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Rosenberg und Finsterlohr   der Stadt angethan, war den sein großer Troft. Sein Wesen flößte ihr Vertrauen ein und er Herren ein Beweis dafür, wie fest ihr Regiment stand, wurde von ihr und Else freundlich empfangen, so oft er sich einfand. und der Altbürgermeister mußte fia) wegen seiner Schwarz- Er aber hatte nicht gezögert, von der Einladung des Ritters Ge­seherei manchen Spott gefallen lassen. In feinem Winter brauch zu machen und wurde ein häufiger Gast in dessen Hause. zuvor hatte es zu Rothenburg   eine solche Fülle von Lust- Die im Unglück gereifte Milde der Frau von Menzingen und barkeiten gegeben wie in diesem. Die Hochzeit Sabine's von der schönlockigen Else ernstes Wesen, dem durchaus nichts Muslor mit dem obersten Stadthauptmann Albrecht von Säuerliches beigemischt war, thaten ihm wohl wie ein kühler Adelsheim  , die zu Ostern stattfinden sollte, bot den Ge- Abendwind nach heißem Tage. Der mutter- und geschwisterlos schlechtern den willkommenen Vorwand, einander in Festlich- Aufgewachsene empfand zum ersten Male den sänftigenden teiten zu überbieten. Die Braut war jedoch mehr dem Namen und befreienden Einfluß edler Frauen. Er fühlte sich nicht als der That nach deren Königin. Das Szepter führte ihre mehr wie seit seiner Rückkehr aus Welschland durch seine schöne Freundin, welche die Rechte ihrer Jugend und ihrer Ideen sowohl als durch die Sitten der jungen Patrizier ver­Reize mit einem Feuer, ja mit einer Unersättlichkeit geltend einsamt. Frau Margarethe und Else hörten ihm aufmerksam machte, die Sabinen an ihr neu waren. Wenn diese nach Ruhe und gern zu, wenn er von den in Italien   empfangenen Ein­seufzte, dann lachte die schöne Gabriele, es sei Zeit genug, sich drücken und den herrlichen Kunstwerken sprach, die er dort ge­auszuruhen, wann die Jugend verrauscht sei. Sabine errieth schaut hatte. Sie kannten sattsam das harte Loos der armen sie und fügte sich. Je toller die Lust um sie strudelte und Leute und theilten seine Hoffnung auf deren Erlösung. Er sah schäumte, um so wohler schien es der schönen Gabriele zu sein. es im besonderen an dem Aufleuchten von Else's dunkelblauen Zu Frau von Menzingen und Else drang von den Augen. Es überfluthete ihn vollends wie ein sonniger Strom, rauschenden Vergnügungen der Geschlechter nur spärliche als er eines Abends die Antwort des Ritters Florian auf seinen Kunde. Frau von Menzingen hielt es nicht für angemessen, in Brief vorlesen konnte. Ohne jeden Wortschmuck, markig und klar, der Welt zu erscheinen, wie man heute sich ausdrückt, so lange schrieb Florian Geyer  , daß der neue Wein nicht in die alten nicht die Ehre ihres Gatten öffentlich wieder hergestellt war. Schläuche gegossen werden dürfte, ansonst er verdürbe. Nur Die Familie der Pröll starb mit ihr aus; sie hatte keine Ver- aus einem wahrhaft freien Gemeindewesen könnte das Wohl des wandten in der Stadt und ihre freundschaftlichen Beziehungen Volkes erwachsen. Wie geschrieben stehe, daß der Mann Vater ชน einigen Familien aus ihren Mädchenjahren und und Mutter verlassen solle, um dem Weibe seiner Wahl zu folgen, der ersten Zeit ihrer Ehe hatten sich durch ihre desgleichen müßte Mar seiner Ueberzeugung getreue Gefolg­Entfernung von Rothenburg   unter so peinlichen Umständen schaft leisten und vor feinem Opfer zurückscheuen. Nicht durch gelöst. Ihr damals fast krankhaftes Zartgefühl hatte sie ge- Worte, sondern durch die That würde die Welt überwunden. hindert, ihren Bekannten von Reinsburg   aus sich in Erinnerung Dieser Brief tam zur rechten Zeit, um Max in dem Kampfe zu bringen. Sie hatte gewartet, daß diese ihr zuerst mit dem Vater zu stählen. Der Unwillen desselben, weil Mar Beweise einer unveränderten Gesinnung gäben, aber die Frau ſeinen ehrgeizigen, auf das Vermögen Gabrielen's gebauten des Flüchtlings war von ihnen vergessen worden. Um so Entwürfen sich nicht fügen wollte, war noch mehr dadurch ge­weniger fühlte fie sich daher jetzt veranlaßt, die ehemals Be- schürt worden, daß der Sohn die Vertheidigung Stephan's von freundeten aufzusuchen. Sie verließ mit Else ihre Wohnung Menzingen übernommen hatte. Nach seiner Ansicht war von faum zu einem anderen Zwecke, als um Dr. Deutschlin oder diesem ersten Prozesse für May weder Vortheil noch Ehre zu den Kommenthur Christan in St. Jakob predigen zu hören. erwarten; der Prozeß fonnte nicht gewonnen werden. Der Letzterer wurde von ihr bevorzugt, weil er mit seiner Männ- Aufenthalt im Vaterhause wurde für Mar immer unerquicklicher. lichkeit eine ihr wohlthuende Milde verband, während der In der Gesellschaft Else's und ihrer Mutter vergaß er es. bollblütige Dr. Johannes ihr zu erregt und stürmisch war. In dem Briefe hatte sich eine Einlage befunden, welche Der patrizischen Jugend, die sich nach beendigtem Gottesdienst von einer anderen Hand als der Florian Geyer's   über­an den Kirchenthüren aufzuhalten pflegte, um die fromme schrieben war. Sie war für Stephan von Menzingen be­Weiblichkeit zu mustern, entging indessen Else's Erscheinung stimmt. Von Wendel Hipler  ," sagte Max, als er ihm das nicht. Die jungen Herren wetteiferten mit einander, ihr Schreiben überreichte. das Weihwasser in St. Jakob zu bieten. Man sprach von ihr in der Stadt, und ihre prächtigen braunen Locken, auf denen ein goldener Duft zu ruhen schien, gaben Veranlassung, sie die Schönhaarige zu nennen, da man ihren Taufnamen nicht wußte. Auch Gabriele Neureuter erfuhr von ihr.

Und er schreibt mir von der Burg des Ritters Geher von Geyersberg," rief Herr Stephan, den Brief hastig öffnend. Das ist ein gutes Zeichen. Auch der Ritter lag mit seinem Fähnlein vor Hohentübingen   und ich bin überzeugt, daß die Sache damals nicht zum äußersten gekommen wäre, wenn er oberster Feldhauptmann gewesen und nicht dieser Elfe fühlte sich in ihrer jungfräulichen Herbigkeit von liftige, herzlose und grausame Truchseß von Waldburg  . dieser Aufmerksamkeit der städtischen Junker eher verlegt als Der war freilich der rechte Mann, um den Edelstein Württem­geschmeichelt. Nach Zerstreuungen außer dem Hause begehrte berg für Habsburg   zu gewinnen, gleichviel auf welche Weise. auch sie nicht. Ihre Tage in Rothenburg   waren auch ohne Wohl, wohl, aber der Herzog Ulrich lebt noch." Er sah dies völlig ausgefüllt. Natürlich," ironisirte sie der Vater, wieder in den Brief und äußerte dann: Ah, er hat den der dieses nicht gelten lassen wollte, sich puzen, die Laute Prozeß der armen Leute gegen die Grafen von Hohenlohe spielen und in Geschichtenbüchern lesen, lassen einem Fräulein gewonnen. Und auch er weist mich mit dem meinigen an feine freie Stunde übrig." Aber Else war durchaus nicht Euch, lieber Doktor. Das ist für mich die gewichtigste puzsüchtig, des Lautenspiels war sie nicht kundig und das Empfehlung; denn erstens steht sicher Herr Florian dahinter einzige Buch, das sie abends zur Hand nahm, um daraus und zweitens sind ihm die Doktores der römischen Rechte ein threr Mutter und den jüngeren Geschwistern, denn sie hatte Graus, wie er mir in Heilbronn   gestand, wo er von Euch deren, vorzulesen, war die Bibel. Sie war nicht nur die noch nichts zu wissen schien, Doktor. Diese Doktores sind es, Tochter ihrer Mutter, sondern unter dem widrigen Geschick in schalt er damals, die das Reich mit dem römischen Rechte zu der Einsamkeit von Reinsburg   schon früh zu deren Freundin Tode kuriren. Nichts für ungut, lieber Doktor!" herangewachsen. Wie sie ihr in der Wirthschaft, deren schwersten Theil sie auf ihre jugendlichen Schultern nahm, und in der Pflege und Erziehung ihren jüngeren Geschwister getreulich bei­stand, so theilte sie ihren Kummer um den abwesenden Gatten und Vater. Und dieser Kummer wollte auch jetzt den Busen der Mutter nicht frei geben. Denn es konnte auf die Dauer threr Wahrnehmung nicht entgehen, daß Zeit und Erfahrungen den hochmüthigen Sinn ihres Gatten nicht gemildert hatten, und daß er das damalige Verfahren des Rathes immer noch als eine schwere Kränkung seiner Ehre empfand.

( Fortsetzung folgt.)

Sonntagsplandevei.

fagen die alteingefeffenen Klein- und Mittelbürger der Shawl- und Die Kreitling's haben ville Glüd in de Lotterie gehabt," Tüchergegend des Frankfurter   Viertels. Früher war es bei ihnen auch man so mieß, zwee Ziegen hatten se, und was de Mädels waren, die mußten alle mitverdienen. Dann aber haben se zweemal hintereinander derbe in de Lotterie gewonnen, und mu find se groß. Unter solchen Umständen wollten ihre Hoffnungen auf Der Junge is Stadtverordneter und in den Reichstag will er auch einen gütlichen Vergleich zwischen ihm und den Herren noch hinein." Und die Kreitling's haben wirklich auch diesmal von Rothenburg   nicht erstarten. Da war ihr denn der Ernst wieder Glück gehabt. Aus vierundzwanzig Augen hat das Wahl­glüd ihren Repräsentanten angeblidt, ein Dußend Stimmen, und Eifer, mit denen Doktor May Eberhard sich der Sache des nicht weniger, auch nicht mehr, hat ihm das Mandat verschafft. Ritters annahm und zunächst auf Grund der ihm von letzterem Freilich, zahlreiche Helfer hatte er schon: Freifinnige mit und mitgetheilten Atten und Handschreiben eine Revision des solche ohne Wasserstiefel; nationalliberale Freihändler und national­Prozesses bei dem Reichskammergericht zu veranlassen suchte, I liberale Zöllner; Konservative jeder Richtung; Antisemiten aller