Pfingsten, wie solcher zur Frühsommerszeit wohl manchmal anzurücken pflegt in der hochgelegenen Gegend von Altenmoos. Qu wahrer Erhebung gereichte es dem Jakob, daß dem Bildnisse der Kapelle nichts geschehen war. Der roh geschnitzte, mit hellen Farben bemalte beilige Jakobus war unversehrt auf seinem Altar stehen geblieben, während der gebrochene Ast unter Schnee und Splittern zu seinen Füßen lag. Dieser Heilige war der Schutzpatron des Hauses. Jakob's Vater hatte Jakob geheißen, und dessen Vater hatte auch Jakob geheißen, und so der Großvater und der Urgroßvater, und jeder Hausvater auf dem Reuthose hatte Jakob geheißen, weil vor Jahrhunderten der Mann, welcher die Ansiedelung gegründet, den Grund urbar gemacht und die Steine aus- gereutet, Jakob geheißen hatte. Jakob, der Steinreuter. Von dem frommen Sinn und der kunstreichen Hand dieses ersten Jakob stammte, den Ueberlieferungen der Familie gemäß, das Bildniß, und so war die Statue und der Name ein besonderes Band, das sich von Geschlecht zu Geschlecht herab- flocht und jeden Jakob Steinreuter enge mit seinen Vorfahren und seiner Scholle verknüpfte. An die innere Wand der Kapelle war in aufrcchtstehender Richtung eine Reihe von etwa sechs Schuh langen Brettern genagelt. In jedes dieser Bretter waren gegen den oberen Rand hin die Buchstaben J. S. eingeschnitten, und darunter eine Jahreszahl. Das waren die Leichbretter; auf jedem der- selben war ein Jakob Steinreuter ausgestreckt gelegen drin im Hause, bevor sie ihn auf den Kirchhof trugen. Daun   sind zum Gedächtnisse diese schmalen Läden hier ausgestellt worden in der Kapelle des heiligen Jakobus. An diesem Tage sollte der Heilige, gleichsam zur Urständ- feier, besonders geschmückt werden. Die kleine Angerl mit den langen schwarzen Haarsträhnen, die eben aus der Schule heim- gekehrt war, kam und brachte ein mit Wasser gefülltes Glas, in welchem zwei Pfingstrosen staken. Und es kam der kleine Friede! mit den kugelrunden Vergißmeinnichtaugen, der brachte das andere mit Wasser gefüllte Glas, in welchem zwei weitere Pfingstrosen staken. »Brav seid Ihr!* sagte der Jakob zu seinen Kindern. Dann nahm er ihnen die Gläser aus den kleinen Händen und stellte sie zu beiden Seiten der Statue auf. Er mochte dabei vielleicht weniger an den heiligen Apostel, den das gc- schnitzte Bild vorstellen sollte, denken, als vielmehr an seine Voreltern, die das Bild gestiftet und bewahrt halten und die er in ihm verehrte. Vom Schachen herüber, barfuß, in zerfasertem Höslein, mit struppigem Haar und glühenden Wangen, kam der Jackerl, er zerrte zwei gefällte Lärchenbäumchen herbei und schrie vor sich das Sprüche! hin: Droben auf dem Kögerle Sitzen drei Vögerle. Oans g'dört mein, oans g'hört Dein, Oans g'hört dem Regerle." Als er mit seinen Bäumchen an Ort und Stelle war, erfaßte er schnell das Beil, hieb es in die Holzwand der Kapelle, daß es darin stecken blieb. Der Vater verwies ihm dies, und allsogleich riß der Knabe das Beil wieder an sich, schleuderte es über den Angerzaun, daß es Funken gab in den Steinen und lief mit dem Geschrei:»Droben auf dem Kögerle sitzen zwei Vögerle!" davon. Als endlich an und in der Kapelle alles in Ordnung war, nahm der Jakob den kleinen sanften Friede! an der fand und sagte:Wenn Du Jakob hießest und der Andere riedcl war' mir lieber. Ter Andere Friedet! es ist zum Lachen. Unsriedel, wenn er geheißen wär'. Komm, Bübel." Er ging mit dem Knaben den ebenen Fahrweg hin gegen das Nachbarhaus des Knatschel, das dort drüben am Rande des Waldes stand. Dasselbige Haus war in Aufregung. Der Knatschel lhat seit acht Tagen nichts mehr, als über- siedeln. Sein Weib, sein Gesinde, seine Ochsen halfen ihm dabei, thcils mit Freuden, theils mit Schmerzen, theils mit Stumpfheit; den Ochsen freilich ist es gleichgiltig, woher und wohin sie müssen, überall an den Pflug und an die Fleisch­bank, sie sind überall Ochsen. Das ganze Haus räumte der Knatschel aus, die rußigsten Kästen und Kübel und Pfannen und Bettstätten schleppte er aus großen Karren davon. Ter kleine Friede! blickte jetzt nicht hin, sondern auf die gegenüberstehende Berglehne, an welcher Bauernhäuser in einiger Entfernung von einander standen. Vater," fragte der wißbegierige Knabe,»wie heißt es dort »Dort heißt es bei den Grubbauern," antwortete der Vater. Und auf der anderen Seite, ganz oben auf dem Berg, ganz oben, wo das Weiße ist, wie heißt es dort?" Dort heißt es beim Guldeisuer," sagte der Vater und sagte es in einem schier feierlich getragenen Tone. Der Guld- eisner war der größte Bauer zu Altenmoos, sein Grund war so weit, daß man wie der Luschcl-Peter sich ausdrückte mit einem guten Schustermesicr daraus fünf Bauerngüter schneiden könnte. Der Guldeisnerhof mit seinen vielen Wirth- schaftsgebäuden lag oben auf der Hochfläche da wie ein kleines Dorf. Das Wohnhaus war zur Hälfte gemauert und schaute mit der weißgetüuchten Wand schier hochmüthig herab auf die in der Gegend weitum zerstreuten Nachbarn. (Fortsetzung folgt.) Shovtuz.') Ein Wollgewebe, zu dessen Herstellung ein kleinerer oder größerer Prozentsatz von Lumpen- oder Kunstivolle verwendet worden ist, nennt man Shoddy. Die Kunstwoll« wird aus alten Lumpe» ge- wonnen. Die fabrikmäßige Ausnutzung der Lumpen datirt aus dem Jahre 1854, in Huddersfield   in England entstanden die ersten Fabriken für Kunstwolle. Heute ist die Fabrikation von Lumpen- wolle zu einem integrirenden Theil der ganzen Textilindustrie ge- worden. Man kann mit Sicherheit behaupte», daß auch die reichste Dame heut« schon ein Kleid getragen hat, z» dem, wenn auch viel- leicht in geringer Menge, Kunstwolle»lit verarbeitet worden ist. Deutschland   desitzt in Berlin  , Düren  , Worms  . Breslau  , Guben  , Hannover  , Neuß  , Aachen  , Wesel   u. s. w. große Werkstätten, in denen man aus Lumpen neue Wolle macht. Ein interessantes, etappenmäßiges System dient zur Gewinnung des Ausgangsmaterials. Die erste Stufe ist der Tauschhandel; der Hausirer kaust vornehmlich aus dem Lande, für einige Knöpfe, Stecknadeln oder dergl. ganze Säcke voll Lumpen ein, die er an dasHaus" in der Stadt abgiebt. DasHaus" ist der bekannte Lumpenkeller, in dem zunächst«ine oberflächliche Scheidung vor- genommen wird. Die Kleider werden aus dem bunten Allerlei herausgesucht, etwa Brauchbares noch an den Trödler verhandelt, von de» Lumpen werden Knöpfe und Besatz abgetrennt n. f. w. Ein größeres Haudlungshaus kauft nun von 2030 solcher Firmen die Waare und beginnt schon mit einer wissenschaftliche» Sortirung: Wolle zu Wolle, Baumwolle zu Baumwolle. Leinen zu Leinen. Eine Reihe solcher Firmen bildet endlich den Markt für das große Exporthaus, dessen Lumpenwerth« hunderttansende von Mark be- deute». Ein letztes Sortiment gruppirl die Farben. die Kamin» und Streickiwolle, die hoch- und minderwerthige Qualität, und die Waare ist fabriksertig. Ein kleines Kapitel zur Völkerpsychologie stellt die nach Nationen scharf getrennte und den Händlern wohlbekannte Diffe- renzirung der Lumpen dar. Je arbeitsamer und sparsamer ein Volk ist(wird wohl heißen müssen: Je niedriger die Löhne und die Lebenshaltung sind. D. R.  ). desto schlechter und abgetragener die Lumpen, wozu freilich auch das Klima beiträgt. England z. B. hat so miserable Lumpe»(können die nicht von Shoddy- Geweben her- stammen? D. R.  ). daß es gezwungen ist, für seine Knnstwollfabriken einen mächtigen Import zu pflege». Deutschland   dagegen liefert ganz vorzüglich« Lumpen und nimmt daher ans dem Lumpenwelt- markt eine bedentende Stelle ein. Wenn das Rohmaterial nicht ganz frei von vegetabilischer Faser ist, wenn es noch Baumwoll- reste K. enthält, so wird es noch vor der Verarbeitung karbonisirt, d. h. es kommt in ein Bad, in dem sich einige Prozent Schwefelsäure oder in uenerer Zeil auch wohl Chloraluminium oder Chlormag- nesium befinden. Ist die Wolle damit ordentlich durchfeuchtet, so wird sie in einen Trockenofen gebracht und auf 80 bis 100 Grad erhitzt. Dabei entweicht alles Wasser, die Säure oder die Salz- lösung wird höchst konzentrirt und hat alsdann die Fähigkeit, alle pflanzliche Faser zu verkohlen, ivährend sie das animalische Haar. die Wolle also, garnicht oder höchst unwesentlich angreist. Die feine» Kohlenstäubchen aber, in die sich die Bannnvolle verwandelt hat, können durch Klopfen und Schlagen leicht e»tfernt werden. Um aus den Wolllumpen ein spinnbares Material zu gewinne», kommen dieselben in den sogenanntenWols". Man hat sich hierunter eine große rotircnde Trommel vorzustellen, die inwendig mit scharfen Zähnen besetzt ist. Hier werden die einzelne» Stücke zerzaust und zerkleinert, so daß man schließlich ein Material erhält, das zwar natürlich verschieden gefärbt ist, in seinen übrigen Eigenschaften aber natürlicher loser Wolle ähnelt. Diese ver» schiedenen Farben haben den Fabrikanten(und noch mehr ihren Angestellten. D R.) übrigens schon viel Kopfzerbrechen gemacht; bisweilen wird heute so echt gefärbt, z. B. bei Anwendung von Alizarinsarben, daß es auch bei den Lumpen nicht möglich ist, die Farbe wieder zu beseitigen, und wenn sich nicht gerade für dieselbe Nuance genügend Stoff vorfindet, so ist natürlich eine weitere ') Nach einem in der zu Neujahr begründeten Halbmonats« schriftDie Technik" erschienenen Aufsatz von Dr. Felix Kuh. Das genannte Blatt erscheint in Fischer's technologischem Verlag. M. Kray» zu Berlin  .