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gereifte Männerchöre, die von der Freiheit und dem Glück dürfnis der Aufklärung, der Verbreitung von Wissen Rechnung zu der Zukunft und den ehernen Kämpfen der Gegenwart fangen, tragen, sind ja die allgemeinen Versammlungen eingerichtet, in denen prächtige turnerische Darbietungen, oberbayrische Tänze und Gefänge, Vorträge gehalten werden, die auch ohne besondere Fachkenntnisse und das unermüdliche Jodeln einer ehrwürdigen Schweizerin, die verständlich sein sollen. Allerdings hatte die Gesellschaft diesmal den lustigen Beifallssturm nicht anders zu bändigen wußte, als daß mit ihrem ersten Vortrag einen argen Mißgriff gethan. Professor fie völlig blauweiß wurde und dem Parteitag ein schmachtendes Lied Hofmeister- Straßburg sprach über den Bau des Eiweiß­bom seligen König Ludwig II. vortrug; es war bewunderungs- Moleküls, aber in einer so speciell fachwissenschaftlichen Weise, würdig, mit welcher Fassung die Versammlung sich in dies über- daß er die größte Langeweile erregte. Da er außerdem mit so leiser raschende Geschick fügte. Die Schandverse vom Haberfeldtreiben kennen Stimme sprach, wie etwa in einem Kolleg bor   30-50 81­die Leser des Vorwärts" bereits. Den herrlichen Spektakel, unter hörern angebracht ist, so leerten sich der Parkettraum und die dem das Vehmigericht von statten ging, müssen sie sich freilich hinzu- Galerien des Schützenhauses, auf denen sich etwa 2000 Personen denken. Die Kerle waren so echt, daß fie unmittelbar der Staats- eingefunden hatten, in ganz bedenklicher Weise. Das prachtvolle anwalt hätte packen mögen. Und jedesmal, wenn einer der Schand- lockende Wetter brachte es dann zu Wege, daß nach der Pause, die verse exekutiert war und der Haberer- Meister das mystische Wort nach Schluß des Vortrages eintrat, nur wenige zurückkehrten, obwohl Aufrewöin"-schlagt Lärm gesprochen, dann brach der Hegen- ficherlich sehr viele mit dem Vorfaz gekommen waren, Professor Sabbat auf der schwarz- nächtigen Bühne aus: Die vermuminten Boller Hamburg   über drahtlose Telegraphie sprechen zu hören. Gestalten raften wie die Tollen umber, man pfiff, johlte, schoß und Allerdings hat Professor Voller nicht selbständig und erfolgreich das höllische Orchester verschmähte selbst die Kinderknarren nicht. auf diesem Gebiete gearbeitet, wie etwa Braun, der bor  In die oberbahrische Seenwelt führte der Mittwoch. Der Partei- einem Jabre in Hamburg   dieses Thema in der physikalischen Ab­tag stieg zu Schiff und fuhr auf dem stillen, hellgrünen Starnberger- teilung behandelte. Trotzdem ist der Vorstand der Gesellschaft nur see. Auf den Waldhöhen des Ufers herrschte bis zum Abend ein munteres, zu loben, daß er bei dem regen Jnteresse, das heute wohl jeder zwanglofes Treiben. Hier war es auch, wo in einem photographischen diefer schönen Auvendung der elektrischen Wellen entgegenbringt, auch Dokument der endgültige Friede zwischen Marristen" und dem größeren Publikum der Teilnehmer die Entwicklung dieser Revisionisten" besiegelt wurde. Born in der Mitte sieht man unfern Telegraphie in fachkundig angestellten Experimenten vorführen wollte. Nazi, auf seinem Knie hält er, mit fast mütterlicher Zärtlichkeit Der experimentelle Teil des Vortrages muß denn auch als wohlgelungen blickend, einen jüngeren, recht dekorativ wirkenden Parteigenossen, der bezeichnet werden, und die Zuhörer haben sicherlich ein eindringendes einft von Erfurt   aus mit grimmer Feder die Partei vor Verfall Verständnis der drahtlosen Telegraphie erhalten. Juhaltlich aber ist gegen gehütet. Diefer ergreifenden Gruppe reiht sich harmonisch eine zweite einen Teil des Vortrages doch energisch Brotest zu erheben, nämlich Ede Bernstein, eingerabint auf der einen Seite von Kautsky  , gegen die fast vollständige Beiseiteschiebung Marconis gegenüber auf der andren von Adolf Hoffmann  , der diesmal den ersten Speer den deutschen   Forschern Braun und Slaby. Die Grundlage gegen die Revisionisten gesandt hatte. Der Geist des falschen der drahtlosen oder der Wellen Telegraphie bilden bekanntlich die saat schwebte mild über dem Erzeugnis der Trockenplatte. elektrischen Wellen, die im Jahre 1888 von Heinrich Herz eg Als bellster und eigenartigfter Nachtlang des Mindener Partei- perimentell dargestellt wurden. In Frankreich   nennt man fie infolge tages gedieb aber das Almfest auf der Bodenschneid, oberhalb des deffen auch allgemein Herzsche Wellen", und die drahtlose Tele­Schliersee, das am Sonntag noch einmal den Parteitag versammelte. graphie heißt dort Telegraphie mit Herzschen Wellen". Bur Den Barteigenoffen aus Hausham   Industrie- Arbeiter, die noch Beichengebung, zum wirklichen Telegraphieren wurden diese im bäuerlichen Boden wurzeln und wenigstens an Festtagen die Wellen zuerst von Marconi   berwandt, und wer über die schmude Boltstracht anlegen hatten den Delegierten und den Entwicklung der drahtlosen Telegraphie spricht, hat die Münchener   Freunden das Fest veranstaltet. Hier zwischen den Pflicht, diefen Namen mit besonderem Ruhme hervorzuheben. Bergen, in einer Höhe von fast 1700 Metern, alt einem Rastles hat Marconi   auch weiter gearbeitet und die ursprüngliche lichten warmen Nachsommertag lernte die deutsche Socialdemokratie Methode durch viele Verbesserungen vervollkommnet. Gewiß darf mit Ausdauer, in fessellosem Uebermut die heilige Kunst des-Schuh  - betont werden, daß auch Prof. Braun bestimmte Verdienste um die plattlens. Während die Bayern   alpinistisch ausgerüstet erschienen, Entwicklung der Wellen- Telegraphie hat eine nicht unwesentliche mußten wir Nordländer der Evene unvorbereitet frageln, im Schweiße Verbesserung Brauns ist auch von Marconi   adoptiert worden; nur unfres Angesichts, jeden Stein durch die dünnen Schuhe schmerzhaft foll man diesen nicht darüber vergessen, und gar Slaby in gleichem fühlend. Ein bißchen unnatürlich waren wir Berliner   ja unter den Atem und ebenso rühmend zu nennen, so weit sollte das nationale Kindern der oberbayrischen Berge, aber wir ertrugen mit Würde Bewußtsein einen Gelehrten nicht treiben. Die internationale unsre Extratour, und die Verbrüderung zwischen Nord und Süd Wissenschaft und ihre Vertreter schäßen die Verdienste des Herrn ging so weit, daß zwei tapfere Männer, ein Berliner   und ein Slaby nicht so hoch ein, wie es im offiziellen Deutschland   geschieht. Thüringer  , ihr Gewand mit den bayrischen Brüdern tauschten und mit Von dem äußeren Verlauf der Versammlung wäre noch zu nadeten Senieen stolzierend, die 1700 Meter in die Schranken forderten. melden, daß man in Karlsbad   die Bertreter der Presse auffallend Die Zugspitze  , die aus der Ferne, in leichten Rebelschleiern, auf das schnöde behandelt, die den Gegensatz zu den Sitten bei den früheren bunte Leben der Alm herabschaute, lächelte behaglich. In einer teck Naturforscher- Bersammlungen recht seltsam empfinden. Die Vorträge gelungenen Improvisation charakterisierte der, Großherzog von Hessen  " und die offiziellen Begrüßungsreden waren von den der Presse den besonderen Reiz und das seltsame Wesen dieses Voltsfestes: angewiesenen Räumen im Zusammenbang gar nicht zu verstehen. " Wer so schön tanzen kann, der ist auch ein tüchtiger Kämpfer Der Dienstag war den Abteilungsfigungen gewidmet. In der für die große Sache der Freiheit... ES leben die physikalischen, die ich besuchte, wurden unter anderm hochinteressante Schuhplattler 1" Zur Belohnung durfte der Großherzog dann Experimente mit neuen Strahlen vorgeführt. Mit der Entdeckung mit dem anmutigsten der Deaudin aus Hausham   im Walzer sich der Röntgen- Strahlen sind wir ja in eine Zeit neuer, geheimnis drehen; er strahlte, so holde Jugend im Arm, und sie bewegte sich voller Strahlungen eingetreten. Uran oder Becquerel mit gesenkten Augen, ernst, feierlich, fromm. Das Tanzen ist diesen Strahlen folgten, andre Strahlen wieder wurden von dem Ehepaar Deandln Andacht oder tanzen Curie entdeckt, und die heute von Merch   weld vorgeführten bleichende Blüten auf dem See, scheinen in mancher Beziehung auch von diesen noch abzuweichen. Das letzte Licht schwamun wife eittheorie? als ich, ein verspäteter Nachzügler, auf stillem Kahn zum Dorfe ge- Jedenfalls hat die Physik mit den Strahlungen aller Art ein rätsel­rudert wurde. Von dunklen, tief gefentten Wolfen umbüllt, wuchien haftes Gebiet betreten, dessen Aufhellung unsre Erkenntnis der Welt die Berge gewaltig und geheimnisvoll ins Unermeßliche. Der Ernst wohl wesentlich vertiefen wird.- tehrte zurück und gedachte finnend all der fröhlich thörichten Uu­gebundenheit, mit der unsre erhabene Sache sich selbst auf Urlaub schickt und doch auch im derbsten Uebermut fich tren bleibt: ein lachendes Gezwitscher um himmelweisende Höhen und drohende Ab­

gründe.

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Juhu! Schön waren die Münchener   Tage. Ist dös woahr? Woahr is!

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Kleines Feuilleton.

te.

bt. Die 74. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte ist bei ihrer Tagung in Karlsbad  , der zweiten seit vierzig Jahren, vom herrlichsten Wetter begünstigt. Doch ist das Programm so gewählt, daß die wissenschaftlichen Verhandlungen in den Sektionen nicht gerade darunter zu leiden brauchen, wofern nur der Wille zur Arbeit vorhanden ist. Jedenfalls fördert die persönliche Aussprache das Verfolgen und Ausarbeiten mancher Jdeen, und gerade das all­jährliche Zusammenkommen der Naturforscher und Aerzte kommt dem Bedürfnis nach stärkerer Zusammenfaffung gegenüber der allzu ein feitig getriebenen Specialisierung entgegen. Außerdem erregen die Verhandlungen auch das allgemeine Interesse aller gebildeten Streise jeder Freund der Naturforschung darf daran teilnehmen, und viele machen von dieser Erlaubnis Gebrauch. Gerade, um diesem Wes

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- Herbstbeilchen. Aus Paris   wird der" Post" geschrieben: Nicht gut geraten in diesem Jahre sind die Herbstveilchen, die um Baris feit geraumer Zeit erfolgreich gezogen werden. Es hat zu viel geregnet und das überreichliche Himmelswasser können die zarten Blumen auch in der ihnen aufgezwungenen fünstlichen Blütezeit nicht ertragen. Es fehlt ihnen der Schmelz und vor allem der Duft. Freilich kommt das Herbst- und Winterveilchen auch unter günstigen Temperaturverhältnissen nie den natürlich sprießenden Frühlingsveilchen gleich: aber sonst vermag es wenigstens die Illusion des reizenden Lenzkindes zu zu geben, während die blaffen, geruchlosen, matten Blumen, die augenblicklich ein Sträußchen von 20 Centimes überall auf den Pariser   Straßen feilgeboten werden, nichts Veilchenhaftes aufweisen. Trozdem werden sie von den kleinen Ladenmädchen, Schneiderinnen und Arbeiterinnen wvillig und freudig gekauft, denn das Veilchen besitzt das Privileg, von allen geliebt zu werden. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts wird das Waldblümchen in der Umgebung von Baris im Großen ge zogen, besonders in der südlichen Bannmeile, in Châtenay, Eceaug und Verrières. Man hat zahlreiche Varietäten erzielt. Aber die Käufer bekümmern fich herzlich wenig um die offizielle Bezeichnung ihrer Lieblingsblume. Für sie genügt das Wort violette", daß wie ein poetischer Kosename flingt. Noch bedeutender, als um Paris  , ist die Veilchenkultur in Südfrankreich  , in erster Linie in dem reizenden Städtchen Graffe, das im Frühjahr von den Düften der sammet blauen Blumen ganz erfüllt ist. Auch dort zieht man jezt Herbst