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Beschäftigung. Mein Nedacteur interessierte sich für die Sache. Ich riet ihm, sie an Disselhof zu empfehlen. Sie malt dort in der Fabrik und ist mit der Bezahlung nicht sehr zu­frieden.* V.

Seit der Rückkehr vom Gute war Johannas Leben in wachsenden Sorgen und doch wieder einförmig verflossen.

Sie theilte mit der Mutter seit der Kindheit die Gewohn­heit, den künftigen Lieutenant als das einzige wichtige Glied der Familie zu betrachten, und weigerte sich nicht, ihm jedes Opfer zu bringen.

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Achint war das Um und Auf im Hause. Die Kriegs­rätin war nur glücklich, wenn der Sohn über einen lustigen, mit den Kameraden verkneipten Abend berichtete so nach dem Ersten herum sie war nur traurig, wenn in der zweiten Hälfte des Monats die schüchtern tlagenden Briefe über Geldnot eintrafen.

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" Du mußt mir mit einer Kleinigkeit aushelfen, Johanna. Du hast doch noch etwas Geld übrig?"

Niemals hatte Johanna von der Pension auch nur einen Pfennig Taschengeld bekommen. Was die Zuschüsse an Achint davon übrig ließen, das hütete die Kriegsrätin ängstlich, um die Miete und einen Teil der Wirtschaft zu bezahlen. Jede außerordentliche Ausgabe mußte Johanna bestreiten. Sie brachte es fertig, der schwächlichen Mutter auch noch dann und wann ein Stückchen Fleisch, ja sogar eine halbe Flasche Wein nach Hause zu bringen. Sie hatte an Mutters Geburtstag einen Veilchenstrauß und einen Teller mit Erdbeeren auf den Tisch gestellt und hatte nur schmerzlich gelächelt, als die Mutter statt allen Dantes nur sagte: lindy

Du scheinst ja noch etwas Geld zu haben, Johanna? Du hättest es Achim schicken sollett." of mondia

( Fortsetzung folgt.)

Sound Mind( Fortsetzung folgt.)

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Sonntagsplandevei.

Wenn die verwitwete Kriegsrätin den Hausbedarf auf das bescheidenste Maß herabsetzte, wenn sie unter ihren Kleidern und Schmucksachen Umschau hielt, uni da und dort durch den Verkauf eines entbehrlichen Stücks Achims Ansprüche zu be­friedigen, so wurde Johanna nicht müde, der drängenden Not durch tapfere Thätigkeit entgegenzuwirken. Sie schämite fich ihrer Arbeit nicht; von Kind auf hatte sie nichts andres gekannt, als ein fümmerliches Hinfristen unter dem äußeren Schein eines fomfortablen großstädtischen Lebens. Und auch in den guten Stuben befreundeter Offiziers- und Beamtenfamilien hatte sie die geschminkte Not oft genug auf den Plüschsofas lauernd sizen sehen. o hon dibis md Was Johanna durch ihren Fleiß so gern verbannt hätte, war nicht die Armut, nur die Lüge und das Häßliche des ge- nd on dn potag heuchelten Wohlstands. Sie klagte nicht, als sofort nach Achims Abreise die Magd entlassen wurde und die beiden Frauen sich auch nach der Rückkehr vom Lande selbst bedienen mußten; aber sie errötete jedesmal, wenn es flingelte, und die Ab­wesenheit des Dienstpersonals von der Mutter durch einen Nun hat der Alte doch unsre Prophezeiung zu Schanden gemacht ,. angeblichen Zufall entschuldigt wurde. Sie begnügte sich gern oft unter uns gefagt, daß wir den melancholischen Scherz schließ daß er uns jüngere Kollegen alle überleben würde. Wir hatten das mit der dünnen Milch und dem Schwarzbrot zum Frühstück, lich als buchstäbliche Wahrheit empfanden. Wir konnten unfern Aften auch mit dem Reis zum Mittagessen. Es war aber unerträglich, gar nicht mehr hinweg denten; es schien uns völlig wider die Natur, daß die Mutter mit ihren alten Freundinnen, die zu Gaste Saß diese ungebrochene Kraft einmal enden könnte. Während wir famen, nach wie vor über den Schlächter klagte und sich Jüngeren durch Widerivärtigkeiten, wie sie das politische Berufsleben über den Marktgroschen der Köchin aufregte. Und die alten unvermeidlich mit fich bringt, nur gar zu leicht uns bis ins Innerste  Freundinnen, die in ihren verschossenen altmodischen Seiden- aufwühlen ließen und wohl mit müdem Verzicht den Goetheschen mänteln im kahler und kahler gewordenen Salon auf das Lieblingsversen des großen und unglücklichen Pestalozzi, dem Nacht­Anbieten eines Apfels oder eines Kuchenstücks vergeblich lied des Wandrers, sehnsüchtig nachsannen: warteten, fahen just auch nicht aus, als ob ihr täglicher Braten, über dessen Zubereitung sie ernstlich streiten konnten, duftendeshe Wirklichkeit wäre. Johanma wußte, daß sie ein Theater oder Konzert fast niemals besuchen konnte, außer wenn alle Jahre einmal der Zufall ihr ein verwehtes Freibillet zubrachte. Doch blieb es ihr immer noch mehr peinlich als rührend komisch, wenn die Mantelgestelle, denen es ja auch nicht besser ging, über jedes neue Theaterstück eifrig zu Gericht faßen und sich niemals darüber zu wundern hienen, daß sie einander noch nie bei einer ersten Aufführung begegnet

waren. D

Noch Herber empfand sie die Gleichgültigkeit, mit welcher die Kriegsrätin allmählich alles behandelte, was nicht ihren Achim   betraf. Die Verarmung und der Tod des Onkel Majors hatte auch diese böse Folge gehabt. Kein Brief aus der weiten Welt wurde mehr beantwortet, um Papier und Porto zu sparen," nur nach Graudenz   ging allwöchentlich ein zärtliches mütterliches Schreiben ab, und oft hieß es: sillen

Johanna, Du mußt zwei Freimarken kaufen. Der Brief ist doppelt geworden. Du hast gewiß noch Geld?" in Und an jedem Ersten wurde von der Pension ein Schein bon fünfzig oder gar hundert Mark eingefaltet.

,, Eingeschrieben, Johanna. Du hast doch noch Geld?" Tagsüber, wenn die Kriegsrätin in allen Kommoden und auf allen Brettern ordnend nach Verkäuflichem spähte, ging sie in einem unmöglichen Schlafrock umher, und immer erst, wenn ein Besuch sich steif und förmlich auf einem der grünen Stühle niedergelassen hatte, zog sie schonungsvoll das zehn­mal gerissene und zehnmal wieder geflickte, schwarze seidene Kleid an.

Der Dit von dem Himmel bist, ed es Alles Leid und Schmerzen stillst, od Den, der doppelt elend ist. Doppelt mit Entzückung füllst, Ach, ich bin des Treibens müde! Was soll all' der Schmerz und Luft! Komm', ach komm' in meine Brust!- Süßer Friede,

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während wir uns dergestalt durch böse Stimmungen beherrschen und entkräften ließen, ging unser Alter aus jedem neuen Sturm wie aus einem Verjüngungsbad hervor, frischer und lebenstapferer denn zuvor. Diese unverwüstliche Kraft des Ueberwindens, des Unter­sich- 3wingens, die dem ältesten von uns eigen war, erfüllte uns immer wieder mit bewunderndem Staunen. Darum auch unser Glauben, daß, wenn wir längst am Leben aufgerieben sein würden, der Alte immer noch aufrecht ragen würde, hoffnungsstart aller Wijere trogend.

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Aber auch der Tod hat das Wesen Wilhelm Liebknechts wohl gefannt. Darum ließ er sich nicht erst auf Unterhandeln und leber­reden ein dann hätte er niemals fein Ziel erreicht. Imr Schlummer überfiel er ihn mit faufter Gewalt und führte den vom Schlafe gebändigten Willenlofen von dannen. Unser Alter iſt eigentlich hinter seinem Rüden gestorben, er selbst trug wahrlich nicht die Schuld, daß unser Glaube auch an seine physische Unsterb­lichkeit zerschlagen worden ist...

Das Zimmerdhen, das er in unfrer Redaktion zur eignen Ver­fügung hatte, ist verwaist. Im künftigen Winter wird man es pietätlos heizen, anstatt ihm die Eisscranttühle zu lassen, in der sich der abgehärtete Rede allein wohl fühlte. Kein Blatt Papier   wird aus diesem Raume mehr kommen, das beschrieben war mit der großen flaren Schrift des Alten, deren Lesbarkeit er nur durch trans verrankte Einschiebsel beeinträchtigte. Wir werden nicht mehr Johanna verstand es, in dieser zerbröckelnden Wirtschaft mehr bei uns mit der Frage eintreten, was denn Neues los jei und mit ihm über die politischen Fragen diskutieren, er wird nicht ihre kleine Mädchen habe sauber beisammen zu halten. Schon was wir für einen Leitartikel hätten. Er wird sich nicht mehr des dreimal hatte sie der Mutter den eignen Granatschmuck ab- Abends mit freundlichem Händedruck verabschieden, am Arm das gekauft, um ihn nicht ins Leihamt wandern zu lassen. Und funstvoll getvidelte Palet voll Zeitungen. Wir können auch nicht wenn die Kriegsrätin mit lüsternen Augen Johannas Bibliothek mehr über die mancherlei Sonderbarkeiten lästern", die dieser musterte, die beim Antiquar einige Thaler wert gewesen wäre, großen vielspältigen Natur anhafteten und den mächtigen Stämpfer so taufte Johanna ein teures fachwissenschaftliches Werk für zu liebenswürdiger Menschlichkeit milderten. Wenn unsre Arbeit Achim und behielt ihre Bücher. Stillschweigend abgemacht war es, daß jedesmal ein Paar weiße Wiilitärhandschuhe nach Graudenz   abgingen, so oft Johanna für sich selbst in den Handschuhladen gehen mußte. Du hast doch etwas Geld. Johanna?

raftet, wird die Sehnsucht anfzucken, der Alte möchte in die Thüre treten und uns fragen, was es Neues gebe.

In Wilhelm Liebknecht   ist vielleicht der letzte große Publizist des alten Schlages gestorben aus jener Epoche, da die Zeitung nichts weiter war, als ein umfangreicheres, regelmäßig erscheinendes Flugblatt, da die Tagesfragen nur den Vorwand bildeten zu