Mnterhaltungsblatt des Jorwärts Nr. 157. Freitag, den 12. August. 1898 (Nachdruck verboicu.) 53] Aur die Feeilzei;. Geschichtlicher Noman aus dem deutschen   Bauernkriege 1525. Von Robert Sch weiche!. Der Rath nahm ihn daher schleunigst beim Worte, als er sich gegen ihn rühmte, daß er ihm Frieden mit den Bauern schaffen könnte. Nur in einem Punkte blieben dieselben trotz aller seiner Bemühungen uner- schütterlich. Sie verlangten, daß die Stadt ein wohlgc- rüstet Fähnlein zu ihrem Herrn stoßen lasse und zwar mit den Hcilbronner Farben. Der Rath aber fürchtete, wenn er darein willigte, die Verantwortung vor dem Schwäbischen Bunde. Um sich gegen diesen auf alle Fälle zu decken, hatte er Hans Flux zu dessgn Unterhandlungen mit den Bauern überhaupt keine urkundliche Vollmacht ausgestellt, so daß man ihn nachträglich verleugnen konnte. Vielleicht ließ sich auch in betreff des Fähnleins, um das nicht herumzukommen war, ein Ausweg finden, der Hans Flux die Verantwortlich- keit auflud. Und er fand sich. Der Rath verweigerte, das Fähnlein zu stellen, aber er gab Hans Flux an die Hand, ein solches aus Freiwilligen zu bilden, welches ein schlicht weißes Banner ohne oen schwarzen Adler im silbernen Schilde, das Wappen Heilbronns, führte. Hans Flux ahnte die Falle, allein Gutmüthigkeit, Eitelkeit und Liebe zu seiner Vaterstadt ließen ihn hineintappen. So ging er denn mit dem hellen Haufen den Neckar   hinunter. Auch zwei Bürgerinnen von Heilbronn   zogen unter seinem weißseidenen Banner; die eine im blanken Harnisch  , den Spieß auf der Schulter, die andere einen Bundschuh tragend. Die Leidenschaft und Thatkraft der Frauen hatte bei der Entscheidung der Stadt kein geringes Geivicht in die Waagschale geworfen. Das Horn des Thorwächters unterbrach Götze's unerquick- liches Sinnen. Es ging schon auf den Abend. Wie Götz binausschaute, war es sein eigener Amtmann, der auf dem Hofe vom Pferde stieg und bald darauf, von Nässe triefend, zu ihm auf die Stube kam.Ei, mein Lieber, was ist's so Wichtiges, das Euch bei dem Hundewetter noch so spät herauf- treibt," redete der Burgherr ihn an. Wichtig ist's freilich, Euer Gnaden, und ich wollte, daß es auch was Gutes wäre," antwortete jener.Der Bauern- rath schickt mich. Er läßt seinen Gruß entbieten und der gnädige Herr möchte morgen zu ihm nach Gundelsheim   inS Wirthshaus kommen. Er Hütte mit Ew. Gestrengen dringlichst was zu reden." Die blühende Gesichtsfarbe des Ritters hatte sich darüber zu einem dunkeln Roth vertieft. Jetzt mußte er sich entscheiden. Seine Antwort überlegend, stützte er die mit einem Hand- schuh verhüllte eiserne Linke auf die Tischkante. Der Amt- mann beobachtete ihn.Wie sie erzählen, hat sich fast der gesammtc Adel zwischen Jaxt und Kocher in die Genossen- schaft der Bauern ergeben," fagto.er mit gedämpfter Stimme. Und Ihr wisset, was sie von mir begehren?" fragte Götz. Ja, Ew. Gnaden, der Jörg Metzler hat trotz des Regens den hellen Haufen zusammentreten lassen und der Kanzler im Ring vorgestellt, was es ihrer Sache für einen Schein geben würde, wenn sie einen solchen bewährten Kriegsmann, wie Ihr eS seid, Herr Ritter, zuni Hauptmann hätten, und welchen Schaden sie davon hätten,»venu Ihr Euch zu den Feinden schlüget." Worauf der Haufen ihm zufiel," äußerte Götz, indem sich sein Mund spöttisch verzog. Mit Nichten, edler Herr," antwortete der Amtmann zögernd.Es erhob sich viel Geschrei dagegen. Sic hätten einen Bauernkrieg und bedürften des Adels nicht, hieß eS. Einer schrie sogar, mit Verlaub von Ew. Gnaden sag' ich'S: .Schadet er uns, warum hängt man ihn nicht au einen Baum?' Erst als Jörg Metzler und der Schultheiß Reyter gesprochen hatten, nahmen sie den Vorschlag des Herrn Wendel an." Gelt, es war der Rohrbach, der mich gehenkt haben wollte?" lächelte Götz. Halten zu Gnaden, der hat sich mit etlichen von Neckar  - gartach schon gen Maulbronn   gewendet, uni mit dortiger Bauernschaft und der von Baden auf Stuttgart   zu rücken, während bei Tübingen   schon alle auf sind. Sein Haufen aber ist nach Böckingen   heim gegangen; er hat wohl einstweilen Beute genug gemacht." Ihr seid ja gut unterrichtet," meinte Götz ctivas trocken, und jener erwiderte, daß er es von Georg Metzler   wisse. Auch seien die Weinsberger   in ihrem Thal zurückgeblieben, um ein Auge auf die Stadt und Heilbronn   zu haben, fügte er hinzu. Götz, der ihm aufmerksam zugehört, füllte seinen Becher und reichte ihn dem Boten mit den Worten:Bei dem wüsten Wetter braucht's der innern Wärme. Trinket, Schultheiß  , und saget dem Rath, daß ich kommen werde. Ich muß halt, oder wisset Ihr anderen Rath?" Er wußte keinen und war froh des Bescheides, den er den Bauern zu überbringen hatte. So ritt denn Götz von Berlichiugen am nächsten Morgen nach Gundelsheim  . Das Wetter hatte sich aufgeschönt; nur ein kalter Wind blies noch das Thal herauf. Dem Ritter war es heiß im Innern. Wie er im Wirthshaus die Treppe hinanstieg, kam ihm sein Waffenbruder Max Stumpf von Schwcinsbcrg entgegen, der sich eben seinen Schirnibrief von dem droben versamnielten Bauernrath geholt hatte.Glück auf zur Hauptmannschaft!" begrüßte er Götz. Dieser aber seufzte:Gott  , mir nicht. Das thu' der Teufel! Warum thust Du es nicht? Thue Du es doch ja an meiner Statt!" Aber sie wollten Dich, nicht mich," rief Max Stumpf. Und bei Gott, Du mußt annehmen, Götz. Dem ganzen Adel kommt es zu gut, und er wird es Dir hoch verdanken und nimmer vergessen. Ich bitte Dich, Götz, thu's!" Du weißt nicht, was es mich kosten würde, keiner weiß es! Mir ist, als ob diese Stiege hier der Kalvarienberg wär'." Mit einem melancholischen Blicke reichte Götz dem Freunde die Hand. Lieber, wir alle müssen in dieser schweren Zeit ein Opfer bringen und Du rettest den Adel," rief Stumpf von Schweins» bürg ihm noch nach. Droben fand Götz den Ausschuß der Bauern versammelt. der, außer dem obersten Hauptmann Jörg Metzler, dem Kanzler Hipler und dem Schultheißen   Hans Reyter, aus sieben Mit- gliedern bestand. Hans Flux gehörte zu diesen. Es war unter den Fürnehnisten dieses Raths der Sieben keiner, der Götz nicht wohlgewollt hätte, und demgemäß wurde er auch empfangen. Nachdem Wendel Hipler   ihm mitgetheilt, was man von ihm begehre, bat er in gar bewegüchen Worten, daß man ihn mit der Uebernahme her Hauptmannschaft vcr- schone. Seine Pflichten gegen den Schwäbischen Bund  , sowie gegen Fürsten   und Herren gestatteten ihm dieselbe nicht. Die zwölf Artikel aber seien ganz und gar gegen sein Gewissen; auf sie könnte er sich nimmer verpflichten. Sie redeten scharf auf ihn ein. nur Wendel Hipler   schwieg. In seinen klugen Augen lag etwas wie ein leises Lächeln. Götz aber vermied es, diesen Augen mit seinen Blicken zu begegnen. Er heuchle nicht, versicherte er mit der Eiseufausl auf der gepanzerten Brust, aber er könne die Wahl nicht annehmen. So gönnt nur wenigstens noch ein Wort bei Seite," sprach jetzt Wendel Hipler.  Ich hoffe. Euch solche Gründe anzuführen, baß Ihr Euren Widerstand fahrcit lasset, Herr Ritter." Sic gingen in das Gärtlein hinter dem Wirthshause, wo der Kanzler sofort daS Wort ergriff.Ihr werdet mir zu­geben, Herr von Verlichingen, daß die �deen des Sickingcn durchaus unausführbar sind. Der Bauer ist für eine Adels- republik nicht z» haben. Aber auch eine Baucrurcpublik wäre eine Unmöglichkeit. Sie würde die Beute des ersten besten Abenteurers iverdcn, der es versteht, die Welt- und Geschäfts- unkenntniß des Bauern auszubeuten. Nein, Herr Ritter  , kein Stand soll den andern beherrschen. In dem Reiche, daS wir aufrichten wollen, sollen Bauer, Bürger und Adel gleich frei sein und kein ander Oberhaupt haben, als deir Kaiser. Dazu ist es nöthig, daß Ihr den Adel zu uns bringet." Aber das ist schier unmöglich nach dem, was in Weins» berg   geschehen ist," rief Götz lebhast. Doch, doch I" antwortete Hipler und zog ihn auf eine Bank nieder, die im Schatten eines Birnbaumes stand.Der