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Meister, der in seinem Zwergbetrieb selbständig Erzeugnisse für eigne Rechnung herstellt und verkauft. Aber nur eine Weile beharrt dabei die Herstellungsweise der Waren, dann geht sie über zur Massen= produktion, die wiederum eine Folge des beginnenden Handels nach auswärtigen größeren Plätzen ist und die Fabrikproduktion hervorruft.
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Sie scheinen sich auf dem nicht ganz guten Wege der Besserung befinden."
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Wenn Sie Hundert Personen neben einander stellen, werden Sie kaum eine finden, die sich gleich sieht."
" Jezt sind wir dort angelangt, wo der Suff hervorbricht und sich in schlechter Gesellschaft in seiner eignen Gruppe darstellt." " Die verspätete Konkurseröffnung, das ist der rote Faden auf dem weißen Leintuche des Angeklagten."
" Dieser Umstand ist ein einschichtiger Halm auf dem Stoppelfelde der Anklage."
In Lübben und Lübbenau im Spreewald besteht solche Produktion. Sie liefert ihre Erzeugnisse nach Berlin , und von hier aus gelangen fie durch ganz Deutschland und ins Ausland. Die Lübbener Handwerker Drechsler beschäftigen meist wenige Gesellen. Früher betrieben sie vielfach Pfeifendrechslerei. Unter der Menge der Beweise zerstiebt die Anklage in ein Nichts Im Hause war der Laden, in welchem Pfeifen, Körbe, Bürsten, wie die Molecule des Weltalls." Galanteriewaren 2c. verkauft wurden. Aber bon auswärts Die Verhandlung kommt mir vor wie ein Apfelbaum. drang die billige Konkurrenz ein und vernichtete zugleich Auf einem Zweig figt der Herr Präsident, auf dem zweiten der Herr den Export. So ging die Pfeifendrechslerei zurück. Dasselbe Staatsanwalt und auf dem dritten ich, der Verteidiger. Und nun Schicksal erlitt die Spinnraddrechslerei. Sie war so recht ein ur- frage ich: Wo ist der Schuldbeweis?" sprünglich bäuerlicher Betrieb. Im Winter, wenn die zahlreichen Wasserarme der Spree , die diese bruchige Niederung durchziehen, vereist waren, und die Kähne auf dem Lande lagen, saßen in den Dörfern die Bauern beim Spinuraddrechseln an primitiven Drehbänken. Sam das Frühjahr, so ließ sich beim Händler in der Stadt ein Stück Geld für die Ware erlösen, und der Händler fauste fie weiter durch Deutschland . Aber die Spinnstuben find auf den Bauernhöfen eingegangen sowohl im Spreewald als anderwärts. Damit verschwand auch die Spinnraddrechslerei.
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" Muß denn jeder, der die Gelegenheit dazut hat, stehlen? Sehen wir nicht im Gegenteil, daß raffinierte Diebe oft gar nicht. vorhandene Gelegenheiten auszuüßen verstehen?"
Der Herr Staatsanwalt hat ganz recht; mein Klient ist ein sehr gefährliches Individuum. Wenn jedoch das Wasser unsrer socialen Bustände auf ein solches bad fält, wie ein Stlient iſt, muß hieraus das Mehl des Verbrechens resultieren."
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c. Der Wahlunternehmer".In Paris giebt es einen Die Produktion der Handwerker war auf das Rohmaterial an- Bürger, der offiziell, in den Schriften der Präfektur, den Titel„ Wahl gewiesen, welches der Spreewald bietet: Erlenholz. Kein Holz zur unternehmer" führt, und der also fast ein Beamter ist. Es handelt Fabritation tostbarer Gegenstände, aber doch zur billigen Maffen sich um den Lieferanten des Materials für die Säle der Wahlfabrikation. So begannen denn die Handwerker zu arbeiten, und es abteilungen in Paris , das alle vier Jahre in den gewöhnlichen Verfamen immer neue Artikel auf: Rauchtische, Salonsäulen, Vogel- waltungsformen in Submission gegeben wird. Die Lieferung besteht bauer, Schirmständer, wie Voigt es anschaulich zu schildern weiß. in Tischen, Sigen, Wandtafeln, Scheren, Stecknadeln und ver Die Großhändler in Berlin dehnten das Absatzgebiet immer weiterschiedenen Bureau- Erfordernissen. Jede Wahl lostet der Stadt Paris aus, aber da fie natürlich verdienen wollten, so fiel für den Meister 200 000 Fr. für den ersten Wahlgang und 60 000 Fr. für den in seinem Kleinbetrieb wenig ab. Dabei geriet er in immer größere zweiten. In dieser Summe find mit einbegriffen: die Abhängigkeit vom Händler, ohne den er nichts war, weil er weltMietskosten für besagten Unternehmer, die Entschädigungen entlegen von seinem Absatzgebiet wohnte. Dazu kam, daß er mit für die Stimmzettelzähler in in den Abteilungen und die feinem primitiven Arbeitsgerät nichts ausrichten konnte; and to Centralisation auf der Präfektur. Die Wahlen des Jahres 1898 fo erhob sich denn neben der Werkstube des Kleinmeisters bald die tosteten genan 180 000 Fr., wovon 120 000 Fr. auf die Beamten und leistungsfähige Fabrik, die das Absatzgebiet an sich reißt und es 60 000 Fr. auf das Material tamen. Die Wahlen von 1902 werden beherrscht. Je mehr man spreeabwärts sich der Riesenstadt nähert, desto im ganzen giebt es 342 Abteilungen. etwas mehr fosten, da die Wahlabteilungen um 10 vermehrt find; Die Seinepräfektur hat sich mehr sieht man den ursprünglichen Kleinbetrieb verfümmern. Ent- die Lieferung der Urnen vorbehalten, die vor der Eröffnung der weder der kleine Meister paßt sich den Bedürfnissen des großen Abstimmung angesichts des Publikums, das die Abstimmung überMarktes an, und wenn er Glück hat, wird er selbst ein Großer", wachen darf, von den Abteilungspräsidenten geprüft werden. Eine oder, was meistens der Fall ist, die Produktion der Riesenstadt verzweite Urne wird dem Vorsitzenden jeder Abteilung zur Verfügung drängt ihn mit leichter Mühe. So ifts in den Schifferdörfern nach gestellt, falls infolge von großem Lärm und Störungen die Urne Die arme Schifferbevölkerung, welche im Winter überdies ihrem Erwerb nicht nachgehen kann, sondern froh ist, mit Wald- zerbrochen würde. Aber dieser Fall ist äußerst selten, wenigstens in Baris.arbeiten ein paar Groschen zu verdienen, hat keine großen Bedürf nisse. Einen Teil derselben deckt sie auch auf ihren Fahrten in Berlin selbst. Infolgedessen führt der Dorfhandwerker ein fümmer- Schauspielhaus. Heinrich IV.( erster Teil) bon liches Leben. Immer näher rückt die Riesenstadt. Shakespeare .- Was fümmern einen heute die mittelalterlichen Das Dorf hat sich zum Borort ausgewachsen, die Häuser haben vielfach schon ein städtisches Stämpfe um den englischen Königsthron, was die dabei bewiesenen Die Leute aus dem Hause Tapferkeiten und Verrätereien? Gepräge. An den schönsten Stellen erheben sich Willenbouten fleineren Lancaster und York find uns so gleichgültige Schatten wie und größeren Umfangs. Ueberall wird gebaut, denn die endlosen die Markgrafen, und Kurfürsten, an deren Marmorfront man Häuserreihen Berlins tönnen die Menschenmaffen nicht mehr fassen. beim Bassieren unsrer glorreichen Sieges- Allee vorbein muß. Stündlich hört man die Vorortzüge daherbraufen, die einen schnellen, bequemen und billigen Verkehr mit Berlin vermitteln. Viele Hunderte Kein Faden spinnt sich von ihnen zu irgend einer der großen Ideen, von Arbeitern hasten morgens in der Dämmerung zum Bahnhof Shakespeare , der in seinen Königsdramen von jenen Kämpfen erzählt, von denen unsre Zeit erfüllt ist. Mit völlig andern Augen als und kehren erst spät abends nach gethaner Arbeit wieder heim. Hier nimmt das Handwert die großstädtischen Formen an, denn bei fie. Der loyal- patriotische, aristokratisch monarchische Geist, der in ſehen wir die Geschichte, mit völlig andern Maßstäben werten wir der Einführung von Arbeiten konkurrieren die Großunternehmer ihnen weht, ist Geist, der mit dem unsern nichts zu schaffen hat. Berlins. Die Handvoll Kleinhandwerksmeister jammert und flagt. Was ein Landsmann und Zeitgenosse des Dichters solchen Historien Sie alle führen taum eine bessere Eristenz wie die Arbeiter der Fabrit, aus deren Reihen sie auch meist hervorgegangen sind. Sie nachrühmt, daß sie zur Nacheiferung anspornen, daß ein„ englischer waren arbeitslos und nachdem sie lange genug tagtäglich in die Fürst, wenn er auf der Bühne Heinrich V. oder Eduard III . sähe, wie er Frankreich verheert und einen großen König in feinem Riesenstadt hineingehegt waren, um Arbeit zu suchen ohne sie zu finden, haben sie sich schließlich, mehr aus Verzweiflung selbständig" eigenen Lande gefangen nimmt", von Begeisterung ergriffen werden gemacht, wenn ein paar Hundert Mart ihnen ermöglichten, einen müsse, daß endlich jene Stücke den vorzeitigen Untergang der Laden und eine Werkstatt zu etablieren. Ein bißchen Handel und Empörer, das blühende Glück derer darstellen, die sich tren erweisen Flidarbeit, meist aber die Thätigkeit für die aus der Erde empor- thanen" Geschichte und„ Gehorsam lehren“, scheint ganz gewiß tein und von verräterischen Anschlägen fernhalten", und so die Unterschießenden Bauten nährt sie und ihre Familien, bis die wachsende Vorzug, der sie heute empfehlen könnte. Großstadt auch diese Kleinexistenzen der Vororte zerschlägt.
Denn die Riefenstadt wächst und ihr anders geartetes sociales Treiben zermalmt in seinem Räderwerk alles, was diesem Wachstum im Wege steht.- E. R.
Kleines Feuilleton.
Aus Urteilen und Neden Wiener Richter, Staatsanwalte und Verteidiger stellt ein Landgerichtsrat im Neuen Wiener Tagblatt" einiges zusammen. Hier ein Auszug:
„ Diese Diebstähle atmen alle Zeit und Ruhe." " Durch die Zeugen ist fonstatiert, daß der Angeklagte feinen Maulforb ohne Hund auf der Gaffe laufen ließ."
Mildernd ist auch die Trunkenheit, die in dem Verdifte Geschwornen zum Ausdrude kommt."
der
Theater.
Gestein zu schlagen. Nicht überall gelingt es ihm das tote Gewicht, Aber Shakespeares Kraft vermag Funken auch aus verwittertem den schweren Ballast des Geschichtlichen in seinen Königsdramen zu überwinden. Vieles bleibt fremd und gleichgültig wie
die historischen Thatsachen selbst. Aber wo der Stoff ihm freieren freieren Bewegungsraum gestattet, da regt seire Phantafie ihre mächtigen Schwingen und läßt Gestalten von wunderbar natürlicher Beseelung und typischem Gehalt entstehen, von denen ein Glanz und Schimmer dann auch auf die längst gestorbene, uns völlig entfremdete Geschichte wieder zurückfällt. So vor allem in Richard III . und in den beiden Teilen von Heinrich IV. Der feiste Sir John Falstaff , diese Parodie alles Heldenhaften, der arme Schlucker und pfiffige Gauner, von dem teine Chronit etwas zu melden hat, ist der Atlas, der auf seinen breiten Schülfern das Heinrichsdrama trägt. Der alte König, seine Granden und die grimmen Kämpfe zwischen ihm und den Empörern, all das Ge schichtlich- Vaterländische tritt an lebendigem Interesse hinter dieser einen, nur von des Dichters Gnaden lebenden Figur, dem una