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Wieder saß er still zwischen den ungleichen Nachbarinnen ein Freiheitsheer gerüstet und gegen Often Trotz bieten! Wer die und hörte aufmerksam zu, wie der künftige Direktor und Freiheit als Ausnahmebesitz der Deutschen , wer sie nicht als Gemein­Fräulein Szekal von Geldsachen sprachen. Ungeheure Summen aut aller Völker will, der ist kein echter Freund von ihr. Ver­brüderung mit Franzosen, Polen , Italienern, gemeinsamer Krieg wurden genannt. gegen alle Unterdrücker, das ist not!"

Meine Freunde wären wohl im stande, die ganze Viertel­million für unser Theater zu deponieren, wenn ich ihnen die Persönlichkeit des leitenden Direktors mit gutem Gewissen empfehlen könnte."

Das war die tolle, herrliche, thörichte, rauschende Frühlingszeit, da die freien Geister und die tapferen Herzen ihr Siegesfest feierten, voll ungemeffener Hoffnungen und ausschweifender Träume, da die Begeisterung durch ihre eigene Kraft eine Weltwende zu schaffen Sagen Sie dem Prinzen," erwiderte Lopinsky und strich wähnte, eine wundergläubige Tischlein- deck- dich- und Efel- streck- dich­sich, überlegen lächelnd, den Stallmeisterschnurrbart mit Stimmung.. Dann fuhr freilich der Knüppel aus dem Sad, feinen, langen Fingern, erst nach rechts, dann nach links, und die wund geprügelten Völker fiechten und wurden müde. fagen Sie dem Prinzen, daß ich mehr mitbringe, als irgend

ein anderer Bewerber aufweisen könnte."

Was haben Sie aufzuweisen?" fragte die Szefal weiter, jekt plötzlich ohne jeden Pathos, mit dem Ton eines flugen Handelsmannes. Sogar ihre Augen wurden dabei kleiner und lauernder.

Das weiß die ganze Welt," antwortete Lopinsky, während er feine Augen wie müde halb zufallen ließ. Ich habe be­kanntlich Glück."

Mascha bengte sich über Lovinskys Rücken herüber. Fräulein Szefal folle sich durch die Schüchternheit des Dichters nicht irre machen lassen. Hans Bohrmann habe die Zukunft für sich. Er nenne die Szekal nie anders, als die göttliche Afra. Er brenne darauf, in feinem Stück die Königin von Saba durch die göttliche Afra kreiert zu sehen. waist in " Ein Autor?" fragte Lopinsty mit trauriger Verwunderung. ,, Warum ist er mir nicht vorgestellt?"

und die Goldenen erholten sich von dem tödlichen Schlag des Es ist anders gekommen, als Varnhagen glaubte. Die Schwarzen

18. März, fie erstarkten gewaltig und heute scheinen sie mächtiger denn im Vormärz . Nur die Roten stehen noch trotzig auf der Wachi und schirmen das heilige Feuer des Völkerfrühlings, das Ziel noch höher, weit höher gespannt als Anno 1848, und ihre Begeisterung wird nicht gemindert durch die Erkenntnis, daß nicht im Rausch fondern durch mühevolle Arbeit, tausendfältig gehäufte Opfer und rubig wägende Erkenntnis die neue Welt Stein auf Stein erbaut

werde.

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Und dennoch ergreift uns die Sehnsucht nach der wilden Lenz begeisterung und dem ungeprüften Frühlingswahn jener fast schon verschollenen Zeit. Völker müssen auf das große Wunderbare hoffen, wenn sie nicht in der Alltagsöde verschmachten sollen. Im Lichtlosen erblindet die Menschheit für den sprühenden Lichtglanz des Lebens, wie die Molche in den unterirdischen Grotten die Augen verlieren. Das Einerlei unfres politischen Daseins ermattet, wir verkommen in dem schleichenden Elend, wir verlernen den Mut und die Kraft des großen Begehrens und der unbändigen Hoffnung, wir verkümmern in dem ewig gleichen Gader um fleine Baragraphen, schmutzige Geschäfts­Bohrmann hatte Angst, Fräulein Szekal würde nach interessen und winzige Fortschritte. Es fehlt uns der Drang zum irgend einer ihrer berühmten Rollen fragen. Er hatte unmöglichen, wir sterben vor lauter Berständigkeit, wir schämen uns, fie nie spielen sehen, ihren Namen nie gehört. Sie als Schwärmer und Taugenichtse die Sterne vom Himmel zu holen. aber schien das nicht für möglich zu halten, sie richtete Aus den Altenbündeln der Bureaukratenstuben und dem Dunft der. ihre Augen groß auf ihn und fragte mit einem neubelebten Stafernen weht uns, sparsam zugemessen, polizeilich tonzessionierte tragischen R: Lebensluft, und wir zerreiben unsre beste Straft im müd abwehrenden ,, Natürlich doch die Hauptrolle? Ich lasse es seit Dulden des Unerträglichen. Immer langsam voran! Und die Toten darauf einiger Zeit in jeden meiner Kontrakte aufnehmen, daß ich im Friedrichshain müssen noch heute nach 53 Jahren nur tragende Rollen zu spielen brauche. Man vergiebt sich warten, daß über ihren Gräbern sich ein Wahrzeichen der Freiheit fonst zu viel. Meine Freunde sind geschäftskundig genug, Einst sang man das hohe Lied der Menschenverbrüderung: um die Kontrakte für mich zu machen. In Berlin kennt diesen Kuß der ganzen Welt! Heute tönt die Weise Krupps: Diese man mich noch nicht genug. Im Wiener Burg- Theater Kanonen der ganzen Welt. Wir kennen und dulden nur eine Inters konnte ich ja doch nicht bleiben, der Wolter wegen. Ich ver- nationaltät, die der Vernichtung und Vergewaltigung. Noch immer ehre die Wolter, aber ich verehre sie wie eine Mutter. Das reden die Staatsmänner jammervolle Metternichtigkeiten und pres ist ein Bonmot von mir, das die Fürstin Metternich zu bigen mit minderer Begabung vormärzliche Weisheit. Noch immer dem ihrigen gemacht hat. Die gute Fürstin war es, die mir bedarf der freie Gedante der behördlichen Erlaubnis; links den Schutzmann und rechts den Kaplan, hinter sich den Staatsanwalt den Namen die göttliche Afra zuerst beigelegt hat. Der und vor sich den Kerkermeister, trottet er in vorgeschriebenem Gang. Erzherzog... flatschte vor Frende in die Hände, als sie noch immer herrscht das demütige Unterthanentum und die nur diesen Einfall hatte, und rief: Sie sprechen mir aus der formell gelöste Leibeigenschaft. Wir ersterben vor Thron und Altar Scele, Zürstin Paulin'! Sie würden überhaupt staunen, in heuchlerischer Demut, und Kriegervereine, Landräte, Pastoren und lieber Doktor, wie wenig von der spanischen Hofetikette in Unteroffiziere fommandieren die Weltanschauung. Der Märzensame der Wiener Hofburg zu finden ist. Alle Welt plauscht da ist verweht, der Titatentrop ist uns fremd, wir sind Krämer ge Wienerisch." und dies mitten in einer ungeheuren märchenhaften Ent­faltung wirtschaftlicher Kräfte. Die Bolitit ist um ein halbes Jahr­tausend hinter der Entwicklung zurüdgeblieben.

Die Szekal gab einige Anekdoten in Wiener Mundart zum besten. Bohrmann staunte über die Geschicklichkeit und war geneigt, diese göttliche Afra für eine große Künstlerin zu halten; jedenfalls würde sie als Königin von Saba herrlich aussehen. Mascha war doch treulich für ihn thätig.

Eben beugte sich Mascha wieder herüber, nur daß sie dabei überflüssigerweise ihre Feenhand auf Lopinstys Schultern legte.

Unser Hans Bohrmann wird die nächste Saison be herrschen. Er hat noch ein zweites Stück fertig, lauter Pracht

rollen."

( Fortsetzung folgt.)

Sonntagsplandevei.

Auf ein Blatt mit schwarz- rot- goldenem Nande schrieb Barnhagen von Ense , der von den geschichtsforschenden Händlern der königlich preußischen Historie wegen seiner tapferen Wahrheitsliebe viel Ber leumdete, am 25. März 1848: Diese Farben, vor furzem noch streng verboten, verfolgt und geschmäht, Zeichen des Aufruhrs, noch zulegt auf den Barrikaden des 18. März, trägt jezt ganz Berlin , der König Friedrich Wilhelm der Vierte, sein Hofstaat, das Königsheer, ganz Breußen, ganz Deutschland Doch wird der eine große Tag eine Lange und tiefe Nachwirkung haben, die Freiheitsschule für die Deutschen ist eröffnet worden, und ehe sie wieder geschlossen wird, tönnen sie viel lernen für die Zukunft. Einstweilen geht es mit frischem Winde fröhlich vorwärts. Die Schiffenden denken nicht an Scheitern, doch ist das Meer voll Klippen. Sähen wir nur erst

erhebt.

worden

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Allmählich gehen die Männer davon, die selbst noch Zeugen des Frühlingsjahrs geworden. Henter vermag auch unser Liebknecht nicht mehr die Märzfeuer zu entzünden. Bald werden wir uns nur noch aus verstaubten Büchern und toten Aktenstücken die Zeit des hoffnungs­starken Idealismus auferstehen lassen. Um so dringender wird unfre Aufgabe, das Vermächtnis des 18. März treulich zu hüten. An ihm foll uns der Sinn für große Gedanken und weitgespannte Pläne erstarten, denen heute mehr vielleicht denn früher von unsrer den Mut zur weltenstürzenden und weltenbanenden Vernunft bewahren, lähmenden Bielbetriebsamkeit schwere Gefahr droht. Wir müssen Stürmer zu sein und Dränger, ist der Menschen erhabenster Beruf, und das fatte Genügen am Kleinlichen und Niedrigen ist die unfühnbare Todsünde der Völker. Die stolze Begeisterung und die ungebengte Schaffenslust darf uns nie verlassen, daß es unsre Aufgabe ist, die Erde nach unsrer freien Einsicht zu gestalten, ob uns auch die 500 000 Teufel der Erfahrung" und" nüchternen Ueberlegung" anzischen, wir sollten den Ueberschwang unsrer Hoff mungen zu dem sanften Trott des Erreichbaren zähmen. Niemals ist in der Welt etwas Großes geworden, das nicht aus der glühenden Ueberzeugung erwachsen, daß es nichts Uns erreichbares gebe. Im Mut der Ferne wächst das Unerhörte zum wirklichen Leben. Politit treiben heißt weltgeschichtlich gesprochen das Unmögliche zu ermöglichen. Laßt die zünftigen Diplomaten, die enghirnigen Klugmeier und philiströsen Warner nach Daumenbreiten messen, die Siegnaturen messen nach Sternen­weiten.

"

So tönt mahnend und treibend die Märzpredigt der Helden, die im Friedrichshain der endlichen Erlösung harren. Es ist kein leerer Kult der Vergangenheit, die Märzfeier entflammt die Zukunft, und sie wird erst dann der historischen Vergänglichkeit anheimfallen, wenn sie von dem Maifest des Völkerfrühlings abgelöst sein wird..

Joc.