die mit vielem Glück über gefährliche Stellen himvegführte, undselbst da. wo das Können mit dem ehrlichen, braven Willen nichtgleichen Schritt zu halten vermochte, niemals das Gefühl des Un-behage, is auskommen ließ. Dies glückliche Gelingen mag wesentlichdarauf zurückzuführen sein, daß ein jeder der Mitwirkenden daraufacht gab, natürlich zu sprechen, daß nichts von dem getragenen Toneauf der Bühne zu finden war, der einem selbst in mittleren Theaternden Genuß unserer großen Dichter verleidet. Die Regiedes Herrn Julius Türk trug ihr ehrlich Theil zu demguten Erfolge bei; und nicht zum wenigsten mag dieAufführung von Egmont dadurch im engen Rahmen zu einer gewissenAbrnndnng gediehen sein, daß die Hanskapelle sich die herrlicheMusik unseres Beethoven gut eingeübt halte. Wo ein jeder so seinerzum theil recht ungewohnten Aufgabe zu genüge» trachtete, wäre esUnrecht, durch Nennung einzelner Namen andere zurückzusetzen. Wirunterlassen daher die Auszählung der Schauspieler im einzelnen.Der gute Besuch der Vorstellung bewies, daß sich im Südosten derStadt schon ein Pnblikum für gute Kost findet; thut man im Luisen-Theater weiter nach Kräften seine Pflicht, so werden sich dieKlassiler-Vorstellungen bald einbürgern.—Milsik.—er—. Linden-Theater. Offenbach's.Perich ole'hat in den seit ihrer Ensiehung verstrichenen 30 Jahren wenig an„Erfindungssrische, an starkem Temperament und Eleganz des Ans-drucks verloren. Diese Straßensängerin Perichole und ihr musikalischerHerzeiisgenosse Piquillo, dieser Vizekönig von.Peru" und dessenBergnügungsmnnster— sie waren die kühnste» parodistischenSchatte,', bilder des napoleonischen Kaiserhofes, der in seiner Furchtvor Langweile schließlich am meisten über die ihn, vor-gehaltenen Spiegelbilder lachte. Die nackte Frivolität erschien inder kleidsame» Grazie der Meilhac und Halevy, dieserSpottkünstler, nicht ohne den Schimmer verführerischer Animith, underhielt durch die Musik Offenbach's, die sich weder im Ernste schminkt,noch im Scherze lügt, eine Art feiner künstlerischer Legitimität.Besonders im erste» Akte seiner„Perichole" rückt Offenbach durchlebendige Melodik, sorgsam gewahrte Instrumentation und charak-teristische» Humor in die Nähe der seinsten Köpfe der kölnischenOper, der Boiledien und Auber. In den beiden andere» Aktenfließt allerdings die Erfindung spärlicher und der eigentliche innsi-kalische Witz wird durch die spezifische» Defekte Offenbach'scherGenialität, dreiste Kankanrhytmik und physiognomielose Trivialitätersetzt. Für den Erfolg des wie eine glänzende Novität auf-genommenen Werkes war die lebens- und prunkvolle Jnszeniruug inerster Linie maßgebend. Frl. Z i m m e r m a n» besitzt wohl fürdie Perichole anmuthige äußere Erscheinung und einschmeichelndeWärme der Stimme, aber ihr Vortrag hat keine bedeutsainenPointen und der Decenz ihres Spiels fehlt der Reiz einer gewissenfeinen Kühnheit. Unverwüstlich an Organ»nd darstellerischerRührigkeit ist Herr Steiner. Chargen drastischer Könnt botendie Herren Becker als„Vizekönig" und S i e g in u n d als„ersterKamme, Herr", Offenbach- Figuren klarster parodistischer Durch-fichtigkeiU—Völkerkunde.t. Neger als Bergleute. Ei» belgischer Kommandeur.namens Baffenr, hat in der Zeitschrift.Moiiveinent Geographique"eine höchst anziehende Schilderung von der Art entworfen, wie dieNeger im Gebiete Katanka oder im Msiri's Reich das dort häufigeKupfer gewinne». Wenn die Eingeborenen eine Mineanlegen wollen, so treten einige von ihnen zu einer Ge-»ossenschaft zusamme». da»» wählen sie«inen Ort aus, derihnen besondere Aussichten auf einen reiche» Erzgehalt zubiete» scheint und errichten in der Nähe desselben ihren Kamp(Lager). Mit leichte» Hauen und Hacken aus Eisen, welche sie ausdem eisenreicheu Lande der Ba-Uchis beziel)en. graben sie einen un-gefähr rechteckigen Schacht und lege» sogar primitive Gallerien au,durch die sie das Kupfer in Gestalt von Malachit, einer Mischungvon kohlensaurem Kupfer und Kupferhydrat, gewinne». Das ge-förderte Erz wird zuerst in die Sonne gelegt und, wem, eine ge-nügende Menge zusammen ist, in große irdene Töpfe geworfen, diesebringt mau, um das Schmelzen des Erzes vorzunehmen, möglichstweit fort an einen einsamen Ort, damit nicht neugierige Blicke dasGelingen des Werkes störe» könnte». Dort setzt man diese Töpfeans rohgebaute Schmelzöfen und erhitzt sie mit Blasebälge», bis dasMetall schmilzt. Nach einer oberflächlichen Reinigung der Schmelzewird das Verfahre» in kleinere» Töpfen wiederholt. Wenn alles ge-schmolzen ist, wird die Masse auf Steine gegossen, in denen einekreuzförmige Vertiefung ansgehauen ist, die dann durch das Erzausgefüllt wird. Nach dein Erkalten der Masse werde» dieSteine umgedreht und das kreuzförmige Stück Metall abgelöst. Beiallen bergniännischcn Beschäftigungen dieses Volkes spielt der Aber-glaube eine hervorragende Rolle. Kein Uneingeweihter darf sichder Stätte nahen, wo das Schmelzen vorgenommen wird, denn ei»einziger böser Blick, der auf die Schmelztöpfe fällt, würde dasSchmelzen des Metalles verhindern. Auch die Frauen der Bergleutedürfen nie an diesen Ort komme», den dabei beschäftigten Arbeiternist sogar während der Zeit des Schmelzens jede Berührung mitihre» Frauen verboten; sollten sie diesem Verbote zuwider handeln,so würden sie von dem kleinsten Stücke Erz, das auf sie fällt,getödlet werde». Daher wird das Lager der Frauen von dem derMänner getrennt angelegt, auch alle Lustbarkeiten sind während dieserZeit verboten. Würde ein Fremder während der Abwesenheit desMannes sich seiner Frau in belästigender Weise nähern, so würdeihn in kurzer Zeit ein Unglück ereile».—Aus dem Thierreiche.— Die Abnahme der Schwalben. Ans Wien wirdgeschrieben: Das Ausbleiben der Schwalben, welches sich seit einigenJahren bemerklich gemacht hat, ist besonders i» diesem Jahre inganz erschreckender Weise hervorgetreten. In Orten, wo vordemfast jedes Haus sein fröhlich zwitscherndes Schwalbeupaar besaß,haben sich heuer kaum einige Dutzend dieser anmuthigenWetterpropheten eingestellt. Und dem Oesterreichischen Bunde derVogelsreunde sind fast 200 Zuschriften zugekommen, welche erkennenlaffen, daß die Vermindernug der Schwalben i» Steiermark, Nieder-österreich, Mähren und Galizieu eine gleich betrübende ist. Auchaus Thüringen, Sachsen und Prenßisch-Scblefie» sind Klagen ein-gelaufen. Di« Italiener und die Pariser Modespekulanten räumeneben gewaltig auf! Mittbeilunge» über die Abnahme der Schwalbenwerden vom Oesterreichischen Bunde der Vogelsreunde inGraz, Körblergasse 40, gern entgegengenomnien, gesammelt und ver«breitet.—Humoristisches.— Stimmt. In Kuxhaven war unlängst ein Volksschnlerbei der Erläuterung der Geheimnisse der Bruchrechnung sehr un«aufmerksam. Ter Lehrer beschloß deshalb, ihm gehörig aus denZahn zu fühlen und hieß ihn aufstehen. Dann redete er ihnfolgendermaßen an:„Denke Dir. Du habest ein Stück Fleisch vorDir. Was erhältst Du, wenn Dn es durchschneidest?"—„ZweiHälften."—„Und ivenn Du diese wieder theilst?"—„Vier Viertel."—„Und ivenn Du diese...?"—„?lcht Achtel."— Und wenn.,.?"— Sechzehn Sechzehntel."—„Und wenn Du diese wieder theilst?"fragte der Lehrer beharrlich weiter.„Dann giebt es Hackfleisch",sagte der Junge.—Vermischtes vom Tage.— Auf mehr als zehn Millionen stellen sich nacheiner Schätzung der„Franks.. Ztg." die Koste» der Prunk-Manöver, die vor einigen Tagen am Main abgehaltenwurden.—— Einen ganz gewaltigen Handelsartikel bildet gegenwärtig derE r f n r t e r B l u m e n k o h l. Zur Zeit gehen namentlich Donnerstagsbis 25 Waggons täglich von Erfurt nach den Berliner Markthallenab. Jeder Waggon faßt 80— 100 Körbe, jeder Korb 23— 30 Standen,jeder Wagen somit 2400—3000 Stauden.—— Weil er aus der Castroper Kirmes einem Polizeisergeantengegenüber die Zunge Hera nsge st reckt hatte, wurde«inBauer ans Pöppinghausen von der Strafkammer in Dortmund zudrei Wochen Gesängniß verurlheilt.—— In B o e r n h e i in an der Bergstraße versuchte ein Arbeiter,seine Frau zu erhängen; diese war schon bewußtlos, alsnoch rechtzeitig Hilfe erschien. In demselben Orte versuchte einHändler, seine Frau in den geheizten Backofen zuschieben, und als ihm dieses mißlang, mit dem Revolver zu er-schießen. Beide Männer wurden verhaftet.—— Bei B e ck i n g e n an der Saar fuhr die Maschine einesArbeilerzuges in eine Anzahl Rotte narbeiter. Drei Arbeitersind verunglückt, einer blieb todl.—— Unterhalb L ü t t i ch wurden ans der Maas die Leichenzweier Pbotographen gezogen. Die beiden Freunde waren in derNacht mit einem Nachen auf den Raubfischfang ausgegangenund sind wahrscheinlich durch unvorsichtige Anwendung vonDynamit umgekommen.—— Wer in Deutschland irgendwohin einen kleinen Betrag znentrichten hat, schickt ihn in Ponmarken, welche i» einen Brief»Umschlag gesteckt werden. In Italien giebt man jetzt be-sondere Postkarten aus, auf deren Rückseite Marken in derHöhe des Betrages geklebt werden; das Bureau des BeslimmungS-ortes besorgt alsdann die Auszahlung.—— Aus H a m m e r f e st wird unterm 20. September gemeldet:Die Depesche Andrees an das Stockholmer„Aftonbladet",welche die von dem Kapitän des Fangschiffes„Alken" am 20. Julidieses Jahres geschosseneBrieflaube mitführte, lautet, wienunmehr festgestellt ist. wie folgt:„13. Juli, 12 Uhr 30 Min. nach-mittags, 82,2 Grad nördl. Breite, IS.ö Grad östl. Länge. Gute Fahrtgegen Ost 40 Grad Süd; alles wohl au Bord; diese ist die dritteTaubenpost. Andröe."—— In Taschkent wurde am Sonnabend Abend ein neuerE r d st o ß verspürt, der zwar weniger lang andauernd, aber ebensostark war, wie der erste. Das Erdbeben wurde in ganz Turkestan,sogar in Kasalinsk, Petrowsk und AlexandrowSk verspürt, besondersin Taschkent, Samarkand und Ura-Tjnbe. Mehrere Baudenkmälerdes Alterthums sind beschädigt; in iwamarkand ist der marmorneTriumphbogen der Medrcffe der Bibi-Chanum eingestürzt.—— Das sogenannte Karschi-Fieber, eine Epidemie, die jetztTaschkent erreicht hat, soll schlimmer als die Cholera sein. DieErkrankten sterben meist schon nach wenigen Stunden. In demTaschkenter Kreise ist die Sterblichkeit so groß, daß die Ernte nichteingebracht werden konnte.—Veranlivortlicher' Redakteur: August Jacobcy in Berlin. Druck und Verlag von Max Bading in Berlin.