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fuchen, den Schimpf von sich abzulenten, indem er den symbolischen| Menschen verstanden, daß im Gegentheil diejenigen Mägde, die Strohbund anderen aufband. In diesem Falle wurde aus Stroh unverheirathet geblieben waren, an einem bestimmten Tag von den eine fleine Sau geflochten, sie durch Steine beschwert, damit man sie Buben des Ortes auf einen Pflug gesetzt und als Strafe zur Schau schleudern konnte, in die Schleuder noch geschriebene Reimpaare un geführt wurden, eine Sitte, von der noch Hans Sachs erzählt und die züchtigen Inhalts, welche sich auf die Liebschaften oder das Eheleben sich auch auf der alten Leipziger Fastnacht erhalten hatte. Und bekannt jener bezog, auf die es gemünzt war, mithineingebunden, oft auch noch ist das sagenhafte, auf Rädern gezogene Schiff der altdeutschen das Kartenblatt, die Herz-, Eichel-, Gras- oder Schellen- Sau mithinein Göttin der Fruchtbarkeit, welches noch im Jahre 1133 von Aachen versenkt und das Ganze in eine Scheuer geworfen, in der eben noch nach Mastricht gezogen wurde, dort mit Mastbaum und Segel ges die Drescher bei der letzten Arbeit waren. Dies nannte man die schmückt im ganzen Land herumzog, überall unter großem Zulauf Sau vertragen", und es galt als schwere Beschimpfung. Denn auch und Geleite des Volkes; wo es anhielt, war Freudengeschrei, ohne die anzüglichen Reime war das pure Hineinwerfen der„ Sau" Jubelsang und Tanz um das Schiff herum". Jede Ortschaft eine infolente Anklage und voll der schmutzigsten Anspielungen. habe es als eine Ehrenpflicht angesehen, das Schiff der Göttin, welches in ihnen die heiligsten Erinnerungen an die ehemaligen Umzüge der Felder- und Erntegottheiten weckte, so feftlich wie möglich zu empfangen und nach gemessenem Aufenthalt durch den Bezirk zu geleiten. Mit so naiver Freude hing noch im XII. Jahr. hundert das Bolt an seiner alten und freien Naturauffassung.
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Gelang es dem Werfenden, so rasch zu entfliehen, daß er nicht mehr eingeholt werden konnte und oft hatte er sich eigens zu diesem Zweck ein Pferd bereitgestellt dann hatten die Drescher in der Scheune die Sau bekommen" und wurden ihrerseits gehänselt und ausgelacht. Wurde der Uebelthäter eingeholt, dann ging es ihm Was ist nun inzwischen erfolgt? Der Einzug des Christenthums, schlimmer als zuvor. Er wurde im Gesicht geschwärzt, mit Unrath bestrichen, ihm die ,, Sau" neuerdings auf den Rücken gebunden und er die Verdammung aller reinen Freude am Natürlichen und die Stigs aufs neue dem allgemeinen Gespötte preisgegeben. Es war ein Spiel, matifirung der finnlichen Lust als fündigen Geschehens. Die alten Götter ein loses Treiben", aber voll böser Hintergedanken und grausamer müssen den Himmel räumen und finden nur als trübselige, geknechtete Anspielungen. Abends beim Dreschermahl, welches der Bauer be- Gestalten im wilden Heer" unter Anführung des Teufels Das Geschlechtsleben wird jetzt von Origines, ob sonders reich anrichtete, kam eine Schüssel mit Krapfen auf den Aufnahme. Tisch. Einer derselben hatte die Gestalt einer Sau. Und eben in oder außer der Ehe, für sündhaft und teuflisch erklärt. diesen bekam der Unglückliche, der schon am Nachmittag hinein- Das Weib wird jetzt direkt eine Kreatur des Teufels, eine schöne gefallen war, unter großem Geschrei und Halloh der Tischgesellschaft Teufelinne", wie sie im Tannhäuser - Liede heißt. Sie darf nicht die Klosterschwelle überschreiten. Sie darf( heute noch) nicht zugesprochen. dem Papst zu Tische fitzen. Die Menschen werden daß sie hier auf Erden nichts, im Himmel alles Die Thiere auf dem Erntefelde, die dem
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Panzer fonnte in seinen„ Bayerischen Sagen und Bräuchen", mit München 1855, Band II, Seite 213-236, noch um die Mitte dieses belehrt, Jahrhunderts aus einer großen Anzahl von schwäbischen, bayerischen zu suchen haben. und fränkischen Ortschaften das Fortbestehen dieser Schnitter- und Kult der Fruchtbarkeit gedient hatten, fommen natürlich jetzt in eine Dreschergewohnheiten melden. Unter den mannigfachsten Variationen flägliche Stellung. Freyr's Thier, der Bock, wird zum fasterhaften tritt au Stelle der Sau oft der Bock, der Hahn, die Gais aber, Scheusal und zum Vertreter des Bösen auf dem Blocksberg; wie schon der Charakter dieser Thiere ergiebt, immer sind es An- und die Feder des Hahns steckt sich der Teufel selbst auf den Hut. züglichkeiten und Verspottungen im Hinblick auf das sexuelle Leben Aber so eingewurzelte Gewohnheiten und liebgewordene Opferungen der Menschen, um die es sich hier handelt. Dies ist nun jenes lassen sich nicht von heute auf morgen entfernen. Und da man die internationale heidnisch- christliche Element, welches bei allen Thiere Bock, Sau, Hahn• nicht mehr ernst nehmen kann, so Völkern des Abendlandes, wo sich nur immer bei Zeremonien Anlaß nimmt man sie spaßbast. Und nun beginnt jenes gemeine, obstöne giebt, wiederkehrt, welches im Charivari, in der rough music, in Spiel auf dem Erntefelde mit seinen widerlichen Andeutungen und der Scampanata, im Märzrufen" sich findet, und welches in schmutzigen Verstecktheiten, jene Verhöhnung aller erotischen Be einigen bayerischen Gegenden eine so rüde Form angenommen hat. ziehungen im Menschen, die zum Haberfeldtreiben" zur Verspottung Und dies ist andererseits sittengeschichtlich der Ausgangspunkt der Ehe im französischen Charivari", zu den tollen Aufzügen und für die Haberfeldtreiben". Das Wort deutet noch auf die Haberernte Kaßenmusiken auf englischem Boden führten. Denn die reine Freude und die Schnittergebräuche. Aber diese wurden immer mehr ver- am Naturgeschehen war unterbunden worden. Irgendwo aber laffen, und die rügenden Reimpaare mit erotisch- beschimpfendem will die Natur hinaus. Und da sie nicht nach oben konnte, als Inhalt, wie sie in der Strohschleuder eingewickelt waren, blieben im Idee der Lust und Freude, so ging sie nach unten und ward gemein. Vordergrund des Interesses.
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Kleines Feuilleton.
Gehen wir nun, nach weiterer Aufklärung suchend, von den Haberfeldfitten, von dem Treiben und Thun bei der Halmernte noch weiter zurück, ins Heidenthum selbst, dann treffen wir, wenn auch Was dem Magen eines Ranchers zugemuthet wird. nur durch spärliche Züge angedeutet und in wenigen Quellen faßbar, In England wurden unlängst Tabakprüfungen vorgenommen. Man auf einen Götterdienst, auf einen Gottesdienst auf dem Felde, auf einen untersuchte Bigarren, Zigaretten und losen geschnittenen Tabak. Opferdienst für die Götter und Göttinnen der Fruchtbarkeit, des Ernte- Beigemischt fand sich: Zucker, Stärke, Melasse, Gummi, Rhabarberfegens, der Fortpflanzung unter Menschen und Thier, der Erweckung blätter, Rochfalz, Zimmtstengel, Wegerich. Von diesen Dingen ist der Liebesgefühle bei den Menschen, der aufsteigenden Frühlingssonne ja keines direkt gesundheitsschädlich, wenn man sie aber an stelle von mit ihren feimenden Saaten und dem sprossenden Grün, auf eine Natur: Tabak bekommt, ist es doch etwas bitter und theuer. Aber in dem verehrung, auf einen Ernte- und Dankgottesdienst auf dem Felde Tabak fanden sich noch ganz andere Sachen: Alaun, Kalt, Salpeter, voll der feierlichsten Formen. Hier treffen wir auf Wotan, den Walkerthon, Torf, Braunkohle, Nuß, Mennige, Rothholz, Papier. Welch' unschuldige Kindlein sind Allvater, für dessen Schimmel die letzten Haberhalme stehen bleiben, schnißel und Klettenblätter. weshalb der letzte Sensenschlag eine so symbolische Bedeutung ge- gegen diese Tabakverfälscher gewisse Margarinenfrißen!- winut; auf Donar, den Regen- und Gewittergott, der die Felder- Eine ,, feine" Dame in Chikago hat an ein dortiges Blatt befruchtet, auf Freyr, den Liebesgott: alles bekommt jetzt einen einen Brief gerichtet, der so bezeichnend für die Denk- und Gefühls= ganz anderen, vornehmeren, ernsthafteren Charakter. Das Beugungsweise der Leute von Bildung und Besitz ist, daß wir eine Stelle prinzip, als das elementarste Wollen im Menschen wie in der Natur, desselben hierber sehen wollen. Die Dame" schreibt: wird abgöttisch verehrt, aber in rein naiver Schäßung, mit der Meines Erachtens würde es überhaupt zweckmäßig sein,
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Luft eines Naturkindes. Alle die stark sexuellen Thiere, der wenn dem arbeitenden Volte die Benüßung der Straßenbahnwagen Bock, die Sau( der Eber), der Hahn, die oben eine so häßliche, ganz verboten würde! Nach vollendeter Tagesarbeit oder dem auzügliche Rolle spielen, wir finden sie hier als die Vertreter der Herumtreiben in Kneipen, könnte es demselben gar nichts schaden, heiligsten Götter. Böcke ziehen den Donnerwagen des Gewitter- wenn es gezwungen würde, den Weg nach Hause zu Fuß zurückzus gottes; ihre Hörner werden vergoldet. Der goldborstige Eber legen. Das wäre nicht allein der Gesundheit sehr zuträglich, sondern ist das Sinnbild Freyr's , und bei Hochzeiten wird, weit entfernt auch dem Geldbeutel, denn die Ersparniß von 10 Cents täglich von anzüglichen Schmähungen, Freyr's, des Gottes der Fruchtbar- täme im Jahre einer Summe gleich, die einen mehrwöchigen Wochens feit, gedacht und sein Segen unter wärmster symbolischer Darstellung lohn ausmacht. Der ganze Trubel mit unserem gemeinen Manne" und Verehrung seiner Naturkraft erfleht. Diese Thiere wurden auf ist, daß er zu viel Lohn bekommt. Das macht diese Menschen mit dem Felde den Göttern als Opfer dargebracht, das Blut auf der der Zeit anmaßend, frech, begierig nach Luxus und nährt in ihnen Ackererde ausgegossen, das Fleisch von den Feiernden als Festbraten den Hang nach besseren Lebensbedingungen, was nur den bevor gegessen. Und wie man für den Gott von der Halmfrucht stehen zugten Klaffen von Rechtswegen zukommt. Dies fann und ließ, so goß man auch von dem Getränk, welches man darf aber nicht sein und unsere Gesetzgebung sollte auf für die Festlichkeit gebraut hatte, für die Götter als der einen Seite dahin angehalten werden, Vorschriften zu Opfer auf den Boden. Diese Bockopfer" fonnte der bayerische erlassen, welche die dienende und arbeitende Klasse in die ihr Kulturhistoriker Sepp noch im Jahre 1854 als Osterfeierlichkeit in gebührenden Schranken zurückweist, während die Arbeitgeber und der Jachenau , einem Seitenthal des Jfarwinkels, nachweifen. Die Hörner sonstige Geschäftsleute auf der anderen Seite das ihrige thun sollten des Thieres wurden vergoldet, und das Getränke, welches man zu und die hohen Arbeitslöhne so viel, als nur irgend möglich, herabdem Festbraten verarbeitete, hieß Bock( daher der Name für zusehen. Dies würde wesentlich dazu beitragen, die niedrigen Volkseine heute noch so genannte Biergattung). Ueberall finden wir im tlassen von ihrer Sucht nach Ausschweifungen und Extravaganzen alten Heidenthum eine heiter- naive Verehrung des Beugungs- und zu turiren. Wir würden dann nicht nöthig haben, zu warten, bis Fruchtbarkeitsprinzips, eine stille Bewunderung der geheimnißvollen ein solcher Flegel es für gut findet, aufzustehen und uns einen Sig Macht, die sprießen und sproffen läßt, eine lautere, reine Auf- zu überlassen. Er müßte seine Untergeordnetheit fühlen und es als faffung, wie man sie heute noch beim Bauern beobachten kann, felbstverständlich finden, den über ihm Stehenden die schuldige weit entfernt von Spott oder höhnischen Nebengedanten. So wenig Rücksichtnahme und Ehrerbietung zuzuerkennen. Das wäre jedenfalls hätte das Heidenthum einen Spott über die sich in Liebe zugethanen nur in der Ordnung."