Sozialdemokrat

Zentralorgan der Deutschen   sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik

Erscheint mit Ausnahme des Montag täglich früh

Redaktion und Verwaltung: Prag   XII., Fochova 62

17. Jahrgang

Strafgericht Mussolinis

gegen die Besiegten von Guadalajara

Ro m.( Agence Espagne.) Man erfährt aus überstürzten Rückkehr aus Libyen   einen telegra

ficherer Quelle, daß Mussolini   fofort nach seiner phischen Befehl nach Spanien   gefchickt hat, in dem

er die summarische Verurteilung und Hinrichtung aller für die Niederlage bei Guadalajara   verant­wortlichen italienischen Offiziere und Komman­danten der faschistischen Abteilungen anordnete. Das Oberkommando der spanischen   Rebellen habe sich indessen geweigert, dieser Anordnung Folge zu leisten.

Man weiß aber, daß nach Erhalt dieses Te­legramms von Mussolini   der italienische   Kom­mandant General B ergonzoli fich erschos­

fen hat.

Demoralisierung im Lager der Aufständischen

Bayonne.( Agence Espagne.) Eine hohe Persön lichkeit des spanischen politischen Lebens, die auf seiten der Aufständischen steht, ist aus Burgos   hier eingetroffen und hat Erklärungen abgegeben, die die tiefe Demoralisierung im Lager der Aufstän dischen infolge der italienischen Niederlage bei Guadalajara   neuerlich bestätigen. Im Sektor von Guadalajara   wurden alle italienischen Soldaten zurückgezogen und der größte Teil dieser itlieni­schen Formationen wird nunmehr bei der Stra Benkontrolle im Hinterland verwendet.

Die Desertionen aus dem Lager der Auf­ständischen nehmen beträchtlichen Umfang an. Im Sektor von Jarama allein sind im Laufe des Samstags 117 Soldaten in voller Ausrüstung mit ihren Waffen zu den republikanischen Trup­pen übergelaufen. Es handelt sich ausnahmslos um junge Bauern, die von den Rebellen zwangsweise mobilisiert worden sind. Nach den Aussagen der Ueberläufer scheint es innerhalb der Rebellentruppen eine Geheimorganisation zu geben, die systematisch die Massendesertionen vor­

bereitet.

Die ungarische

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Telephon 53077- Herausgeber: Siegfried Taub  - Verantwortlicher Redakteur: Karl Kern, Prag  

Dienstag, 6. April 1937

Einzelpreis 70 Heller( einschließt.5 Seller Porto)

Aus dem Inhalt:

Taub über die Arbeit der Sozialdemokratie

Deutsche   Angestellte zur Eisenbahn

De la Rocque vor Gericht

Jagoda verhaftet

Nr. 81

Präsident Dr. Beneš   in Belgrad  

Herzlicher Empfang Große Truppenparade Trinksprüche auf die Festigkeit der Kleinen Entente

Belgrad. Präsident Dr. Beneš   traf| Bei dem Diner hielt Prinzregent Paul mit Gemahlin und seinem Gefolge, das aus dem eine Ansprache, in der er u. a. sagte: Kanzler Sám a 1, dem Gesandten Strimpl, Dieser hohe Besuch hat uns mit tiefer dem General B I á ha, Oberfektionsrat Smut- rende erfüllt, weil wir in ihm eine neue Ga­ und dem Privatsekretär Dr. R em fa besteht, schaft schen, welche die Tschechoslowakei   und In­rantie der aufrichtigen Freundschaft und Brüder­Montag vormittags in Belgrad   ein. In der goslawien stets verbunden hat. iugoslawisch- ungarischen Grenzstation Subotica  hatte sich Gesandter Dr. Krofta dem Gefolge

der Präsidenten angeschlossen.

waren anwesend.

Der Präsident der Republik ist gestern in Belgrad   in außergewöhnlich feierlicher Weise empfangen worden. Dieser Empfang gilt sowohl der Person Beneš  ', der in ganz Europa   den Ruf eines der zielbewußtesten demokratischen Staats­männer genießt und in Belgrad   als einer der Be­gründer der Kleinen Entente   und treuer Freund der Jugoslawen begrüßt wird, aber auch dem Staat, der durch sein Oberhaupt repräsentiert wird, der Tschechoslowakei  .

Die Beziehungen der Tschechoslowakischen Republik zu Jugoslawien   waren seit dem Ende Vereint mit dem befreundeten und verbün- des Weltkrieges sehr enge; sie fanden ihren Aus­deten Königreich Rumänien haben unsere bruck in dem Verteidigungsbündnis, das zwischen Länder ständig und aufrichtig die Konsolidierung den beiden Staaten am 14. August 1920 abge= des Friedens im Nachkriegseuropa angestrebt.Von schlossen und am 23. April 1921 durch das Bünd ihrem Entstehen bis zum heutigen Tag hat sich die nis mit Rumänien   zur Kleinen Entente erivei­Kleine Entente in allen ernsten Augenblicken stets tert wurde. Der Sinn dieser Konstellation war entschieden und unerschütterlich vor allem ein politisches Gegengewicht zu bilden in der Verwirklichung aller ihrer großen Ziele gezeigt. Diese enge Zusammenarstellen. In den internationalen Verhandlungen gegen die Versuche, das alte Ungarn   wiederherzu­beit wird auch weiterhin fort traten die brei Staaten vielfach gemeinsam auf, gefest werden, da sie nicht nur auf den bis es im Feber 1933 zu einem Statut tam, das besonderen Interessen der Mitgliedstaaten der einen Ständigen Rat der Kleinen Entente vor­Kleinen Entente beruht, sondern auch im allge- fah, der die Außenpolitik der drei Staaten foor­meinen internationalen Interesse gelegen ist.

als

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Um 11 Uhr 30 lief der Zug programmgemäß auf deni Belgrader   Hauptbahnhof   ein, der reichen Fahnen- und Guirlandenschmuck trug. Auch die ganze Stadt war festlich geschmückt, die Straßen vom Bahnhof bis zum alten Königspalast von Spalieren der Truppen, der Sofoln, zahlreicher Bereine und der Schuljugend eingefäumt. Zum Empfang auf dem Bahnsteig hatte sich Prinz regent Paul famt Gemahlin und die übrigen Mitglieder des königlichen Hauses, die Mitglieder des Regentschaftsrates. Militärs und Hofchargen dinierte. In den wechselnden Situationen der Präsident Dr. Beneš   antwortete u. a.: europäischen Politik ist die Kleine Entente- tros eingefunden. Im Hofwartefaal waren die Regie­rung mit dem Ministerpräsidenten Stoja di- Die Ideen, die Sie eben entwickelten, waren aller Minierarbeit ihrer Gegner aufrechterhal novič an der Spitze, die Vorsitzenden des Se- in den letzten 18 Jahren immer das gemeinsame ten worden und hat insbesondere die Verhältnisse nats und der Stupfchtina, die hohe Geistlichkeit, Eigentum unserer drei Länder. Sie werden in Mitteleuropa   außerordentlich beeinflußt. der Bürgermeister von Belgrad   etc. versammelt. es bleiben- davon bin ich überzeugt In den ersten Nachkriegsjahren war die Auch die Gesandten Frankreichs   und Humäniens für immer, auch in der Zukunft. Die Kleine Kleine Entente die stärkste Kraft Mitteleuropas  , Entente hat niemals etwas anderes gewünscht, sie konnte sich auf Frankreich  , welches damals in Europe   betfifistereit zu fönnen. Die letten Bee Machtverhältnisse im ganzen Erbteil und auch in dem allgemeinen Interesse Europa   dominierte, stüßen. Seither haben sich die fchlüffe bes Ständigen Rates der Kleinen Entente  , Mitteleuropa   geändert. Der Aufstieg Italiens  ber eben in Belgrad   getagt hat, beweisen dies von bewirkte, daß den Franzosen ein Stonkurrent im neuem. Gern hebe ich dies hervor. Diese Be- Donaubecken erwuchs, der Oesterreich   unter seine schlüffe machen jeden Kommentar überflüssig, ge- Oberherrschaft brachte, in Ungarn   großen Ein­rabeso wie sie es überflüssig machen, von neuem fluß gewann und schließlich durch das römische Die vollkommene Uebereinstimmung in unserer ge- Protokoll 1934 die beiden Länder an den Wagen meinsamen Politik, die Uebereinstimmung unserer seiner Außenpolitik spannte. War so im Donau­Ansichten und unserer gemeinsamen Ziele zu be- becken ein starkes Gegengewicht gegen die Kleine tonen. Entente entstanden, so trat seit seiner Wieder­Für die Tschechoslowakische Republik kann aufrüstung auch Deutschland   auf den Plan und ich Sie versichern, daß sie im Geiste des Völ- machte Italien   den Platz in Wien   strittig, furze ferbundes und der Tradition, die Sie treffend Beit nach dem 11. Juli 1936 schien es, als ob hervorgehoben haben aus allen Kräften die Deutschland   das Rennen in Desterreich gewänne. Politik des Friedens und der internationalen Zu: Aber es zeigt sich im Donauraum immer wieder, Ihnen und Numänien treu, tren Staatengruppe auf die Dauer nicht möglich ist fammenarbeit auch in der Zukunft fortseßen wird. daß die Vorherrschaft einer Großmacht oder einer allen ihren Freunden, wird sie ihre Zusammen- und daß die Verhältnisse immer wieder nach einem arbeit mit allen ihren Nachbarn entfalten mit Ausgleich drängen- bem einzigen Ziel: vollkommen alle ihre Kräfte zu bleiben. entfalten, um erfolgreich ihre Konsolidierung und ihren Wohlstand auch für die innere Politik fort­zusetzen. Unsere ganze Nation sieht in dieser Hin­ficht auf ihre Zukunft mit Vertrauen und Opti­mismus fest und ruhig.

Nach der offiziellen Begrüßung und der Borstellung des gegenseitigen Gefolges wurden dem Präsidenten vor dem Bahnhof von der viel tausendköpfigen Menge große Ovationen dargebracht. Die Živili- und Nazdar- Rufe pflanz­ten fich durch die Straßen fort, durch die die Autos mit den offiziellen Gästen langsam fuhren.

Noch am Vormittag erfolgte auf dem Platz vor dem neuen Skupfchtinagebäude eine große Truppen defilierung, die mit einem Flug von 30 Jagd- und sieben Bombardierungs­flugzeugen über der Ehrentribüne eröffnet wurde. An der Defilierung nahmen etwa 8000 Mann aller Formationen und Waffen eil.

Präsidenten ein Dejeuner. Um 16 Uhr empfing Mittags gab Prinzregent Paul zu Ehren des Dr. Beneš   den Ministerpräsidenten und Außen­minister Dr. Stojadinovič in Audienz. Nach einem Tee bei der Königin- Mutter Mari: stattete Dr. Beneš den Mitgliedern des Regent schaftsrates einen Besuch ab.

Sozialdemokratie für Verständigung mit Prag  Budapest  . Die ungarische sozialdemokratische Partei hielt am Sonntag ihren Landeskongreß ab. Im Laufe der Verhandlungen protestierte Abge­ordneter Karl Peyer dagegen, daß ausländische Staaten, insbesondere Deutschland  , sich in die inneren Angelegenheiten Ungarns   einmischen wollen. Deutschland   will, sagte Peher, sogar einen Einfluß in der Richtung ausüben, wer in Ungarn  Ministerpräsident sein soll. Abends wurde auf dem Königsschloß ein Abgeordneter Buchinger   protestierte da- Abendessen veranstaltet, an dem über 60 Personen gegen, daß Ungarn   überflüssige außenpolitische teilnahmen. Beziehungen mit Deutschland   sucht. Wir Sozial­demokraten werden beschuldigt, sagte Redner, daß wir eine Freundschaft mit Prag   an­streben. Es ist wahr, daß wir im Interesse des Friedens und einer Besserung der freundschaft­lichen Beziehungen eine Verständigung auch mit diesem Nachbarn wünschen.

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Baskische Gegenangriffe erfolgreich

Bilbao  . Die republikanische Miliz eröff- der Rebellen in Bennaroja ist sehr schwierig, denn nete Samstag nachmittags an der Front von der Kreis der Regierungstruppen um die Stadt Cordea eine Gegenoffenfive und eroberte das ist fast geschlossen. Die Näumung von Pennaroja gesamte Terrain zurück, daß sie bei der Offensive schreitet fort. der Aufständischen hatte verlaffen müffen. Die monarchistische Fahne, welche die Aufständischen auf den Höhen bei Uzboate gehißt haben, wurde herabgerissen und durch die bastische Fahne ersetzt.

Außer der Tätigkeit der Luftwaffe der Ne­sierungstruppen wird von der Madrider  Front feinerlei bedeutendere Operation berichtet. Quelpo de Llano wird kleinlaut Sevilla  . General Queipo de Llano   erklärte,

Der tschechoslowakische Abgeordnete Bečko begrüßte in ungarischer Sprache den Kongreß. Er verwies darauf, daß im Kampfe für Demokratie und Sozialismus die schaffende Arbeit das wirk samste Mittel darstelle. Die Tschechoslowakei   und Ungarn   seien unmittelbare Nachbarn und die Tschechoslowaken wünschen, daß zwischen beiden Die bastische Regierung hat eine amtliche Nachbarn die allerbesten wirtschaftlichen und poli- Mitteilung verlautbart, in der erklärt wird, daß tischen Verbindungen bestehen. Wir glauben der Mißerfolg der Offensive der Aufständischen daran", so erklärte Bečko, daß die Reit tommt, an der bastischen Front vollkommen ist. wo zwischen beiden Staaten ein Abkommen aus Die republikanischen Milizen nehmen jekt die daß die Positionen, die die Franco- Truppen an standekommt, das später auch auf die ganze gleichen Stellungen ein, die sie in den ersten Ta­Kleine Entente ausgedehnt wer gen der Offensive bezogen hatten. den wird und das die gedeihliche Ausgestaltung

der Beziehungen auf wirtschaftlichem, kulturellem Der Stoß gegen Cordoba  

und politischem Gebiete ermöglicht."

Arbeitsaufnahme bel Ford

S

der Biskaya  - Front erobert haben, nunmehr be­festigt werden und daß sich die Truppen für neue Operationen vorbereiten. Er fügte hinzu: bietes dringend einige Tage Beit. Wir bedürfen zur Organisierung des besezten Ges

10.000 Itallener gelandet? Gibraltar.( Agence Espagne.) Man

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soll der Friede erhalten

Das wird wohl auch die Richtschnur der Mächte der Kleinen Entente   in der gegenwärti­gen Phase der europäischen   Außenpolitik bleiben müssen. Alle drei Staaten haben ihre besonderen Interessen ihren Nachbarn gegenüber. Die Sicher­heitsbedürfnisse der Tschechoslowakischen Republik baben diese dazu bewogen, im Mai 1935 einen Patt mit der Sowjet- Union abzuschließen, wozu die beiden anderen Partner der Kleinen Entente  ihre Zustimmung erteilten, obzwar Jugoslawien  bis heute nicht einmal die normalen diplomati schen Beziehungen zur UdSSR   aufgenommen hat. hungen zu Italien  , mit dem es die Adria teilt und Ebenso hat Jugoslawien   seine besonderen Bezie

hat soeben einen Patt mit diesem Lande abge= schlossen. Zweifellos ist damit eine neue Lage entstanden, zu der die Tschechoslowakei   und Ru­ mänien   Stellung nehmen müssen. Die gegenseiti­gen Bündnisverpflichtungen der drei Staaten er­strecken sich nur auf die Möglichkeit des Angriffes

feitens eines ihrer Nachbarn, für die Sicherheit gegenüber den andern muß jeder der drei Staa­feitigen Patt der Hilfeleistung für alle Fälle ten selbst Sorge tragen und ob es zu einem gegen und zu neuen Vereinbarungen mit Frankreich  kommen wird, steht dahin. Im Interesse des mits teleuropäischen Friedens ist eine Verständigung aller mitteleuropäischen Länder, was aber die Hinwegräumung noch vieler Hindernisse zur Vor­ausseßung hat.

Die im Abschnitte Pozo Blanco operieren ben republikanischen Abteilungen haben am Sonn­tag vormittag nach hartem Gefecht das Dorf Diefer mitteleuropäischen Vers Balfeguillo an der Straße nach Cor­ständigung dient auch die Reise doba in einer Entfernung von ungefähr 50 des Staatspräsidenten. Seit der Kilometer von Pozo Blanco, dem Ausgangspunkt hört aus Cadiz  , daß in der abgelaufenen Woche in Schaffung der Kleinen Entente   hat Beneš   deren Cabiz mehr als 10.000 italienische Soldaten aus- Aufgabe nicht darin erschöpft gesehen, die drei gefchifft worden sind. Die italienischen Trans- Staaten gegen die magharischen Revisionswünsche portfchiffe find getrennt angekommen. Die Italie- aufammenzuschließen, sondern er hat in diesem ner wurden unverzüglich nach Sevilla   ab- Bündnis auch das Mittel zu einer Befriedung transportiert, um die Truppen ber Nebellen an im Donauraum erblickt. Er hat schon 1920 ge der Front von Cordoba   zu verstärken. sagt, daß die drei Staaten ihren Gegnern nur

Detroit  . Die Fordwerke haben am Montag die Arbeit wiederum aufgenommen, ohne daß gegen irgendjemanden pon der Belegschaft dis­friminierend wäre vorgegangen worden. Die Ge- ber Offensive, befeßt. Die Rebellen ließen auf sellschaft, deren Nagiebigteit als ein dem überſtürzten Rückzug wichtiges Kriegsmate­günstiges Beichen für die weitere Entwicklung rial zurüd. angesehen wird, hat ihre Teilnahme an Lohn- Der republikanische Vormarsch vollzieht sich verhandlungen zugesagt, welche im Verlaufe die schnell in der Nichtung auf La Granjuela einer­fer Woche stattfinden werden. feits und auf Bel Mez andererseits. Die Lage