprache   Frankreichs genügte, um Nom für siger Ruffe fei. ben Abschluß eines Abkommens über das Frei­willigen- Berbot gefügig zu machen.  

Portugal sträubt sich noch Immer Dienstag meldeten einige Blätter, Frank-   London. Der Nichteinmischungsausschuß reich habe bereits zwei Divifionen nach   Spanien hat den Plan für das Berbot der Entfendung entfandt. Das ist unrichtig. Das Gerücht entstand Freiwilliger nach   Spanien befinitiv angenommen aus einer Bergrößerung jener Drohung, mit der Baris endlich den Widerstand   Italiens gebrochen zu haben scheint.

und wird ben einzelnen Regierungen entspre chende Borschläge zugehen lassen. Dieser Infor­mation fügt das Reuterbüro die Bemerkung hinzu, daß Bortugal auch weiterhin nicht damit übereinstimmt, daß ausländische Beobachter an der portugiesischen Grenze placiert werden. Diese Frage wird bei späteren Sigungen des Ausschus­

Die Breffe Englands und   Frankreichs be­grüßt das Abkommen, verhehlt sich aber nicht, daß feineswegs jebe Gefahr einer Einmischung ge­schwunden ist. Erstens sei bis zum 20. Februar genug 3eit, um noch einen legten großen fes durchstudiert werden.

,, Vor dem Ermächtigungsgeseh war das Par­fament mit wirtschaftlicher Arbeit förmlich über­häuft, nach dem Ermächtigungsgesetz regelt die Regierung alles

ſterien burch nach dem Antrag einzelner Mini­bloße Regierungsverordnung. Das Parlament beschäftigt sich außerhalb seiner langen Ferien mit Dingen, die feine Arbeitsfähigkeit weder zeitlich, noch im Verhältnis zu der wirks lichen Bedeutung dieser Körperschaft erschöpfen fönnen... Die Regierung, die vor dem Grmäch tigungsgesetz Beit genug hatte, fich wichtigen polis tischen Fragen zu widmen, ist heute mit der Ers lassung wirtschaftlicher Verordnungen voll beschäf tigt...

.. Und so haben wir heute tatsächlich eine überarbeitete Regierung und ein nicht bolt befchäftigtes Par Iament, was sicherlich keine verhältnismäßige Verteilung der Arbeitslast bedeutet..."

Es ist interessant, diese Worte mit den Aus­

führungen zu vergleichen, die vor mehr als einem Jahr, am 21. Jänner 1986, in unserem Blatte

zu lesen waren:

,, E3. entspricht nicht der ursprünglichen Abs ficht des Ermächtigungsgefezes, daß Vorlagen, für die eine rlamentarische Mehrheit gesichert wire and für deren rechtzeitige Verabschiedung kein Hindernis vorliegt, durch Verordnung in Geltung gefeßt werden. Das Parlament hat wiederholt be­wiesen, daß es imstande it, cine Regierungsbor lage, über die im Ministerrat nur grundsäßliche Einigung bestand, in den Einzelheiten auszu arbeiten und dem bloßen Entwurf die endgültige affung zu geben. Es sprechen also alle Gründe für eine gedmäßige und dem Geiste der Ver­fassung entsprechende Arbeitsteilung alvischen Regierung und Parlament und gegen den be stehenden Bustand einer überlasteten Regierung neben einem twenig beschäftigten Parlament."

Ge fann fein Zufall sein, daß zwei von­einander vollkommen unabhängige Aeußerungen