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den Befehlen der Mutter gehorchen wollte. Als die Mutter nun nochmals ihren schreienden Jungen schlug, suchte der Grubenarbeiter Handrack sie von ihrem Vorhaben abzubringen, indem er ihr sagte: ..Hauen Sie doch den Jungen nicht so, der Kaiser braucht Sol- baten!" Hierauf hat die Dorn mit Worten erwidert, die eine Majestätsbcleidigung involvieren. Ausland. Transvaal  . Londoner   Finanzkreise rechnen bestimmt mit Krieg. Die dreisjig wichtigsten südafrikanischen Minenpapiere haben im Vergleich zu den Kursen vom 1. Juni um 45 Millionen Pfund Sterling   an Wert verloren. Es wird aber angenommen, daß die englische Re- gierung die Kriegserklärung noch längere Zeit hinaus- ziehen will, um die Rüstungen zu vollenden und größere Truppen- Massen in Südafrika   zu versammeln. Es fragt sich, ob Transvaal  abwarten wird, oder ob es in der Ueberzeugung, daß der Krieg un- venneidlich, selbst losschlagen wird. Bereits haben die Boeren bedeutende Truppenmassen und Vorrat an der Grenze von Natal zu- sammengczogen. Kapstadt, 19. September."Hier laufen andauernd Gerüchte um, daß die Regierung der Südafrikanischen Republik   gestern dem britischen Agenten in Pretoria   eine zweite Depesche übergeben habe, welche einen versöhnlichen Charakter trage. Es ist indessen nicht möglich, eine Bestätigung dieser Gerüchte zu erlangen. In gewissen Kreisen ist man jedocfi der Ansicht, daß die Haltung Trans- vaals Anzeichen vo nM achgiebigkeit verrate, wahrscheinlich infolge des Einflusses des Oranje-Frcistaates. Hochverratsprozcß w Serbien  . Nachdem der Staatsanwalt am Montag seine Anklagerede beendet hatte, begannen die Plaidoyers der Verteidiger. Der Verteidiger des Attentäters Knezewitsch stellt fest, daß letzterer auf A ii st i f t e n gehandelt habe, ein Werkzeug gewesen sei und seinen Kopf für Geld aufs Spiel gesetzt habe. Er ersucht, Kneze- witsch nicht zum Tode, sondern zu lebenslänglicher Zwangs- arbeit zu verurteilen. Der Advokat M o st i ts ch verteidigt zunächst die radikale Partei und erklärt, dieselbe sei n i e ni a l s a n t i d y n a st i s ch gewesen; er plädiert sodann für Nicolitsch und führt aus, es wäre eine Sünde, Nicolitsch Teilhaberschaft an dem Attentat zuzu- schreiben; gegen ihn liege nur eine verdächtige Aussage Knezewitschs vor. Der Schlüssel der Verschwörung liege bei Angielitsch, der sich durch seinen Selbstmord schuldig bekannt habe. Sodann plädiert Mostitsch für Protitsch und erklärt, dessen Antrag auf Steuer- verlveigerung sei erfolglos geblieben; schließlich spricht Mostitsch für S t a n o j e w i t s ch und giebt der Hoffnung Ausdruck, daß seine drei Klienten nicht verurteilt werden würden, da die Anklage nicht gcnitgeud bewiesen sei. Der crteidiger Spartalh plädiert für Kovazewitsch und R a i t o w i t s ch und erklärt, eS sei kein Beivcis erbracht, daß Kovazewitsch in das Attentat oder in den Hochverrat verwickelt ge- Wesen sei, ebenso wenig dafür, daß Raikowitsch an dem Komplott teilgenommen habe. Der Verteidiger erhofft milde Strafen.* Der Verteidiger D i m it s ch führte aus. es sei gegen den An- geklagten und die Radikalen kein Beweis erbracht. Die Idee, König Milan zu ermorden, sei in Cetinje   entstanden und sodann in Bukarest   weiter erörtert worden. Man habe gehofft, mit Hilfe von Karageorgewitsch die Könige Milan und Alexander zu beseitigen. Dies sei das Geheimnis der Reise des Knezewitsch nach Bukarest  . Der Verteidiger verlangt Freispruch für Dimitsch. Der Verteidiger von P a s i t s ch führt aus, das die Auf­forderung zur Sreuerverweigernng enthaltende Protokoll beweise, daß in dieser Hinsicht keinerlei Beschluß gefaßt wurde. EtwaS, was lediglich Mittel im politischen Kampf sei, dürfe nicht strafbar sein. Weder Pasitsch noch die radikale Partei seien für die Agitationen im Auslande verantwortlich. Der Ver- teidiger verlangt Freisprechung aller Angeklagten mit Ausnahme von Knezewitsch. In der DienstagS-Sitzung plädieren die Verteidiger Tau- schnnowitsch' für dessen Freisprechung, da er sich weder antidhnastischer Handlungen noch des Hochverrates schuldig gemacht habe. Die ihm zugeschriebene Broschüre rühre von Balugditsch her. seine Aphorismen seien Uebersetzungcn aus einem Geschichtswcrke Rankes. Die Aeußerung:«Milan sei ein außerordentlicher Mensch", müsse in einem dem Könige Milan günstige» Sinne ge- deutet werden. Frankreich  . PariS  , 19. Septbr. Die Blätter der Revisionisten und fortschrittlichen Republikaner   gegen der Meinung Ausdruck, man könne, nachdem die Anklageschrift des Oberstaatsanwalts vor dem Staatsgerichtshof verlesen, unmöglich das Vorhandensein eines Komplotts in Abrede stellen; sie beglückwünschen Waldeck-Rousscau dazu, daß er sich der Aufgabe, die Republik   zu schützen, bewußt gewesen sei. Die antirevistonistischen und antiministeriellen Organe sind der Ansicht, daß die Anklageschrift nichts Neues vorgebracht habe und keine Beweise enthalte. Im«Figaro" äußert Cornoly, daß eine Anzahl Einzelheiten, welche der Oberstaatsanwalt hervor- gehoben habe, durch Dokumente bekräftigt sei. Von den übrigen seien diejenigen unwahrscheinlich, welche die Mbnarchisten so darstellten, als ob sie zum Arbeiter- aus st and anreizten. Die Blätter sind der Ansicht, die Unter« suchung der Kommission des Staatsgerichtshofcs werde 46 Wochen und die öffentliche Verhandlung einen Monat dauern. Präsident Loubet  , der heute die Bauplätze der Welt- a n S st e l l u n g besuchte, fordert« in seiner Ansprache die ver« schiedenen Leiter der Arbeiten auf, den größten Eifer an den Tag zu legen, damit Frankreich   im Jahre 1000 seinen Gästen zeige, daß die Ration stark, arbeitsam und einig bleibt und die vor« tiverachenden Zwistigkeiten sie nicht hindern, ihre Mission zu Gunsten deS Fortschritts und deS Friedens zu erfüllen. Spanien  . In den baskischen Provinze» erhebt der KarliSmuS   sein Haupt. Karlisten sind in Spanien   die Anhänger der alten sogenannt legitimen GotteSgnadcn-Mouarchie, welche die jetzige Monarchie als revolutionär" betrachtet, und seit zwei Menscheiialtern seit den över Jahren gewaltsam revolutionäre Putschpolitik treibt. Die Karlisten sind nebenbei auch außerordentlich fromm, so daß wir jetzt in Spanien   das interessante, jedoch für uns Deutsche  gewiß nicht verwunderliche Schauspiel einer revolutionären U m st u r z b e w e g u n g haben, die von den Ordnungsparteie» xar excolloucö: den Königstreuen und Pfaffen in Scene gesetzt wird. Madrid  , 19. September. S il v e la hat sich dahin geäußert, die Karlisten hätten infolge der unter ihnen herrschen Meinungs- Verschiedenheiten auf jede Unternehmung gegen die Regierung verzichtet. Amerika. Washington  » 19. September. China   hat durch seinen Ge- sandten lebhaften Protest gegen den Befehl des Generals Otis erhoben, durch welchen die Chinesen von den Philippinen aus- geschloffen werden. Dem Vernehme» nach wird in dem Protest erklärt, das Vorgehen des Generals sei völkerrechtswidrig, es ver« stoße gegen die bestehenden Verträge und mißachte völlig die so lange bewahrte Freundschaft zwischen China   und den Vereinigten Staaten  . Präsident Mac Kinlcy wendet der Angelegenheit ernste Aufmerksamkeit zu, da der Charakter des Protestes ihr üher die in Betracht kommenden militärischen Fragen hinaus einen inter« nationalen Anstrich giebt. Caracas  , 13. September. Die Lage ist heute für die Regie- rnug günstiger. Die Regierungstruppen haben Puerto Cabello  wieder genommen und konzentrieren sich dort und in La Victoria. Sekte und Gesamtpartei. In derLeipziger Volks-Zeitung" befaßt sich Genossin Luxemburg   am Schluß einer Artikelserie über den bevorstehenden Parteitag auch mit Vorschlägen an den«Vorwärts". Nachdem sie die Gefahren, die der Partei vom«Opportunismus" drohen, ge- schildert und die Abstoßung aller des.Opportunismus" Verdächtigen es zählen dazu u. a. Auer, Bernstein  , Schippe!, Vollmar usw. verlangt hat, erhebt sie auch folgende Forderung: Wir halten für notwendig «daß der Parteitag die gesamte Parteipresse, darunter in erster Linie das Centralorgan, verpflichtet, zu jeder taktischen Frage, die in der Parteipraxis auftaucht, sich nicht nur referierend zu verhalten, sondern auch klar und deutlich Stellung zu nehmen. Der.Vorwärts" insbesondere als Centralorgan müßte als seine Pflicht und Schuldigkeit erachten, im Sinne der Gesamt- Partei und nicht im Sinne der opportunistischen Opposition zu wirken, wie er dies bis jetzt, wenn auch verstohlen, bei jeder Ge- legenheit gethan." Die Pflicht, zu jeder auftauchenden taktischen Frage Stellung zu nehmen, erkennt derVorwärts" durchaus an, wenn er diese Fragen allerdings auch oft ganz anders behandeln zu müssen glaubt, als es der Genossin Luxemburg   gefällt. Wenn aher die Genossin Luxemburg   unterStellungnahme des «Vorwärts" zu jeder auftauchenden parteitaktischen Frage versteht, daß der«Vorwärts" bei Meinungsdifferenzen in der Partei sofort die eine oder die andere Auffassung als uusocialdemokratisch zu ächten habe, so mutet sie damit demVorwärts" ein sehr u n d e m o- k r a t i s ch e s Handeln zu: nämlich die Vergewaltigung derer, die anders denken als die Redaktion desVorwärts". Außerdem sind allerdings die besonderen Schwierigkelten des CentralorganS zu berücksichtigen, welchem von der Partei die Aufgabe gestellt ist, das, waS die Partei einigt, zu vertreten. Wir glauben aber, dieser Aufgabe nicht allzu unglücklich gedient zu haben, denn, wie uns Genossin L. vorwirft, den Opportunismus verstohlen geschützt zu haben, so wirst man uns von anderer Seite vor, ungerecht gegen die mit Bernstein   sympathisierenden Parteigenoffen verfahren zu sein. Uebrigcns schlägt der zweite L.'sche Satz, derVorwärts" habe im Sinne der opportunistischen Opposition gehandelt, ihren ersten Satz. Das hindert aber nicht, daß dieser zweite Satz völlig un- richtig ist, mag man auch den Begriff des Opportunismus, mit dem Genossin Luxemburg Politik treibt, ohne je seine Bedeutung klarzustellen, auffassen wie man will. Hätte der«Vorwärts"«im Sinne der Gesamtpartei", wie Genossin Luxemburg   eS versteht, gewirkt so hätte er nicht nur die bayrischen Kompromißschließer, nicht nur Auer, Heine, Schippe! und andere«Freunde deS Militarismus", sondern auch beispielsweise die Anhänger der Agrarprogrammidecn wie Bebel und Liebknecht, und der Beteiligung an den Landwgs- Wahlen wie Kautsky  , Parvus und Zetkin   als Nicht-mehr-Social- demokraten behandeln müssen. Die«Gesamtpartei" wäre dann so ungefähr auf die einzig wahre Revolutionärin Genossin Luxemburg reduciert worden. Genossin Luxemburg   selbst wird uns beipflichten, daß dann überhaupt� nicht mehr im Ernst von einerGesamtpartei" die Rede sein könnte, sondern nur noch von einer Sekte. Nebenbei: es ist erheiternd, Genossin Luxemburg   gerade in demjenigen Partei- Organ die Rettung der Principien und Taktik üben zu sehen, das gerade nach Luxemburgscher Anschauung schon längst dem OrkuS der Parteigegner. schaft hätte überantwortet werden müssen. Denn dies Organ hat nicht nur die Todsünde deS Verleugnens der«Verelendungs« theorie", nicht nur daS Verbrechen Vollmarscher Agrarpolitik und glühender Begeisterungsartikel für bürgerliche Socialreformer wie Herkner und Sombart   was alle» nur gar kurze Zeit zurück« liegt! begangen, sondern es hat wirkliche Versündigungen gegen die elementaren Erfordernisse der Parteitaktik man gedenke der Nichtachtung der Parteibeschlüsse bei den sächsischen Landtags- wählen auf dem Gewissen. Man darf Sorge tragen, daß in diesem Blatte nicht ebenso schnell einmal wieder die opportunistische Flöte ertönt, wie es zum revolutionären Brnnimbaß übergegangen ist. Der Vorivurf der Genossin Luxemburg  , opportlmistisch gelvirkt zu haben, trifft uns nicht. Es ist uns leicht, ihn als Ausfluß krank- hafter Lust an scheinradikalem Gebahren zu verzeihen. DerVor- wärtS" ist in allen Parteifragen treu zum Parteiprogramm ge- standen, er hat stets die Grundprineipien der Socialdemokratie, den Klassenkampf und das ideale Ziel einer bewußt organisierten socia- listischen Produktionsordnung, durchaus gewahrt. Freilich daran hat er niemals Geschmack empsiinden, bei jeder Meinungsverschiedeuheit innerhalb der Partei durch künstliche Deutungen und nervöse Ueber- treibungen bald diesen bald jene» Parteigenossen zum Verräter an den Parteigrundsätzen zu stempeln. Erörterungen und Anträge zum Parteitage. Zwei Versanimluiigen in Hamburg   beschäftigten sich mit den die Partei zur Zeit beivegcnden Fragen der Taktik. In der einen Versammlung trat Genosse Adler als Referent den Ansichten Schippels in der Milizfrage und ebenso den Bernsteinschen An- schauungen entgegen, während Genosse Lehne Bernsteins Buch als ein verdienstvolles Werk bezeichnet« und ihni in der ÄenossenschaftS- ftage beitrat. Beschlüsse wurden nicht gefaßt. In der zweiten Versammlung referierte Genosse F r o h m e, der Bernstein   in Schutz nahm, indem er sich auf den Standpunkt stellte, daß zwar über verschiedene Ausführungen Bernsteins zu streiten sei, man aber nicht sagen dürfe, daß Bernstein   die Partei in ein bürgerlich-demokratisches Fahrwasser lenken wolle. Ihm traten die Genossen Grünwaldt, Frau Zieh und Stalten entgegen. Stalten trat zwar auch für unbeschränkte Freikeit der Dis- kussion ein, bezeichnete es aber als unbestreitbar, daß Bernstein   den Versuch mache, die theoretiscken Grundlagen des.Socialisnnis umzustoßen und zwar mit der Absicht, der Partei eine andere Taktik zu empfehlen. Im allgemeinen habe sich die Taktik der Partei bewährt. Soweit die Möglichkeit dazu gegeben sei und nicht an unserer rückständigen Gesetzgebung eine Grenz« finde, iverde die Socialdemokratie auch die praktische Arbeit noch intensiver zu ge- stalten suchen, zu einer fteundlickeren Stellung zum Militarismus und zur Kolonialpolitik werde sie sich aber nicht entschließen. Die bewährte Taktik dürfe nicht aufgegeben, der wissenschaftlichen For- schung müsse aber die Bahn freigehalten werden. Eine Parteiversainmlung in Königsberg   nahm nach einem Referate des Genossen Haas« folgende von diesem vorgeschlagene Resolution an: Die Angriffe gegen die Grundanschauungen und die Taktik der Partei sind verfehlt und deshalb znrückzuweisei«. Die Freiheit der Kritik ist jedem Parteigenossen unbedingt zu wahren. In diesem Sinne hat der Delegierte Königsbergs auf dem Parteitage in Hannover   seine Stimnie abzugeben. In einer Versammlung in Nürnberg   referierte Genosse W i e m e r:Bernstein   hat sich von unseren Grundprineipien nicht entfernt und das Recht der freien Forschung mutz gewahrt bleiben. Schon verschiedentlich ist unser Parteiprogramm der wissenschaftlichen Forschung und der Notwendigkeit gemäß geändert worden. Deshalb dürfen unsere Delegierten nicht in die Verurteilung de« Genoffen Bernstein einstimmen. Wenn Bernstein   verlangt, daß erst die nächst- liegenden Ziele erfochten werden sollen, so sagt er nur, was praktische Agitatoren schon lange thun. Unser erstes Ziel mutz sein, die Bildung und Lebenshaltung der Masse zu heben, damit, wenn uns die Macht zufällt, wir auch sähig sind, sie im Sinne unseres Programms aus- nützen." Genosse Dr. Südeknm kann in der Bemstein-Frage den Standpunkt Wiemers, der in Bernsteins Darlegungen keine An- griffe auf Theorie und Praxis unserer Partei finden zu tönnen glaubt, nicht teilen. So entschieden er Bernstein   in vielen Punkten entgegentreten müsse, wünsche er, gerade>vie Wiemer, doch nicht ein großes Ketzergericht mit formalem Ausschluß. Gegen den Militarismus müssen wir in schärfster Oppositionsstellung bleiben; gegen den specifisch militaristischen Geist im deutschen   Bürgertum müsse die Kritik energischer vorgehen. Die Genossen des 22. sächsischen ReichstagS-Wahl- kreis es nahmen in einer Versammlung in R e ich enb a ch i. V. eine Resolution an, in der es heißt:' Die von einzelnen Genossen herbeigeführten theoretischen Er- örtermigen können für die Partei nicht schädigend wirken, im Gegen- teil ist' die fteieste Meinungsäußerung in der socialdcmokratischen Partei eine Notivendigkeit. Die Partei hat, auf dem Boden des Klassenkampfes stehend, weiter ihr Endziel im Auge zu behalten, die politische Situation zu Gunsten der Arbeiterklasse auszunützen, an allen praktischen Aufgaben auf den Gebieten des politischen Lebens mitzulvirken, selbstverständlich ohne Verleugnung unserer principiellen Grundsätze. Die Parteiversammlung erkennt die Zugehörigkeit des Genossen Bernstein   zur Partei nach wie vor an. Bezüglich des Militarismus wünscht die Versammlung, daß der Parteitag an Punkt 3 unseres Programms festhält." Eine von den Mylauer Genossen eingebrachte Resoltion, welche sich sehr scharf gegen Bernstein   und die Landtagswahl-Taktik der bayrischen Gesandten wandte, war vorher abgelehnt worden. In Oschatz  (Sachsen  ) beschloß die Parteiversammlung: Die Versammlung hält Ivohl eine cheoretische Auseinander- setzung über das Wesen des SocialismuS für sehr ersprießlich, soweit sie den Boden des Klassenkampfes nicht verläßt. Durch die Bernstein- Taktik wird aber der Boden des Klassenkampfes verlassen. Dadurch würde den Arbeitern das vollständige Interesse an der ganzen Arbeiterbewegung genommen.",.«,. In W e r d a u(Sachsen  ) erklärte der Delegierte des 18. s ä ch s i- s ch e n W a h l k r e i s e s. daß er zwar gegen die Aeuderrnigsvorschläge Bernsteins, aber auch gegen dessen Ausschluß aus der Partei. Die Parteiversammlung in Stuttgart   erklärt als ihre An- ficht, daß Bernstein   sich in seiner Schrift von dem grundsätzlichen Boden, auf dem die Socialdemokratie steht, entfernt hat. Sie weist seine Kritik unserer Grundsätze und die von ihm empfohlene Taktik aufs schärfste zurück. Die Socialdemokratie muß an ihrem Charakter als revolutionäre Kampfespartei festhalten und damit auch an ihrer erprobten Taktik. Im Juteresse eines geschlossenen Auftretens des kämpfenden Proletariats erwartet die Versammlung von dem Parteitag in Hannover  , daß er die Stellung der Partei zu den von Bernstein  angeschnittenen Fragen klar präcisiert. Ferner wurde ein Autrag des Genossen Keil angenommen: Der Parteitag möge beschließen, auf die Tagesordnung deS nächst- jährigen Parteitages die Frage der Verkchrspolitik zu stellen und dazu einen geeigneten Referenten bestellen.*) Endlich wurde ein Antrag Ulrichs angenommen: Der Parteitag möge beschließen:Die Parteipresse möge mehr als seither das Proletariat auf die Schäden des übermäßigen Alkoholgenusses auf- merksam machen." In Karlsruhe   erklärte sich die Parteiversammluug ganz ent- schieden gegen irgend welche Beschlüsse des Parteitages in Hannover  in der sogenaimlen Bernstein  - Frage, welche geeignet wären, die Freiheit der Wissenschaft in Frage zu stellen. Sie sieht in den real- politischen Vorschlägen Bernsteins keinen Grund, um Bernstein   als nicht zur Partei gehörig zu betrachten und spricht die Hoffnung aus, daß besonders die Diskussion über den 7. Punkt der Tages- ordnung des Parteitages der Würde der Partei entsprechen werde. Die Genosse» in D a r m st a d t nahmen eine vom Genossen Bremer vorgeschlagene Resolution an des Inhalt?: «Unser Parteiprogramm ist kein auS ewig feststehenden Wahr« heften bestehendes Dogma, es ist vielmehr den jeiveiligen Ver- ändernugen, die sich aus der gesellschaftlichen Entwicklung und der besseren Erkenntnis der Parteigenossen ergeben, unter- worfen. DaS Parteiprogramm soll zwar für jeden Genossen heilig und bindend sein, eS fordert aber insofern keine blinde Unterwürfigkeit, daß dadurch jede Kritik an demselben niistatthaft ist. Der wissenschaftliche Streu in der Partei, wie er durch die Anschauungen des Genossen Bernstein   veranlaßt wurde, kann des- halb auch für die Partei nicht nachteilig sein. Wenn nun auch eine allgemeine Revision des Programms im Sinne der Bern  - steinscheu Anschauungen zur Zeit nicht ftir spruchreif zu erachten ist und die Richtigkeit der letzteren an vielen Stellen bezweifelt werden kann, so ist aber doch nianches Wahre darin enthalten, was die Parteigenossen zum Nachdenken veranlassen muß, und ist deshalb exaktes, vorurteilsfreies Prüfen überall zu empfehlen. Die Versammlung ist der Meinung, daß dieser wissenschaftliche Meinungsaustausch nicht durch Majoritätsbeschlüsse, sei es in zu- stimmendem oder ablehnendem Sinne, beigelegt werden kann, eS ist vielmehr dafür Sorge zu tragen, daß diese Auseinandersetzungen vorerst fortgeführt und pro und kontra in populärer Weite den Parteigenossen durch die Parteipresse und in Versammlungen zu- gänglich gemacht werden." In einer Parteiversammlunq der Wahlkreise Beuthen-Tar- n o w i tz und K a t t o w i tz- Z a b r z e, die am 17. d. M. in Bielschowitz   bei Zabrze   abgehalten wurde, sprach Genosse Winter aus Benthe» über den Parteitag. Unter Zustimmung der Versamm- lung betonte er, daß weder die wissenschaftlichen Grundlagen unserer Bewegung in wichtigen Punkten verbesserungsbedürftig seien, noch ein Anlaß vorliege, unsere praktische Politik nach den Vorschlägen gewisser Opportunisten in der Partei zu ändern. Zwar könne und tollte der Parteitag keine Beschlüsse über den Wert und die Geltung gewisser theoretischer Sätze des SocialismnS fassen, die neuerdings von Parteigenossen angefochten worden seien; umso klarer aber müsse er zu der opportunistischen Taktik Stellung nehmen, die der Partei von in- und ausländische» Genossen vorgeschlagen worden sei. Auf der KreiSkonferenz für den Wahlkreis Reich j. L. am Sonntag wurde ein allgemeiner erfreulicher Fortschritt der Partei im ganzen Fürstentum konstatiert. Nicht bloß sind bei den Land- tags-Wahlen die Stimmenzahlen wesentlich gestiegen und neue Mandate erobert tvorden, auch in den Gemeindeverwaltungen nimmt die Partei eine achtunggebietende Stellung ein. Bei der letzten Gemeinderatsiuahl wurden in der Stadt Gera  S Mandate gewonnen. Die Durchschnirts-Stimmenzahl ist hier von 1250 im Jahre 1895 auf 2011 im Jahre 1398 gestiegen. Die Gegner erhielten 1398 im Durchschnitt 2044 Stimmen. Aehnlich günstig liegen die Verhältnisse in den Vororten. In Debschwitz  sind sämtliche Gemeinderats-Mandate in den Händen der Partei. In Unterm haus sitzen unter Gemeinderäten 9 Parteigenossen. In Pforten wurden bei der letzten Wahl nur Soeialdeniokraten gewählt, in Zwötzen 4, in Langenberg in den letzten drei Jahren 12. Auch in L e u m n i tz, Tinz, Frankesnthal, Dürre nebersdorf und Rubitz  sitzen eine Anzahl Parteigenossen in den Gemeinderäten. Die Einnahmen des Kreises beliefen sich im letzten Jahre auf 4088 M. und die Ausgaben auf 3387 M. DaS Parteiblatt Reußische Tribüne" hatte eine Einnahme von 36 930 M. und eine Ausgabe von 35 687 M. Strafen erntete sie nur drei: Geldstrafen von zusaminen 215 M. Beschwerden über Redaktion und Expedition sind bei der Preßkommission nicht eingegangen. Zum Parteitag in Hannover   wurde Genosse W. Leven als Delegierter gewählt. Der Parteitag beschloß, noch einen weiblichen Delegierten zu entsenden, da sich die socialdemokratischen Frauen Geras erboten haben, die Mittel für die Delegation aufzubringen. Seitens der Frauen wurde Frau Jhrer-Berlm als Delegierte in ") Damit ist die Notiz richtig gestellt, daß Genosse Keil die Frage des Mittelland-Kauals auf dem Parteitage beraten zu sehen wünschte. Er meint nur, daß gelegentlich der Behandlung der VerkehrSpolitik auch die Kanalangelegenheit mit behandelt werden kann.