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Käthe eine Freude machen, aber so lange auch die Droschke von der Dichtkunst gesagt, aus der Entbehrung, aus der Einsamkeit durch die Nacht im Zickzack untherfuhr, kein Laden war mehr stamme fie, aus der Thräne quelle sie, die Sehnsucht sei ihre erleuchtet.
Richard sah sich lange vergeblich nach einem Boten um. Da kam ein Arbeitsmann des Wegs, der brummute etwas wie: Ich bin kein Dienstmann!" in den Bart, als Richard ihn anrief.
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Mutter, der Schmerz ihr Vater; nun denn, auf keinen andern part Da stieg Richard am Potsdamer Thor wieder aus und dieses Wort so wie auf den unglücklichen Nikolaus Lenau , kaufte einer Budenbesitzerin, die eben jammernd den Weihnachts liegen ficht, und der die Mefancholie feinen treuesten Begleiter durch der auf dem Antlitz der Natur einen großen, ew'gen Schmerz" markt beschließen wollte, ihren halben Kram ab, lauter un- das Leben nennt. Schon sein Aenßeres tündet dem Menschenkenner nüßes, elendes Kinderspielzeug. Frau Käthe wird herzlich an, daß er hier eine eigenartige, hervorragende Persönlichkeit vor lachen; noch ist das Kind nicht da, aber es wird bald erwartet, fich habe; Lenaus Gestalt war furz und stämmig, sein Gang fast und Frau Käthe wird den Scherz nicht übelnehmen. Vorträge und das Haupt nach unten gebeugt, als ob er etwas auf der Läufig ist ja schon das alte Weib über das Goldstück so Erde suche. Jedoch dieses Haupt hatte eine edle Form, die hohe weiße Stirn war breit, von nicht zu reichem braunen Haar glatt glücklich. umgeben; auf ihr konnte fich in erregten Momenten die Roruaber plöglich herabschlängeln, meistens jedoch formte fich, wenn er irgend einen Gedanken von tieferer Anschauung. von inten fiver Bedeutung aussprechen wollte, zwischen den zusammen gezogenen Brotten cine Falte, die er anch Faust" bei der Beschreibung des Mephistopheles verewigt hat. Sein Auge war braun und groß, bald voll geheimnis voller Glut, bald wieder ruhte es schwer und weich auf dem, mit dem er über wichtige Fragen des Lebens und der Kunst sprach. Der etwas breite, mehr sinnlich als edel geformte Mund und die bräunlichen Wangen waren vom Bart überschattet, während das Kinn ſtets glatt wie Sammet" fein mußte. Die fast schroff sich abſenkende Naje ließ im ganzen den magyarischen Typus erkennen. Lenait war im allgemeinen schweigsamer Natur; nur wenn ein Thema angeregt wurde, das ihn besonders interessierte, fonnte er anhaltend reden und fleidete dann seine mächtigen Gedanken in höchst frappante, originelle Bilder. Von dem Dichter, Arzt und Geisterscher Justinus Sterner erzählte er selbst folgende luftige Geschichte:
Da er aber ärgerlich hinzufügte, der Mann könne einen Thaler verdienen und dadurch überdies zivci Menschen eine Kleine Weihnachtsfrende machen, da sagte der Arbeiter mit trokiger Stimmie:
Geben Sie her! Ich bin ja nur ein armer Mann, der sonst nicht so leicht einen Thaler verdient. Das ist ja all Unfium!"
Richard übergab ihm den großen Pack für die Großgörschenstraße, aber er hatte noch einen zweiten Auftrag für die Alvenslebenstraße. Heimlich, rasch, als wollte er sich's selber nicht gestehen, nahm Richard dem müde auf und ab hinkenden alten Blumenhändler den ganzen Rest von Veilchen sträußen ab, füllte sie in eine große Papierdute und schickte das Ganze wieder ohne Karte au Johanna.
„ Als ich nach Württemberg fant, fuhr ich nach Weinsberg , um Justinus Kerner kennen zu lernen. Ein Diener wies mich eine Treppe hoch in die Wohnung des Doktors. Ich trat in eine Stube, Johannas liebste und lohnendste Arbeit war immer noch sie war leer; ich wartete eine Weile, da mir aber niemand entgegen das Bemalen der Tonfigürchen in Disselhofs Fabrik. Der tam, öffnete ich die Thür der zweiten Stube, auch dieie war leer, Meister selbst war jetzt nicht mehr so sentimental wie während in der dritten endlich eingetreten, fab ich ein wunderliches Bild: der Zeit, da er von dem Lande der Sehnsucht sprach und an Auf dem Boden ausgestreckt lag lang und breit ein Mann, ihm zur seinem Bilde malte; er verlegte sogar ihre Gewohnheiten oft Seite eine Frau, zur Linken und Rechten von ihnen Kinder. Sie durch greuliche Redensarten über die Kunst und über die Tagen beweglich, doch konnte ich merken, daß sie lebten. Künstler. Doch es war nicht so böse gemeint, und Johanna Ich blieb betroffen stehn, die liegende Gruppe that ebenfalls hatte zu viel Verehrung für seinen Namen, um sich nicht in nichts dergleichen, als ob ein Fremder eingetreten wäre. Ich nannte endlich meinen Namen. Ah, willkommen lieber Niembjch! Wir diese Dinge zu fügen. probieren da eben, wie es sein wird, wenn wir so neben einander im Grabe liegen werden."
In heiterer Laune teilte er ein andermal mit:
Ihr häusliches Leben hatte sich in den letzten Wochen doch ein wenig verändert. Immer noch hielt die verwitwete Kriegsrätin auf ihre Würde, ihr altes Seidenkleid und ihre Aus Amerika zurückgekehrt und nach Stuttgart gekommen, bes rätselhafte Mantelreliquie, aber vor dem Weihnachtsfeste merkte ich, daß die Familie Schwab mich mit einer gewissen fcbenen häuften sich ihre Bedürfnisse für Achim so sehr, daß sie zurückhaltung behandle; es erging mir an demselben Tage noch bei Johannas Erwerbsthätigkeit auch unter ihren Augen duldete. mehreren Freunden so. Ich kehrte zu Schwab zurüd, um mir ErDie alte Dame suchte selbst in den Anzeigen der Blätter, die lärung zu verschaffen. Da erzählte er mir lachend: Kerner habe acht Tage vor meiner Ankunft nach Stuttgart einen sehr be ihr veraltet zukamen, Beschäftigung für Achims Schwester trübten Brief geschrieben, wie mich ein besondres Unglück in aus. Für Unterricht im Französischen und Englischen und im den Urwäldern betroffen habe. Eine Aeffin hatte Neigung zu mir Klavierspiel sollte sie sich anbieten. Die Erziehung hatte ja gefaßt, worüber ich ganz wahnsinnig entzückt geworden sei, und die schweres Geld gekostet. Bei allem Eifer fonnte sie jedoch habe in ihrer Zärtlichkeit dem armen Lenau die Nase abgebiffen. nur wenige Stunden der Woche mit solcher Thätigkeit aus- Denkt Euch das Unglück!" Als die Freunde mich mit unversehrter füllen. In der Fabrik blieb sie jetzt, seitdem die Mutter davon Naje wiederfahen, tant ihnen die humoristische Mitteilung zu ihrer wiffen durfte, bis zum Dunkelwerden; aber es wurde großen Freude freilich als unrichtig vor, aber fie trauten aufangs so entsetzlich früh dunkel. Sie mußte sehr fleißig sein, um doch nicht recht, ob es mit der äffischen Liebschaft nicht doch seine Richtigkeit habe." in diesen kurzen Tagen nicht zu wenig einzunehmen. Sie verbrachte die meisten Abendstunden mit Abschreiben alles dessen, was ihr von dichtenden Dilettanten ins Haus geschickt wurde.
Ihre einzige Erholung, ihre einzige Freude waren die Besuche, die sie täglich ein halbes Stündchen vor der Arbeit und ein paar Minuten vor dem Nachhausegehen bei Frau Käthe machte. Sie hatte nicht allein Bodes Geheimnis zu wahren, sondern auch ein wenig darüber zu wachen, daß sonst niemand die gute, kleine Frau betrübte.
Käthe war in der seltsamsten Stimmung; sie genoß ihr nahes Mutterglück mit drolligent Stolze im voraus und sprach mit der jungen Freundin täglich von der Zukunft des jungen Mädchens. Ein Mädchen mußte es werden, weil Bode es so wünschte. Und vor Glück über ihr Kind und ihren Mann weinte sie sich vergnügt von einem Schlaf in den andern und fühlte so die Einsamkeit nicht allzu arg.
( Fortsetzung folgt.)
( Nachdruck verboten.)
Aus Nikolaus Lenaus Leben. Bon Mar Kempner Hochstädt.
Am 22 August sind fünfzig Jahre verflossen, seitdem Nikolaus Niembsch Edler von Strehlenau, genannt Nikolaus Lenan, zu Döbling bei Wien , auf immer von uns geschieden ist. Man hat
Bei seinen luftigen Geschichten war es oft eigentümlich, daß der wahnsinn darin eine Rolle spielte. Der Gedanke, wahnsinnig zu werden, trat ihm oft nahe, im Leben wie in seinen Liedern. So hatte er eines Tages mit Dr. Görgen, seinem späteren Zrrenarzt, nach dem Stahlenberge bei Wien einen Ausflug unternommen, und diefer hielt vor seiner Irrenanstalt in Döbling , wo Lenau später endete, an, um einige Anordnungen zu treffen, und bat den Freund einzutreten.
" Nein, nein!" sagte Lenau lachend, aber nicht ohne Aengstlich teit, ich warte im Wagen; da find Narren drin! Das ist gefährlich, man fönnte selbst ein solcher Narr werden."
Einen Feldwebel aus Laibach, der in seinen Mußestunden sehr hübsche Gedichte machte und ihn 1840 in Wien aufsuchte, fragte Lenau verwundert:
Sind denn in Krain die Musen unter die Soldaten geraten?" Lachend entgegnete jener:" Bielleicht etliche Soldaten unter die Musen." Als aber der junge Strieger bei einer späteren Gelegenheit von der Ungunſt ſeiner Berhältnisse sprach, da tröstete ihn Lenau mit den Worten:
" Machen Sie sich nichts daraus! Die Fortuna müssen Sie beim Schopf packen, meines Wissens trägt sie feine Berrücke. Wenn fie Ihnen auch ausreißt, jie läßt Ihnen doch ein Büschel Haare in der Hand."
Nicht allzufehr getröstet, erzählte ihm num der andre, daß er einem Vorgesetzten habe geloben müssen, nicht mehr zu dichten, und daß man beim Militärstand als Poet leicht Gefahr laufe, ein Narr gescholten zu werden. Da aber luchte Lenau laut auf.
" st's möglich, geloben mußten Sie, nicht mehr zu dichten? Ich ließe den Borgesetzten geloben, nicht mehr zu erzerzieren. UeberHaupt aus dem Narren müssen Sie sich nichts machen, die Leute