,»Eh Hasen frei wahr," redete der buckelige Alte in seiner ihm eigenen weitläufigen und unbestimmten Ausdrucks- weise drein,so fein weiß haben die Kirschbäum' schier völlig lang nimmer geblüht, als wie dasmal. Das ist richtig wahr auch." Wird schon wieder aper werden," meinte der Jakob. Dreiviertel Jahr Winter und ein Vierteljahr kalt," sagte der alte Knecht,namla wohl, so geht's hisch zu, bei uns im Gebirg." Geh' her zum Tisch," lud der Jakob den Nachbar ein, und schneid' Dir ein Brot ab." Damit that er aus der Tischlade einen großen Laib Brot niit Schneidmesser, legte beides auf den Tisch und setzte sich auch selber hin. Der Knatschel setzte sich daran, füllte aus der Tabaks- blase seine Pfeife, zog ein zierliches Stahlzänglein aus dem Hosensack, hielt es dem kleinen Mädel hin und sagte:Geh', Dirndl, bring' mir Feuer!" Während die Kleine zur Herdgluth hinauslief und bald mit einer glühenden Kohle im Zünglein zurückkam, sagte der Knatschel:Ja, Nachbar, ich Hab' mir's anders gemacht. Brav' Dirndl, kriegst zu Lohn einen sauberen Mann, wenn Du groß bist." Blies die Kohle rothglühend und steckte sie in die Pfeife.Ja, Nachbar", fuhr er paffend fort,ich Hab' mir's anders gemacht." Was meinst?" fragte der Jakob. Mir ist's zu dumm worden in Altenmoos. Wer sich's besser machen kann ein Lapp, der's nit thut." Der Jakob sah ihn fragend an. Der Knatschel beugte sich vor gegen ihn, gab noch ein paar Rauchstöße von sich, daß die blauen Strähnlein wagrecht in der Lust schwammen, und sagte halblaut:Mein Haus Hab' ich verkauft." Dann belauerte er den Eindruck, welchen diese Nachricht auf den Nachbar machen würde. Weil aber der Jakob gar so unbeweglich dasaß, als hätte er das Wort nicht verstanden, wiederholte der Knatschel noch einmal:Mein Haus Hab' ich heut' verkauft." Jetzt zuckte der Jakob ein wenig mit den Augenwimpern, des weiteren blieb er immer noch unbeweglich und blickte den Knatschel fragend an. Ich rath' Dir's auch, Jakob," sagte der Knatschel, wirs's hinter Dich, das kümmerliche Altenmoos, wo der Mensch sich sein Lebtag lang rackern muß, daß er in seinen alten Tagen ohne Sorg' verhungern kann. Laß das Fretten sein. Verkauf' den Bettel. Der Kampelherr zahlt gut. Nimmt auch den Reuthos, hat er gesagt, aus Gefälligkeit nimmt er ihn, wenn Du hergiebst. Zahlt nit schlecht. Meinen Grund kennst. Siebzig Joch just genau, wann man Heid' und Weid' dazuthut. Rath' einmal, was er mir dafür auf die Hand gelegt hat, der Kamperherr?" Leicht ctwan gar Hasen einen Hut voll Thaler!" redete wieder der buckelichte Alte drein. So viel giebt der Teufel für eine arme Scel'" versetzte ein anderer Knecht, wie sie sich jetzt auf die Bänke herum gesetzt hatten. Der Knatschel beachtele diese Bemerkung nicht, sondern sagte noch einmal:Rath', Jakob, wie viel hat er mir auf die Hand gethan?" Gar im Ernst, Nachbar?" fragte jetzt der Jakob,und Du hättest Dein Hans verkauft?" Hast schon einmal einen Tausender gesehen?" schmunzelte der Knatschel und nestelte seine kleine, stark abgenützte Brief- tasche aus. Ter große nagelneue Geldschein lag auf dem Tisch, der Jakob starrte d'rauf hin wie auf ein Gespenst, das nian zu- halb mit Neugier, zuhalb mit Grauen ansieht. Die Knechte machten lange Hälse und blinzelten schier stumm vor Ehrfurcht aus die Erscheinung hin. Möcht' ich's doch frei ein klein Eichtel angucken, das Sündenpflaster," murmelte der alte Knecht und kam ein wenig gegen den Tisch gebuckelt. Das Pflaster wollt' uns nit schaden," witzelte ein anderer,vielleicht thät's auch Dir Deine Gicht und Gall' ausziehen, Luschel-Peterl." Selb ' kunnt eh frei sein, mir wollt's taugen, selb' ist eh wahr," sagte der Alte. Ist rechtschaffen gut, daß'.wir schon den Rosenkranz ge- betet haben," sagte eine Magd,'nach so einem Bildl da," sie deutete auf den Tausender,wär's mit aller Andacht vorbei." Geht's, geht's," meinte ein altkluger Bursche,immer Einer kauft sich die Höll' mit so einein Fetzen. Die krieg' ich »ohlfeiler, wenn ich sie haben will." Selb ' wird eh leicht namla wahr sein," gab der buckelichte Luschel-Peterl lachend bei und hockte sich, während die anderen noch aus achtungsvoller Ferne die unerhörte Geldnote be- trachteten, in seinen Ofenwinkel. Wenn der Mensch gescheit ist," sagte jetzt eine Magd, so denke ich, wird er sich wohl auch den Himmel damit kaufen mögen. Nit?" Hisch wahr, namla wohl war. Den Himmel auf der Welt." So der Luschel-Peterl.Der andere Himmel der da oben der himmlisch' Himmel, der kostet gar nichts, als wie das Leben, hi hi, wohl gewiß wahr." Da!" schmunzelte nun der Knatschel und hieb mit Wucht, wie der Spieler einen scharfen Trumpf ausspielt, den zweiten Tausendgnldenschein auf den Tisch,da Hab' ich noch einen!" Sapperment!" sagte der Jakob. Gelt!" rief der Knatschel,gelt, Nachbar, das ist ein gutes Jahr, trutz daß es schneit am Pfingftsonntag!" Zwei hat er Dir gegeben für Dein Haus und Grund!" fragte der Jakob mit leiser Stimme. Du kannst Drei haben für Deines," sagte der Knatschel. Besinn' Dich nit lang, Nachbar, thu' Deine Wasserstiefel an und geh' eilends auf die Sandeben. Beim Fleischhacker sitzt er, der Kampelherr. Seine Geldtaschen hat einen schaudcr- haften Bauch, kann ich Dir sagen. Als Winkelbauer gehst jetzo fort, als gemachter Herr kommst heim." Heim?" fragte der Jakob kopfschüttelnd,heim? Wie kann der Mensch sein Haus verkaufen!" Knatschel- Vater!" sprach jetzt einer der Knechte,geh', steck' Dein Fliegenpapier nur wieder ein. Hergiebst eh nix davon." Deß wollte der Knatschel schier verdrießlich sein, daß die zwei Geldnoten, die er nun wieder bedächtig zusammenfaltete und in die Brieftasche schob, kein größeres Aufsehen gemacht hatten. Das Haus wollte in gewohnter Ordnung bleiben, gleichmäßig langsamen Ganges . Da war draußen plötzlich ein Prasseln und Krachen, daß die Holzwände ächzten, finstere Schneestanbwolken wirbelten an den Fenstern vorüber. Die Leute schauten einander an. Bald jubelte der Wildfang Jackerl mit der Nachricht herein: Von der Linde sei ein großer Ast niedergebrochen und habe die Kapelle in Scherben geschlagen. Als der Jakob dieses hörte, sprang er von seiner Bank aus und wurde blaß im Gesicht. Die Kapelle!" rief der Knatschel,Deine Jakobi-Kapelle da draußen? Nachbar, wenn das kein Wink vom Himmel ist!" In die Hände klatschend rief er noch lauter:Der heilige Sanct Jakob ist hin! Reuthofer, verkauf' Dein Haus!" Der Hausvater ging in Hemdärmeln, wie er war, zur Thür hinaus und durch den wogenden Sturm der verstümmelten Linde zu. In den Lüften tanzten die Flocken und die Schwalben. (Fortsetzung folgt.) WTodernes Wischen. Wer soll im Zukunstsslaate die Stiefel putzen? DaS ist die welterschütternde Frage, welche die bornirten Sozialdemokraten nicht lösen können, und an der ihr Zukunflsftaat nach dem berühmten Eugen Richter z» gründe gehen muß. Als treuer Wortführer des biederen Philisters spricht Richter hier thalsächlich die innersten Ge« danken der von ihm Vertretenen aus, freilich in seiner eigenen, nach seiner Meinung sarkastisch zugespitzten Form' dem Philister selbst liegen die Stiefel nicht so sehr am Herzen, als vielmehr das regel- mäßige, gute Essen n»d Trinke», und er würde eher fragen: Wer soll mir den» in der sozialistische» Gesellschaft meinen Braten bereiten? Meine arme Frau, die mir die böse» Buben ja auch noch nehmen wollen, kann doch nicht alles allein machen, und jeder andere(er taxirt natürlich alle Menschen nach sich selbst) will doch lieber essen, als kochen. Steht es nun wirklich mit unserem Kochen so schlimm, daß wir auch in alle Zukunft uns menschliche Haussklaven züchten müssen, um ein bequemes Dasein führe» zu können? Sind wir nicht viel- mehr im stände, das Kochen so rationell und wirthschaftlich einzu- richten, daß sich auch der Philister über die Zukunft beruhigen kann? Ich will hier nicht von dem elektrischen Kochen reden. Die Elektrizität muß ja immer herhalten, wenn man auf neue, bis jetzt noch nicht gemachte Verbesserungen und Erfindungen iu Kunst und Wissenschaft hinweist, durch die das Leben später unigestaltet werden soll. Bleiben wir lieber auf dem Boden der Wirklichkeit, d. h. der Gegenwart, und sehen wir uns hier nach denjenigen Methoden um, welche jetzt schon gebraucht werden und vielfach in Uebnng sind. Elekirische Heizung ist noch etwas so kostspieliges, daß wir, wenigstens i» absehbarer Zeit, auf eine allgemeinere Ein« führung derselben nicht rechnen können, obwohl sie das Ideal einer